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von Nico
Agent
„Quantum of Solace“, auf Deutsch mit dem etwas fragwürdigen Titel „Ein Quantum Trost“ übersetzt, war 2008 mein erster Bond im Kino. Er reiht sich ein in den Neustart der Reihe, den man mit CR vollzogen hatte und dient als direktes Sequel. Themen und Figuren aus CR werden wieder aufgegriffen und wir sehen als PTS eine direkte Fortsetzung der Schlussszene aus dem Vorgängerfilm. Stilistisch greift Marc Forster hier in die Trickkiste und versucht, Bonds innere Unruhe und die Hast durch eine ganze Reihe extrem schneller Schnitte und verwackelter Kameraeinstellungen für den Zuschauer sichtbar zu machen. Es interessantes Stilmittel, durchaus, nur führt es leider dazu, dass ich in den ersten Momenten des Films regelmäßig Kopfschmerzen bekomme und kaum etwas erkennen kann von dem, was da passiert. So ist die Autoverfolgungsjagd zu Beginn oder die Jagd nach Mitchell über die Dächer Sienas inklusive tollem Ende, bei dem Bond und sein Kontrahent an Seilen kopfüber in einer Baustelle hängen, auch die Bootsverfolgung: Ich erkenne einfach nichts. Schade.
Doch es bleibt nicht durchgehend bei diesem Inszenierungsstil. Bond wird im Verlauf des Films ruhiger und so auch die Bilder auf der Leinwand. So kommt es neben einigen tollen Szenen wie Greens Party und der Flugzeug-Action noch zu einem wahren Inszenierungs-Highlight, zu dem ich gleich komme. Vorher aber noch ein paar Worte über das Finale. Dennis Gassner zaubert hier ein Hotel mitten in der Wüste, das gleichzeitig nicht so abstrus daherkommt wie ein ausgehöhlter Vulkan, aber doch typisch Bond wirkt und den Villain isoliert. Eine gute Ausgangslage, die auch prompt genutzt wird. Nach der „Ruhe vor dem Sturm“, den Vorbereitungen Bonds und Camilles auf die Stürmung des Hotels, geht es richtig zur Sache. Alles explodiert und brennt, dass es eines Bond-Finales absolut würdig ist. Nun aber zum Highlight: Tosca. Die Seebühne Bregenz ist eine tolle Kulisse und das Zusammenspiel aus Licht, Schatten, Musik (oder auch dem Fehlen von Musik!) und Action ist einfach ein Traum. Ein absolutes Highlight der Bond-Reihe! Es gefällt mir auch sehr gut, dass sich die ominöse Geheimorganisation „Quantum“ nicht wie Spectre absurd übertrieben geheimnisvoll in einem pompösen Saal trifft, sondern mitten in der Öffentlichkeit unter Leute. (Auch wenn es mich ganz schön nerven würde, wenn jemand neben mir in der Oper ständig quatscht…)
Apropos Quantum: Wir haben hier anscheinend eine neue Organisation, der einige Mitglieder angehören, aber ob Mr. White dazugehört, oder was sonst seine Rolle ist, wird weiterhin nicht klar. Während sich Greene während der Tosca-Vorstellung enttarnt glaubt und mitsamt seiner Entourage verschwindet, bleibt er einfach sitzen… Mir gefällt die neue, moderne Aufmachung der Organisation und auch der Plan, der dahintersteht. Es geht nicht um die Weltherrschaft, nicht um Atombomben, sondern schlicht und einfach um ein sehr wichtiges Gut: Wasser. Sehr modern und realistisch. Doch der Plan der Organisation ist für den Film sowieso nicht so relevant. An allen Ecken und Enden wird einem präsentiert, dass es eigentlich um Rache geht und Bond alle Menschen umbringt, weil er nicht von Vesper loskommt. Dass das nicht unbedingt nur der Wahrheit entspricht und M einfach mal nur genauer hinschauen müsste, wieso Bond tut, was er tut, ist eine andere Sache… Auch Olga Kurylenkos Camille träumt von Rache und so haben beide ein gemeinsames Ziel.
Der Cast des Films gefällt. Daniel Craig spielt Bond weiter so kompromisslos wie in CR, Jeffrey Wright ist weiter ein sympathischer Felix Leiter und zum Glück kehrt auch Giancarlo Giannini zurück! Von seinem Mathis hätte ich gerne mehr gesehen. Mathieu Almaric spielt einen Villain, der schwerlich mit anderen Bond-Bösewichten in eine Schublade zu stopfen ist, aber im Kontext eines modernen und realistischen Bond-Films gefällt er mir sehr gut. Olga Kurylenkos Rolle ist ebenfalls deutlich anders angelegt als frühere Bond-Girls, aber auch sie passt super und gefällt mir sehr gut. Ein „klassisches“ Bondgirl ist da eher Strawberry Fields (ein fantastischer Name, Ian Fleming wäre stolz!) und auch Gemma Arterton in der Rolle passt wie die Faust aufs Auge.
Auch der Humor kommt nicht zu kurz, ist aber sehr trocken, oftmals fast nicht zu erkennen und passt so sehr gut in den Film. Sehr gefällt mir auch die ganz kurze Anspielung auf TSWLM, wenn Bonds Visitenkarte von Universal Exports mit R. Sterling unterschrieben ist und natürlich auch die etwas plakativere, aber sehr wirkungsvolle GF-Reminiszenz.
Die Schauplätze werden insgesamt nicht so ausgenutzt. QOS betreibt ein reines Location-Hopping, jagt in seinen nur 106 Minuten zahlreiche Länder und Städte ab, ohne dass man von den jeweiligen Orten groß etwas sieht. Schade, aber auch das spiegelt Bonds innere Unruhe und Rastlosigkeit wider.
So endet der Film wie schon beschrieben nach nur 106 Minuten (in denen aber alles steckt, was man braucht!) mit einem schönen Abschluss. Bond findet Vespers alten Freund, tötet ihn nicht (!), lässt ihre Kette fallen und versichert M: „Ich war nie weg.“ Das gefällt ebenso wie der Rest des Films, der zwar nicht an CR heranreicht, den ich mit den Jahren jedoch immer mehr zu schätzen gelernt habe.
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