Die Frage des besten Bösewichts stellt sich mir erst gar nicht, denn es ist eindeutig Gert Fröbe aus Goldfinger im Jahre '64.
Dass der Film mit Abstand der kultigste der Serie ist, bezweifelt höchstwahrscheinlich niemand. Darum will ich jetzt gar nicht näher auf den Film eingehen, denn das würde denn Rahmen sprengen.
Vielmehr will ich mich rein auf die Figur Goldfinger beziehen. Sie taucht schon relativ früh im Film auf, früher als in fast jedem anderen Bondfilm, nämlich gleich nach dem Titelsong von Shirley Bassey.
Ich wage jetzt schon die Behauptung aufzustellen, dass sich der gesamte Film im Grunde genommen nur um Bond und Goldfinger dreht, die Haupthandlung ist ein "Duell" zwischen Bond und Goldfinger.
Das erste Zusammentreffen gibt es im Hotel Fontainbleau in Miami, am Pool, wo kartengespielt wird. Im Buch erfährt man übrigens auch, dass Goldfingers Gegner Du Pont heißt und gleichzeitig der Besitzer des Hotels Fontainebleau ist. Er engagiert auch Bond, herauszufinden, warum Goldfinger andauernd gegen ihn gewinnt.
Im Film macht Goldfinger einen relaxten Eindruck, bis er beginnt zu verlieren und man seinen wahren Charakter erkennt. Der erste Eindruck täuscht. Wie schon Ernst gemeint hat, ist Goldfinger "anfällig für Emotionen" und er reagiert auch sehr "intuitiv", was man auch dadurch erkennen kann, dass er einen Bleistift in der Mitte zerbricht.
Nur zum Vergleich möchte ich noch erwähnen, dass die Figur des Auric Goldfinger von Fleming ein ganzes Stück exzentrischer dargestellt wird. Goldfinger trägt im Buch Metallringe auf seinem Hals, um auch hinter den Ohren braun zu werden. Als Bond nach seiner Siegesserie vorschlägt, die Plätze zu wechseln, redet er sich auf seine "Agoraphobie", der Angst vor offenen Plätzen, aus. Zudem erfährt man später, dass Goldfinger eine absolute Apatie gegen jegliche Art von Alkohl und Rauch hat. (Seine Meinung dazu ist übrigens höchst interessant!)
Wie gesagt, die Kartenspielszene im Fontainebleau ist das erste Duell im Film, auch wenn es nicht direkt, sondern über Du Pont und Goldfinger Helferin ausgetragen wird. Der Zuschauer ist sich bewusst, dass es bald eine Revanche geben wird.
Diese Revanche findet am Golfplatz statt, es ist das erste eigentlich Zusammentreffen - Angesicht zu Angesicht. Alfred Blacking macht Bond mit Goldfinger bekannt. Im Grunde genommen dürften sie sich im Film noch nicht kennen, im Buch sind sie einander bei der Kartenrunde schon gegenübergesessen.
Sie spielen also um den alten Goldbarren, und man merkt sofort an Goldfingers Gesichtausdruck, dass er fasziniert von diesem Edelmetall ist. Sofort vergißt er jeden Verstand, handelt "intuitiv" und setzt dieselbe Summe in bar.
Im Film ist es Bond, der zu schummeln beginnt und schlußendlich das Spiel gewinnt. Goldfingers Emotionen gehen wiedermal durch, er wirft den Ball gegen den Boden und verläßt den Platz.
Im Buch ist es allerdings Goldfinger, der zu betrügen beginnt. Erst nach und nach, versucht Bond es mit seinen Tricks - das Ergebnis bleibt dasselbe.
Der eigentliche Höhepunkte des Romans, in dem Goldfinger Bond in sein Haus zum Dinner einlädt, ihn rumschnüffeln lässt und ihn nachher mit Oddjobs Aktionen einschüchtern will, fehlt im Film leider total. Oddjobs Gefährlichkeit, wird mit dem Werfen seines Hutes gegen eine Statue und mit dem Zerdrücken eines Golfballes bewiesen.
