"Ich erwarte, dass Sie sterben, Mr. Bond"

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Eduard Habsburg hat am Wochenende in der österreichischen Zeitung "Der Standard" einen ziemlich reisserischen und etwas zynischen Artikel geschrieben. Natürlich werden noch viele derartige Artikel folgen, aber falls jemand Lust hat, ein paar Zeilen zu lesen:

Jedoch aufpassen, schon der erste Satz wird so manchem die Haare zu Berge stehen lassen... :)
Daniel Craig, Judy Craig und Javier Bardem drehen zwar schon den nächsten 007-Streifen, aber das wird nichts mehr - Warum es mit den Bond-Filmen aus und vorbei ist

Langsam beginnt sie sich wieder zu rühren, die Bond-Werbemaschinerie. Die Pause war ja auch gar zu lang, bei all den juristischen und finanziellen Querelen rund um MGM und EON Productions. Doch Bond 23 ist endlich auf dem Weg, Skyfall heißt er, warum auch nicht, dieser Tage laufen die Kameras, Daniel Craig meldet per Interview seine wachsende Begeisterung, ja, er ist schon ganz heiß auf den Dreh, die Medien spekulieren: Ist ein neuer "Q" dabei? Wird Javier Bardem der Bösewicht? Die neue Moneypenny ist dunkelhäutig - how shocking ...

Und mir ist das alles so was von egal. Also richtig total egal. Und das will was heißen. Immerhin bin ich lebenslanger Bond-Fan, habe alle Filme mehrfach gesehen und alle Bücher gelesen, sogar selber ein Opusculum über den Agenten Ihrer Majestät verfasst (James Bond in 60 Minuten). Warum mir Bond 23 und vermutlich auch 24 ff. egaler nicht sein könnten? Da muss ich etwas ausholen.

Meine Liebe zum filmischen Bond begann mit dem Theater am Karlstor in München. Dort gab es in meiner Schulzeit ein kleines Kellerkino, und dort liefen im wöchentlichen Wechsel die James-Bond-Filme. Zumeist in übel zerkratzten Kopien, aber alle nacheinander, von Dr. No aufwärts. In die Bücher verliebte ich mich kurz danach - und zwar hielt ich meinen ersten Ian-Fleming-Roman, eine englische Signet-Taschenbuchausgabe von Casino Royale, in einem venezianischen Palazzo in den Händen. Seit 30 Jahren habe ich so Bond die Stange gehalten, von Connery über Lazenby, Moore, Dalton und Brosnan bis zu Daniel Craig. Es gab Höhen und Tiefen, zumeist mehr Tiefen, einige echte Glanzlichter; aber jetzt ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Was Bond von jetzt an erlebt, ist mir völlig wurscht.

Warum? Bond hat alles verlassen, was ihn ausmachte; die Optik der 60er-Jahre; nach und nach wurden alle Romane verfilmt oder zumindest verbraten, dann die Kurzgeschichten Flemings und schließlich zumindest noch ihre Titel; danach verschwanden die liebgewonnenen kleinen Rituale, die zu Bond gehörten, sein einzigartiger Charme und seine hedonistische Liebe zu luxuriösem Genuss ... irgendwann war Moneypenny fort und dann "Q" ... und jetzt starre ich in den neuesten Filmen auf "M" und Konsorten, die in kalten Design-Laboren mit dem Finger Daten über leuchtende Plasmaschirme schieben, Bond, der sich in "M"s Computer einhackt oder sich in einem leerstehenden Wüstenhotel um die wichtige Ressource Wasser prügelt (oder so ähnlich) ... und denke, so, jetzt ist es genug. Das ist ein schlechterer Mission Impossible.

