Re: Zuletzt gesehener Film

10531
Casino Hille hat geschrieben: 5. April 2023 15:26 Wo kommen denn meine Worte her? Von "behauptet" habe ich doch gar nichts geschrieben.
Nein, hier nicht, aber dass es dich allgemein stört, wenn ein Film irgendetwas behauptet, anstatt es herzuleiten und zu begründen, das ist mir aufgefallen. Damit hast du ja auch prinzipiell recht.

Ich habe bei Google auch einige Treffer bei der Kombination "Banshees" und "Depression", aber entweder heißt es dann, dass Padraic depressiv wird, oder es wird die Frage aufgeworfen, ob Colm depressiv ist, und dann verneint, zum Beispiel im "Tagesspiegel": nein, der ist nicht depressiv, der will einfach nur nicht mehr mit Padraic befreundet sein, heißt es dort. Weiter heißt es, Colm habe dem Pfarrer gebeichtet, in der Vergangenheit depressiv gewesen zu sein (jetzt nicht mehr), daran kann ich mich aber nicht erinnern, das wirst du vielleicht besser wissen, du hast ihn ja einige Mal gesehen.

Bitte entschuldige, wenn ich so darauf herumreite, aber mit dieser Frage steht und fällt einfach meine Beurteilung des Films. Der plötzliche Abbruch einer Freundschaft und die Selbstverstümmelung als Bestrafung des anderen sind so außergewöhnlich, dass sie ebenso außergewöhnlich gut begründet werden müssen, sonst passt das für mich nicht.
"Wenn man sämtliche Schöpfungen des weißen Mannes von diesem Planeten entfernte, besäßen seine Ankläger weder Zeit noch Mittel, ja nicht einmal Begriffe, um ihn mit Vorwürfen zu überhäufen."

Re: Zuletzt gesehener Film

10532
ollistone hat geschrieben: 5. April 2023 16:10 Bitte entschuldige, wenn ich so darauf herumreite, aber mit dieser Frage steht und fällt einfach meine Beurteilung des Films. Der plötzliche Abbruch einer Freundschaft und die Selbstverstümmelung als Bestrafung des anderen sind so außergewöhnlich, dass sie ebenso außergewöhnlich gut begründet werden müssen, sonst passt das für mich nicht.
Wenn das für dich so ist, ist das so für dich. Dann funktioniert der Film bei dir nicht so gut, dann liegt deine Erwartungshaltung woanders. Das ist vollkommen okay, nicht jeder Film kann jeden gleichermaßen erreichen.

Für Colm war das übrigens sehr wahrscheinlich kein plötzlicher Freundschaftsabbruch, sondern etwas, über das er sehr lange nachgedacht hat, nur konnte er es nie durchziehen. Vielleicht tat ihm Pádraic einfach zu sehr leid, vielleicht war er sich seiner Haltung auch lange unsicher. Aber eines Tages ist er aufgewacht und hat entschieden: "Entweder mache ich es jetzt radikal oder ich ziehe es nie durch." Plötzlich war daran aber gar nichts, nur sind alle außer Colm zu sehr in ihrem Trott gefangen, als dass sie die Anzeichen dafür hätten sehen können.

"I just don't like you no more" ist dann auch kein Satz, den Colm ernst meint. Er hat nicht plötzlich etwas gegen Pádraic, aber er hat das Bedürfnis, von ihm los zu kommen und sich abzukapseln von ihm. Er ist ihm überdrüssig geworden. Und er wählt einen Satz, der vernichtend ist, tödlicher als manche Schusswaffe. Er sagt etwas, was radikal ist, und er ahnt gar nicht, wie schlimm er alles dadurch macht. "I just don't like you no more" ist ein brutaler Satz, weil er jede mögliche Reaktion abtötet. Es gibt darauf keine Antwort, keine Lösungsmöglichkeit. Mit diesem Satz ist alles gesagt und alles vorbei.

Die Selbstverstümmelung ist auch keine Bestrafung des anderen, nicht wirklich zumindest, denn das kann eine Selbstverstümmelung kaum sein. Colm bestraft sich selbst. Er fügt sich Schmerzen zu, nicht Pádraic. Und das ist im Film wörtlich zu nehmen, aber aich metaphorisch, denn Colm gibt im Film die ganze Zeit anderen die Schuld für seine Traurigkeit und seine Gefühle. Er sucht die Ursache nicht bei sich, sondern bei anderen. Vergleich Colm mit Siobhan: Sie teilt viele seiner Gefühle und 'versteht' ihn, mehr als alle anderen auf der Insel, aber sie zieht Konsequenzen. Sie verlässt die Insel und nabelt sich von den Menschen und dem Ort los, der sie unglücklich macht. Sie tut aktiv etwas gegen ihr Unglück.

