Welcher Airport Film ist euch am liebsten?

Airport
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Giganten am Himmel
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (33%)
Verschollen im Bermuda-Dreieck (Keine Stimmen)
Airport '80 – Die Concorde (Keine Stimmen)
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Re: Airport

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Hach, Anatol, ein großartiger Text! Die Messlatte liegt jetzt weit oben. Ich werde im Lauf der Woche noch mit einem eigenen Text reagieren und bin gespannt, ob sich uns noch jemand anschließen mag. Sehr schön schon mal, dass du die interessanteste Erkenntnis eines "Airport"-Rewatches hervorhebst: Dieser "Klassiker des Katastrophenfilms" ist selbst noch gar nicht so sehr Katastrophenfilm wie seine Nachfolger oder andere Filme der Zeit (Flammendes Inferno, Höllenfahrt der Poseidon), sondern eigentlich eher ein Figurendrama - oder sogar eher ein Film darüber, wie aus verschiedenen Perspektiven die nervenaufreibende Arbeit an einem Flughafen so abläuft. :) Es ist wirklich ein ganz sensationeller Film - und wie beim "Mad Max"-Marathon werde ich deshalb meine Freundin und meinen besten Freund liebevoll dazu zwingen, die Filme mit mir zu schauen.
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Re: Airport

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Ich bin auch schon sehr gespannt auf deine Ausführungen und den daraus sicherlich entstehenden angeregten Austausch. Ich glaube, dieses Mal wird es auch weniger um die Unterschiede in der kritischen Wahrnehmung der einzelnen Filme gehen, als mehr um das Herausarbeiten dessen, warum die Filme solch einen Kultstatus inne haben. Aber warten wir es ab.
Casino Hille hat geschrieben: 29. September 2024 12:00 Dieser "Klassiker des Katastrophenfilms" ist selbst noch gar nicht so sehr Katastrophenfilm wie seine Nachfolger oder andere Filme der Zeit (Flammendes Inferno, Höllenfahrt der Poseidon), sondern eigentlich eher ein Figurendrama - oder sogar eher ein Film darüber, wie aus verschiedenen Perspektiven die nervenaufreibende Arbeit an einem Flughafen so abläuft. :)
Ja, wobei das Figurendrama letztlich ja auch in jedem zünftigen Katastrophenfilm einen zentralen Punkt einnimmt. Allerdings schwingt die Gewichtung zwischen Figurendrama und Katastrophenaction beim ersten Airport tatsächlich deutlich mehr in die erste Richtung als beim "normalen" Katastrophenfilm. Hinzukommt, dass es auch der einzige Film in der Airport-Serie ist, der seinen Titel zurecht trägt, da auch hier ungewöhnlicherweise der Schwerpunkt der Handlung auf dem Boden, eben auf dem Flughafen, spielt und nicht in der Luft bzw. an Bord eines Flugzeuges. Deswegen (und nicht nur deswegen) wären die Sequels eigentlich fast besser unter dem Label Airplane aufgehoben. :D Am Ende des Films dachte ich gestern: Mensch, das war richtig toll, jetzt freue ich mich richtig auf die weiteren Flüge. Ich glaube, wir werden viel Spass mit unserem Marathon haben. :D
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Re: Airport

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Casino Hille hat geschrieben: 29. September 2024 12:00 und bin gespannt, ob sich uns noch jemand anschließen mag.
Ich setze aus, die Filme kitzeln mich dann bisher doch zu wenig als dass ich mir die ganze Collection geholt und mir das Projekt für die nächsten Wochen "aufgebürdet" hätte - Aber ich werde gespannt mitlesen! :D
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Giganten am Flughafen

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Airport

Am 17. Februar 1970 starb mit Alfred Newman einer der einflussreichsten Komponisten in der Geschichte der modernen Filmmusik. Er komponierte nicht nur die Musik für dutzende Klassiker wie „Schlagende Wetter“, „Alles über Eva“ oder „Das war der wilde Westen“, sondern gewann für seine Arbeiten insgesamt neun Oscars, war mehr als zwei Jahrzehnte Chef der Musikgestaltung bei 20th Century Fox, komponierte für dieses Studio die bis heute berühmte Eröffnungsfanfare und ermöglichte anderen legendären Komponisten wie Bernard Herrmann, Alex North oder David Raskin ihre Hollywood-Karriere. Nur zwei Wochen nach Newmans Tod wurde der letzte Film veröffentlicht, für den er die Musik vollständig komponierte. Sie brachte ihm posthum eine weitere Oscar-Nominierung und einen Grammy ein. Die Rede ist von „Airport“.

Es dauert nur wenige Sekunden, bis man Newmans Genie ein letztes Mal zu hören bekommt. Regisseur und Drehbuchautor George Seaton, bekannt für den Weihnachtsklassiker „Das Wunder von Manhattan“, beginnt seinen Film mit diesem titelgebenden „Airport“, den fiktiven Lincoln International Airport in Chicago. Es schneit heftig, also schieben riesige Fahrzeuge den Schnee weg von den Start- und Landebahnen. Dazu laufen die Titeleinblendungen – und es spielt Newmans letzte Ouvertüre. Seine brillante Arbeit überrascht: Die schwunghafte und mitreißende Orchester-Musik, die das Publikum zu hören bekommt, würde man eher in einem episch geratenen Abenteuerfilm erwarten als in einem Figurendrama rund um Angestellte eines Flughafens. Aber damit nimmt Newman in den ersten Minuten schon vorweg, was diesen Klassiker von 1970 auszeichnet.

Die Geschichte basiert auf dem gleichnamigen Roman des britisch-kanadischen Schriftstellers Arthur Hailey, dem damit 1968 ein Welterfolg gelang. Das handlungsauslösende Ereignis seines Plots ist simpel: Mitten in einem Schneesturm bleibt eine Boeing 707 nach der Landung auf besagtem Lincoln International Airport im Schnee stecken und blockiert damit eine ganze Landebahn. Jetzt müssen die Flieger auf eine andere Bahn umgeleitet werden, die bei Nacht wegen den Beschwerden der umliegenden Anwohner eigentlich geschlossen bleiben soll. Flughafendirektor Mel Bakersfeld muss nicht nur diese Probleme lösen, sondern sieht sich auch mit seinem Schwager, dem erfolgreichen Piloten Vernon Demerest, konfrontiert, da dieser die Sicherheit der landenden Flugzeuge nicht länger gewährleistet sieht.

Von dieser Konstellation aus wird „Airport“ zu einem Drama, das aus Sicht verschiedener Figuren diese chaotische Nacht am Flughafen beleuchtet. So hat Bakersfeld nicht nur am Arbeitsplatz Probleme, sondern bekommt auch einen Anruf seiner Ehefrau, die für seine vielen Überstunden kein Verständnis mehr aufbringt. Bakersfelds standfeste Kollegin Tanya Livingstone wiederum hegt selbst Gefühle für ihn, erkennt längst, dass dessen Ehe gescheitert ist, und ist trotzdem drauf und dran, sich nach San Francisco versetzen zu lassen. Demerest erfährt derweil, dass seine heimliche Geliebte, die Stewardess Gwen Meighen, schwanger von ihm ist und in Erwägung zieht, das Kind zu bekommen – was die Ehe des Flugkapitäns beenden würde.

Keine Frage: „Airport“ steht in bester Tradition zum klassischen Hollywood-Melodram. Vor allem der Über-Klassiker „Menschen im Hotel“ von 1932 mit Greta Garbo und John Barrymore kann als direkter Vorläufer angesehen werden. Mit ruhiger Ausführlichkeit folgt Seaton seinen Charakteren durch ihren turbulenten Arbeitsalltag, inszeniert gemäß der damaligen Mode in auffallend vielen Halbtotalen, und filmt konsequent jedes Telefonat zwischen verschiedenen Charakteren in der Split-Screen-Technik, teilt also den Bildschirm in der Mitte, um beide Enden der Leitung zu zeigen.

