Welcher Airport Film ist euch am liebsten?

Airport
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (33%)
Giganten am Himmel (Airport 1975)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (67%)
Verschollen im Bermuda Dreieck (Airport '77) (Keine Stimmen)
Airport '80 - De Concorde (Airport '88 - The Concorde) (Keine Stimmen)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 3

"Bei uns ist was schief gelaufen"

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Airport (1970) – George Seaton

Das „alte Hollywood“ war in den späten 60er Jahren schwer ins Schlingern gekommen. Diverse großangelegte und zuvor so zielsicher hochprofitable Epen und Musicals fanden nicht mehr ihren Weg zum Publikum und bescherten den Studios empfindliche finanzielle Flops. Mehr noch: stattdessen hatte eine Horde junger Filmemacher mit ihren oft mit geringen Mitteln und außerhalb des Studiosystems produzierten Filmen die Gunst der Stunde für sich genutzt und auch das große Publikum für sich begeistern können. In dieser für die großen Studios schwierigen Transformationsphase wagte sich Universal erstaunlicherweise dennoch an eine hochbudgetierte und stargespickte Produktion, die weitgehend im Stil der dahingehenden „goldenen Ära“ stand – und dennoch gleichzeitig auch Ausgangspunkt für ein Genre werden sollte, welches als so ziemlich einzige erfolgreiche konstante Einnahmequelle der Major-Studio sich durch die gesamten 70er Jahre halten sollte. Die Rede ist natürlich von dem 1970 entstandenen Airport und der sich anschliessenden Vielzahl an Katastrophenfilmen. So gesehen ist der vom dreifachen Oscar-Preisträger George Seaton kompetent inszenierte Film gleichzeitig filmisch anachronistisch wie innovativ, sowohl Symbol einer vergangen Ära als auch Startpunkt für eine neue Gattung Film.

Wobei man letztlich dennoch festhalten muss, dass Airport mit seinem gemächlich-ruhigen Fluß, seinem bewusst ganz auf seine großen Stars ausgelegten Konzept wie auch generell seiner selbstbewusst-routinierten Gangart weit mehr gemein hat mit den großen vorangegangenen Studioproduktionen als mit den folgenden typischen Katastrophenfilmen. Denn weder stellt eine Katastrophe wirklich das Zentrum des Films dar (es sei denn, man sieht den dramaturgischen Backdrop eines heftigen Wintereinbruchs als solche an) – diese lässt in Form einer Explosion an Bord eine 707 mehr als 100 Minuten auf sich warten -, noch richtet sich der Fokus des Films in größerem Maße auf skurrile Nebencharaktere, wie es so typisch für das in den 70er Jahren so beliebte Genre ist, gerade auch bei den anschliessenden Airport-Sequels. Ja, auch im Erstling gibt es zwar solche Figuren, aber entweder sind sie dramaturgisch weit über den eigentlichen Katastrophen-Subplot miteingebunden (wie die völlig zurecht Oscar-prämierte Helen Hayes als blinde Passagierin Ada Quonsett) oder sie sind kaum mehr als farbig auflockernde Kleinstrollen (wie der zunächst naseweise und später zur vollsten Befriedigung des Publikums von Dean Martin eingenordete Nerd-Sohn oder der ohrfeigen-verpassende Klischee-Pfarrer).

Stattdessen fokussiert sich Airport ganz auf die Hauptrollen – und damit auf seine beiden großen Stars Burt Lancaster und Dean Martin. Und genau wie der Film inhaltlich in zwei neben- und miteinander agierenden Subplots verläuft, so teilt sich auch das figürliche Zentrum auf die beiden männlichen Hauptrollen auf. Wobei Lancaster als engagierter Flughafen-Direktor, der seinen Laden inmitten des heftigen Schneesturms irgendwie am Laufen halten muss (wiederkehrendes köstliches Zitat: „bei uns ist was schief gelaufen“ :lol: ), dabei die erste Filmhälfte dominiert, während Martin als charmanter und mit allen Wassern gewaschener Flugkapitän dann in Hälfte 2 mehr und mehr das Ruder übernimmt. Und was soll man sagen: die Stars liefern gnadenlos ab. Es macht einfach großen Spass den charismatischen Hochkarätern Lancaster und Martin bei ihrem so selbstverständlichen Agieren zuzuschauen. Wenn man hier etwas bemängeln könnte, dann eigentlich nur, dass bei diesen selbstbewussten Alphatieren nie wirklich der Hauch eines Zweifels aufkommt, dass sie ihren Aufgaben nicht gewachsen wären. Aber auch das taugt nicht wirklich als Negativaspekt, da der Film trotzdem ein vergleichsweise hohes Spannungsniveau hat - zumindest in bestimmten Sequenzen.