Dabei schien Casino Royale (2006) bei all seinem Ikonoklasmus ein frischer Schub, Craig atmete etwas von der respektlosen Wildheit und Brutalität eines jungen Connery, und vor allem: Hier wurde noch einmal ein echter Fleming-Roman verfilmt; doch das wirre actionüberladene Quäntchen Trost danach machte mir klar, dass ich eigentlich überhaupt nicht wissen will, was diese ungeheuer geheime Organisation hinter Mr. White genau ist und wo Bond in Film Nr. 23 gegen sie antritt. Eine Weile saß dann noch der geniale Peter Morgan als Drehbuchschreiber auf dem "neuen Bond", aber das ist jetzt auch vorbei. Ich kann nur mit Gert Fröbe in Goldfinger sagen: "Ich erwarte, dass Sie sterben, Mr. Bond."

Daher mein Rat: Verschließt eure Ohren, wenn sie euch sagen, wer alles mitspielt, wenn Craig vom genialen, schockierenden Drehbuch faselt, wenn Südafrika Drehort ist etc. pp. Es ist vorbei. Und wenn der Werbedruck zu groß wird, zieht Dr. No aus dem DVD-Schrank. Oder, noch viel besser - lest die alten Bond-Romane. Da gibt es eine ganze Welt zu entdecken - die 50er-Jahre, als Männer noch Männer, Frauen noch Frauen und Benzin noch voller Blei war. Ein erfrischender Kosmos voller Vorurteile, von Reisen, köstlichem Essen von Jamaika bis zum Blades Club in London, voller Abenteuer und hinreißender, intelligenter Bondinen. Die zwölf Romane und die beiden Kurzgeschichtensammlungen sind ein echter Genuss, haben zudem nicht allzu viel mit den späteren Verfilmungen zu tun, zeigen uns etwa einen Bond, der ein Häuschen auf einem kleinen Square unweit King's Road bewohnt, mit einer schottischen Haushälterin, die über seine Lebensgewohnheiten schimpft; einen Bond, der über Routine-Schreibtischarbeit stöhnt und glücklich ist, wenn endlich der Anruf von "M"s Büro kommt und damit der neue Auftrag mit seinen Gefahren; einem Bond, der beileibe nicht der Superheld der späteren Filme ist, sondern eine Woche mit seinem getreuen Quarry trainieren muss, ehe er nachts bei Vollmond zur Insel des Bösewichts hinübertaucht.

Weil speziell die frühen deutschen Ausgaben voller Auslassungen, Übersetzungsfehler etc. sind, sollte man sich den Agenten Ihrer Majestät am allerbesten auf Englisch zu Gemüte führen: Die Signet-Taschenbücher aus den 1950ern riechen herrlich nach Moder und kosten antiquarisch fast nix, anders als die Jonathan-Cape-Sammlerausgaben mit den herrlichen Chopping-Coverdesigns. Aber es geht auch auf Deutsch, nur atmen diese Ausgaben nicht das Retro-Flair. Empfohlener Einstieg: Leben und sterben lassen, da erlebt man Ian Flemings Jamaika in aller Pracht. Oder man kauft die Kurzgeschichtensammlung For Your Eyes Only (dt.: 007 James Bond greift ein), Tod im Rückspiegel etwa oder Für Sie persönlich sind zwei absolut klassische Bonds, nur sollte man Ein Minimum an Trost erst zum Schluss lesen, das ist ein eher deprimierendes Ehedrama, bei dem Bond nur zuhört. Kurz - da wartet eine ganze Bibliothek voller "Kino im Kopf" auf neue Leser. Alles ist besser, als sich im Kino den neuesten Bond anzuschauen. Aber was tun, wenn jemand euch absolut nicht in Frieden lässt und wissen will, was ihr vom neuen Bond haltet?

