The Last Duel (2021)
Wahrheitsfindung auf dem Turnierplatz
Die Lanzen brechen, die Schwerter klirren, das Blut spritzt. Genau, wir befinden uns inmitten eines Mittelalterepos von Sir Ridley Scott. Der von der Queen geadelte Regisseur scheint trotz seiner Science Fiction Meilensteine (
Alien, Blade Runner) ein besonderes Faible für die raue Vergangenheit zu haben. Ob Pharaonen (
Exodus), Gladiatoren (
Gladiator), Kreuzritter (
Königreich der Himmel, Robin Hood) oder Entdecker (
1492), stets haftet seinen kraftvollen Historienfilmen etwas Urwüchsiges, etwas Archaisches an. Hie wird nicht einfach nur gekämpft, hier wird mit Göttern, Elementen, Heerscharen von Feinden, vor allem aber dem Schicksal gerungen, als gäbe es kein Morgen. Getaucht in eine barocke Gemäldeoptik und untermalt von hymnischen Scores kommen Scotts Werke damit oft wie das filmische Äquivalent zu antiker oder frühneuzeitlicher Baukunst daher. Sein neuester Film
The Last Duel setzt diesen Kanon nun nahtlos fort, oder etwa nicht?
Die erste Szene scheint lauthals „Ja“ zu brüllen. Scotts biete seine ganze, pralle Mittelalterpalette auf. Ein farbgefilterter Blauschleier und leichter CGI-Schneefall. Zwei Ritter bereit zum Lanzenduell. Doch wir sehen nur den Auftakt. Dann schneller Schnitt zu einem Kampfplatz, "The Battle of Limoges, 19 September 1370". Sofort werden Erinnerungen an Gladiator wach. Der barbarische Feind will sich nicht ergeben, köpft die Gefangenen vor den Augen der französischen Schlachtreihe. Dann setzt das Gemetzel ein - und ist nach einer Minute auch schon wieder vorbei. Scott spielt hier geradezu mit den Erwartungen an sein Publikum, Erwartungen die er selbst geschaffen hat - und hier fast schon schmunzelnd unterläuft.
The Last Duel ist kein Schlachtenepos, die typischen Scottschen Kampfszenen sind da, aber nur fragmentarisch, beinahe verschämt, als wollten sie sagen, seht her, wir sind immer noch im blutigen Mittelalter, auch wenn es eigentlich um etwas Anderes geht. Etwas Intimeres, aber nicht minder Brutales. Schon die Einteilung des Films in verschiedene Kapitel, alle überschrieben mit „Die Wahrheit nach …“ gibt einen ersten Fingerzeig. Hier soll ein Sachverhalt aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt werden, Waffengewalt spielt dabei nur eine sehr untergeordnete, aber am Ende zumindest karthatische Rolle. Dennoch geht es um Gewalt, um Gewalt gegen Frauen ...
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