1970 war eine Zeit, in der das Studiosystem Hollywoods mächtig strauchelte. Genrefilme, die zuvor typische Kassenerfolge waren, floppten. Stattdessen dominierte ein radikaleres Kino abseits abgesteckter Grenzen. Unkonventionelle und riskante Produktionen mit einer klaren Anti-Establishment-Haltung wie „Bonnie & Clyde“, „Die Reifeprüfung“, „Asphalt-Cowboy“ und „Easy Rider“ standen sinnbildend für den neuen Geschmack einer Generation. In diesem Zuge war es keine Selbstverständlichkeit, dass sich Produzent Ross Hunter bei Universal Pictures dazu entschlossen, die schon damals altmodisch angehauchte Romanadaption für 10 Millionen Dollar in Auftrag zu geben, und ein großes Star-Ensemble dafür zu verpflichten.

Die beiden Streithähne Bakersfeld und Demerest wurden mit Burt Lancaster und Dean Martin besetzt – zwei der damals aller größten Filmstars. Als die schwangere Gwen holte man sich die aus „Bullitt“ bekannte Jacqueline Bisset an Bord, und für die resolute PR-Managerin Tanya wurde Jean Seberg verpflichtet. Die hübsche Französin pendelte seit ihrer Rolle im revolutionären Gangsterfilm „Außer Atem“ von Jean-Luc Godard 1960 mit Erfolg zwischen europäischem und US-amerikanischem Kino. Alle vier Weltklasse-Darsteller agieren in „Airport“ auf höchstem Niveau, überzeugen durch ihr zweifellos großes Talent und ihr immenses Charisma. Besonders Lancaster ruft eine Bestleistung seiner Karriere ab, auch wenn er sich später abfällig äußerte. Er hatte den Film nur eines äußerst lukrativen Vertrags wegen angenommen und bezeichnete ihn nach der Veröffentlichung als „den schlimmsten Mist, der je gemacht wurde“.

Während Hailey in der 690 Seiten langen Vorlage die Arbeitsabläufe so detailliert beschrieb, dass Stephen King ihm später vorwarf, er schreibe eigentlich „Betriebsanleitungen“, versteht Seaton seine Protagonisten als die schwer arbeitenden ‚Herrscher des Himmels‘, lässt seine männlichen Helden als die sprichwörtlichen harten Kerle des Industriezeitalters auftreten. In keiner Figur wird das so sichtbar wie beim erfahrenen Cheftechniker Joe Patroni, der die steckengebliebene Boeing von der Landebahn wegschaffen soll. Der begnadete George Kennedy spielt diesen Part mit einer der lässigsten Darbietungen von Hemdsärmeligkeit, die das Kino je gesehen hat. Als er beim Schäferstündchen telefonisch abkommandiert wird, erklärt er seiner Herzensdame flott, er werde die Maschine notfalls auch mit seinen Zähnen aus dem Schnee ziehen.

Einen Großteil der 137 Filmminuten investiert Seatons Meisterwerk in die verschiedenen miteinander verwebten Handlungsbögen und bezieht seinen enormen Spaß vor allem aus einer ganzen Riege illustrer Nebenfiguren. Zu nennen wären da neben Patroni noch Barry Nelson als lässiger Co-Pilot, James Nolan als Ohrfeigen-verteilender Pfarrer und die sensationelle Helen Hayes in der Rolle der Seniorin Ada Quonsett, die es faustdick hinter den Ohren hat. Als permanenter blinder Passagier trickst sie sich von einer Maschine zur anderen. Hayes verkörpert diese gewitzte alte Frau als komödiantischen Nebenpart so großartig, dass sie als Einzige für „Airport“ mit einem Oscar ausgezeichnet wurde.

Doch obwohl das so ist, hat „Airport“ heute einen anderen Ruf: Er gilt als Begründer des Katastrophenfilmgenres der 70er, soll jenen Trend losgetreten haben, der später in „Die Höllenfahrt der Poseidon“, „Flammendes Inferno“, und „Erdbeben“ gipfelte. Das erklärt sich durch eine der Nebenhandlungen – nämlich durch jene, die im Finale alle Figurenstränge zusammenbringt. Verteilt zwischen die anderen Plots ist Van Heflin als verarmter Ex-Sprengstoffexperte der Armee zu sehen, der den Plan hegt, sich während eines Langstreckenfluges mit einer selbstgebastelten Bombe umzubringen, um seiner Frau so eine große Stange Geld über die Lebensversicherung zukommen zu lassen. Diese Frau, unglaublich tragisch von Maureen Stapleton dargestellt, kommt zwar dahinter, doch alle Warnungen sind zu spät. Ihr Mann setzt seinen Plan in die Tat um und natürlich muss kein geringerer als Demerest die Maschine sicher landen.

Dieses mit viel technischem Geschick und hoher Spannung umgesetzte Szenario eines in der Luft aufgesprengten Flugzeugs mag auf ein Publikum im Zeitalter nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in der Darstellung naiv wirken, verfehlte aber damals seine Wirkung nicht. Wenngleich einige Kritiker dem Blockbuster unterstellten, mit seinen Geschichten über Untreue, Eheprobleme und Flughafenpolitik eng verwandt mit der Seifenoper zu sein, löste „Airport“ überwiegend Begeisterung aus. Über Jahrzehnte gaben Piloten an Flugschulen auf der ganzen Welt an, durch diesen Film zu ihrem Berufswunsch gekommen zu sein. Kein Wunder also, dass „Airport“ nicht nur 128 Millionen einspielte und für zehn Oscars nominiert wurde, sondern auch drei Fortsetzungen erhielt, die dem Katastrophengenre dann noch eindeutiger zuzuordnen waren. George Kennedy war als Patroni übrigens der einzige Darsteller, der für alle weiteren Teile zurückkehrte.

Aber es ist das Original, das zum großen Klassiker wurde: Die Spezialeffekte sind erstklassig, die Besetzung exzellent, die Dialoge spritzig-gewitzt, die verschiedenen Geschichten erstaunlich offenherzig in Bezug auf Sexualpolitik – oszillieren sie doch zwischen Ehebruch, Abtreibung und Scheidung. Doch die Kirsche auf der Torte bleibt die Musik von Alfred Newman, die wie der ideale Deckel auf diesen Topf passt. Der Großmeister verstand es perfekt, mit seinen ausgetüftelten Melodien sowohl den Figurendramen als auch dem Spektakel im letzten Drittel die gleiche Bedeutung beizumessen.

