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iHaveCNit: Broke.Alone. A Kinky Love Story (2024) – Anna Unterweger – Filmwelt
Deutscher Kinostart: 19.09.2024
gesehen am 23.09.2024
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 7 – Reihe 13, Platz 15 – 18:50 Uhr


Erst Anfang letzter Woche bei meiner Sichtung von „The Crow“ kam mir ein interessanter Trailer zu Gesicht, der mein Interesse geweckt hat und bei dem ich überrascht feststellen musste, dass er bereits letzten Donnerstag auch einer der Starts der Woche ist. Die Rede ist von Anna Unterwegers „Broke.Alone. A Kinky Love Story“, der mit einer interessanten Idee kommt.

Sarah ist Kunststudentin, arbeitet in einer Bar und lebt gemeinsam mit ihrem Freund in einer kleinen Hamburger Atelierwohnung. Ihr Chef bekommt Corona und sie muss in Quarantäne, wo sie ihren Freund beim Fremdgehen erwischt. Noch ahnt sie nicht, dass er dazu noch das Geld eher für Cam-Girls auf einem Portal statt für die Miete ausgegeben hat und sie nur noch die Quarantäne-Zeit hat, den Rückstand reinzuholen. Doch wie schnell an Geld kommen ? Da entscheidet sie sich, als Cam-Girl auf dem Portal anzumelden.

Ich bereue die Entscheidung nicht, mir den Film dann spontan angesehen zu haben, denn der mit 95 Minuten kompakte und kleine Film hat mir gut gefallen. Angefangen bei der skurrilen Idee, der sympathischen und vielschichtigen, schlagfertigen Hauptdarstellerin Nora Islei, die hier als Sarah Franke und auch in ihrer Rolle als Cam-Girl – Ihr Künstlername und der Name des Portals möchte ich hier nicht verraten – eine unfassbar coole Darstellung abliefert. In einer fast kammerspielartigen Atmosphäre befinden wir uns größtenteils mit Sarah in ihrer Wohnung und erleben via zum Teil integrierten Split-Screens und der Kamera-Optik von Selfie- oder Web-Cam-Kameras eben ihre Interaktion mit Freunden, Familie und auch einigen sehr skurrilen Kunden vor der Cam. Der Film setzt sich auch kreativ und durchaus witzig mit den Themen Kinks und Fetischen auseinander und zeigt auf unterhaltsame Art und Weise die holprigen Stolpersteine bei den ersten Schritten auf solchen Plattformen, die man durchaus als moderne Online-Version des Sexworks bezeichnen kann. Klar stellt der Film stellenweise auch mal den unangenehmen Umgangston mancher User dar, bleibt aber bei kritischen Untertönen wie auch der Darstellung der Sexualität eher brav und oberflächlich. Hinzu kommt, dass der Film in der Kürze zu viele Handlungsstränge aufmacht und in seiner Konklussion den progressiven Ansatz mit einem doch mild konservativen Ende etwas bricht.

„Broke.Alone. A Kinky Love Story“ - My First Look – 7/10 Punkte
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iHaveCNit: Die Fotografin (2024) – Ellen Kuras – Studiocanal
Deutscher Kinostart: 19.09.2024
gesehen am 25.09.2024
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 11 – Reihe 16, Platz 14 – 20:15 Uhr

Natürlich stand auch „Lee“ von Ellen Kuras, der bei uns in Deutschland unter dem Titel „Die Fotografin“ veröffentlicht wird, auf meiner Kinoplanung, nachdem mich der Trailer angesprochen hat.

Das Fotomodell Lee Miller hat es satt, nur fotografiert zu werden, hat sie doch ein großes Talent, selbst Bilder mit einer großen Wahrhaftigkeit und Authentizität einzufangen. So konzentriert sie sich auf die Arbeit als Fotografin, bis der zweite Weltkrieg beginnt und sie den Entschluss fasst, allen Widerständen zum Trotz an der Front das Geschehen mit der Kamera zu dokumentieren.

