Re: Zuletzt gesehener Film

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Knight of Cups (2015, Terrence Malick)

Christian Bale schlendert den Strand entlang. Christian Bale läuft durch die Strassen Hollywoods. Christian Bale ist an einer Party, teilnahmslos steht er daneben. Christian Bale steht auf dem Balkon. Christian Bale schaut aus dem Fenster. Christian Bale und Isabel Lucas. Christian Bale und Imogen Poots. Christian Bale und Cate Blanchett. Christian Bale und Teresa Palmer. Christian Bale und Freida Pinto. Christian Bale und Natalie Portman. Eine zweistündige Collage aus bizarren Fragmenten, ein Nichts an Handlung und Charakteren. Aus dem Off kommentiert Christian Bale das wirre Geschehen pausenlos mit prätentiösen, pseudophilosophischen Plattitüden. Ein experimenteller, essayistischer und aussergewöhnlicher Film. Macht er Spass?

Ja, das tut er. In begrenzten Massen. Knight of Cups scheint zwar über die gesamte Laufzeit kaum etwas Greifbares zu erzählen und selbst der interpretationswütige Zuschauer wird viel Fantasie benötigen, dem Film eine Erzählung zu attestieren, präsentiert sich dafür aber als bahnbrechendes Fest fürs Auge. Von der ersten Einstellung bis zur letzten fast zwei Stunden später scheint einen dieser psychedelische und reizvolle Bilderrausch, diese nie endende Flut aus wunderschönen und lebensnahen Aufnahmen, dieses Ausreizen der Ästhetik bewegter Fotografie einen in ihren Bann zu ziehen. Eine Sichtung von Knight of Cups hat etwas als würde man auf LSD einem Bildschirmschoner zuschauen. Man wird von träumerischer Schönheit berieselt und verwöhnt, ohne sich grosse Gedanken darum zu machen. Ein Film zum Abschalten.

Wertung: Irgendetwas zwischen 6 und 7 / 10

Keine Zeit mehr, um Straight Outta Compton zu reviewen. Folgt also irgendwann diese Woche.
We'll always have Marburg

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Re: Zuletzt gesehener Film

5405
Casino Hille hat geschrieben:Ganz klar die beiden dominierenden Werke des modernen Thrillers.
Ganz so stark fand ich Seven dann doch nicht. Dafür hat es am Ende dann auch ein paar Logikfehler, wodurch der letzte, eigentlich geniale Storytwist, etwas entwertet wird.
Aber dennoch, ein wunderbarer Film, wenn auch keine 10/10.
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."

Re: Zuletzt gesehener Film

5406
dernamenlose hat geschrieben:Dafür hat es am Ende dann auch ein paar Logikfehler, wodurch der letzte, eigentlich geniale Storytwist, etwas entwertet wird.
Welche Logikfehler? Und welcher geniale Storytwist?
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Re: Zuletzt gesehener Film

5408
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dernamenlose hat geschrieben:Naja, die beiden letzten Opfer. Das er sich selbst miteinbezieht würde ich schon als Storytwist bezeichnen. Nur ist die Frau des Hauptprotagonisten als Opfer nicht logisch.
Das ist völlig logisch, aber ich würde das gar nicht mal als Storytwist sehen. Auch wenn es sicherlich eine Überraschung ist. Aber dann auch wieder keine, die fundamental die Bedeutung des Filmes völlig auf den Kopf stellt. Aber warum sollte er das selbst sein? Die letzten beiden Tode unterscheiden sich eben von den vorherigen (passend zu den gewählten Todsünden), das macht das Konstrukt aber noch lange nicht unlogisch.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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dernamenlose hat geschrieben:Doch, weil der Hauptprotagonist diese Todsünde begeht und nicht seine Frau.
Ist doch alles richtig. John Doe selbst ist die Verkörperung des Neids und Mills steht für den Zorn. Da ist absolut nichts unlogisch daran. Da der Killer im weitesten Sinne gesellschaftlich-religiöse Mißstände anprangert (wenn auch psychopathischer oder soziopathischer Natur), ist es sogar ein besonders raffinierter Schachzug, dass er sich aus den Todsünden nicht ausnimmt (und gleichzeitig natürlich auch von Fincher so gewollt), sondern im Finale zugibt, selbst nicht unanfällig für die Todsünden zu sein. Er selbst sieht sich als Neidopfer (Liebe, Familie) und läßt den Zorn über sich kommen, für den Mills (nicht Miles) zuständig ist. Tatsächlich sind die Taten Symbole für die Sünden und nicht die Opfer entscheidend, weswegen der Racheplan ja auch funktioniert.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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Casino Hille hat geschrieben:
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dernamenlose hat geschrieben:Doch, weil der Hauptprotagonist diese Todsünde begeht und nicht seine Frau.
Ist doch alles richtig. John Doe selbst ist die Verkörperung des Neids und Mills steht für den Zorn. Da ist absolut nichts unlogisch daran. Da der Killer im weitesten Sinne gesellschaftlich-religiöse Mißstände anprangert (wenn auch psychopathischer oder soziopathischer Natur), ist es sogar ein besonders raffinierter Schachzug, dass er sich aus den Todsünden nicht ausnimmt (und gleichzeitig natürlich auch von Fincher so gewollt), sondern im Finale zugibt, selbst nicht unanfällig für die Todsünden zu sein. Er selbst sieht sich als Neidopfer (Liebe, Familie) und läßt den Zorn über sich kommen, für den Mills (nicht Miles) zuständig ist. Tatsächlich sind die Taten Symbole für die Sünden und nicht die Opfer entscheidend, weswegen der Racheplan ja auch funktioniert.
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Natürlich sind die Opfer entscheidend. Die Opfer haben die Taten, die Symbole für die Totsünden sind begangen. Das ist immer so. Bis auf die vorletzte Totsünde. Denn da der Zorn auf Mills zutrifft müsste er das Opfer sein und nicht seine Frau. Sich selbst miteinzubeziehen ist raffiniert und auch völlig korrekt, aber bei Mills und seiner Frau verlässt er sein Schema.
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."