Genau diese Gleichwertigkeit der Erzählbausteine zeichnet „Airport“ aus, diesen Katastrophenfilm, in dem die Katastrophe erst nach 100 Minuten eintritt. Spätere Filme dieses Genres würden ihre Charaktere mit nachlässigeren, breiteren Strichen zeichnen, um schneller zu den Explosionen und dem Geschrei zu kommen, doch dieser wusste genau, dass es viel befriedigender ist, Dominosteine umzuwerfen, je mehr Zeit man damit verbringt, sie aufzustellen.
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Re: Giganten am Flughafen

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Meine Gratulation zu deinem gigantischen Text! Es freut mich vor allem, dass du dem grossen Alfred Newman soviel Augenmerk gewidmet hast, der hier wahrlich nochmal zu einem finalen ganz grossen Schlag ausgeholt hat! So wirklich in deinen Text "reinbeissen" fällt mir natürlich insofern schwer, als dass wir die meisten und vor allem die wesentlichen Dinge ja doch nahezu identisch sehen. Daher sieh es mir bitte nach, wenn meine folgenden Einwürfe scheinbar willkürlich wirken, aber irgendwo muss man ja mit der Diskussion anfangen! :D
Casino Hille hat geschrieben: 5. Oktober 2024 20:52 Flughafendirektor Mel Bakersfield muss nicht nur diese Probleme lösen
Bakersfeld, mein lieber Hille, Bakersfeld! Da ich Airport immer in der Synchro schaue, habe ich mich hier immer schon gefragt, ob "Bekersfeld" nur ein Faux-Pas bzw. eine Eindeutschung der deutschen Synchron-Artisten war (so wie zB beim unsichtbaren Dritten "Pitz-Burg" :) ). tatsächlich heisst Lancasters Figur im Original aber auch Bakers-feld. Ok, war jetzt ein merkwürdiger Einstieg, aber wie gesagt: irgendwo muss man ja anfangen. :)
Casino Hille hat geschrieben: 5. Oktober 2024 20:52Alle vier Weltklasse-Darsteller spielen in „Airport“ auf höchstem Niveau, überzeugen durch ihr zweifellos großes Talent und ihr immenses Charisma.
Siehst du die Seberg wirklich als darstellerische Weltklasse an? Ich mag sie ja auch, aber Weltklasse? Dafür ist mir ihre schauspielerische Vita dann doch etwas zu dünn. Die anderen drei würde ich in der Kategorie durchaus sehen, vielleicht nicht alle unbedingt im Hinblick auf Schauspielerisches Handwerk, sicherlich aber kraft ihrer Ausstrahlung und Starqualitäten.
Casino Hille hat geschrieben: 5. Oktober 2024 20:52 Besonders Lancaster ruft eine Bestleistung seiner Karriere ab, auch wenn er sich später abfällig äußerte.
Da weiss ich auch nicht, ob ich da zustimmen würde. Zwar fällt es mir tatsächlich schwer, bei Lancaster die herausragende schauspielerische Leistung seiner Karriere zu benennen (was aber nicht bedeutet, dass es nicht genügend Kandidaten dafür gibt - es ist tatsächlich eher das gleichbleibend hohe Niveau, das er über nahezu seine gesamt Karriere gehalten hat), aber Airport sticht da zumindest für mich nicht heraus. Da würde ich ihn (mindestens) in Vera Cruz, Judgement at Nuremberg, Birdman of Alcatraz und The Train dann doch nochmal stärker sehen.
Casino Hille hat geschrieben: 5. Oktober 2024 20:52Wenngleich einige Kritiker dem Blockbuster unterstellten, mit seinen Geschichten über Untreue, Eheprobleme und Flughafenpolitik eng verwandt mit der Seifenoper zu sein, löste „Airport“ überwiegend Begeisterung aus.
Letztlich unterscheidet sich qualitatives Figurendrama von der Soap ja eigentlich auch nur in der Qualität. Daher finde ich den Vergleich nicht so abwegig, aber angesichts der wesentlich höheren Qualität, mit der die Figuren und ihre Probleme in Airport bearbeitet verbietet er sich dann am Ende doch wieder. Aber wenn man bedenkt, dass Hailey in den 80ern in der Serie "Hotel" (mit Beinahe-Bond James Brolin) ja tatsächlich "versoapt" wurde, dann ist der gedankliche Querverweis zu Airport nicht allzu weit.
Casino Hille hat geschrieben: 5. Oktober 2024 20:52Genau diese Gleichwertigkeit der Erzählbausteine zeichnet „Airport“ aus, diesen Katastrophenfilm, in dem die Katastrophe erst nach 100 Minuten eintritt. Spätere Filme dieses Genres würden ihre Charaktere mit nachlässigeren, breiteren Strichen zeichnen, um schneller zu den Explosionen und dem Geschrei zu kommen, doch dieser wusste genau, dass es viel befriedigender ist, Dominosteine umzuwerfen, je mehr Zeit man damit verbringt, sie aufzustellen.
Das mit der Vorarbeit stimmt, allerdings finde ich unterscheiden sich darin auch die guten der eher "klassisch geprägten Katastrophenfilme" von den nicht ganz so gelungenen. Ein Erdbeben oder Flammendes Inferno mag sich für seine Figuren nicht ganz so viel Zeit nehmen wie Airport, aber legt diesbezüglich dennoch ebenfalls ein sehr solides Fundament, welches sich für den anschliessenden zentralen Katastrophenplot als umso effektiver auszahlt. Der Unterschied ist am Ende dann wohl tatsächlich, dass die figürliche Ausarbeitung und Entwicklung in Airport sehr wohl für sich selbst seht und stehen kann, während sie im "klassischen Katastrophenfilm" zumeist eher als Ausgangsbasis, oder Katalysator des eigentlichen filmischen Zentrums, eben der Katastrophe und ihrer Folgen, dient.
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Re: Giganten am Flughafen

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AnatolGogol hat geschrieben: 6. Oktober 2024 11:53
Casino Hille hat geschrieben: 5. Oktober 2024 20:52 Flughafendirektor Mel Bakersfield muss nicht nur diese Probleme lösen
Bakersfeld, mein lieber Hille, Bakersfeld!
Ach du scheiße! Wie ist mir denn das passiert? Aber immerhin habe ich den Namen dann auch wirklich konsequent falsch geschrieben, dann geht's ja wieder. :lol: :mrgreen: Ich hab das mal korrigiert! Genau wie die falsche Seitenanzahl der literarischen Vorlage, da hatte ich mich vertippt. Meine Ausgabe des Romans zählt 690, also knapp 700 Seiten, nicht wie vorher fälschlicherweise angegeben 800.
AnatolGogol hat geschrieben: 6. Oktober 2024 11:53 Siehst du die Seberg wirklich als darstellerische Weltklasse an?
Ja, in der Tat. In "Die Maus, die brüllte", "Außer Atem", "Die Frauen sind an allem schuld", "Der Schuss" (absoluter Geheimtipp!), "Airport", "Brennende Haut" und "Das Attentat" finde ich sie große Klasse. Die Seberg wirkt auf mich nicht nur charismatisch und sehr attraktiv, sie bringt eigentlich auch immer eine große Tiefe in jede Rolle mit rein, selbst in die, die das auf den ersten Blick vielleicht eigentlich nicht so hergegeben hätten.