Colm geht nicht so gesund damit um. Er fängt nicht irgendwo neu an, er verletzt sich stattdessen irgendwann selbst - und gibt Pádraic auch noch die Schuld dafür. Er verletzt sich nicht nur einfach selbst, er nimmt sich damit die Musik, die er als so wichtig für sein Leben und sein Vermächtnis begreift. Und für all dem gibt er Pádraic die Schuld, nie sich selbst.

Das ist doch wirklich großartig geschrieben und konstruiert und man kann so viel in Colms Entscheidungen und Verhalten deuten und wie er durch sein Benehmen letztlich Pádraic mit in den Abgrund reißt. Ehrlich, ich finde das genial, das muss einem erstmal so einfallen, und es dann mit so vielen klugen Gedankengängen und raffinierten Dialogen (die Szene nachts im Pub ist 12/10, ein Gedicht!) zu verbinden, ist meisterhaft.

Und dann dieses Ende, wenn Colm all seine fünf Finger an der einen Hand los ist und auch sein Haus abgefackelt ist, und er sich zum ersten Mal seit langem leichter und befreiter fühlt (logisch, die schlüssige Entwicklung seiner Figur!), während Pádraic ihn nur noch hassen kann. Wow! Es ist wirklich kriminell, dass die Best Picture und Best Screenplay Oscars nicht ohne Bedenken an die Banshees von Inisherin gegangen sind.

Um mal einen wahllosen Beitrag zu zitieren, so kann man es sehen, aber es gibt auch noch viele andere Möglichkeiten:
Colm’s official stance is that he doesn’t like Pádraic anymore because he is a boring, trite person. That’s a common enough reason to let a friendship die, but it’s a flimsy excuse for throwing pieces of your own body on someone’s doorstep.

We get some insight into Colm’s troubles, though, when Pádraic’s sister Siobhán calls him out. Colm calls Pádraic boring, and Siobhán blows up, shouting, “You’re all boring!”

For most of the film, Colm certainly doesn’t seem to think he’s boring. He prides himself on his musical talent, telling Pádraic that bringing new tunes into the world gives his life meaning. He fills his home with interesting odds and ends. He invites students from around Ireland to study under him. Siobhán confronts him with a truth he doesn’t want to face: having talent doesn’t make him any better than the island’s other inhabitants. As Pádraic points out in the pub, simple kindness is a more admirable quality than comparing yourself to Mozart.

And deep down, Colm knows it. After he finishes his final tune and puts a violent end to his fiddling career, he admits that he’s relieved. Now he’s truly just like everybody else, living the same supposedly meaningless existence he spent his life denigrating. When Pádraic comes to burn down his house, Colm decides to consign himself to the flames. It seems that Pádraic has been a projection of Colm’s own self-loathing all along.

If only Colm hadn’t thrown his fingers at Pádraic’s house. If only Jenny the donkey hadn’t tragically died after trying to eat them. Then Colm’s house might still be standing, Pádraic would be a happier person, and Inisherin would still be home to the sweetest miniature donkey ever to grace God’s green Earth.

The end of the film depicts the literal deaths that Inisherin’s resident banshee, Mrs. McCormick, prophesied, but there’s also spiritual death. Pádraic becomes a meaner, more bitter version of himself, living alone and willing to murder the man who was once his closest friend. Colm gives up music forever, but doesn’t find anything else to fill the void.
Und wie gesagt, auch das ist noch nicht die einzige Wahrheit des Films, es gibt noch viele andere Lesarten, die ihre Berechtigung haben. Vielleicht gucke ich den Film dieses Jahr noch ein siebtes Mal, er ist ja jetzt bei Disney+ drin. An alle, die hier mitlesen, aber den Film noch nicht kennen: Angucken, ernsthaft, es wird dieses Jahr nicht mehr besser.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Zuletzt gesehener Film

10533
Ja, er kündigt Padraic die Freundschaft, nur um dann mit dem Polizisten abzuhängen, den er auch gar nicht wirklich leiden kann...? Und dann, wenn er indirekt schuld ist am Tod des Esels, wirft er alle seine Vorsätze wieder weg und möchte es plötzlich doch wieder gut sein lassen...