Bond hat also auch das zweite Zusammentreffen für sich entschieden. Der Zuseher fragt sich, wieso sich Goldfinger das immer noch bieten lässt. Einerseits reagiert er anfangs ziemlich emotionell, andererseits scheint er nicht besonders nachtragend zu sein. Er wirkt sehr menschlich, behäbig und bequem, nicht wirklich abgehoben, was ihn für das Publikum im Grunde genommen sympatisch macht. Und das zeichnet auch den Darsteller Gert Fröbe aus. Die Menschlichkeit bringt er derartig gut rüber, dass man sich als Zuseher oft bei der Frage ertappen muss, um man denn nun zu Bond oder zu Goldfinger helfen soll. Das hat für den weiteren Filmverlauf vor allem zwei Vorteile. Zum ersten steigt die Spannung, da es sich im Grunde genommen
anfangs um zwei ebenbürtige Gegner handelt, zum anderen gibt es dem "Duell" eine zusätzliche menschliche und psychologische Nuance, der Kampf des dicken, behäbigen und mächtigen Goldfinger gegen den kleinen, flinken und emotionalen Bond. Das ist im Grunde genommen der Stoff, aus dem der ganze Film besteht.
Das nächste Zusammentreffen ist für mich der Höhepunkt im
Film. Bond wird bei der Verfolgungsjagd in seinem Aston Martin gestoppt. Ein drittes Duell ergibt sich. Goldfinger demonstriert anfangs seine Macht mittels des Lasers, welchen er auf Bond richtet. Kurz bevor der Laser Bond aber wirklich verletzen kann, schaltet er ihn ab. Als Interpretation wäre sicherlich zulässig, dass sich Goldfinger auch ohne diesen Laser überlegen fühlt, er gebraucht ihn nur zu Einschüchterung, Bond kann er auch anderwertig fertig machen. Allerdings spricht gegen diese Überlegung, dass er dies erst anordnet, nach dem ihn Bond mit den Worten "Operation Grand Slam", welcher er zuvor aufgeschnappt hatte, einschüchtert. Goldfinger ist sichtlich überrascht, anfangs etwas irritiert, obwohl er laut überlegt und meint, dass dies nur drei Wörter seien, dessen Zusammenhang Bond nicht wissen könne. Trotzdem lässt er Bond am Leben. So tat er es auch im Buch, ohne dass Bond "Operation Grand Slam" erwähnte. Scheinbar nahm er den Laser bzw. die Kreissäge wirklich nur zur Einschüchterung.
In der nächsten Szene wird noch klarer. Bond ist Goldfingers Gast (auch wenn er eingesperrt wird), wird in dessen Privatjet und auf die Auric Farm eingeladen. Goldfinger genießt es, ihn unter Gewahrsam zu haben. Er hat es nicht nötig, ihn zu demütigen. Er will ihm nur unterschwellig zeigen, dass er auch ohne Gewalt der Sieger im wahren Duell ist. Er hat es nicht nötig Bond auszuschalten, nein, ganz im Gegenteil. Er bewundert Bond, es scheint, als wolle er Bond bei der Ausführung seiner "Operation Grand Slam" dabei haben, um Bewunderung und Applaus von ihm zu erheischen. Er sieht Bond als ebenbürtig, wenn auch ganz anders als er, an. Im Buch bietet er ihm sogar an, für ihn zu arbeiten. Ferner wird er nicht eingesperrt, sondern ist bei allen Meetings von Anfang an dabei.