In "Airport" könnte ihr Charakter in den Händen einer sehr viel weniger fähigen Schauspielerin schnell dazu führen, in ihr ein melodramatisches Klischee zu sehen: die in den Chef verliebte Angestellte, die ihm einerseits verfallen ist, aber andererseits aufgrund ihrer Pflicht auch manchmal gegen das eigene Gefühl handeln muss. Seberg bringt die Facetten dieser Figur aber sehr überzeugend rüber und zeigt in "Airport" auch ihre Vielseitigkeit: Gegenüber Lancaster tritt sie verletzlich, aber mit vorgeschobener Professionalität auf, während sie gegenüber der herrlichen Ada Quonsett dann eben auch die Führungskraft mehr zeigen kann (und trotzdem wird klar, dass sie von der frechen Vorgehensweise der Seniorin aufgrund ihrer eigenen Regelvernarrtheit sich auch persönlich ein wenig angegriffen fühlt).
AnatolGogol hat geschrieben: 6. Oktober 2024 11:53
Casino Hille hat geschrieben: 5. Oktober 2024 20:52 Besonders Lancaster ruft eine Bestleistung seiner Karriere ab, auch wenn er sich später abfällig äußerte.
Da weiss ich auch nicht, ob ich da zustimmen würde. Zwar fällt es mir tatsächlich schwer, bei Lancaster die herausragende schauspielerische Leistung seiner Karriere zu benennen (was aber nicht bedeutet, dass es nicht genügend Kandidaten dafür gibt - es ist tatsächlich eher das gleichbleibend hohe Niveau, das er über nahezu seine gesamt Karriere gehalten hat), aber Airport sticht da zumindest für mich nicht heraus. Da würde ich ihn (mindestens) in Vera Cruz, Judgement at Nuremberg, Birdman of Alcatraz und The Train dann doch nochmal stärker sehen.
In "The Train" und dem von dir unterschlagenen "Verdammt in alle Ewigkeit" ist Lancaster ebenfalls unschlagbar, und wenn ich wirklich DIE herausragende Leistung in seiner Filmografie wählen müsste (also mit Pistole an der Schläfe), dann würde ich vielleicht seine oscargekrönte Performance in "Elmer Gantry" nennen. Aber "Airport" kommt dann quasi direkt danach. Die Rolle ist weniger typisch preiswürdig, soll heißen, er bekommt hier kaum große Ausbrüche, auf die sie bei Preisverleihungen so abfahren. Allerdings tritt Lancaster eben in so vielen Momenten sehr schön subtil auf und findet immer kleine Nuancen, die sein Spiel oft faszinierend machen. Richtig toll fiel mir die Szene auf, als er mit seiner Gattin telefoniert und dabei ein paar kleine Rückblenden eingespielt werden. Da sitzt wirklich jeder Blick. Man könnte es ohne Ton abspielen und es wäre nur mit Blick auf Bakersfeld alles gesagt, was man nur sagen kann. In dem Sinne ist das für mich dann schon eine herausragende schauspielerische Leistung - aber eben nur eine und natürlich nicht die. :wink:
AnatolGogol hat geschrieben: 6. Oktober 2024 11:53 Ein Erdbeben oder Flammendes Inferno mag sich für seine Figuren nicht ganz so viel Zeit nehmen wie Airport, aber legt diesbezüglich dennoch ebenfalls ein sehr solides Fundament, welches sich für den anschliessenden zentralen Katastrophenplot als umso effektiver auszahlt. Der Unterschied ist am Ende dann wohl tatsächlich, dass die figürliche Ausarbeitung und Entwicklung in Airport sehr wohl für sich selbst seht und stehen kann, während sie im "klassischen Katastrophenfilm" zumeist eher als Ausgangsbasis, oder Katalysator des eigentlichen filmischen Zentrums, eben der Katastrophe und ihrer Folgen, dient.
Das ist sehr schön gesagt und verfeinert das, worum es mir ging. "Airport" könnte als Film auch ohne die Bombenexplosion und die somit erfolgende "Katastrophe" problemlos funktionieren, weil das Figurenensemble und die Qualität der unterschiedlichen Handlungsstränge stark genug ist. Es ist ja auch so, dass zwei der vier Hauptfiguren von der Katastrophe selbst eigentlich gar nicht betroffen sind. Also sicher, würde das Flugzeug jetzt auf den Flughafen krachen, wäre das für Lancaster und Seberg nicht optimal, aber richtig in Gefahr sind sie eigentlich nicht. Und das unterscheidet "Airport" schon sehr von vielen anderen Katastrophenfilmen, die den "Aufbau" bzw. die Etablierung der Charaktere schon hauptsächlich mit dem Ziel vor Augen leisten, so die Fallhöhe für ihr späteres Leiden / ihren späteren Überlebenskampf zu erhöhen, während "Airport" den Bombenplot eher nutzt, um alle Figurenstränge am Ende in irgendeiner Form zu vereinen und zusammenlaufen zu lassen.

Was würdest du eigentlich sagen: Wodurch erklärt sich der damalige finanzielle Erfolg des Films? Gerade im Hinblick dessen, dass das Anti-Establishment-Kino des New Hollywoods gerade dominierte und viele eher klassische Produktionen sich an der Kasse schwergetan haben. Wenn man Kritiken aus dem Jahr 1970 liest, dann stellt man schnell fest, dass "Airport" schon zu seiner Entstehungszeit als altmodisch wahrgenommen wurde. Kam der Erfolg daher, weil durch das Star-Ensemble und die bekannte Romanvorlage jene angesprochen wurden, die sich im sonstigen Gegenwartskino nicht wiederfanden? Roger Ebert schrieb: "'Airport' verfügt über eine innere Uhr, die – so schätze ich – etwa 1939 zum Stillstand kam."
AnatolGogol hat geschrieben: 29. September 2024 08:34 Es macht einfach großen Spass den charismatischen Hochkarätern Lancaster und Martin bei ihrem so selbstverständlichen Agieren zuzuschauen. Wenn man hier etwas bemängeln könnte, dann eigentlich nur, dass bei diesen selbstbewussten Alphatieren nie wirklich der Hauch eines Zweifels aufkommt, dass sie ihren Aufgaben nicht gewachsen wären. Aber auch das taugt nicht wirklich als Negativaspekt, da der Film trotzdem ein vergleichsweise hohes Spannungsniveau hat - zumindest in bestimmten Sequenzen.
Da ist tatsächlich einerseits was dran, andererseits ist "Airport" oft auch gar nicht wirklich auf richtige Suspense aus, sondern bezieht seine innere Spannung eher aus den zwischenmenschlichen Konflikten (daher dann vielleicht auch die Seifenoper-Vergleiche). Ganz stark ist mir jetzt wieder die Szene präsent geworden, in der Bisset gegenüber Martin von ihrer Schwangerschaft erzählt. Das ist eine großartige Szene, in der ich genau in den Gesichtern der beiden verfolgen kann, wie sich ihre Gedanken überschlagen, und die Tatsache, wie sehr beide selbst gerade von der Situation überfordert sind, macht es dann auch auf eine Art "spannend" zu verfolgen.

Man muss hier auch noch mal erwähnen: Es ist richtig klasse, wie Seaton die finale Katastrophe inszenatorisch herausstellt. Bis dahin hat der Film mühelos und in einem sehr hohen Tempo zwischen mehreren Schauplätzen und Handlungsbögen hin und her gewechselt, hat geradezu lässig sein Ensemble begleitet und genug Split-Screen-Aufnahmen geliefert, dass es für drei Doris-Day-Filme reicht. Aber sobald es dann wirklich um die Landung des beschädigten Fliegers geht, gilt die Konzentration vollständig dem Cockpit von Nelson und Martin. Und wie Seaton dann immer weiter verdichtet, ist top: der belebte Passagierraum wirkt angesichts der gesenkten Häupter plötzlich wie ausgestorben, die Wolken entfernen jeden visuellen Kontext; sodass der Blick durch die Cockpit-Fenster keine Orientierungsmöglichkeit mehr bieten, und dann werden auch noch unerbittlich die Minuten runtergezählt ... Das hat Klasse! Und die Szene wirkt gerade deshalb so spannend, weil sie im deutlichen Kontrast zu den 120 Minuten zuvor steht.
AnatolGogol hat geschrieben: 29. September 2024 08:34 Schauspielerisch weiss vor allem Maureen Stapelton zu überzeugen
Sie hat auch irgendwie die dankbarste Rolle von allen im Film: Was ihrer Figur widerfährt, ist wirklich tragisch, und trotzdem ist sie die einzige Person in "Airport", die für ihre Misere nicht zumindest in Teilen selbstverantwortlich ist. Die anderen Probleme erwachsen sich ja größtenteils aus selbstverschuldeten Affären und Eheproblemen, aber Stapleton kann nur leidend mit ansehen, was passiert, und ja, das ist von ihr wirklich sehr eindringlich gespielt, und auch sie war vollkommen berechtigt dafür oscarnominiert.
AnatolGogol hat geschrieben: 6. Oktober 2024 11:53 Meine Gratulation zu deinem gigantischen Text! Es freut mich vor allem, dass du dem grossen Alfred Newman soviel Augenmerk gewidmet hast, der hier wahrlich nochmal zu einem finalen ganz grossen Schlag ausgeholt hat! So wirklich in deinen Text "reinbeissen" fällt mir natürlich insofern schwer, als dass wir die meisten und vor allem die wesentlichen Dinge ja doch nahezu identisch sehen!
Danke schön, und ja, wir sind wirklich erschreckend nah beieinander (obgleich ich in Punkten sogar einen ganzen Punkt mehr vergeben würde, was sich rational nicht begründen lässt, aber mir liegt das Teil einfach am Herzen). Mal sehen, wie ähnlich wir dann die drei Sequels begutachten werden. Auch wenn ich bei Teil 1 jetzt etwas länger gebraucht habe, freue ich mich schon wie Bolle auf die weiteren Filme.