Ich verstehe die großen Themen und Metaphern durchaus, die der Film ansprechen möchte, auch viele der Andeutungen und Verweise habe ich bemerkt (sicherlich nicht alle), aber hier bei diesen für die Handlung so wichtigen Punkten ist es einfach nicht so gut, wie es sein sollte, damit es ein "Meisterwerk" wird. Für mich jedenfalls - wenn das für dich so passt, freue ich mich für dich ;)
Bond... JamesBond.de

Re: Zuletzt gesehener Film

10534
Gernot hat geschrieben: 5. April 2023 21:14 Ja, er kündigt Padraic die Freundschaft, nur um dann mit dem Polizisten abzuhängen, den er auch gar nicht wirklich leiden kann...? Und dann, wenn er indirekt schuld ist am Tod des Esels, wirft er alle seine Vorsätze wieder weg und möchte es plötzlich doch wieder gut sein lassen...
Er möchte es nicht plötzlich wieder gut sein lassen - und schon gar nicht nur, weil er am Tod des Esels Schuld ist. Das ist nicht das, was im Film passiert. Es gibt eine Entwicklung hin zu diesem Moment, keinen willkürlichen Meinungswechsel. Gut sein lassen will er es auch erst, als sein Haus abgefackelt wurde und auch erst dann wirkt er endlich "entspannter", "gelöster", sein Schwermut ist verflogen. Mit dem Esel hat das gar nichts zu tun. Der ist für Pádraic wichtig, aber für Colm nur ein Kollateralschaden (auch wenn es ihm sicher bis zu einem gewissen Grad (für Pádraic) leid tut).

Und mit dem Polizisten hängt er ja unter anderem ab, aber auch mit anderen Leuten. Sein ganzes Leben lang hatte er halt nur exakt einen Freund, ohne den probiert er es mit anderen Menschen aus, aber nichts davon funktioniert. Da haben wir glaube ich nicht den gleichen Film gesehen, wenn das für dich die Stolpersteine sind.

Ich wundere mich aber überhaupt, dass es hier den Wunsch gibt, Colms Verhalten wäre für uns in jeder Entscheidung zu hundert Prozent vollkommen nachvollziehbar. Der Film ist schließlich aus der Perspektive des Mannes erzählt, der sich Colms Verhalten überhaupt nicht erklären kann. Dass der Film einem da nicht minutiös für jede Szene mit Colm eine Erklärung liefert, ist nur logisch und vernünftig bei der Prämisse. Wir sollen die Geschichte ja aus Pádraics Sichtweise erleben (zumindest zu Anfang).

Ich empfehle euch, den Film mit etwas Abstand nochmal anzusehen, vielleicht hat das dann für euch einen Mehrwert. Wenn nicht, ist es aber natürlich auch in Ordnung.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Zuletzt gesehener Film

10535
Naja, das klingt für mich ein bisschen nach viel Herum- und Hineininterpretieren, das möglicherweise gar nicht so gedacht ist, denn ob er seine Meinung dann wegen des Esels oder des Hauses oder einer Kombination aus mehreren Umständen ändert, ist egal - es funktioniert einfach nicht für mich und zerstört fast die letzten 1,5h davor.
Wie gesagt, wenn das für dich funktioniert, alles gut.
Der Film dürfte wieder einmal sehr polarisieren, bei den Userreviews auf der IMDB sieht man das auch ganz gut - die meisten mittelmäßig bis enttäuscht, dann auch wieder ein paar dazwischen für die es ein Meisterwerk ist. Ich denke die Verteilung deckt sich auch mit unserer hier.
Bond... JamesBond.de

Re: Zuletzt gesehener Film

10536
Gernot hat geschrieben: 6. April 2023 10:11 Naja, das klingt für mich ein bisschen nach viel Herum- und Hineininterpretieren, das möglicherweise gar nicht so gedacht ist
Ob irgendwas davon so gedacht ist, spielt für mich aber ehrlich gesagt kaum eine Rolle. Auch wenn glasklar ist, dass sich Martin McDonagh sehr viel bei diesem Film gedacht haben muss, denn eine so vielseitige Geschichte mit so vielen Deutungsmöglichkeiten, die entsteht nicht zufällig. Aber selbst wenn sie das täte, wäre es mir auch vollkommen egal. Sowas kann eine interessante Zusatzinfo sein, ist aber für mich als Zuschauer auch nicht mehr als das. Wichtiger ist, wie viel man selbst in "The Banshees of Inisherin" entdecken und finden kann und was man für sich alles aus dem Film zieht. Und das es dann auch sicher Leute gibt, denen der Film nicht so gut gefällt oder die da für sich nichts interessantes entdecken – logisch, so funktioniert das ja immer, so ist das bei jedem Film. Bei "The Banshees of Inisherin" ist aber wichtig, dass der Leute komplett umhauen kann und das er zu so vielen verschiedenen Seherfahrungen führen kann. Dadurch ist es ein besonderer Film, nicht durch die Summe willkürlich vieler Einzelmeinungen.