Nachdem Bond alles über die Operation unter dem Modell von Fort Knox gehört hat, wird er von Pussy Galore überrascht. Es folgt eine der besten Szenen des ganzen Filmes, nicht der Höhepunkt des Films, aber der Höhepunkt des Duells. Es ist ein Mann-zu-Mann Gespräch auf der Terasse von Auric Stud. Stückchenweise kommt Bond Goldfinger großem Plan auf die Schliche. Diese Szene nimmt im Prinzip den gesamten Charakter von Goldfinger vorweg. Er ist sichtlich erleichtert, dass Bond seinen genialen Plan verstanden hat, und genießt diese Szene in vollen Zügen. Er hilft Bond auf die Sprünge, in dem er meint "wer hat denn davon geprochen, das Gold zu stehlen??". Ja, er will das Bond den Plan erfährt. Er kostet den Moment vollends aus. Es geht ihm in diesem Augenblick - wieder ein Beweis für eine Emotionalität und Kindlichkeit - nur um Bond um ihn, um das Duell. Nun sieht es so aus, als ob er am Ende der Gewinner wäre, still und heimlich, er hat es nicht nötig, seine Siege an den großen Nagel zu hängen. Er verachtet die Menschheit, beachtet aber Menschen wie Bond, die andere große Fähigkeiten besitzen und misst sich mit ihnen. Gert Fröbe bringt diesen Charakter derart finessenreich und real, gestisch und mimisch zurückhaltend und zugleich äußerst aussagekräftig, diese Szene ist ein Genuss für alle Sinne, schauspielerisch sicherlich der Höhepunkt des Films.
Gleichzeitig startet aber nun ein neues Duell. Dem Zuseher wird klar, dass all die kleinen Spielchen im Vergleich zu diesem "Spiel" vernachlässigbar sind. Es geht nur im dieses eine Duell, der Film beginnt von neu, es herrscht Gleichstand.
(Kleines Detail am Rande: In der deutschen Synchro heißt es 15 Millionen Dollar; ein lächerlicher Betrag für das, was sich in Fort Knox befindet

)
Bond soll laut Goldfinger den Showdown direkt neben der Bombe erleben. Noch in den letzten Sekunden seines aufregenden Lebens soll er Goldfingers Genialität bewundern, ehe er in die Luft fliegt.
Pussy und 007 machen ihm aber einen Strich durch die Rechnung, wie soll es anders sein. Die perfekte Planung wird durch eine einzelne(!) Frau, das war anscheinend maßgeblich damals, zerstört. Goldfinger gelingt zwar die Flucht, allerdings will er diesmal eine endgültige Revanche, und diesmal geht es wirklich um Leben und Tod. Bond hat ihm seine Lebenspläne durchkreuzt, darauf steht der Tod. Und Goldfinger lässt es sich nicht nehmen, ihn persönlich zu erledigen, natürlich mit einem goldenen Colt, typisch für den exzentrischen Bösewicht. So kommt es, dass er sich durch seine eigenen Dickköpfigkeit, selbst aus dem Flugzeug manövriert, ein kleines, spöttisches und sarkastisches Detail, das jedoch gut zu dem Duell, das sich durch den ganzen Film zieht, passt. Mit Sturheit kommt man eben nicht weit, Goldfinger verliert zum Schluss (verständlicherweise) seine ganze Gelassenheit und Lockerheit, seinen Esprit und seinen Charme; er benimmt sich fast wie am Anfang beim Kartenspiel, kindisch, unüberlegt, emotional, was im letztendlich das Leben kostet.
Wie gesagt, rein schauspielerisch betrachtet macht die Figur Goldfinger einen Großteil der Faszination des gleichgenannten Filmes aus. Alles andere ist dann nur mehr Zugabe, auch wenn es definitiv dazugehört. Damit meine ich den Aston Martin, die Goldene Shirley Bassey, den klassischen Connery, die beiden Bondgirls, besonders die adrette Pussy Galore, die Bond zeitweise ebenbürtig erscheint und sich nicht so leicht diskrimieren lässt, die obligatorischen grandiosen Q- und M-Szenen, natürlich Moneypenny, Bonds exzentrischen Geschmack, was Champagner und Musik betrifft, die eleganten Aufnahmen in der Schweiz und auf dem Golfplatz, das klassische Kartenspiel zu Beginn, der edle gold-scharze Titel, die Gunbarrel, der Pre-Title, der sehr bondig und rasant wirkt, der Showdown, der sehr "groß" für damalige Verhältnisse war und letztendlich der wohl bester Henchman - Oddjob.