„Die Fotografin“ beziehungsweise „Lee“ ist ein schon seit knapp 10 Jahren existierendes Herzensprojekt von Kate Winslet, die für die Inszenierung Ellen Kuras begeistern konnte, weil Winslet die Faszination für Lee Miller nicht loslassen konnte wie die Zeitdokumente und die zugrunde liegenden Ereignisse eben eine Lee Miller nicht loslassen konnten. Mit sehr großen Engagement wird Lee Miller großartig von Kate Winslet gespielt und wir bekommen als Biopic durchaus das Porträt einer talentierten, hartnäckigen und gewitzten Fotografin präsentiert, die ihrer Zeit weit vorraus gewesen ist. Mit einem erweiterten Ensemble mit vor allem Alexander Skarsgard, Josh O´Connor, Andy Sambert, Marion Cottilard, Andrea Riseborough und Noemie Merlant ist der Film gut besetzt. Auch die Ausstattung des Films hat mir gefallen. Jedoch wirkt der Film als Biopic zwar routiniert, aber durch die Wahl seiner Farben sehr grau, trist und spröde und vielleicht bei seinem Tempo und Pacing teilweise langatmig und durch die Musik unnötig emotional forcierend. Der Film hat auch als Biopic teilweise das Problem, worauf er nun thematisch den Fokus legen soll und ob diese oder jene Thematik im Film stattfinden soll oder nicht. Da kann es für den ein oder anderen Zuschauer vielleicht unzufriedenstellend sein. Ich finde auch, dass der Film am Ende etwas macht, dass für mich wenig glaubwürdig herausgearbeitet worden ist und eine unnötig überhöhte Konklussion liefert.

„Die Fotografin“ - My First Look – 7/10 Punkte
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iHaveCNit: Never Let Go (2024) – Alexandra Aja – Leonine
Deutscher Kinostart: 26.09.2024
gesehen am 30.09.2024
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 3 – Reihe 9, Platz 18 – 20:00 Uhr


Ganz kurzfristig kam auch noch das interessante Mystery- und Horrordrama „Never Let Go“ in meine Kinoplanung, weil der Trailer einen interessanten Eindruck gemacht hat.

Ein Mutter lebt mit ihren beiden Söhnen Samuel und Nolan in einer Hütte im Wald. Die Hütte wird nur tagsüber verlassen für die Suche nach lebenswichtigen Ressourcen. Dabei knoten sie sich aber ein Seil um, dass nie gelöst werden darf, weil sonst etwas Schlimmes passiert. Doch was passiert dann genau ?

Mit Halle Berry und den beiden jungen Darstellern Percy Daggs IV und Anthony B. Jenkins sowie einem Hund beschränkt sich der Fokus in diesem Mystery- und Horrordrama auf sehr wenige Charaktere und durch das Setting einer Hütte im Wald und dem Wald selbst erschafft Alexandra Aja einen sehr atmosphärisch stimmigen Film, der auch als eine Art Kammerspiel und ein Survival-Thriller bezeichnet werden kann. Die dem Film zugrunde liegende Symbolik kann man auch mit Blick auf eine Nabelschnur, das familiäre oder brüderliche Band, die Thematik von Helikopter-Eltern, die auch überbehutsam auch vor gewissen Formen der psychischen Gewalt nicht zurückschrecken gedeutet werden. Der Film selbst ist spannend und hat durchaus eine interessante Handlungsentwicklung, bei der das Band, dass das Paket des Films zusammenschnürt, jedoch nicht vollständig halten kann und etwas zerfasert, womit das Potential des Films nicht ganz ausgeschöpft werden kann.

„Never Let Go“ - My First Look – 7/10 Punkte
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305
iHaveCNit: Der Wilde Roboter (2024) – Chris Sanders – Universal
Deutscher Kinostart: 03.10.2024
gesehen am 06.10.2024
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 4 – Reihe 9, Platz 18 – 18:45 Uhr


In die Riege guter Animationsfilme in diesem Jahr für mich zumindest wird sich nun ein weiterer Film einreihen. Der auf dem gleichnamigen Buch von Peter Brown basierende, von Chris Sanders inszenierte Film „The Wild Robot“, der bei uns unter „Der Wilde Roboter“ veröffentlicht wird, ist auf jeden Fall eine aktuelle Empfehlung für die ganze Familie – oder sollte ich „Ganse Familie“ sagen ? Weil der Film ist gans gut !

