29
von Nico
Agent
YOLT war ein wilder Ritt. Nach dem Tod von Bonds gerade erst frisch angetrauten Frau war klar, dass es nicht einfach so normal weitergehen kann. Bond stürzt sich also in einen Auftrag, bzw. wird von M gestürzt, im Wissen, dass es möglicherweise sein Ende werden könnte. Dies gerät für meinen Geschmack jedoch etwas zu wild und unübersichtlich. Lange Zeit ist überhaupt nicht klar, worum es eigentlich genau geht. Bond wird im Glauben, M wolle ihn kündigen, nach Japan geschickt, um Kontakt zu Tiger Tanaka aufzunehmen und… Ja, was eigentlich? Später im Roman wird ständig die „Magic44“ erwähnt, es scheint sich wohl um eine Entschlüsselungsmaschine zu handeln, die Tanaka dem MI6 überlassen soll, aber lange war mir das nicht klar. Ich bin mir unsicher, ob ich die entsprechenden Zeilen, in denen das erklärt wird (und Fleming erklärt ja eigentlich sehr gerne und sehr viel…), einfach überlesen habe… Bond und Tanaka freunden sich an, lange, lange Zeit passiert relativ wenig, außer das in Fleming in Hülle und Fülle über die japanische Kultur und die Japaner an sich schreibt. Er scheint sich gut auszukennen, jedoch wurde es mir mit der Zeit etwas zu viel. Seitenlang reist Bond mit Tanaka durch die Gegend und lernt die Kultur kennen, ohne dass etwas passiert. Dies passiert mit sehr geschwollener Sprache und Fleming stellt Japan wirklich sehr, sehr eigen dar. Ständig geht es nur um Selbstmord. Als literarischer Reiseführer ist das ganz unterhaltsam (ausgenommen die Selbstmord-Teile), als Bond-Roman jedoch kaum. Das Highlight (!) ist dabei schon ein Schnick Schnack Schnuck-Spiel (!!!), das Fleming aber tatsächlich sehr unterhaltsam genauso beschreibt wie die vielen Casino-Szenen in den Vorgängerromanen.
Schließlich hat Tanaka hat einen Auftrag für Bond, dafür, dass er als Gegenleistung die sagenumwobene „Magic44“ erhält. Er soll in den „Garten des Todes“ eines Dr. Guntram Shatterhand eindringen und ihn töten. Um diesen ominösen Shatterhand wird dann auch so ein Geheimnis gemacht, dessen Auflösung am Ende absolut nicht überrascht. In dem Moment, in dem er beschrieben wurde, war mir sofort klar, wer hinter der Maske stecken muss. Natürlich Blofeld. Hier baut Fleming eine Spannung auf, die er leider überhaupt nicht einhalten kann. Völlig unklar bleibt auch, was Blofeld überhaupt mit seinem (tatsächlich sehr schön beschriebenen) Garten des Todes erreichen will. Klar, im Buch sorgt er für einige tolle Szenen und die Atmosphäre in diesem Garten ist sehr beklemmend, aber was ist der Plan des Villain? Stattdessen hält sich Fleming seitenweise damit auf, Pflanzen aufzulisten, die in irgendeiner Form giftig sind… Da war ich kurz davor, die entsprechenden Seiten einfach zu überspringen.
Nun geht es aber auf S. 212 (!!!) endlich los mit der Handlung. Nachdem Bond wieder einmal viel zu ausführlich lernt, sich wie ein Japaner zu verhalten – die Potik ist egal? – geht er erst einmal mit Kissy Suzuki tauchen. Das ist wirklich schön beschrieben, Fleming hat eben ein Händchen für Unterwasserszenen. Dann dringt Bond in Blofelds Festung ein und wird letzten Endes ziemlich schnell entdeckt. Dafür, dass Fleming sich zuvor zig Seiten mit Nebensächlichkeiten aufgehalten hat, gerät der Schlussakt wirklich viel zu kurz. Schade! Im Vorbeigehen bringt er seine Nemesis noch um („Stirb, Blofeld!!!“ – Ich wusste zuvor nicht, dass dies ein original Fleming-Zitat ist, das da in NTTD verwendet wurde. Hier passt es zwar deutlich besser, weil Bond mitten im Kampf ist, aber die plakative Wortwahl klingt doch eigentlich eher nach Fanfiction…) und kriegt bei der sehr kreativen Flucht eins auf den Deckel. Bond wacht auf und hat sein Gedächtnis verloren! Das ist tatsächlich mal etwas anderes und ein Ende, das man so nicht unbedingt erwartet und Spannendes für den nächsten Roman verspricht…
YOLT ist zusammenfassend kein Highlight aus Flemings Bond-Reihe, im Gegenteil. Viel zu lange hält er sich mit sehr skurrilen Beschreibungen von Land und Leuten auf, man weiß weder, worum es geht, noch was der Plan des Baddies ist. Erst viel zu spät geht es zur Sache. Das dann tatsächlich sehr unterhaltsam, aber wie gesagt viel zu kurz. Da war Potential für mehr drin.
"Hiermit kündige ich meine Mitgliedschaft!" - "Wir sind kein Countryclub, 007!"