Das ganze Nebenbei verstärkt in diesem Film natürlich die Wirkung des großen Bösewichts. Was ihn ebenso besonders macht, ist aber auch - ganz simpel - seine Erscheinung. Goldfinger sieht auch exzentrisch und bequem aus, er sieht genauso aus, wie er ist, Fröbe ist gebaut für diese Rolle. Seine Haarfarbe, die fast die Farbe "Gold" besitzt, seine Kleidung, seine Art zu sprechen und seine Mimik. Er ist ganz einfach der real-menschlich perfekteste Gegenspieler, den Bond je hatte. Ebenbürtigkeit, Trotz, Stil, Eleganz, dieselben Interessen - das zeichnet sowohl Bond als auch Goldfinger aus, auch wenn sie verschiedener nicht sein könnten, gewisse Ähnlichkeiten sind nicht zu übersehen.
Die Mischung aus Ähnlichkeiten und Unterschiede in Charaker, Arbeits- und Lebensweise und Aussehen machen das Duell aus. Die Story an sich ist da eigentlich nur mehr Draufgabe (auch wenn sie im Film das einzig wirklich herausragend bessere Element ist, die Charaktere sind im Grund genommen schon von Fleming vorgezeichnet worden)
So, ich möchte nun noch kurz zu den anderen Bösewichten kommen: Auch wenn es sich rückschrittlich anhört, aber für mich muss ein Bösewicht Alter und Erfahrung aufweisen, sprich in gewisser Weise das völlige Gegenteil von Bond sein - dick oder rundlich, älter, bequem, reich, intelligent. Gewisse Ähnlichkeiten sind in der Tat notwendig und reizvoll, allerdings müssen klare Unterschiede erkennbar sein. Gute Bösewichte sind auf alle Fälle die Blofelds, auch wenn hier klar Telly Savalas heraussticht. Weiters gefällt mir Stromberg.
Gegner, die jünger und dynamisch und damit Bond ähnlicher sind, deswegen aber trotzdem top, sind Red Grant, Scaramanga und Max Zorin. Sie haben alle etwas ganz Spezielles oder Besonderes, eine Fähigkeit oder eine bestimmte Vergangenheit. Das macht sie zu einem BESONDEREN Gegner.
Auch wenn es nach Klischee klingt, aber bei mir ist es so: Gegner, die mir überhaupt nicht gefallen, sind der yuppiehafte Gustav Graves und der schmerzresistente Renard. Auch Alec Trevelyan geht jede Art von Stil und Eleganz ab, die normalerweise typisch für einen Bond-Villain ist.
Als neue Bösewichte hätte ich mir jahrelang Marlon Brando gewünscht, leider ist der nun tot. Auch Nicholson könnte ich mir gut vorstellen, wenn auch nicht ganz so sarkastisch wie in "Einer flog über das Kuckucksnest" (1975) oder "Besser gehts nicht" (1997). Ebenbürtig wäre sicher auch Antony Hopkins. Auch der Deutsche Mario Adorf würde von Gestalt und schauspielerischen Fähigkeiten perfekt passen.
Ein guter Bondfilm wird sehr maßgeblich von einem guten Bösewicht bestimmt, das hat uns die Bondvergangenheit gezeigt. Darum würde mir persönlich zum Beispiel viel mehr interessieren, wer der neue LeChiffre in CR wird. Seine Besetzung sehe ich als mindestens so elementar als die Besetzung der Figur Bonds an.
MfG KNOX