Dann antwortet einfach wie Daniel Craig in Casino Royale auf die Frage des Kellners, ob er seinen Martini geschüttelt oder gerührt will: "Sehe ich aus, als ob mich das interessiert?" (Eduard Habsburg, DER STANDARD/ALBUM - Printausgabe, 10./11. Dezember 2011)

Eduard Habsburg ist Autor und Drehbuchautor. Seine Liebeserklärung an 007, "James Bond in 60 Minuten", erschien 2008. Sein persönlicher "M" ist Bischof Klaus Küng von St. Pölten, dem er als Medienreferent dient. Anders als Bond ist Habsburg verheiratet, hat sechs Kinder und lebt nicht auf einem "square off King's Road", sondern in Niederösterreich.
http://derstandard.at/1323222617779/Jam ... nd?seite=3
Bond... JamesBond.de

Re: "Ich erwarte, dass Sie sterben, Mr. Bond"

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Fairer Artikel.
Ist seine Meinung, ist ok für mich. Er ist bestimmt nicht der einzige der auf die neuen Bonds keine Lust mehr hat. Dafür gibt es andere die erst durch die neuen Bonds Interesse an der Serie gefunden haben. Alles ganz banal.

Ich finde allerdings die Bond Romane mittlerweile eher ein wenig langweilig. Da findet bei mir nur wenig Kino im Kopf statt das mir Spaß machen würde.

Re: "Ich erwarte, dass Sie sterben, Mr. Bond"

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och wie süß...
...und in China ist grade ein Sack Reis umgefallen... nein noch besser: in einem umfallenden Sack Reis haben sich Reiskörner berührt...

Ne ehrlich, seine persönliche Meinung ist ja ganz nett, aber seine Argumentation ist ein Witz, von vorne bis hinten.
- Hat er die Bondfilme also nur mal geliebt, weil sie einen alten Charme hatten???
- Mochte er schon all die Moore, Dalton und Brosnan Filme nicht, weil die eigentlich nichts mehr mit Fleming zu tun hatten?
- Aber halt, CR hat ihm ja besonders gut gefallen... upps...
- Also hat ihm nur QOS nicht gefallen, weil es ein schlechter Film war?
-Mag er keine neuen Büros, sondern will nur den alten Charme der Erinnerung wegen zurück haben???
- Wenn doch CR schon toll war, und offensichtlich man nach QOS wieder viel zurück bringt, was auch für ihn Bond ausmacht, warum lehnt er Bond dann so definitiv ab???
- Er macht den Sinn für Luxus etc. aber hat nicht gemerkt, dass all das sich in CR und QOS langsam entwickelt?

Ach was solls, eine total unbedeutende Einzelmeinung, die sich - da bin ich fast sicher - entweder nach Bond23 wieder genauso schnell ändern könnte. Alternativ weiß ich nicht, ob der Autor die Filme überhaupt mal wirlich für das wertgeschätz hat, was sie zu ihrer Zeit jeweils waren.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: "Ich erwarte, dass Sie sterben, Mr. Bond"

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Schliesse mich danielcc an. Es ist eine Meinung nicht mehr und dazu auch schlecht argumentiert. Im Grunde trieft der Artikel bei den Stellen über die neuen Bonds vor Trotz.

Und man sollte sich bei SF wie auch bei anderen Filmen erst nach dem ersten Trailer entscheiden ob man sich ihn "antut".
"In a Bond film you aren't involved in cinema verite or avant-garde. One is involved in colossal fun."

Terence Young

Re: "Ich erwarte, dass Sie sterben, Mr. Bond"

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Beim Lesen der sehr subjektiven Argumentation Habsburgs könnte man gut meinen, das dieser nette Herr sich offenbar nicht an den Wandel der Zeit anpassen kann, von dem eben auch James Bond betroffen ist. So sollte es beispielsweise verständlich sein, dass im 21. Jhd. wohl eher "Daten auf einem Plasmabildschirm geschoben werden" als "die Optik der 60er-Jahre" fortzuführen. In der damaligen Zeit waren die Erfindungen etwas besonderes, heute sind es eben andere.
Dann soll er eben bei seiner Meinung bleiben, ich teile die Ansicht jedoch nicht.
"Für England, James? - Nein, für mich!"