Ein lebensunterstützender Roboter strandet auf einer nur von Tieren bevölkerten Insel, bei der er erst auf Angst und Ablehnung stößt, ehe er sich akklimatisiert und einigermaßen klarkommt. Durch einen Unfall kommt es auch zu einer Zufallsbegegnung mit dem Ei eines Gänseküken, das dann auch schlüpft und es für den Roboter namens „Roz“ nun endlich eine Aufgabe gibt – Das Gänseküken aufzuziehen und für die kommende Zugvogelsaision vorzubereiten. Noch ahnen sie und helfende Tiere im Wald nicht, welche Bindung zwischen Roz und dem Gänseküken entstehen wird.

Der neue Animationsfilm aus dem Hause Dreamworks Animation bietet einen wunderschönen Animationsstil und eine emotionale, mitreißende und berührende Geschichte, bei der es um wirklich viele schöne Themen geht wie Gemeinschaft, Abbau von Vorurteilen, Empathie, Solidarität, dem Annehmen von scheinbar unlösbaren Herausforderungen und Aufgaben, einem gewissen Coming-Of-Age-Aspekt, dem Heranwachsen und auch das Loslassen. Dabei geht der Film ein wildes und schnelles Tempo für seine knapp 100 Minuten, so dass ich mir ab und an ein wenig Ruhe gewünscht hätte, damit der Film seine Momente wesentlich effektiver ausspielen kann, auch wenn das allgemein effektive Ausspielen der Momente und Themen aus der Betrachtung gewisser Perspektiven vielleicht etwas forciert wirken mag durch den Einsatz der Bilder und Musik. Mich hat das Ganze jedoch absolut nicht gestört und ich hatte einen schönen Kinobesuch mit „Der Wilde Roboter“.

„Der Wilde Roboter“ - My First Look – 9/10 Punkte
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306
iHaveCNit: Transformers One (2024) – Josh Cooley – Paramount
Deutscher Kinostart: 10.10.2024
gesehen am 09.10.2024 in 3D
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 3 – Reihe 9, Platz 16 – 19:30 Uhr


Inmitten der bereits seit 2007 laufenden Filmreihe über die transformierenden Roboter aus dem Hause Hasbro gab es bisher genau eine Sache nicht – einen Animationsfilm fürs Kino. Dieser Aufgabe hat sich nun Josh Cooley gewidment und einen interessanten Animationsfilm geschaffen, der mir auch gut gefallen hat.

Auf dem Planeten Cybertron ist der Anführer Sentinel Prime bereits seit geraumer Zeit dabei, die Matrix der Führerschaft zu finden, die für den natürlichen Fluss der wichtigen Energiequelle Energon sorgen soll. Bisher ohne Erfolg, so dass es unter anderem für die Minenbots Orion Pax und D-16 sehr viel Arbeit in den Minen Cybertrons bedeutet, die noch wenigen Ressourcen abzubauen. Der etwas ungestüme und rebellische Orion Pax sorgt jedoch für eine gewisse Unruhe und hitzköpfige Aktionen, die die Beiden dann zufälligerweise auf die Spur der Matrix bringt und sie erst auf der gefährlichen Oberfläche des Planeten ein dunkles Geheimnis aufdecken, dass auch die Freundschaft der Beiden für immer verändern wird.

Mir hat „Transformers One“ gut gefallen. Mit einem interessanten Animationsstil hat mich die Origin-Story von sowohl Optimus Prime als auch Megatron sowie die Ausgangslage der Konflikte aus den Verfilmungen von Michael Bay. Mit ein paar interessanten Twists bleibt „Transformers One“ aber in seiner Handlungsentwicklung weitestgehend geradlinig. Mit rasanter Action, spannenden Sequenzen und auch einem gewissen Humor macht der Film einen recht kurzweiligen Spaß, bei dem ich sagen muss, gerne mehr davon !

