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von Nico
Agent
Ich gebe zu, ich habe mich selten so sehr auf "Goldfinger" gefreut, wie die letzten Tage. Ich hielt den Film nie für den "Über"-Bond, wie er von vielen wahrgenommen wird, auch wenn er mir trotzdem immer durchaus Spaß machte. Doch DN und FRWL in den letzten Wochen hatten mir so gut gefallen, dass ich es kaum erwarten konnte, wieder den Beamer anzuschmeißen und mich mit meiner Freundin aufs Sofa zu schmeißen. Vielleicht war diese Vorfreude auch etwas unfair, denn nach so einer Erwartungshaltung konnte der Film eigentlich nur enttäuschen, oder..?
Es ist doch erstaunlich, dass ausgerechnet GF stets als Inbegriff eines James Bond-Films wahrgenommen wird. Sicher, wir sehen das erste Mal eine richtige Q-Szene, wir haben Gadgets, wir bekommen DAS Bond-Auto (zumindest wurde es retrospektiv zu diesem gemacht) und Gerd Fröbes Goldfinger ist wohl einer der besten, weil prägnantesten Schurken in über 60 Jahren Bond-Film-Historie. Aber abseits davon? Sehen wir einen Bond, dem erstaunlich wenig gelingt, der fast Glück hat, dass am Ende nicht alle draufgehen und selbst kaum etwas zur Verhinderung des Verbrechens beiträgt. Fast durchgehend ist er in Gefangenschaft und das nicht einmal an sonderlich aufregenden Locations. Sicher, die Schweiz hat nette Berge und auf Goldfingers Ranch laufen ein paar Pferde durch die Gegend, aber sonst? Ich dachte, aufregende und exotische Locations gehören zur Bond-DNA. Vielleicht ist es auch genau der Punkt, der sich für mich GF dieses Mal recht langatmig anfühlen ließ. Mit 105 Minuten einer der kürzesten Ableger der Reihe, hatte ich nicht das Gefühl, weit weniger als 2 Stunden+ auf der Couch zu sitzen. Lange Zeit passiert einfach kaum etwas. Beginnt der Film noch nervenaufreibend, hat tolle Momente mit Connery und Gerd Fröbe, zeigt DIE ikonischen Bond-Szenen mit der vergoldeten Jill und dem Laser (toll, wie Connery Bonds Nervösität spielt und Fröbe alias goldfinger sich kaum aus der Ruhe bringen lässt!), flacht die Handlung mit der Ankunft auf Goldfingers Ranch doch stark ab. Ein nettes Schwätzchen hier, ein Blick auf Felix Leiter da, es passiert einfach kaum etwas und das stößt mir sauer auf.
Da hilft es auch nur wenig, dass GF, es war mir nie so stark aufgefallen, von vorne bis hinten voller Witze und Absurditäten steckt. Ich glaube Hille war es, der all dies vor einiger Zeit hier mal genau aufgeführt hat, und er hat vollkommen Recht. Denkt man mal genauer nach, so gibt es so viel herrlichen Schwachsinn in diesem Film und Connery hat sichtlich seinen Spaß daran, diesen Schwachsinn auszuspielen. Es ist dem Film auch egal, ob das alles Sinn ergibt, was hier geboten wird. Da wird lang und breit mit noch einem und noch einem technischen Trick und noch einem Modell und noch einer Karte (ich musste mir vorstellen, wie Goldfinger selbst total detailverliebt jedes Auto und jedes Bäumchen auf seinem großen Fort Knox-Modell aufklebt) einer Bande von absoluten Klischee-Mafiosis vorgeprahlt, wie Fort Knox erobert werden soll, nur um kurz darauf, einfach alle zu vergasen. Da wird aufwändig Gold in den Kofferraum geladen und das Auto zerquetscht und das Gold hinterher wieder herausgetrennt, anstatt es einfach vorher wieder rauszuholen oder Mr Solo gleich auf der Ranch zu entsorgen. Die Figur Tilly Masterson taucht nur kurz auf, um zu demonstrieren, was der DB5 kann (ich frag emich immer wieder: Was soll diese Figur in diesem Film? Kaum aufgetaucht, ist sie auch schon wieder tot und bringt weder Bond noch die Handlung irgendwie groß voran.) Etc. Etc. Der Film ist voll von solchen Absurditäten, aber: Er will sich gar nicht ernst nehmen. Bond #3 ist einfach ein großer Spaß.
Und dabei hat er ja auch einiges zu bieten. Ich erwähnte schon Gerd Fröbe und seine tolle Präsenz und sein Zusammenspiel mit Connery. Meine Highlights dabei: Das toll inszenierte Golf-Spiel - ein fantastisches Kräftemessen, ohne es je wirklich auszusprechen, und die Szene in der Bond langsam, während er noch Goldfingers Plan kritisiert, dahinter kommt, was er wirklich vor hat. Goldfinger lächelt nur und freut sich wie ein kleines Kind. Generell lächelt Fröbe entspannt alle Probleme weg und scheint doch manchmal sehr sprunghaft zu sein. Auch Honor Blackman ist eine tolle zweite Gegenspielerin, die Bond am Ende "überzeugt". Ich gebe zu: Die Szene im Heu macht mir als eine von wenigen der alten Filme wirklich Bauchschmerzen. Verändertes Frauenbild hin oder her, das ist mir zu viel. Doch ich war ja grad bei den positiven Dingen. Was wäre da noch zu nennen? Natürlich die Musik! John Barry zaubert was das Zeug hält und schafft einen treibenden, abr vor allem sehr melodiösen Soundtrack, in dem auch das fantastsiche Titellied der ebenso fantastischen Shirley Bassey toll verarbeitet ist. Ken Adam lebt sich hier erstmals so richtig aus und erschafft Sets, die seinesgleichen suchen, wie etwa eine "Kathedrale aus Gold".
Es gibt viele tolle Szenen, vieles an der dritten Ausgabe der Bond-Reihe macht enorm viel Spaß, aber er wird doch wirklich etwas dadurch gedrückt, das lange Zeit nichts passiert und Bond in Gefangenschaft kaum etwas ausrichten kann. Man denkt sich "Felix, nu hilf ihm doch endlich mal!", doch Opa Leiter ist natürlich der Meinung, sein alter Kumpel bekäme alles alleine hin... Er tut es nicht und das ist vielleicht das Hauptproblem des Films, der sich an einigen Stellen merklich zieht.
Trotzdem war es ein netter Filmabend und ich freue mich auf TB, dem ich ja nie so viel abgewinnen konnte. Vielleicht ja diesmal.
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