Der großartige Alfred Newman hat mit meiner immensen Begeisterung für das Original einfach sehr viel zu tun. Obwohl ich von Musik keine Ahnung habe und das auch gerne zugebe (ich kann vom Klang her selbst manche Instrumente kaum auseinanderhalten), ist die Musik von "Airport" für mich etwas besonderes. Diese Ouvertüre ist sogar eines meiner absoluten Lieblingsstücke Filmmusik überhaupt, und das allererste, was ich im Sinn habe, wenn ich an den Film denke. Also in jedem Fall schön, dass sich der Großmeister noch mal mit einem Kracher verabschiedet hat.

Anatol, hast du eigentlich "Menschen im Hotel" alias "Grand Hotel" von 1932 gesehen? Dessen Vorbildstellung für "Airport" ist meines Erachtens so überdeutlich (und wurde interessanterweise schon 1970 in einigen Rezensionen hervorgehoben), dass ich inspiriert durch unseren beginnenden Airporthon jetzt auch Lust bekommen habe, mir den noch einmal anzuschauen.
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Re: Airport

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Casino Hille hat geschrieben: 7. Oktober 2024 00:38
AnatolGogol hat geschrieben: 6. Oktober 2024 11:53 Siehst du die Seberg wirklich als darstellerische Weltklasse an?
Ja, in der Tat. In "Die Maus, die brüllte", "Außer Atem", "Die Frauen sind an allem schuld", "Der Schuss" (absoluter Geheimtipp!), "Airport", "Brennende Haut" und "Das Attentat" finde ich sie große Klasse. Die Seberg wirkt auf mich nicht nur charismatisch und sehr attraktiv, sie bringt eigentlich auch immer eine große Tiefe in jede Rolle mit rein, selbst in die, die das auf den ersten Blick vielleicht eigentlich nicht so hergegeben hätten.
Das ist fair enough. Und ich muss gestehen, dass ich von den von dir genannten Filmen gerade mal drei kenne, meine Kenntnisse in Bezug auf Frau Sebergs darstellerische Karriere also nicht gerade profund sind. In den paar Filmen, die ich mit ihr gesehen habe, war sie mir tatsächlich nicht besonders erinnerungswürdig aufgefallen, selbst in Außer Atem, bei dem wie ich finde darstellerisch aber eh alles von dem einer Naturgewalt gleichenden Schauspiel von Bebel in den Schatten gestellt wird. In Airport mag ich sie dann tatsächlich aber sehr gern, da sie ihre Rolle mit einer wie ich finde liebenswerten Seriösität ausstattet. Und ihre Chemie mit Lancaster ist auch toll, trotz des nicht unerheblichen Alterunterschieds erscheint mir das absolut passend und stimmig.
Casino Hille hat geschrieben: 7. Oktober 2024 00:38 In "The Train" und dem von dir unterschlagenen "Verdammt in alle Ewigkeit" ist Lancaster ebenfalls unschlagbar, und wenn ich wirklich DIE herausragende Leistung in seiner Filmografie wählen müsste (also mit Pistole an der Schläfe), dann würde ich vielleicht seine oscargekrönte Performance in "Elmer Gantry" nennen.
Ich mag Elmer Gantry nicht sonderlich, da konnte auch Lancaster wenig dran ändern. Verdammt in alle Ewigkeit gehört aber sicherlich zu seinen schauspielerischen Großtaten, da stimme ich dir absolut zu.
Casino Hille hat geschrieben: 7. Oktober 2024 00:38 Aber "Airport" kommt dann quasi direkt danach. Die Rolle ist weniger typisch preiswürdig, soll heißen, er bekommt hier kaum große Ausbrüche, auf die sie bei Preisverleihungen so abfahren. Allerdings tritt Lancaster eben in so vielen Momenten sehr schön subtil auf und findet immer kleine Nuancen, die sein Spiel oft faszinierend machen. Richtig toll fiel mir die Szene auf, als er mit seiner Gattin telefoniert und dabei ein paar kleine Rückblenden eingespielt werden. Da sitzt wirklich jeder Blick. Man könnte es ohne Ton abspielen und es wäre nur mit Blick auf Bakersfeld alles gesagt, was man nur sagen kann. In dem Sinne ist das für mich dann schon eine herausragende schauspielerische Leistung - aber eben nur eine und natürlich nicht die. :wink:
Kann ich nachvollziehen, aber tatsächlich finde ich Lancaster da eher in „Normalform“. Klingt jetzt aber abwertender, als es gemeint ist, da der gute Burt einfach fast immer außergewöhnlich gut war. Ich habe vor kurzem mal wieder die herrliche Cinemascope-Schmonzette Trapez mit Tony Curtis und der Lollo geschaut und da ist Lancaster auch wieder toll als verkrüppelter, verbitterter ehemaliger Starartist. Aber auch hier würde ich ihn eher in „Normalform“ sehen, ähnlich wie in Airport. Auch da findest du die diversen subtilen Momente, über die er seinen Charakter definiert und ihm Tiefe verleiht. Da er in Trapez zudem auch etlich dunklere Facetten seiner Figur beleuchten kann, fand ich sein Spiel da fast noch etwas besser als in Airport. Andererseits ist er als im Job (im Privatleben hingegen eher nicht) unfehlbares Alphatier schon erstklassig und setzt den Standard für diese in Katastrophenfilmen so typische Rolle.


Casino Hille hat geschrieben: 7. Oktober 2024 00:38
Was würdest du eigentlich sagen: Wodurch erklärt sich der damalige finanzielle Erfolg des Films? Gerade im Hinblick dessen, dass das Anti-Establishment-Kino des New Hollywoods gerade dominierte und viele eher klassische Produktionen sich an der Kasse schwergetan haben. Wenn man Kritiken aus dem Jahr 1970 liest, dann stellt man schnell fest, dass "Airport" schon zu seiner Entstehungszeit als altmodisch wahrgenommen wurde. Kam der Erfolg daher, weil durch das Star-Ensemble und die bekannte Romanvorlage jene angesprochen wurden, die sich im sonstigen Gegenwartskino nicht wiederfanden? Roger Ebert schrieb: "'Airport' verfügt über eine innere Uhr, die – so schätze ich – etwa 1939 zum Stillstand kam."
Den Erfolg des Films kann ich dir tatsächlich auch nicht erklären – und das konnte seinerzeit wohl auch niemand so richtig. Die Erfolge der klassischen Katastrophenfilme ab Poseidon Adventure, die leuchten mir durchaus ein, da sie im Prinzip ja das Blockbuster-Kino ab Jaws schon vorwegnahmen. Und man darf sich da auch nicht der Illusion hingeben, dass in der Hochphase der New Hollywood, also so zwischen 1968 und 1974 das komplette Publikum nur auf anspruchsvolle, sperriges Autrorenkino gewartet hat. Da war durchaus der Bedarf und Wunsch nach Unterhaltungskino da, nur hatten die großen Studios irgendwo den Bezug zum aktuellen Publikumsgeschmack verloren. Daher ist Airport auch so ein Kuriosum, da er genau das verkörpert: also den verlorenen Bezug zum zeitgenössischen Publikumsgeschmack. Und dennoch war der Film ein Erfolg. Die Stars mögen geholfen haben, aber es gab seinerzeit auch genügend Filme mit großen Stars, die abstürzten, weswegen die Studios dann für ein paar Jahre tatsächlich auf die jungen Wilden Filmemacher des New Hollywood setzten.

