vodkamartini hat geschrieben: 4. November 2020 18:44
Enorme Spielfreude auch beim übrigen Hauptcast, eine zugleich entspannte wie fokussierte Regie sowie ein süffisant-selbstironischer Grundton - der auf höchst vergnügliche Art Mythos und Zutaten der Bond-Serie fast schon persifliert - machen „Sag niemals nie“ zu einem Meta-Spaß
Außerdem nimmt der Film aus heutiger Sicht einige Dinge vorweg, die später im Bond-Kanon vermehrt aufgetreten sind. Insbesondere das Hauptthema des Films: das Alter. Mit einer enormen Selbstironie behandelt der Film das fortgeschrittene Alter seines Hauptdarstellers Sean Connery und lässt so zwischen den Zeilen durchblicken, dass ein Mittfünfziger in der Welt der internationalen Spionage längst zu alt für das Berufsfeld geworden ist. Gleichzeitig wird in den Szenen mit dem neuen M und natürlich dem Nostalgiker Q eine Spannung dahingehend erzeugt, dass Bond ein Mann alter Schule ist und aus einer Welt kommt, die mit dem aktuellen Geheimdiensttreiben immer weniger zu tun hat. Hier war NSNA seiner Zeit (und den EON-Bonds) weit voraus. Das erste Mal tönten dererlei Belange in GE an, als Brosnan als Relikt des Kalten Krieges für eine berechnende Zahlenhexe im Ring stand, noch intensiver wurde das schließlich in SF thematisiert. Die Mallory-Figur dort ist fast 1:1 eine Kopie der M-Figur von Edward Fox aus NSNA.
Den Score von Michel Legrand, der hier grade diskutiert wird, den finde ich eigentlich prima, und er reiht sich hübsch in die variierenden Außenseiterscores der Reihe ein (Marvin Hamlisch und Bill Conti sind gar nicht soweit weg). Der Tango ist sogar ein richtig starkes Stück auf dem Score, ich mag aber auch das Main Theme des Films sehr. Das Bondtheme vermisse ich hier überhaupt nicht, im Gegenteil: Das Fehlen betont die Ausnahmestellung des Films innerhalb der Reihe – oder hat das zumindest, ehe man in der Craig-Ära fast gänzlich auf die Musik verzichtet hat und sie insbesondere in den ersten zwei Craiglern meidet, wie der Teufel das Weihwasser (und sie dann in den Abspann verbannt – wie unwürdig). Vorschlag: Alle, die NSNA deshalb nicht mögen, können ja einfach sobald in NSNA der Abspann einsetzt, auf Spotify das geliebte Theme abspielen. Schon hat man akkurates CR-Feeling bei einem 1983er Connery-Bond. Hurra!
Als Abklatsch oder wirklich ausgeprägtes Remake von TB habe ich NSNA übrigens nie empfunden. Ja, der Schurke heißt Largo, ja, die Bondine heißt Domino, ja, es werden zwei Atombomben gemoppst… das war es dann aber auch schon wieder mit den Gemeinsamkeiten. Ansonsten sind das recht unterschiedliche Filme, die sich nicht mehr oder weniger ähneln, als zum Beispiel auch GF und AVTAK, GE und SF oder TSWLM, MR und FYEO. Allein deshalb finde ich den Remake-Begriff etwas ungünstig, da die Bondreihe konzeptionell aus einem Haufen Remakes besteht.
Wie heißt es schon bei Austin Powers? "Oh Hell, let's just do what we always do - hijack some nuclear weapons and hold the world hostage, yeah?"
Die Kernschwäche von NSNA ist für mich die Action. Die Motorradjagd ist recht uninspiriert gefilmt und es fehlen die Gedächtnisstunts, es ist eher ein etwas müdes Umherfahren. Die Schießerei am Ende in der Grotte ist auch nichts besonderes und liegt weit hinter den Schauwerten der Materialschlachten von YOLT oder TSWLM zurück, die Unterwasserszenen sind absurderweise nicht mal annähernd auf dem Niveau des achtzehn Jahre älteren TB... Einzig die humoristische Prügelei im "Altenheim" ist sehr vergnüglich, dank vieler einprägsamer Bondgags. Das ist in NSNA ansonsten aber schon das größte Problem – wobei, den Ausflug mit Domino auf dem Hottehü mag ich auch noch ganz gerne. Ansonsten schätze ich NSNA aber für sein tolles Ensemble (inklusive dem besten Felix Leiter aller Filme), seine selbst für Bond-Verhältnisse arg lässige Ader und natürlich das Domination-Game, eine der Highlight-Szenen der Bondreihe. Und ein Connery in Höchstform ist besser als jeder andere Darsteller es in der Rolle je sein könnte.