Casino Hille hat geschrieben: 2. Juni 2023 11:17
Interessant. Ich muss jetzt einmal schnell spoilery werden, wer Film und Buch nicht kennt, klickt bitte nicht drauf. Verderbt euch die tollen Überraschungen nicht, die die Geschichte zu bieten hat.
Spoiler
Kommt dir dieser Befreiungsaufstand der Dorfleutchen nicht etwas zu sehr aus dem Nichts? Ich verstehe schon, warum der Film es macht, wie er es macht (u.a. soll Adsons Holde halt überleben und nicht abfackeln – und noch wichtiger: F. Murray Abraham soll seinem Schöpfer begegnen). Und vermutlich war die Idee, es mit der "Ideologie" der Franziskaner zu verknüpfen, denn die Armen und die Schwachen sind ja deren wichtigstes Anliegen. Trotzdem: Wir kennen die Leute da eigentlich gar nicht und dann entscheiden sie sich mal eben, die Kirche anzugreifen und schubsen Mozarts Erzfeind den Abhang runter … joa, ich weiß ja nicht. Aber vielleicht ist mir da auch die Buchkenntnis im Weg. Ich hätte es wohl besser gefunden, man hätte sich hier an die Vorlage gehalten und Abraham einfach entkommen lassen. Das Mädel kann man meinetwegen retten, es passt zwar nicht wirklich zu Eco und seiner Geschichte, für den Film könnte ich (wäre es nur das) aber damit leben.
Andere Frage: Stört es dich nicht, wie der Krimifall aufgelöst wird? Der Film verschwendet ja einiges an Zeit dafür, die Parallelen zwischen den Morden (bzw. den Fundorten der Leichen) und der Offenbarung des Johannes herauszustellen. Aber in der Auflösung wird gar nicht mehr darauf eingegangen. Bei den letzten zwei Morden bekommt man die Parallelen zur Offenbarung sogar kaum noch mit (okay, Malachias erwähnt die Skorpionstiche wenigstens kurz … ). Im Roman ist das eine tolle Erkenntnis, da William lange vermutet, dass der Serienmörder bewusst auf die Bibelpassage und die Vorboten der Apokalypse anspielt, letztlich aber feststellen muss, dass all diese Parallelen nur Zufall waren – was der blinde Jorge als Bestätigung für seine Taten ansieht, so als sei alles göttliche Vorsehung gewesen. Diesen Teil wegzulassen empfinde ich schon als merkwürdige Entscheidung, denn jetzt gibt es überhaupt keine Auflösung für diese Bibelparallelen, die der Film ja trotzdem anfangs noch deutlich betont.
Spoiler
Zum ersten Punkt: ja, der Aufstand der Dorfler ist tatsächlich nicht sonderlich glaubwürdig und kommt etwas aus dem Nichts. F. Murrays Ende dagegen finde ich eigentlich ganz ok, er taucht ja auch erst sehr spät praktisch aus dem Nichts auf und sein überstürzter, "feiger" Abgang passt da ganz gut.
Zum zweiten Punkt: da ich das Buch nicht kenne, fehlt mir da tatsächlich nichts. Die Parallelen zur Offenbarung sind interessant, aber ob die durchgängig sind oder nicht bzw. ob sie es sein sollten, das habe ich mich nie gefragt. Für mich trägt das mehr zur Atmosphäre und zur unheimlichen Grundstimmung bei (wie auch die Frage, ob da irgendwas übersinnliches mitmischt), als dass es inhaltliche Relevanz hätte. Ich denke, da kommt mir wirklich meine Vorlagenunkenntnis zu Gute.
Zum zweiten Punkt: da ich das Buch nicht kenne, fehlt mir da tatsächlich nichts. Die Parallelen zur Offenbarung sind interessant, aber ob die durchgängig sind oder nicht bzw. ob sie es sein sollten, das habe ich mich nie gefragt. Für mich trägt das mehr zur Atmosphäre und zur unheimlichen Grundstimmung bei (wie auch die Frage, ob da irgendwas übersinnliches mitmischt), als dass es inhaltliche Relevanz hätte. Ich denke, da kommt mir wirklich meine Vorlagenunkenntnis zu Gute.
Maibaum hat geschrieben: 2. Juni 2023 12:59 Das Drumherumm ist alles gut, Schauspieler, Kostüme, Atmosphäre, das Setting , und das ist dann schon etwas leichtfertig, da so wenig draus zu machen. Es ist ja auch so, daß ich ihn jedesmal noch schwächer finde, wenn ich es noch einmal probiere.
Vielleicht wäre Orson Welles dafür der perfekte Regisseur gewesen, oder ein ähnlicher.
Es kann aber halt niemand was dafür, dass du das Buch gelesen hast.
Aber ohne Flachs: ich kann das schon nachvollziehen, denn viele finden Spielbergs Tintin ja auch einen ganz guten Film, ich finde ihn in bester Kenntnis der Vorlage aber unterirdisch. Weniger handwerklich, als mehr deswegen, weil er die Figuren und den Geist der Vorlage völlig verzerrt und offensichtlich nicht verstanden hat. Da dann einfach einen animierten Quasi-Indiana Jones-Film draus zu machen ist für mich vermutlich ähnlich schmerzhaft, wie für dich was Eichinger und Annaud mit Ecos Roman gemacht haben.