Der Erfolg von Airport ist in meinen Augen ein ähnlich unerklärlicher Sonderfall wie knapp ein Jahrzehnt später der von Apocalypse Now. Denn Coppolas Film hätte eigentlich auch kommerziell abstürzen müssen, da das nüchtern betrachtet auch ein Film war, der zu spät kam und nicht mehr so recht in das Bild der seinerzeit erfolgreichen Kinoproduktionen passte. Wobei Airport eigentlich noch unerklärlicher ist, da Apo Now wenigstens die Aufmerksamkeit erzeugende Produktionsgeschichte hatte und gefühlt jeder den kahlen, fetten Brando sehen wollte. Airport dagegen war ja „nur“ ein in der Zeit stehengebliebenes Star-Melodram. Aber vielleicht wiegte hier am Ende der Katastrophen-Aspekt des Films – so untergeordnet er gemessen am Genrestandard auch ist – doch schwerer, als man vermuten würde. Denn sieht man ihn in erster Linie mal als Prototyp des später so erfolgreichen Katastrophenfilms, dann ergibt der Erfolg durchaus seinen Sinn.


Casino Hille hat geschrieben: 7. Oktober 2024 00:38 Bis dahin hat der Film mühelos und in einem sehr hohen Tempo zwischen mehreren Schauplätzen und Handlungsbögen hin und her gewechselt, hat geradezu lässig sein Ensemble begleitet und genug Split-Screen-Aufnahmen geliefert, dass es für drei Doris-Day-Filme reicht.
Hihihi, sehr schöner und vor allem sehr treffender Vergleich. Wenn man bedenkt, wie innovativ zB Frankenheimer oder Jewison mit der Splitscreen-Technik zuvor bereits umgegangen waren, dann trägt der eher zweckmäßige und altmodische anmutende Einsatz dieser Technik ebenfalls zur etwas überholten Machart des Films bei. Wobei ich das nicht negativ meine, aber Airport wirkt tatsächlich wie ein Historienfilm, der zwar 1970 gedreht wurde, aber inhaltlich und stilistisch früher spielen soll.

Casino Hille hat geschrieben: 7. Oktober 2024 00:38 Der großartige Alfred Newman hat mit meiner immensen Begeisterung für das Original einfach sehr viel zu tun. Obwohl ich von Musik keine Ahnung habe und das auch gerne zugebe (ich kann vom Klang her selbst manche Instrumente kaum auseinanderhalten), ist die Musik von "Airport" für mich etwas besonderes. Diese Ouvertüre ist sogar eines meiner absoluten Lieblingsstücke Filmmusik überhaupt, und das allererste, was ich im Sinn habe, wenn ich an den Film denke. Also in jedem Fall schön, dass sich der Großmeister noch mal mit einem Kracher verabschiedet hat.
Das musikalische Intro erinnert mich immer ein bisschen als klassiche Intro-Musiken von Nachrichtensendungen mit dem treibenden Stakkato-Rhythmus. Und es ist gerade bei diesem Film natürlich absolut passend, dass einer der großen „alten Herren“ der Filmmusik für den Soundtrack verantwortlich ist. Denn bei aller Klasse von Newmans Score, so ist er dann auch wieder ein ähnliches filmisches Relikt wie der gesamte Film. Das ist passend und anders würde der Film wohl auch als Ganzes nicht so gut funktionieren.

Casino Hille hat geschrieben: 7. Oktober 2024 00:38 Anatol, hast du eigentlich "Menschen im Hotel" alias "Grand Hotel" von 1932 gesehen? Dessen Vorbildstellung für "Airport" ist meines Erachtens so überdeutlich (und wurde interessanterweise schon 1970 in einigen Rezensionen hervorgehoben), dass ich inspiriert durch unseren beginnenden Airporthon jetzt auch Lust bekommen habe, mir den noch einmal anzuschauen.
Kenne ich bislang tatsächlich noch nicht, wie ich auch generell in der filmischen Landschaft vor 1940 eklatante Lücken aufweise. Namentlich und was seinen Ruf angeht ist er mir aber natürlich ein Begriff.
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Re: Airport

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AnatolGogol hat geschrieben: 7. Oktober 2024 08:01
Casino Hille hat geschrieben: 7. Oktober 2024 00:38 Die Seberg wirkt auf mich nicht nur charismatisch und sehr attraktiv
Und ihre Chemie mit Lancaster ist auch toll, trotz des nicht unerheblichen Alterunterschieds erscheint mir das absolut passend
Absolut. Die letzte Szene des Films, als die beiden zum gemeinsamen Frühstück aufbrechen, ist auch gerade deswegen ein ganz toller Abschluss. Ich nehme da beiden die gegenseitige Anziehung vollkommen ab und gleichzeitig funktioniert dieser Moment als Schluss auch gerade, weil man Lancaster und Seberg richtig ansehen kann, wie der Stress von ihnen abgefallen ist und sie jetzt regelrecht sehnsüchtig nach etwas Normalität sind.

Der Altersunterschied zwischen den beiden ist für mich witzigerweise noch nie groß spürbar gewesen. Das kann jetzt sicher an mir liegen, aber Lancaster wirkt auf mich doch etwas jünger als er damals war (57) und Seberg könnte auch gut und gerne ein paar Jahre älter sein als sie war (32) - wobei das bei Seberg stark mit dem professionellen Auftreten ihrer Figur zusammenhängt.
AnatolGogol hat geschrieben: 7. Oktober 2024 08:01
Casino Hille hat geschrieben: 7. Oktober 2024 00:38 genug Split-Screen-Aufnahmen geliefert, dass es für drei Doris-Day-Filme reicht.
Hihihi, sehr schöner und vor allem sehr treffender Vergleich. Wenn man bedenkt, wie innovativ zB Frankenheimer oder Jewison mit der Splitscreen-Technik zuvor bereits umgegangen waren, dann trägt der eher zweckmäßige und altmodische anmutende Einsatz dieser Technik ebenfalls zur etwas überholten Machart des Films bei.
Genau! Ich musste auch den zwei Jahre zuvor erschienenen "Thomas Crown ist nicht zu fassen" denken und wenn man sich vor Augen führt, wie clever und spielerisch dort mit der Technik umgegangen wird (ich erinnere mich an Momente, in denen bekommen wir eine Aufnahme in etwa 36 kleinen Kästchen gleichzeitig präsentiert), dann ist "Airport" da eher ein Rückfall in "Bettgeflüster"-Zeiten - wobei ich das nicht unbedingt negativ meine, es passt dann eben wirklich sehr gut zu dem Film, der "Airport" ist und sein will.
AnatolGogol hat geschrieben: 7. Oktober 2024 08:01 Ich mag Elmer Gantry nicht sonderlich, da konnte auch Lancaster wenig dran ändern.
Ich hab den dieses Jahr zum ersten Mal gesehen (auf der großen Leinwand!), und auch wenn er kein Meisterwerk ist, hat er mir doch sehr gut gefallen - und ich war zudem ganz verblüfft, wie viel sich Paul Thomas Anderson bei seinem "There Will Be Blood" vom "Elmer Gantry" abgeguckt hat. Mir taugt aber Richard Brooks als Regisseur allgemein, finde einige seiner Filme bärenstark. So oder so: Lancaster ist schon weltklasse darin, aber wie wir beide jetzt schon schön herausgearbeitet haben, war er das dann vielleicht einfach immer. :)

