craigistheman hat geschrieben: 23. August 2021 23:46
Eine absolut lächerliche Szene ist auch, als Bond in Blofelds Kontrollraum plötzlich die Beherrschung verliert, als dieser im Begriff ist Madeleine das verpixelte Video von Whites Selbstmord zu zeigen. Ich hab diese Szene nie verstanden.
Das war die Szene, bei der ich meinte, dass ich sie inhaltlich nicht verstehe. Warum flippt Bond da so aus? Sein Verhalten würde Sinn ergeben, wenn ER Mr. White erschossen hätte und dann Madeleine eine andere Geschichte vorgelogen hätte. Aber so wie es jetzt im Film ist, habe ich keine Ahnung, warum Bond so durchdreht. Kann mir das bitte mal irgend jemand tatsächlich erklären? Ich bin da ultimativ ratlos.
Übrigens: Diese Szene ist eine von vielen extrem hässlichen Szenen in SP, die aussieht, als sei sie vor einem Greenscreen gefilmt worden, es aber augenscheinlich nicht ist. Den ganzen Film durchzieht diese unangenehm künstliche Greenscreen-Optik und ich weiß nicht, wie Mendes und Hoytema das OHNE Greenscreen eigentlich hinbekommen haben.
Berni hat geschrieben: 23. August 2021 14:23
Ich versteh auch überhaupt nicht warum SP von vielen Fans so zerrissen wird. Ich finde nämlich unter den Craig-Filmen ist dass mit Abstand der klassischte Bond. Und bis zur Folter-Szene war der Film auch drauf und dran Craigs-Bester zu werden. Das letzte Drittel hat halt vieles kaputt gemacht
Ich kann für mich nur sagen: SP ist von der PTS an einer der wenigen wirklich schlechten Filme der Bond-Reihe in meinen Augen. Da kann ich mir nix schön reden und ohne Fanbrille fänd ich ihn noch furchtbarer. Für mich ist das ein Autopilot-Film, bei dem nix inspiriert ist, bei dem keinerlei Spielfreude vor oder hinter der Kamera bei mir ankommt, bei dem alle Schauspieler steif wirken (und mir den Eindruck geben, sie hätten ihre Szenen alle einzeln und somit getrennt voneinander aufgenommen), bei dem mich die Action langweilt, bei dem jeder Dialog irgendwie dämlich ist, wenn ich aktiv mitdenke. Ich habe hier im Thread immer wieder spezifische Szenen gepostet und aufgezeigt, warum für mich überall im Film Sätze zu finden sind, die nullkommanull Sinn ergeben, bei denen ich gar keine Ahnung habe, mit welcher Intention sie geschrieben wurden. Ich möchte mich da auch garn icht mehr wiederholen.
Da ich schon SF teils indiskutabel finde, mach ich vieles davon an Sam Mendes fest: Er ist für mich der Falsche für diese Art von Kino. Es ist aber nicht nur Mendes, denn bei SP ist der ganze Film in meinen Augen fantasielos. Ein einzelner Gedanke wird nie weitergedacht, sondern immer stehengelassen. Das bezieht sich durchaus auf die große Handlung (Überwachungsthematik, die nur in wenigen Dialogen behandelt wird, aber im Film selbst nie vorkommt), auf das Bedrohungsszenario (Terroranschläge auf der ganzen Welt, von der wir keinen einzigen Terroranschlag je sehen), auf die Charaktere (Swann ist die Tochter des Mannes, der für Vespers Tod mitverantwortlich ist, was Bond und dem Film vollkommen egal ist) etc., aber in nahezu jeder Szene in SP kann ich dir ein beliebiges Beispiel dafür nennen, wie unimaginativ der Film ist. Nehmen wir uns doch mal aus Spaß zwei Ideen heraus:
1. In der PTS beobachtet Bond das Gespräch von Sciarra und seinen Kontaktmännern, es kommt zu einem Schusswechsel, eine Bombe explodiert, ein Haus kracht auf ein anderes und stürzt in sich zusammen. Eine spektakuläre Szene. Bond at it's best (vom lausigen DAD-Gedächtnis-CGI mal abgesehen)! Und was passiert danach? Bond rennt Sciarra wenige Meter hinterher und befindet sich auf der Tag-der-Toten-Parade. Hunderttausende Menschen feiern den Tag der Toten, als sei nix passiert. Der Logiker in mir denkt da: Haben die die Explosion einfach nicht gehört? Oder ist es in Mexiko normal, dass dauernd ganze Gebäude explodieren und einstürzen? Der Bond-Fan in mir denkt: Okay, Logik ist nicht alles. Aber: Wäre die Szene nicht um ein Vielfaches spannender geworden, wenn die Menschen die Explosion gehört hätten? Wenn durch die Explosion eine Panik ausgebrochen wäre? Wenn Bond in den umherstürmenden Menschenmassen versucht hätte, irgendwie an Sciarra dran zu bleiben? Irgendein Autor hatte die Idee: Hey, wir wollen den Tag der Toten in der PTS und eine große Explosion mit einem einstürzenden Gebäude! Aber die Fantasie reichte nicht, diese Ideen zu verknüpfen. Stattdessen geschehen in dieser Sequenz Einzelepisoden, die überhaupt nicht zusammenhängen. Das Haus stürzt ein, reißt ein anderes mit, und eine Minute später hat das keine Konsequenz mehr für den Verlauf der Actionszene? Sorry, aber das ist faul, fantasielos und
boring. Leeres Spektakel.
2. In der "Eyes Wide Shut"-artigen Konferenzszene in Rom schleust sich Bond nach einem Tipp von Frau Sciarra bei dem SPECTRE-Meeting ein und dank des Rings wird er vom Türsteher zugelassen. Waltz/Oberhauser/Brofeld taucht auf, es wird geredet und Hinx darf jemandem ins Auge drücken. Bla Bla. Dann plötzlich erfahren wir und Bond, dass Waltz/Oberhauser/Brofeld von 007 und seiner Teilnahme an dem Meeting weiß. Er redet über ihn, spricht ihn direkt an, dreht den Kopf zu ihm, sagt "Kuckuck" etc. Bond ist ertappt! Was passiert? Er dreht sich um, sieht den Türsteher, haut ihm auf die Nase, springt durch ein Fenster und – ist entkommen? Was? Im Ernst: Wie faul ist dieses Drehbuch? Mir geht es ja bei Bond nicht um Realismus, aber wenn sich da die größte Terrororganisation der Welt trifft, Bond inmitten der Gemeinde auffliegt und dann innerhalb von 12 Sekunden einfach so wieder entkommt, von gerade mal vier Männern beschossen wird und dann nur ein einziges Auto ihn verfolgt, dann hast du als Autor in meinen Augen gnadenlos verka*kt.
Die Craigler werden doch immer dafür geloben, die Drehbücher der Bond-Ära auf ein neues Level gehoben zu haben und da sage ich: SP unterbietet jeden Moore- und Dalton-Bond hinsichtlich des Scripts um Längen. Ein Drehbuch ist nicht nur gut, weil man die Figuren aktuelle Themen benennen lässt, da geht es um Aufbau, Struktur, Kohärenz, Zusammenhang. Kann ich in diesem Film nicht erkennen. Eher ist diese Flucht in Rom für mich ein gutes Beispiel für fantasieloses Schreiben: Bond wird enttarnt, denkt sich der Autor, aber in Gefangenschaft darf er noch nicht geraten. Hmmm… wie lasse ich ihn entkommen? Aha, sagt der Autor, und schreibt: "Bond sprang durch das Fenster hinter sich, stieg in sein Auto und fuhr davon."
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