„Transformers One“ - My First Look – 8/10 Punkte
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307
iHaveCNit: Smile 2 (2024) – Parker Finn – Paramount
Deutscher Kinostart: 17.10.2024
gesehen am 18.10.2024
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 3 – Reihe 9, Platz 16 – 18:20 Uhr


Vor knapp 2 Jahren hat Parker Finn mit „Smile“ einen überraschenden Horror-Hit geschaffen, der auch durch virale wirksame Werbekampagnen sehr erfolgreich wurde. Damals habe ich mir schon gedacht, dass der Film, der eigentlich keine Fortsetzung notwendig hatte, eine Fortsetzung bekommen wird. Und diese Fortsetzung hat es nicht nur in sich, es bleibt qualitativ auf einem gleichen, wenn nicht sogar leicht besseren Level.

Ein Jahr nach einem persönlichen Schicksalsschlag mit einem folgenreichen Unfall ist der Musik-Star Skye Riley mitten in der Vorbereitung zu einer großen Comeback-Tour. Der Unfall und die Narben haben jedoch Schmerzen zurückgelassen, für die sich Syke von einem Dealer und Bekannten aus der Vergangenheit mit Schmerzmitteln versorgen lässt. Als Sie bei ihm aufkreuzt, scheint er wie ausgewechselt und von etwas besessen zu sein, ehe er zu einem Dauergrinsen ansetzt und sich vor Skyes Augen das Leben auf brutale Weise nimmt. Noch ahnt Syke nicht, was für Folgen diese Begegnung für Sie haben wird.

„Smile 2“ macht genau das Gleiche wie Teil 1. Mit gekonnt inszenierten und aufgebauten Spannungs- und Schockmomenten, bei denen auch der Zuschauer immer tiefer in den Sog mit reingerissen wird des unbehaglichen Gefühls und der Wahrnehmung des Wahnsinns ob das was gerade passiert tatsächlich passiert oder nur Teil des Wahnsinns und der Wahnvorstellungen ist. Auch wenn der Film quasi das Gleiche macht, ist vor allem die charakterliche Variation hier genau das, was das Alleinstellungsmerkmal darstellt wenn es um die Frage geht, ob die Fortsetzung überhaupt notwendig ist. Denn das Umfeld eines Musik-Stars im Stil von Lady Gaga, Sia u.s.w. unterscheidet sich schon stark von dem einer Psychotherapeutin. Und so sind die charakterlichen Unterschiede und auch die unterschiedlichen Umfelder von Sosie Bacons „Rose Cotter“ und nun hier Naomi Scotts „Skye Riley“ schon sehr spürbar. „Smile 2“ lebt hier quasi von der Präsenz und der Performance von Naomi Scott, die soweit ich mich an meine bisherigen Erfahrungen mit ihr erinnere, hier ihre beste darstellerische Leistung bietet und auch charakterlich mit Skye Riley eine vielschichtige Protagonistin zu bieten hat. Wäre es im Kontext des Films nicht so gruselig, würde ich auf jeden Fall im zufriedenen Sinne über diese Fortsetzung ein Grinsen aufsetzen.

„Smile 2“ - My First Look – 8/10 Punkte
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308
iHaveCNit: Venom: The Last Dance (2024) – Kelly Marcel – Sony Pictures

Deutscher Kinostart: 24.10.2024

gesehen am 24.10.2024 in 3D Dolby Atmos

Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 1 – Reihe 14, Platz 12 – 20:30 Uhr


2018 gestartet, 2021 fortgeführt, kommt nun im Rahmen der von Sony initiierten Marvelverfilmungen nun der mögliche Abschluss der Trilogie um den beliebten und legendären Spider-Man-Antagonisten Venom in die Kinos, der damit zum letzten Tanz für den von Tom Hardy gespielten Eddie Brock und Venom bittet.

Eddie Brock und Venom befinden sich im Exil und auf der Flucht vor Behörden, da ihnen ein Tod zur Last gelegt wird. Ihre Verbindung ist mittlerweile ein Risiko geworden, weil sich etwas bei der Verbindung aktiviert, dass für den Schöpfer der Symbioten, Knull ein wichtiger Schlüssel ist, damit er seine Fesseln lösen und sich an den Symbioten rächen kann. So entsendet er Symbiotenjäger – die Xenophagen auf die Erde, die neben Symbiotenforschern und den Behörden auf der Jagd nach Eddie Brock und Venom sind.