Weshalb er mich nun grade in "Airport" so begeistert, hängt dann vielleicht auch mit der Rolle zusammen. Als dieser dauergestresste Flughafen-Direktor passt er dann einfach wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.
AnatolGogol hat geschrieben: 7. Oktober 2024 08:01 Den Erfolg des Films kann ich dir tatsächlich auch nicht erklären – und das konnte seinerzeit wohl auch niemand so richtig. Die Erfolge der klassischen Katastrophenfilme ab Poseidon Adventure, die leuchten mir durchaus ein, da sie im Prinzip ja das Blockbuster-Kino ab Jaws schon vorwegnahmen. Und man darf sich da auch nicht der Illusion hingeben, dass in der Hochphase der New Hollywood, also so zwischen 1968 und 1974 das komplette Publikum nur auf anspruchsvolle, sperriges Autrorenkino gewartet hat. Da war durchaus der Bedarf und Wunsch nach Unterhaltungskino da, nur hatten die großen Studios irgendwo den Bezug zum aktuellen Publikumsgeschmack verloren. Daher ist Airport auch so ein Kuriosum, da er genau das verkörpert: also den verlorenen Bezug zum zeitgenössischen Publikumsgeschmack. Und dennoch war der Film ein Erfolg.
Sehr richtiger Einwand. Man darf natürlich nicht den Fehler machen, von "Bonnie & Clyde" und "Easy Rider" auf den Rest der Kinolandschaft zu schließen. Trotzdem ist der Erfolg von "Airport" ja gerade deshalb überraschend, weil er nicht einfach nur das "klassische Unterhaltungskino" bot, sondern eben zu seiner Zeit schon sehr altmodisch angehaucht war. Du schreibst es ganz richtig: Selbst die wundervolle Filmmusik von Newman klingt wie aus der Zeit gefallen. Vielleicht ist es aber auch genau das, vielleicht war es schon damals dieser etwas gestrige Retro-Charme, der dann in Kombination mit der hohen Qualität des Skripts, dem Star-Ensemble (das auch nicht nur aus altbekannten Gesichtern bestand, denn gerade Bisset und Seberg waren dann ja doch eher für ein jüngeres Publikum interessant) und dem Erfolg der Romanvorlage dafür sorgte, dass "Airport" zur richtigen Zeit den richtigen Ton traf.

Ich hatte mal oberflächlich für ein paar Stündchen recherchiert, ob es 1969 irgendwelche bekannten Flugzeug-Unglücke oder ähnliches gab, die in den USA medienwirksam besprochen wurden, bin aber auf nichts gestoßen, was zu genau der Zeit das Interesse an solchen Stoffen hätte entfachen können. Schon faszinierend also.
AnatolGogol hat geschrieben: 7. Oktober 2024 08:01 Der Erfolg von Airport ist in meinen Augen ein ähnlich unerklärlicher Sonderfall wie knapp ein Jahrzehnt später der von Apocalypse Now.
Allerdings hatte "Apocalypse Now" zumindest oberflächlich auch sehr viel Spektakel, mit dem er sich vermarkten konnte (der ganze Helikopter-Angriff samt Wagner-Musik allein dürfte schon genügend Zuschauer anlocken). Vielleicht war das bei "Airport" dann die Bombe im Flugzeug.

Der Trailer, den du auf der Vorseite gepostet hast, ist ganz interessant, weil der so anmutet, als habe man den Film eben wirklich über die Stars und den Plot verkauft und weniger über das Spektakel bzw. die "Katastrophe".

Ach ja: Ob "Menschen im Hotel" wirklich eine eklatante Lücke ist, weiß ich nun auch nicht. Aber ich denke, er könnte dir gefallen. :)
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Re: Airport

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Casino Hille hat geschrieben: 7. Oktober 2024 15:23 Der Altersunterschied zwischen den beiden ist für mich witzigerweise noch nie groß spürbar gewesen. Das kann jetzt sicher an mir liegen, aber Lancaster wirkt auf mich doch etwas jünger als er damals war (57) und Seberg könnte auch gut und gerne ein paar Jahre älter sein als sie war (32) - wobei das bei Seberg stark mit dem professionellen Auftreten ihrer Figur zusammenhängt.
Lancasters Alter nehme ich eigentlich richtig ab den frühen 70ern wahr. So wirkt er zB in Scorpio für mich schon wie ein alter Mann. Also jetzt natürlich nicht wie ein Rentner, aber eben sicherlich keinen Deut jünger als sein reales Alter, eigentlich eher älter. Daher habe ich dieses Mal in Airport auch ganz besonders darauf geachtet, wie der Burt Anno 70 auf mich wirkt. Und tatsächlich geht er da gerade noch so als mittelalter Mann durch. Mann darf aber halt auch nicht so ganz genau hinschauen, weil dann wirkt Burt auch hier schon mindestens wie 57. Ich weiss auch nicht warum, aber Lancaster ist so ein Typ, der dann doch recht schnell und heftig gealtert ist.
Casino Hille hat geschrieben: 7. Oktober 2024 15:23 Mir taugt aber Richard Brooks als Regisseur allgemein, finde einige seiner Filme bärenstark. So oder so: Lancaster ist schon weltklasse darin, aber wie wir beide jetzt schon schön herausgearbeitet haben, war er das dann vielleicht einfach immer. :)
Ich habe von Brooks jetzt nicht so wahnsinnig viel gesehen, aber wenn dann war es mal so und mal so. Mit Elmer Gantry wurde ich nicht wirklich warm, ebenso wenig mit Lord Jim und Die letzte Jagd. Karamasows Brüder und die Blechdach-Katze mag ich dagegen recht gern. Die gefürchteten Vier ist ok. Richtig grossartig finde ich aber 700 Meilen westwärts, immerhin eines meiner liebsten Feel-Good-Movies. Dafür fand ich Flammen am Horizont mit einem kolossal verschenkten Connery wirklich ganz schwach.
Casino Hille hat geschrieben: 7. Oktober 2024 15:23 Ich hatte mal oberflächlich für ein paar Stündchen recherchiert, ob es 1969 irgendwelche bekannten Flugzeug-Unglücke oder ähnliches gab, die in den USA medienwirksam besprochen wurden, bin aber auf nichts gestoßen, was zu genau der Zeit das Interesse an solchen Stoffen hätte entfachen können. Schon faszinierend also.
Ich glaube, Airport war halt einfach der letzte altmodische Film, der richtig durchkam - daher auch der Vergleich mit Apo Now, der so ziemlich der letzte New Hollywood-Film war, der "richtig durchkam". Vermutlich gibt es da 1000 Erklärungen und letztlich doch keine. Es ist halt in beiden Fällen verwunderlich, da sich der Zeitgeist eigentlich schon eindeutig gegen diese Art Filme entschieden hatte.