Das eigentliche Kernproblem

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Der eigentliche Kern des Problems

Wenn man diesen Bericht von Eduard Habsburg mal völlig außen vorlässt und versucht sich den eigentlichen Problemen etwas differenzierter zu nähern, ergeben sich aus meiner Sicht folgende Erkenntnisse:


Jede Bond-Fangeneration lernt ihren Helden in der Regel im vorpubertären bzw. pubertären Alter auf der Leinwand oder der Mattscheibe kennen. Während das Kind sich in den verschiedenen Filmbeiträgen an einzelnen Dingen eher besonders unkritisch delektiert und oftmals das Gesamtausmaß noch nicht erkennen kann, erfolgt mit dem Älterwerden auch zunehmend der Reifeprozess an kritischer Erkenntnis am Wesen der Dinge, welche dann auch in Bezug und in Vergleich zu anderen gesetzt wird, wobei auch deren Wertschätzung im Laufe des Lebens sich verändern kann.

So wird ein reiferer Filmfreund zwar in späteren Jahren verklärt seinen positiv beleckten "Jugend-Erinerungen" unkritischer und oft verklärter gegenüberstehen, jedoch auch zu der Erkenntnis gezwungen, dass der Massengeschmack und die Machart von Filmen von Dekade zu Dekade Wandlungen unterliegt, welche in der Regel nicht rückrufbar sind, sondern irgendwann als abgeschlossen gelten und dann unwiderruflich einer 'guten, alten Zeit'(epoche) angehören.

Das ist der Lauf der Dinge, welcher aber oft zu Zwecken der Eigenerkenntnis nicht immer begriffen und angenommen werden mag.

So stellt etwa die Sehnsucht nach der Wiederkehr bestimmte Beiträge gerade im Bond'schen Oeuvre, welche von Fans und Presse immer wieder eingefordert werden, ein besonderes Panoptikum dar, weil die Serie einen Produktionsrahmen von fünfzig Jahren jetzt aufweist, mehrere Darstellerwechsel verkraftet hat und die Verantwortung für die Erstellung der Filmbeiträge in einem Familienunternehmen auf eine jüngere Generation übergangen ist, deren Aufgabe in erster Linie darin besteht, das Produkt "Bond" der Zeit angepasst zu halten, damit es modern und hip bleibt.
Dass dabei oft Konzessionen gemacht werden, die in erster Linie der Aktualität geschuldet sind, muss sich mancher Hardcorefan, der dem Franchise schon über viele Jahre die Treue hält, bereitwillig schlucken oder es kommt halt zu den Frustrationsproblemen, wie sie Eduard Habsburg jetzt für sich selbst aufgezählt hat. Je nach dem, wie groß die Bedeutung und die Liebe des Einzelnen zu diesem speziellen Franchise ist, um so schwerwiegender ist die Niedergeschlagenheit mit der derjenige umzugehen hat, wenn der Tag kommt, wo das, was er als besonders wertschätzend empfunden hat, unwiderruflich in seiner Wahrnehmung verloren gegangen ist. Ist dieser Bruch zu (!) gravierend, wendet die Person sich schließlich vollständig wie von einer alten Geliebten ab, und lernt im Laufe der Zeit dem Franchise seine Aufmerksamkeit immer mehr zu versagen und sich anderen Dingen zu widmen, die als Ersatz an Bedeutung zunehmen werden.


So wird es in jeder Generation immer wieder eine Reihe von Alt-Fans geben, die sich irgendwann von diesem Franchise abwenden - mal mit mehr oder weniger intensivem Aufschrei. Dies gehört auch zum Lauf der Dinge und ist sicherlich besonders für all' jene sehr frustrierend, die sich in der Situation befinden, wo die eigene Erwartungshaltung und Unzufriedenheit in Hoffnungslosigkeit verharrt und die Frage nach der Aufgabe immer mehr Raum nimmt.
Dabei ist es wichtig als Hardcorefan, der etwa mit den Dingen gerade besonders zufrieden ist, auch jene zu verstehen, die sich auf dem Absprung befinden. Gerade der deutlich zu Protokoll gegebene Frust dieses Einzelnen wird oft von den positiv gestimmten Fans als extrem empfunden und leider nicht immer so verstanden, als was er gemeint ist. Denn die Logik, welche sich dahinter verbirgt, ist, dass der Enttäuschte die Gesellschaft von "Leidensgenossen" sucht um nicht völlig isoliert mit seinem Problem dazustehen und sich so eigentlich dem Prinzip "Hoffnung" noch versucht anzunähren, in dem Glauben, dass eines Tages ein weiterer Bond-Film doch wieder neue Werte vermittelt, die man in der einen oder anderen Form schließlich gut findet.