Um die beiden Stars agieren eine ganze Reihe namhafter, gut besetzter und stark aufspielender Darsteller. Helen Hayes wurde ja bereits erwähnt und sie verkörpert in ihrer Rolle der alten Dame, die partout nicht von ihrem Tun als blinde Passagierin ablassen will, nicht nur den humoristischen Part des Films, sondern ist in ihrer liebenswert-ehrlichen Art irgendwo auch das Herz und die Seele des Films. Ebenfalls toll agieren Nouvelle Vague-Legende Jean Seberg und die wie immer hinreissende Jacqueline Bisset in ihren Rollen als junge Love-Interests der beiden hier schon recht deutlich in die Jahre gekommenen und in ihren Rollen mit problematisch verlaufenden Ehen kämpfenden beiden männlichen Superstars. Schauspielerisch weiss vor allem Maureen Stapelton zu überzeugen, der es gelingt die Tragik ihrer Rolle – der Frau des großen Schurken des Films D.O. Guerrero – eindringlich zu vermitteln. Und dennoch: all die tolle Besetzung steht am Ende dann doch im Schatten eines Mannes, der wie kein anderer stellvertretend steht für die gesamte Airport-Reihe: Oscar-Preisträger George Kennedy in seiner Paraderolle als Faktotum der Lüfte Joe Patroni, der wenn die Pflicht ruft sich auch von einem Schäferstündchen mit seiner Angetrauten Mary (wir speichern das mal ab) nicht aufhalten lässt. Vielleicht nie wurde kernige Hemdsärmeligkeit so überzeugend, charismatisch und sympathisch dargestellt wie hier. Kennedy spielt so grossartig, dass beim Zuschauer spätestens am Ende des Film keine Zweifel mehr daran kommen, dass dieser Mann wirklich alles kann (was er in den Sequels dann ja auch wiederholt unter Beweis stellen sollte).

Airport macht am Ende vor allem eines: Spass. Und das macht der Film verdammt gut. Trotz der vergleichsweise üppigen Laufzeit von 135 Minuten kommt kein Moment des Leerlaufs und der Langeweile auf, auch weil er dramaturgisch mit diversen Subplots immer abwechslungsreich bleibt. Selbst der Subplot über die klagenden Anwohner, der streng genommen inhaltlich letztlich nirgendwo hinführt, trägt zum realistischen Gesamtbild eines turbulent-funktionierenden Flughafens bei. Dazu gibt es schöne Spannungsmomente wie beim Zugriff auf den niederträchtigen Schurken D.O. Guerrero oder Patronis Heldentat im Schnee (wenn es doch im echten Leben auch so einfach wäre, dass man Probleme immer einfach damit lösen kann, dass man das Gaspedal respektive den Schub-Hebel immer zum Anschlag durchdrückt :D ), gut gemachte Effekte (wenn die 707 in Modellform majestätisch durch die Wolken gleitet) sowie einen packend-dynamischen Soundtrack von Altmeister Alfred Newman. Airport ist großes Kino, das seinen Charme und seine Qualitäten bis heute nicht verloren hat (aber warum sollte es das auch...).

Wertung: 8,5 / 10
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Airport

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Hach, Anatol, ein großartiger Text! Die Messlatte liegt jetzt weit oben. Ich werde im Lauf der Woche noch mit einem eigenen Text reagieren und bin gespannt, ob sich uns noch jemand anschließen mag. Sehr schön schon mal, dass du die interessanteste Erkenntnis eines "Airport"-Rewatches hervorhebst: Dieser "Klassiker des Katastrophenfilms" ist selbst noch gar nicht so sehr Katastrophenfilm wie seine Nachfolger oder andere Filme der Zeit (Flammendes Inferno, Höllenfahrt der Poseidon), sondern eigentlich eher ein Figurendrama - oder sogar eher ein Film darüber, wie aus verschiedenen Perspektiven die nervenaufreibende Arbeit an einem Flughafen so abläuft. :) Es ist wirklich ein ganz sensationeller Film - und wie beim "Mad Max"-Marathon werde ich deshalb meine Freundin und meinen besten Freund liebevoll dazu zwingen, die Filme mit mir zu schauen.
https://filmduelle.de/

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Re: Airport

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Ich bin auch schon sehr gespannt auf deine Ausführungen und den daraus sicherlich entstehenden angeregten Austausch. Ich glaube, dieses Mal wird es auch weniger um die Unterschiede in der kritischen Wahrnehmung der einzelnen Filme gehen, als mehr um das Herausarbeiten dessen, warum die Filme solch einen Kultstatus inne haben. Aber warten wir es ab.
Casino Hille hat geschrieben: 29. September 2024 12:00 Dieser "Klassiker des Katastrophenfilms" ist selbst noch gar nicht so sehr Katastrophenfilm wie seine Nachfolger oder andere Filme der Zeit (Flammendes Inferno, Höllenfahrt der Poseidon), sondern eigentlich eher ein Figurendrama - oder sogar eher ein Film darüber, wie aus verschiedenen Perspektiven die nervenaufreibende Arbeit an einem Flughafen so abläuft. :)
Ja, wobei das Figurendrama letztlich ja auch in jedem zünftigen Katastrophenfilm einen zentralen Punkt einnimmt. Allerdings schwingt die Gewichtung zwischen Figurendrama und Katastrophenaction beim ersten Airport tatsächlich deutlich mehr in die erste Richtung als beim "normalen" Katastrophenfilm. Hinzukommt, dass es auch der einzige Film in der Airport-Serie ist, der seinen Titel zurecht trägt, da auch hier ungewöhnlicherweise der Schwerpunkt der Handlung auf dem Boden, eben auf dem Flughafen, spielt und nicht in der Luft bzw. an Bord eines Flugzeuges. Deswegen (und nicht nur deswegen) wären die Sequels eigentlich fast besser unter dem Label Airplane aufgehoben. :D Am Ende des Films dachte ich gestern: Mensch, das war richtig toll, jetzt freue ich mich richtig auf die weiteren Flüge. Ich glaube, wir werden viel Spass mit unserem Marathon haben. :D
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Re: Airport

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Casino Hille hat geschrieben: 29. September 2024 12:00 und bin gespannt, ob sich uns noch jemand anschließen mag.
Ich setze aus, die Filme kitzeln mich dann bisher doch zu wenig als dass ich mir die ganze Collection geholt und mir das Projekt für die nächsten Wochen "aufgebürdet" hätte - Aber ich werde gespannt mitlesen! :D
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