Ich bin immer noch etwas enttäuscht, dass der Film nicht bei den Oscars nahezu alles abgeräumt hat. Mindestens Schauspielpreise für Colin Farrell, Brendan Gleeson und Kerry Condon wären ein Muss gewesen, der Drehbuchpreis aber eigentlich auch. Nur so ist das mit den Oscars, am Ende hatte "Everything Everywhere All at Once" mehr Momentum und ist dem US-Publikum auch näher als das irische Drama à la Samuel Beckett. Von dessen Ideen für Theaterskripte übrigens einiges in "The Banshees of Inisherin" steckt, immerhin warten sie in Inisherin auch alle auf Godot, nur das sie das nicht alle unbedingt wissen. Die Illusion des Wartens ist eine der Kernideen der meisten Beckett-Stücke und McDonagh hat sich da in Teilen dran orientiert, aber natürlich etwas sehr eigenes daraus gemacht.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Zuletzt gesehener Film

10537
Ok, nie gespielt, zum ersten Mal in Stranger Things ausführlicher aufmerksam geworden und dennoch nicht freiwillig ins Kino. :) Kann auch mal gut gehen:

Guardians of the laxity - Let´s play DnD

„Ich schmiede Pläne!“, verkündet Barde Edgin bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit. Er könnte auch gleich sagen „Ich kann sonst nichts“, schließlich gibt es in seinem Team eine Barbarin fürs Grobe, einen Zauberer fürs Magische und eine Druidin fürs Unmögliche. Tatsächlich ist der sympathische Sprücheklopfer Herz und Hirn der kunterbunten Truppe, gibt Richtung wie Ton an. Erstere ist abenteuerlich, denn nach einer missglückten Diebestour hat ihr ehemaliger Kompagnon Forge nicht nur ein wertvolles Artefakt entwendet, sondern auch noch Edgins Teenager-Tochter entführt. Die Stimmung auf dieser durchaus ernsten Rettungsmission ist allerdings betont flapsig, denn Edgin hat neben seiner schnellen Auffassungsgabe eine noch schnellere Zunge.

https://www.ofdb.de/review/366194,89848 ... 5fxOtWOb9U
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Zuletzt gesehener Film

10541
Lust auf eine "Unpopular Opinion"?

Hier im Forum finden sich ja viele "Nocturnal Animals"-Fans, aber ich kann das nach der Zweitsichtung kaum noch nachvollziehen. Die in Summe eher mittelmäßigen Kritiken dagegen passen für mich schon besser ins Bild. Der Film hat seine Momente und vor allem der Überfall auf das Auto bei Nacht ist ein toller Suspense-Moment, sowie das Schauspiel von Michael Shannon, der natürlich wie immer großartig ist, für Höhepunkte sorgt. Aber sonst ist das ein merkwürdig leerer Film, der sich in Stilübungen ergötzt und verliert, aber eigentlich nichts zu sagen hat. Gerade außerhalb der Romanhandlung krankt "Nocturnal Animals" für mich an denselben Elementen wie "A Single Man": Tom Ford stellt seine Figuren nur aus, aber er erforscht sie nie. Amy Adams zeigt uns eigentlich nur, wie wunderschön und attraktiv Frauen aussehen können, während sie leiden. Sie hat dann manchmal eben rot geriebene Augen, aber die meiste Zeit sitzt sie dennoch da wie ein Ausstellungsstück eines Designer-Katalogs. Und die Nuancen, die so ein vermeintlich geheimnisvoller Stoff bräuchte, lassen sich meines Ermessens auch nicht finden, stattdessen verfällt Fords Stilwillen um jeden Preis manchmal in den Gestus einer Selbstparodie. Die Jena-Malone-Figur ist weniger Satire und mehr eine Cartoon-Version dessen, was sie darstellen soll, und das sorgt dann auch tonal für eine Zerfaserung des eigentlich spannend-verstörend gemeinten Thrillers. Es bleibt ein Film, bei dem ich nichts fühle, weil da kaum menschliche Regung im Film ist (ich würde sofort glauben, dass eine KI hinter der Regie steckt) und ich auch über nichts wirklich nachdenke, weil der Film zwischen nichtssagenden Bildern und zu großen Gesten hin und her mäandert. Es ist kein komplett misslungener Film, er ist in einzelnen Sequenzen spannend und gerade bei der Handlung innerhalb der Handlung auch derbe und brutal, aber ich bleibe außenstehender Betrachter, ich dringe nicht ins Geschehen ein. Zudem stoßen mehrfach im Film Momente auf, die man durchaus als misogyn verstehen kann (und die sicher nicht grundlos auch in Teilen genauso verstanden wurden), die vielleicht nicht so gemeint waren oder sind, aber vielleicht eben doch, und das hinterlässt einen unschönen, unangenehmen Beigeschmack, der auf der Punkteskala nochmal einen Abzug rechtfertigt. Ehrlich gesagt hat mich gerade das auch nach der Erstsichtung schon gestört, denn so schön ich es ja finde, wenn Filme so wirken, als wären sie nicht gleich zu durchschauen, so "irritierend" (in Ermangelung eines besseren Begriffs) empfand ich das Frauenbild, welches mir hier präsentiert wird.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Zuletzt gesehener Film