Machen wir uns nichts vor. Wenn es um eine wirklich in die Tiefe gehende Umsetzung der Lore um Venom und Eddie Brock geht, die man auch ernst nehmen kann, da haben alle 3 Filme der Trilogie keinen guten Job gemacht. Klar werden hier und da interessante Ansätze geliefert, die auch den ein oder anderen Fan mit niedrigem Anspruch und niedriger Erwartungshaltung zufrieden stellen können, aber für Hardcore-Fans kann ich mir schon vorstellen, dass da eine gewisse Enttäuschung vorhanden ist. Darüberhinaus heißt es „Hit Or Miss“ wenn es um die Personalie des Hauptdarstellers Tom Hardy geht und wie man seinem humoristischen und überdrehten Schauspiel innerhalb der Trilogie gegenübersteht, denn das ist schon eines der Kernstücke der Filme und auch „The Last Dance“. Und hier ist das Ganze ein sehr launiges und schwankendes Stück geworden, das inmitten der Handlung die durchaus einen roten Faden liefert, aber sehr chaotisch und sprunghaft wirkt und die einzelnen Elemente dieses sich aus der Flucht ergebenden Buddy-Road-Movies ebenfalls sehr schwankend sind. Ich persönlich bin großer Fan von Tom Hardy, finde aber, dass der Film weit hinter seinen Möglichkeiten und dem Potential geblieben ist, so dass leider der letzte Tanz auf dem Parkett nur eine einigermaßen gute Figur abliefert.

„Venom: The Last Dance“ - My First Look – 6/10 Punkte
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309
iHaveCNit: The Beast (2024) – Bertrand Bonello – Grandfilm
Deutscher Kinostart: 10.10.2024
gesehen am 01.11.2024 in OmU
Arthouse-Kinos Frankfurt – Kleine Harmonie – Reihe 6, Platz 1 – 20:30 Uhr


Wenn es zu Verfilmungen von Erzählungen von Henry James kommt, war ich bis letztes Jahr noch ein wenig stiefmütterlich, womit der Einstieg mit „Das Biest im Dschungel“ von Patric Chiha mit Tom Mercier und Anais Demoustier schon sehr interessant gewesen ist. Nun stand im Oktober 2024 eine weitere Verfilmung in den Startlöchern, die von Bertrand Bonello mit Lea Seydoux und George McKay in den Hauptrollen inszeniert wurde und den Titel „The Beast“ trägt und der mein Interesse wecken konnte.

Gabrielle lebt im Paris des Jahres 2044. In einer sehr isolierten Gesellschaft übernehmen KIs viele Berufe und gesellschaftliche Aufgaben. Damit die Menschen ihre Chancen auf lukrative, interessante Jobs erhöhen können, müssen sie sich von ihren Gefühlen, Emotionen und traumatischem Ballast der Vergangenheit lösen. Gabrielle ist an den hierfür notwendigen Sitzungen interessiert, doch sie ahnt noch nicht, was ihre Reisen in die Vergangenheit eines Paris 1910 und Los Angeles 2014 und die Begegnungen mit einem Louis für Folgen haben können.