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Re: "Ich erwarte, dass Sie sterben, Mr. Bond"

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Schöner Beitrag, aber mir fehlt noch etwas, was mir immer wieder bei der BEwertung von langlaufenden Franchises wie Bond auffällt:
Es nicht nur so, dass die "Fans" ihre Filmserie in der Pubertät kennen und lieben gelernt haben, insbesondere bei Bond kommt hinzu, dass die meistne zu einem BESTIMMTEN Zeitpunkt eingestiegen sind, als eine bestimmte Menge an Filmen bereits vorlag! Eben DIESE Filme nimmt man dann in der Pubertät relativ unkritisch als "homogene Masse" von Filmen auf und wahr. Das gleiche stelle ich bei mir fest: Ich wuchs im TV ZEitalter mit den Connery und Moore Filmen (DN bis OP) auch. Für mich waren diese Filme lange Zeit "die Bondfilme". Hätte ich jeden Film seit DN im Kino in der richtigen Chronologie gesehen, und das mit kritischem Abstand, so wäre mir aufgefallen, wie gravierend unterschiedlich die Filme immer schon waren. Mal gab es Q, mal nicht, mal wechselte der Darsteller Bonds, mal M, mal Moneypenny, mal gab es keine Vodkas mehr, mal keinen großen Bösewicht, etc etc.

Ich bin sicher, dass heute 10 Jährige, die nun nach und nach DN bis QOS im TV sehen, ALL DIESE Filme als "die Bondfilme" ansehen werden.

Dies führt mich zu der Frage, ob der Autor des obigen Beitrags die Filme wirklich von Anfang an im Kino gesehen hat. Wenn ja, dann hat er sich selbst Jahrzentelang etwas vorgemacht, wenn er diese als homogen und gleichbleibend wahrgenommen hat. Wenn er wie ich Fernseh-Kind ist, dann ist seine Beurteilung ein total normales psycholigische Phänomen, und sein Beitrag zeugt umso mehr davon, dass er sich auch im jetzigen Alter nicht um diese Tatsache bewusst ist, ergo nie wirklich einen notwendigen Abstand zu den Filmen erreicht hat.

Dass er aber grade JETZT diese Entscheidung trifft, wo CR im gut gefallen hat, und mehr und mehr typische BOnd Elemente mit SF zurückkehren sollen, setzt dem ganzen die Krone auf. Allein die Aussage, dass es ihn nicht interessiert ob Moneypenny oder Q zurückkehre, wo er sich doch eben über die Abwesenheit von solchen Elementen (in grade mal 2 Filmen!!) beschwer, zeigt die verquerrte Logik des Ganzen...
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: "Ich erwarte, dass Sie sterben, Mr. Bond"

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Sehr schöner Beitrag, photographer!

Die Bondfilme haben untereinander sowohl Kontinuitäten, aber haben sich im Laufe der Jahrzehnte entwickelt und gingen mit der Zeit. In den 1960ern war es besonders der Kalte Krieg der die Bondfilme prägte, in den 1970ern wurden auch Moden aufgegriffen (wie etwa die Kung-Fu-Welle bei "The Man With the Golden Gun") und so auch später (wie Aufarbeitung des Falls der Sowjetunion in "GoldenEye" mit den korrupten Oligarchen oder die Bedrohung durch massive Finanzspekulation in "Casino Royale"). Und immer wieder gibt es Elemente, die den (langjährigen) Sehern nicht gefallen.