Re: Zuletzt gesehener Film

5412
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dernamenlose hat geschrieben:Natürlich sind die Opfer entscheidend. Die Opfer haben die Taten, die Symbole für die Totsünden sind begangen. Das ist immer so.
Mitnichten. Oder war die ermordete Prostituierte wirklich eine wolllüstige Person? Wohl eher ist es ihr Freier, der wolllüstig gewesen ist. Die Morde symbolisieren die Todsünde und die gesellschaftlichen Missstände, niemals nur die Opfer selbst. Dann wäre der Film ja völlig konfus.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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Casino Hille hat geschrieben:
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dernamenlose hat geschrieben:Natürlich sind die Opfer entscheidend. Die Opfer haben die Taten, die Symbole für die Totsünden sind begangen. Das ist immer so.
Mitnichten. Oder war die ermordete Prostituierte wirklich eine wolllüstige Person? Wohl eher ist es ihr Freier, der wolllüstig gewesen ist. Die Morde symbolisieren die Todsünde und die gesellschaftlichen Missstände, niemals nur die Opfer selbst. Dann wäre der Film ja völlig konfus.
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Nun, der Mörder beschuldigt jedenfalls die Prostituierte Krankheiten zu verbreiten, etc. Folglich ging es ihm um sie.
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."

Re: Zuletzt gesehener Film

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dernamenlose hat geschrieben:Nun, der Mörder beschuldigt jedenfalls die Prostituierte Krankheiten zu verbreiten, etc.
Das hat aber noch nichts mit Wolllust zu tun und ist auch nur noch mal eine Unterstreichung seines soziopathischen Charakters, nach dem niemand wirklich unschuldig ist, was er zu dem Zeitpunkt übrigens ja auch bereits am eigenen Leibe erfahren hat. Du darfst nicht vergessen, dass er bei dem Mord zwei Personen bestraft, da er den wolllüstigen vermutlich den Rest seines Lebens versaut und gleichzeitig halt auch eine "dreckige Hure" (in seinen Augen) von der Welt nimmt. Dasselbe wiederholt sich dann ja auch mit Mills, der am Ende ja auch nicht stirbt für seine Sünde, sondern mit einem zerstörten Leben zurückbleibt. So oder so, man muss annehmen, dass die Morde selbst die Todsünden repräsentieren und da der Film nicht explizit von etwas anderem ausgeht, ist das Ende genauso meisterhaft wie der Rest des Filmes.
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Re: Zuletzt gesehener Film

5415
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Kann man so sehen, muss man aber nicht. Man kann die Wolllust auch durchaus auf die Prostituierte beziehen, wenn man will, schließlich gibt es nicht nur Armuts und Zwangsprostitution. Aber das hängt wohl auch ganz damit zusammen, wie man den Film beim ersten Anschauen auffasst. So prägt sich das ein, so erscheint es einem logisch, da werden wir kaum noch auf einen grünen Zweig kommen.
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