„The Beast“ und „Das Biest im Dschungel“ sind zwei durchaus ähnlich gelagerte Erzählungen von Henry James mit Begegnungen zwischen einer Frau und einem Mann, die auf etwas lebens- und weltveränderndes warten auf einer Reise durch die Zeit und die Jahrzehnte. Während sich die Handlung bei „Das Biest im Dschungel“ größtenteils auf einen Nachtclub beschränkt und durch seinen treibenden, clubbenden Score eine extrem mitreißende Sogwirkung erzielt, haben wir es bei „The Beast“ mit einem sehr experimentellen, cleanen, kühlen und distanzierten Genremix zu tun, der zwischen Sci-Fi, Thriller und historischem Melodram pendelt und sich dabei thematisch um Angst und Liebe dreht. Lea Seydoux und George McKay füllen die beiden Hauptrollen mit Leben. Gerade in dem Aspekt, dass beide zwar gleichnamige, aber dennoch unterschiedlich gelagerte Personen auf den Zeitebenen spielen, wird als Vergleich hierzu gerne Tom Tykwers „Cloud Atlas“ genannt. Irgendwie hatte ich bei dem Film auch stilistisch das Gefühl, eine Mischung aus David Lynch, Christopher Nolan und Yorgos Lanthimos zu bekommen, weil sich durchaus sehr entfernte Vergleiche zu „Mulholland Drive“, einer Mischung aus „Tenet“ und „Inception“ sowie zwei unterschiedlichen Stilen von Lanthimos („The Favourite“/“Poor Things“ gegenüber „The Killing of A Sacred Deer“/“Kinds Of Kindness“) ziehen lassen können. Dennoch muss ich sagen, dass trotz all dieser Vergleichsmöglichkeiten der Film etwas ganz Eigenes anbietet und in seiner Symbolik und verschachtelten Struktur trotz seiner doch recht kühlen und distanzierten Tonalität einen hohen Replay Value bietet für tiefergreifende Analysen der Themen und des gesamten Films, der mir gut gefallen hat, auch wenn er für mich trotz Spannung eher weniger Sogwirkung entfalten konnte.

„The Beast“ - My First Look – 8/10 Punkte
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iHaveCNit: The Substance (2024) – Coralie Fargeat – Mubi
Deutscher Kinostart: 19.09.2024
gesehen am 03.11.2024 in OmU
Arthouse-Kinos Frankfurt – Kleine Harmonie – Reihe 4, Platz 1 – 17:45 Uhr


Das Beste kommt definitiv zum Schluss. Vor allem, wenn es um den Filmmonat September 2024 geht, bei dem ich den letzten Film auf meiner Monatsliste je nach Betrachtungsweise entweder lange gewartet oder lange vor mir her geschoben habe. Die Rede ist von Coralie Fargeats „The Substance“, der einer der Arthouse- und Fantasy-Filmfest-Hits des Jahres ist. Bereits mit ihrem ersten stylischen, gorefestlastigen Rape- and Revenge-Film und Spielfilmdebüt „Revenge“ konnte mich Fargeat überzeugen und da war ich gespannt ob „The Substance“ ebenfalls dort weiter machen kannen. Noch habe ich nicht geahnt, wie sehr mich „The Substance“ überzeugen und begeistern wird.

Elizabeth Sparkle war einst eine gefeierte, preisgekrönte Schauspielerin. Mittlerweile ist jedoch der Glanz und Ruhm von einst verflogen und sie verdingt sich als Aerobictrainerin im Frühstücksfernsehen. Doch auch dort ist sie den Programmverantwortlichen mit ihren mittlerweile 50 Jahren ein Dorn im Auge und sie soll durch ein wesentlich jüngeres Gesicht ausgetauscht werden. Durch Zufall bekommt sie einen Tipp für eine besondere Droge, die das Optimum aus ihr herausholen soll. Interessiert beschafft sie sich diese Droge, ohne zu ahnen, welche Folgen und Auswirkungen die Nutzung der Droge und entsprechende Fehler in der Anwendung haben können.

„The Substance“ ist ein unfassbar stylisch auf den Punkt inszenierter Film mit Kameraeinstellungen, Musik, Sound und Schnitt. Mit dem Trio aus Demi Moore, Margaret Qualley und Dennis Quaid an der Spitze des Films hat man darstellerisch absolute Höchstleistungen, die einem hier geboten werden, bei denen es bis an die Grenze des Aushaltbaren geht mit einem Mut zur Hässlichkeit und absolutem charakterlichen Ekelpaket. Der Film ist radikal und geht durchaus mit seinem Body-Horror in extrem gorelastige Gefilde, die einen durchaus schon überraschen, aber auch angewidert unterhalten können. Ich würde „The Substance“ in seinem Mix als einen feministischen „Limitless Neon Demon Titane im Geiste Cronenbergs bezeichnen. In seiner Radikalität, seiner Symbolik und einer nicht sehr subtilen Vorgehensweise kann man den Film als eine blutige Abrechnung mit dem gesellschaftlichen Frauenhass betrachten, der hier am Male Gaze und dem extrem harten Pflaster der amerikanischen Unterhaltungsindustrie Hollywoods seziert wird und zeigt wie sehr der Schönheitswahn, die Jagd nach ewiger Jugend und der damit verbundenen gläsernen Decke Frauen unter einen immensen Druck setzt, der in toxischen, intrinsischen Dynamiken wie Competition Anxiety und auch im Selbsthass mündet. Und damit hat der Film eben nicht nur „Style“, sondern auch „Substance“, was ihn zu einem meiner großen Highlights des Jahres macht.