10543
NA fand ich echt gut bei Erst- und Einzigsichtung. Da das aber schon gefühlt 100 Jahre her ist, kann ich zu dem Film aber leider nichts substantielles (mehr) beitragen - was ja aber irgendwo auch ein klein wenig über den Film bzw. seine anhaltende Nachwirkung aussagt.

Aber nach Hilles "Bashing" habe ich jetzt auch etwas Mut bekommen und mache mal keck weiter:

Lust auf eine "Unpopular Opinion"? Part Deux

Hab neulich nach fast 25 Jahren den ersten beiden Screams nochmal nen Durchlauf gewährt und nachdem mich die beiden Filme originär schon nur milde beeindruckt hatten, blieb der Eindruck auch dieses Mal eher unterwältigend. Scream wird ja gerne als Wiedergeburt des klassischen Slashermovies gefeiert, in welchem innovativ mit den Genrekonventionen gespielt wird. Mal abgesehen vom unzweifelhaften kommerziellen Erfolg, welches das Gespann Craven/Williamson mit den Filmen hatte, kann ich ehrlich gesagt von diesen Lorbeeren wenig nachvollziehen. Für mich sind die Filme tatsächlich wenig innovativ und das vielgelobte Spiel mit den Genrekonventionen wirkt auf mich eher wie der zwanghafte Versuch ein klein wenig gegen den Strich zu bürsten, ohne sich aber jemals wirklich von den Vorbildern lösen zu können.

Hinzu kommt erschwerend, dass ein charismatischer Bösewicht fehlt. Das Screamface mag durchaus ikonographisch sein, aber da der Mythos um den Kerl hinter der Maske zugunsten eines wenig befriedigenden who-dunnit-Ansatzes fehlt bleibt auch der Killer abseits seiner einprägsamen Maske blass und langweilig. Dass die Figuren ziemlich seifig sind würde ich einem Film dieses Genres nun nicht vorwerfen wollen, aber es hilft halt auch nicht, um wirklich mit bzw.um sie fiebern zu können (was aber notwendig wäre, wenn man als Zuschauer schon nicht vom Killer begeistert bzw. gefesselt wird). Was dann noch bleibt ist eine lose Abfolge von z.T. recht derben Morden und eine wie bereits geschrieben wenig überzeugende whodunnit-Schnitzeljagd. Denn obwohl Craven und Williamson scheinbar so clever agieren, muss man schon sehr wenig filmische Erfahrung haben, um die Killer nicht schon frühzeitig zu erraten (z.B. wird in Teil 1 nach all den expliziten Mordszenen ausgrechnet eine Schlüsselfigur gemeuchelt, ohne dass man wirklich etwas sieht – ja, warum denn nur?).

Hinzu kommt eine lachhafte Motivation der Killer bzw. der Verzicht auf eine solche – weil man ja so innovativ ist. Leider fühlt sich gerade das aber sehr billig an. Was unterm Strich bleibt ist mainstreamiges Mittelmaß, das vorgibt das Genre zu feiern und zu modernisieren, es aber eigentlich lediglich plump ausbeutet. Nicht, dass die meisten der 80er-Jahre-Genrevertreter nicht ähnlich einfallslos und qualitativ diskutabel wären, aber zumindest die großen Genre-Ikonen hatten dann doch etwas mehr zu bieten, also nur ein einfallsloses Wiederkäuen von Standards.