Noch eine Anmerkung zu einer Airport-Figur, die mir zusammen mit der Stapelton-Figur am meisten ans Herz geht: die von Barbara Hale gespielte Gattin von Dean Martin. Sie hat ja nur zwei Szenen, aber die reichen völlig aus, dass ich immer richtig Mitleid mit der armen Frau bekomme. Gut, wenn man mit jemandem wie mit Dino verheiratet ist, dann muss man mit sowas natürlich rechnen. Aber ich finde es trotzdem traurig, weil sie sich so sehr um ihren Mann bemüht und wohl auch weil die Ehe im Gegensatz zu der der Bakersfelds ja funktioniert - mal abgesehen von Demerests Untreue. Aber zumindest kann man in ihrer gemeinsamen Szene nicht erkennen, dass da in ihrem Zusammenleben etwas nicht stimmen würde. Klar, der Film entwickelt sich ja bewusst dahin, dass Dino sich zu seiner Verantwortung als werdender Vater bekennt. Aber für die arme, allein zurückbleibende Ehefrau tut es mir immer sehr leid. Ich weiss gar nicht, ob der Film wirklich so bewusst auf diesen Effekt abzielt, aber bei mir trifft die Szene wenn sie auf Dino wartet und er sie nicht mal wahrnimmt voll ins emotionale Schwarze.
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Re: Airport

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AnatolGogol hat geschrieben: 7. Oktober 2024 17:08 Noch eine Anmerkung zu einer Airport-Figur, die mir zusammen mit der Stapelton-Figur am meisten ans Herz geht: die von Barbara Hale gespielte Gattin von Dean Martin. Sie hat ja nur zwei Szenen, aber die reichen völlig aus, dass ich immer richtig Mitleid mit der armen Frau bekomme. Gut, wenn man mit jemandem wie mit Dino verheiratet ist, dann muss man mit sowas natürlich rechnen. Aber ich finde es trotzdem traurig, weil sie sich so sehr um ihren Mann bemüht und wohl auch weil die Ehe im Gegensatz zu der der Bakersfelds ja funktioniert - mal abgesehen von Demerests Untreue. Aber zumindest kann man in ihrer gemeinsamen Szene nicht erkennen, dass da in ihrem Zusammenleben etwas nicht stimmen würde. Klar, der Film entwickelt sich ja bewusst dahin, dass Dino sich zu seiner Verantwortung als werdender Vater bekennt. Aber für die arme, allein zurückbleibende Ehefrau tut es mir immer sehr leid. Ich weiss gar nicht, ob der Film wirklich so bewusst auf diesen Effekt abzielt, aber bei mir trifft die Szene wenn sie auf Dino wartet und er sie nicht mal wahrnimmt voll ins emotionale Schwarze.
Da sagst du was. Bei mir passiert das fast automatisch: Ich leide mit Figuren (ob Männlein oder Weiblein), die von ihrem Partner oder ihrer Partnerin betrogen werden immer mit. Aber in "Airport" wird diese kleine Rolle trotz kaum Leinwandpräsenz schön herausgearbeitet. Es ist ja besonders bitter, dass sie in ihrem Anfangsdialog mit Lancaster nicht auf den hören will, als er ihr (offenbar zum wiederholten Male) sagt, was für einen Casanova sie da geheiratet hat, und sie Martin noch verteidigt: "Wenn sich eine Frau an ihn ranmacht, schwingt er sofort seinen Ehering." Tja, Pustekuchen. Und dann macht sie sogar noch einen Witz, als es um ihre Handschuhgröße geht und sich ihr Mann vertut: "Nein, ich bin die andere."

Das ist eine große Stärke von "Airport": seine Erzählökonomie. Barbara Hale ist nur sehr kurz auf der Leinwand zu sehen, aber der Film nutzt die Zeit mit ihr voll und ganz aus, da wird keine Dialogzeile verschwendet. Und diese Präzision ist dann auch ein weiterer Grund, warum sich Seatons Film von vielen anderen Figuren(melo)dramen gekonnt abhebt. Ich glaube übrigens schon, dass der Film auf diesen Effekt abzielt. Ich sehe es sogar als Stärken, dass am Ende beide Wahrheiten nebeneinander stehen können: Deverest schließt seine Entwicklung ab und übernimmt Verantwortung für sein Kind, und gleichzeitig steht seine Frau mit gebrochenem Herz daneben.

Wenn wir schon dabei sind, herausragende Szenen zu erwähnen: Der erste Auftritt von Ada Quonsett ist so eine ganz tolle und edle Szene, in der ich es einfach genieße, den drei Können Lancaster, Hayes und Seberg zuzuschauen. Köstlich, wie der Flughafendirektor sich fast ein wenig begeistert von der notorischen Lügnerin Quonsett zeigt, während seine Kollegin es nicht fassen kann, wie dreist die vermeintlich unschuldige alte Dame ist. Hach, nun habe ich ihn grade gesehen und könnte "Airport" eigentlich gleich wieder schauen. Aber am Donnerstag stehen erstmal die "Giganten am Himmel" an. :wink:
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Re: Airport

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Da ich an Airport Null Erinnerung habe, außer daß ich ihn glaube ich komplett mittelmäßig fand (und gerade hätte ich Lust das zu überprüfen), beteilige ich mich mal an dem "Lancaster Appreciation" Einschub, und stimme komplett zu.
Lancaster zu zuschauen war fast immer ein ausgesprochen großes Vergnügen, und er hat sowohl in kleinen wie auch in großen Produktionen fast immer restlos überzeugt. Auch dann mal wenn die Filme selber nicht so doll waren. Und er hatte ein enormes Rollenspektrum.

Wahllos ein paar weitere starke Filme in denen er absolut toll war:

Brute Force
The Crimson Pirate
Apache
The Young Savages
il gattopardo
The Professionals
The Gypsy Moths
Ulzana's Raid
Atlantic City, USA
und, und, und ...

Re: Airport

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Casino Hille hat geschrieben: 7. Oktober 2024 23:32 Aber am Donnerstag stehen erstmal die "Giganten am Himmel" an. :wink:
Ich hab jetzt ein echtes Problem: bei mir waren die Giganten bereits am Wochenende dran und ich habe natürlich auch gleich meinen Text dazu abgetippt und auf dem Rechner abgespeichert. Gestern ist mir mein Rechner abgeraucht und ich befürchte ohne Hoffnung, da noch was zu retten (Mini-PC, keine Ahnung ob man da irgendwie an die Platte rankommt und extern auslesen kann, befürchte aber eher nicht, mal abgesehen davon, dass ich nicht mal wüsste, wie ich das Teil aufbekomme). Nochmal schreiben (war eh schon schwer genug, da ich hier im Thread den Film ja schon einmal abendfüllend abgehandelt habe) ist keine echte Option. Mist, verdammt, ich könnte echt im Quadrat springen. Ich schau mal, ob ich vielleicht doch noch irgendwie an die Festplatte rankomme, aber ansonsten wird es in der zweiten Runde bei mir wohl nur auf Mitdiskutieren rauslaufen, zum Nochmalschreiben fehlt mir momentan echt die Motivation (und die Zeit ehrlich gesagt auch).
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Re: Airport

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Ich bin etwas weiter gekommen mit meinen technischen Problemen: hab den Rechner aufbekommen (die Schrauben waren unter den aufgeklebten Gummifüssen versteckt) und die Festplatte ausbauen können. Hab mir jetzt einen entsprechenden Adapter auf USB geordert, mit der man eigentlich auf die Platte zugreifen können sollte. Ob es klappt, werden wir dann in den nächten Tagen sehen. Also Daumen drücken, vielleicht bekommen wir in bester Patroni-Manier die olle 747 ja doch noch auf den Boden! :)
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