„The Substance“ - My First Look – 10/10 Punkte
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Re: iHaveCNit – Der HCN-Review-Sammelthread

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iHaveCNit: The Apprentice – The Trump Story (2024) – Ali Abbasi – DCM
Deutscher Kinostart: 17.10.2024
gesehen am 04.11.2024 in OmU
Arthouse-Kinos Frankfurt – Kleine Harmonie – Reihe 4, Platz 1 – 18:15 Uhr


Ein Film, der gerade zur passenden Zeit in den Kinos läuft – oder auch nicht – ist Ali Abbasis Biopic „The Apprentice – The Trump Story“, den auch ich mir gerne ansehen wollte. Zum Einen hat Abbasi zuletzt mit „Holy Spider“ mich beeindrucken und begeistern können und zum Anderen können Biopics über Personen der jüngeren amerikanischen Politik auch bei mir landen wie zuletzt Adam McKays „Vice“ über den ehemaligen amerikanischen Vizepräsidenten Dick Cheney. Leider wird „The Apprentice“ nicht in der selben Liga spielen wie „Vice“, ich fand ihn dennoch einigermaßen interessant und amüsant.

Zu Beginn der 70er steht der noch sehr ungelenke Donald Trump im Schatten seines Vaters und Immobilienunternehmers Frederick Trump. Während sich dieser mit Mieterklagen auseinandersetzt und Donald für seinen Vater Mietschulden in den Wohnkomplexen eintreiben muss, lernt Donald Trump den Anwalt und Lobbyist Roy Cohn kennen, der ihn fortan unter seine Fittiche nimmt und Trump somit Schritt für Schritt Teil der elitären Kreise wird und mit mehreren Projekten große Ambititonen hat. Ganz nach 3 Lektionen, die ihm Roy Cohn beigebracht hat – 1. Angreifen, Angreifen, Angreifen – 2. Alles abstreiten und niemals etwas zugeben – 3. Sich immer zum Sieger erklären.

In einem 16-mm-Retro-Look bekommen wir ein interessantes, aber optisch etwas dunkles Biopic geboten, dass nur oberflächlich etwas satirisch rüberkommt und eher brav und bieder bleibt. Mit dem Duo aus Sebastian Stan und Jeremy Strong in den Hauptrollen bekommen wir eine tolle Dynamik geboten und es gelingt der Spagat hier sowohl die von ihnen verkörperten Donald Trump und Roy Cohn gleichermaßen ernst zu nehmen als auch als Karikatur wahrnehmen zu können. Hier finde ich auch, dass die für Trump typischen Manierismen und der unverwechselbare Sprachduktus nur bedingt in der Entwicklung durch das Schauspiel von Sebastian Stan erkennbar ist. Leider fokussiert sich der Film ein wenig zu wenig auch auf die familiäre Ebene Trumps, die neben dieser geschäftlichen und letztendlich kompetitiven Lehrer/Schüler-Beziehung zu Cohn durchaus auch einen großen Teil in der Charakterentwicklung des ehemaligen und möglicherweise neuen US-Präsidenten, Unternehmer und Medienpersönlichkeit beigetragen hat. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass die vielen Momente der Eitelkeit und der Fehlbarkeit eines Donald Trumps selbigem ein Dorn im Auge sein können, genau wie die hier dargestellte Grundmaxime „Besser gut geklaut, als schlecht selbst erfunden“ den Self-Made-American-Dream-Charakter eines Donald Trump hier ganz klar in Frage und Abrede stellt, weil das zum einen sein Ego und Stolz verletzt und letztendlich auch nur als Film über ihn klare Fake-News sind.

„The Apprentice – The Trump Story“ - My First Look – 7/10 Punkte
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