Obwohl ich in Daniel Craig einen sehr guten Schauspieler sehen, gefällt er mir optisch - wie ich bereits erwähnt hatte - nicht. Ihm fehlt die Gentleman-artige Eleganz wie es ein Sean Connery oder Roger Moore besessen hatten. Und in den Filmen seit Brosnan sehe ich mal stärker, mal weniger stark Actionfilme, die sich von den klassischen Bondfilmen wegentwickelt haben.

Die Konkurrenz unter den Actionfilmen ist eben viel stärker als noch in den 1960er/1970ern und so musste sich denke ich auch die 007-Tradition anpassen um kommerziell erfolgreich zu sein.
Plenty O'Toole: I'm Plenty!
James Bond: But of course you are!
("Diamonds Are Forever", 1971)

Re: "Ich erwarte, dass Sie sterben, Mr. Bond"

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danielcc hat geschrieben:Schöner Beitrag, aber mir fehlt noch etwas, was mir immer wieder bei der BEwertung von langlaufenden Franchises wie Bond auffällt:
Es nicht nur so, dass die "Fans" ihre Filmserie in der Pubertät kennen und lieben gelernt haben, insbesondere bei Bond kommt hinzu, dass die meistne zu einem BESTIMMTEN Zeitpunkt eingestiegen sind, als eine bestimmte Menge an Filmen bereits vorlag! Eben DIESE Filme nimmt man dann in der Pubertät relativ unkritisch als "homogene Masse" von Filmen auf und wahr. Das gleiche stelle ich bei mir fest: Ich wuchs im TV ZEitalter mit den Connery und Moore Filmen (DN bis OP) auch. Für mich waren diese Filme lange Zeit "die Bondfilme". Hätte ich jeden Film seit DN im Kino in der richtigen Chronologie gesehen, und das mit kritischem Abstand, so wäre mir aufgefallen, wie gravierend unterschiedlich die Filme immer schon waren. Mal gab es Q, mal nicht, mal wechselte der Darsteller Bonds, mal M, mal Moneypenny, mal gab es keine Vodkas mehr, mal keinen großen Bösewicht, etc etc.

Ich bin sicher, dass heute 10 Jährige, die nun nach und nach DN bis QOS im TV sehen, ALL DIESE Filme als "die Bondfilme" ansehen werden.

Dies führt mich zu der Frage, ob der Autor des obigen Beitrags die Filme wirklich von Anfang an im Kino gesehen hat. Wenn ja, dann hat er sich selbst Jahrzentelang etwas vorgemacht, wenn er diese als homogen und gleichbleibend wahrgenommen hat. Wenn er wie ich Fernseh-Kind ist, dann ist seine Beurteilung ein total normales psycholigische Phänomen, und sein Beitrag zeugt umso mehr davon, dass er sich auch im jetzigen Alter nicht um diese Tatsache bewusst ist, ergo nie wirklich einen notwendigen Abstand zu den Filmen erreicht hat.

Dass er aber grade JETZT diese Entscheidung trifft, wo CR im gut gefallen hat, und mehr und mehr typische BOnd Elemente mit SF zurückkehren sollen, setzt dem ganzen die Krone auf. Allein die Aussage, dass es ihn nicht interessiert ob Moneypenny oder Q zurückkehre, wo er sich doch eben über die Abwesenheit von solchen Elementen (in grade mal 2 Filmen!!) beschwer, zeigt die verquerrte Logik des Ganzen...
Weiß nicht warum du dich so über eine "unbedeutende Einzelmeinung" aufregst.

Außerdem mal genauer lesen. Er hat gar nicht behauptet die Filme von Anfang an gesehen zu haben, sondern erst seit 30 Jahren, also ungefähr seit Anfang der 80ger. Ähnlich iwe ich also.
Und auch für mich waren die Bondfilme damals eine ziemlich homogene Gruppe von Filmen die sich nur wenig unterscheiden. In der nur die ersten Beiden ein wenig herausfallen, die noch keine richtigen Bonds waren. Und alle weiteren unterschieden sich dann noch weniger von denVvorgängern.
Und das sehe ich mit leichten Abstrichen nach wie vor so. Was im Großen und Ganzen auch für James Craig gilt.