Scream: 5,5 / 10
Scream 2: 4,5 / 10
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Zuletzt gesehener Film

10544
Das ist die passende Erwiderung, da sie mich in die entgegengesetzte Position packt. Ich liebe "Scream" und bin eigentlich genauso großer "Scream"-Fan wie ich Bond- und Indy-Fan bin. Und jetzt bin ich geschockt, denn – dir fehlt in "Scream" ein charismatischer Bösewicht? Im Vergleich zu was? :) Michael Myers, Jason Vorhees und Co. sind ja nun auch nicht unbedingt Charisma-Bolzen, würde ich einfach mal sagen. Die funktionieren doch letztlich bloß über den um sie konstruierten Mythos. Ghostface ist für mich super, gerade weil er von Roger Jackson im Original mit so viel Lust am Meucheln gesprochen wird und dadurch tatsächlich eine Zusatzebene hat. Die viel gelobte Eröffnungsszene des ersten Teils ist doch irre, weil Jackson da so grandios viel Atmosphäre und Unbehagen auslöst. Ich bin entsetzt, Anatol!

Zum Rest muss ich sagen: Verstehen kann ich das in Ansätzen, aber einiges dann auch wieder nicht so ganz. Ein Beispiel: Einen der beiden Killer im ersten Film kann man sicher ohne große filmische Erfahrungen relativ simpel erraten, aber unmöglich beide oder? Einfach deshalb, weil es so komplett gegen die Genre-Regeln und Erwartungen geht, dass es eben mehr als einen Ghostface gibt. Das finde ich schon einen tollen Twist, der sich in den Fortsetzungen irgendwann abgenutzt haben mag, aber der im Original für mich schon ein Aha-Moment ist und sehr gut zu dem Meta-Ansatz passt (den man allerdings mögen muss – und ich verstehe gut, was du meinst: Letztlich ist dieses Verwenden einer Meta-Kommentierung des Genres nur ein Vorwand, um nach denselben Regeln wie die Vorbilder spielen zu können, sich aber dabei als frischer zu behaupten). Zugegeben: Mir machen diese Meta-Kommentierungen Spaß und halte "Scream" für das einzige Franchise, das mit so einem Quatsch je gut gefahren ist und dadurch noch gewonnen hat – okay, fast das einzige Franchise, die Komödien von Lord & Miller aus den letzten Jahren machen das auch sehr lustig.

Und jetzt setze ich noch einen drauf: "Scream 2" finde ich sogar nochmal eine Schippe besser als den Vorgänger, der ist für mich mit das absolute Highlight im Slasher-Genre. Der hat so viele tolle und grandiose Szenen, genial. Die Verfolgung von Sarah Michelle Gellar, das Katz- und Mausspiel mit Courteney Cox im Tonstudio, der Autounfall mit dem verunglückten Cop, das entrückte Finale auf der Theaterbühne … ganz ganz große Klasse.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Zuletzt gesehener Film

10545
Es ist komisch, wegen Neve Campbell, die ich auf den Tod nicht leiden kann, habe ich mich immer etwas schwer getan, mit dem "Scream-Franchise", und habe es immer mehr mit den Nachahmer wie "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" oder "Düstere Legenden" versucht, die mir damals deutlich besser gefielen.
Jetzt jedoch, nachdem ich noch mal überredet wurde, den Filmen eine Chance zu geben, bin ich von dem Franchise richtig Fan geworden und behaupte jetzt Mal: Die Scream-Filme sind für mich das einzige Franchise bisher, wo ich auch wirklich keinen Film schlecht finde. Es kann höchstens sein, das ich einen Teil etwas schwächer finde (den dritten Teil nämlich), aber wirklich mies fand ich bisher keinen.
Das ist wirklich schon was besonderes.
Das Gute für mich ist auch, dass es in den Teilen nicht immer nur um die nervige Neve Campbell geht, Dewey und Gale sind für mich nämlich das Herzstück der Reihe.
Und ich bin auch derselben Meinung wie Hille, der zweite ist sogar noch etwas besser, weil spannender, als der Erste.
"Verstehen Sie mich nicht falsch es ist nichts persönliches, es ist was rein geschäftliches."