Re: "Ich erwarte, dass Sie sterben, Mr. Bond"

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So ein Mist - jetzt ist ein ewig langer BEitrag von mir weg, weil ich auf die falsche Taste gekommen bin :-)
Also noch mal:
Ich habe nicht behauptet, dass meine Meinung mehr Wert ist.
Seine Meinung ist ja OK, ich versteh nur die Argumentation nicht. Außerdme diskutiere ich gerne, deswegen bin ich hier.

Ob die Filme nun jemals homogen waren, da werden wir uns wohl nie einigen. Man kann aber kaum verleugnen, dass sich die Filme immer mal mehr oder weniger stark vom Vorgänger unterschieden haben, sei es inhaltlich oder stilistisch. Nur um mal ein paar Beispiele zu nennen:

- Da war der relativ ungehobelte Schotte, dann der englische Gentleman Moore
- Da war ein größenwahnsinniger Stromberg, dann ein popeliger Kleinkrimineller Kristatos
- Da waren die Wodka Martinis bei Connery, die in LALD auf ein mal dran gegeben wurden
- Da war eine schmachtende Moneypenny bei Moore, und dann eine selbstbewusste, emanzipierte bei Brosnan
- Da waren englische Traumsportwagen in TB, dann japanische Reisschüsseln in YOLT
- Da waren schnörkellose Spionage Thriller wie FRWL, dann sci-fi Bombast in YOLT
- Da war ein junger dynamischer Quartermaster in einer Nebenrolle in DN, und dann ein granteliger Q in FRWL
- Da war brave 80er Jahre Altherren Optik, dann MTV Optik in DAD
- Da war die Kund-Fu Welle, dann Blaxploitation, dann Sci-Fi
- Da war ein frauen-verschlingender Bond in TSWLM, dann ein monogamer Bond in FYEO oder TLD

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, wahrscheinlich mit viel extremeren Beispielen, deren wir uns aber kaum noch bewusst sind.
In Anbetracht dieser Änderunen, erscheint mir die Schlussfolgerung des Autors, grade jetzt in Anbtracht der bevorstehenden Rückkehr zu mehr "traditionellen" Elemente, sehr fragwürdig. Ganz nebenbei, könnte man in QOS und CR sogar mehr urpsüngliche Bondelemente entdecken als in Brosnans, Daltons oder Moores Versionen. Last but not least: Ist nicht Craig - allgemein anerkannt - sehr nah am Roman-Bond, den der Autor explizit vermisst?
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: "Ich erwarte, dass Sie sterben, Mr. Bond"

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danielcc hat geschrieben:So ein Mist - jetzt ist ein ewig langer BEitrag von mir weg, weil ich auf die falsche Taste gekommen bin :-)
Also noch mal:
Ich habe nicht behauptet, dass meine Meinung mehr Wert ist.
Seine Meinung ist ja OK, ich versteh nur die Argumentation nicht. Außerdme diskutiere ich gerne, deswegen bin ich hier.

Ob die Filme nun jemals homogen waren, da werden wir uns wohl nie einigen. Man kann aber kaum verleugnen, dass sich die Filme immer mal mehr oder weniger stark vom Vorgänger unterschieden haben, sei es inhaltlich oder stilistisch. Nur um mal ein paar Beispiele zu nennen:

- Da war der relativ ungehobelte Schotte, dann der englische Gentleman Moore
- Da war ein größenwahnsinniger Stromberg, dann ein popeliger Kleinkrimineller Kristatos
- Da waren die Wodka Martinis bei Connery, die in LALD auf ein mal dran gegeben wurden
- Da war eine schmachtende Moneypenny bei Moore, und dann eine selbstbewusste, emanzipierte bei Brosnan
- Da waren englische Traumsportwagen in TB, dann japanische Reisschüsseln in YOLT
- Da waren schnörkellose Spionage Thriller wie FRWL, dann sci-fi Bombast in YOLT
- Da war ein junger dynamischer Quartermaster in einer Nebenrolle in DN, und dann ein granteliger Q in FRWL
- Da war brave 80er Jahre Altherren Optik, dann MTV Optik in DAD
- Da war die Kund-Fu Welle, dann Blaxploitation, dann Sci-Fi
- Da war ein frauen-verschlingender Bond in TSWLM, dann ein monogamer Bond in FYEO oder TLD

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, wahrscheinlich mit viel extremeren Beispielen, deren wir uns aber kaum noch bewusst sind.
In Anbetracht dieser Änderunen, erscheint mir die Schlussfolgerung des Autors, grade jetzt in Anbtracht der bevorstehenden Rückkehr zu mehr "traditionellen" Elemente, sehr fragwürdig. Ganz nebenbei, könnte man in QOS und CR sogar mehr urpsüngliche Bondelemente entdecken als in Brosnans, Daltons oder Moores Versionen. Last but not least: Ist nicht Craig - allgemein anerkannt - sehr nah am Roman-Bond, den der Autor explizit vermisst?
Schöner Abriss der Evolution der Bondfilme, danielcc!

Ja, Craigs Interpretation Bonds mag nah an den Romanen Flemings sein. Allerdings zeigt er auch Seiten, die ich in den Romanen nicht gefunden habe: wie etwa Polizisten erschießen (noch dazu unbewaffnete Polizisten, die am Boden liegen) oder sadistisches Quälen des Gegenspielers (Aussetzen Dominic Greenes in der Wüste und Abgabe von Motoröl). Die Grenzen zwischen Gut und Böse sind in Craigs Bond nun komplett verschwommen. Das mag realistisch oder zeitgemäß sein, mir ist jedoch nicht mehr klar ob Bond nun der Held oder ein Antiheld ist.

Obwohl mein Lieblingsbonddarsteller Sean Connery ist, kommt für mich Timothy Dalton am nähesten an den Fleming'schen Bond heran.
Plenty O'Toole: I'm Plenty!
James Bond: But of course you are!
("Diamonds Are Forever", 1971)

Re: "Ich erwarte, dass Sie sterben, Mr. Bond"

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Für mich ist der Fleming Bond aber auch ein wenig Antiheld. Er mag seinen Job nicht so recht, mag ihn nur, wenn es richtig zur Sache geht, behandelt Frauen schlecht und ist ansonsten ein Snob, hat gewisse Selbstzweifel, etc...
Erschießt Bond die Polizisten in QOS eigentlich? Abgesehen davon, dass sie kurz davor waren ihn zu erschießen, weiß ich nicht mehr so genau, ob er nicht nur sein magazin leert
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Re: "Ich erwarte, dass Sie sterben, Mr. Bond"

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danielcc hat geschrieben:Für mich ist der Fleming Bond aber auch ein wenig Antiheld. Er mag seinen Job nicht so recht, mag ihn nur, wenn es richtig zur Sache geht, behandelt Frauen schlecht und ist ansonsten ein Snob, hat gewisse Selbstzweifel, etc...
Erschießt Bond die Polizisten in QOS eigentlich? Abgesehen davon, dass sie kurz davor waren ihn zu erschießen, weiß ich nicht mehr so genau, ob er nicht nur sein magazin leert
Ja, in gewisser Weise ist er ein Antiheld, da hast du recht, danielcc.

Und ja, Bond erschießt die Polizisten, den stehenden Polizisten und den anderen den er niedergeschlagen hatte, erschießt er ebenfalls (obwohl dieser bewusstlos wirkte). In den bisherigen Bondfilmen erschoss Bond doch keine bewusstlosen Menschen, oder?
Plenty O'Toole: I'm Plenty!
James Bond: But of course you are!
("Diamonds Are Forever", 1971)