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von Casino Hille
'Q Branch' - MODERATOR
Passend zum Netflix-Start des Irishman: Alle Scorsese Filme in einem großen Hilleschen Ranking!
25. Shutter Island
- Diese inhaltliche und künstlerische Nullnummer spottet eigentlich jeder Beschreibung. Mit Taschenspielertricks aus jeder Geisterbahn des Hamburger Doms spinnt sich Altmeister Scorsese einen billigen Grusler mit erzwungen überkomplizierter Metaauflösung zurecht, der oberflächlich auf der Mysterywelle mitschwimmt, die im TV durch Serien wie Lost oder Fringe ausgelöst wurde. Wer dem 2000er Scorsese gerne Geschwätzigkeit vorwirft, darf sich hier auf ein spektakuläres Laberende verlassen, in dem ein grotesk auftretender Ben Kingsley den ganzen Film rückblickend erklärt und passenderweise auch gleich deutet. Die schwache Metapher auf die Paranoia-Ära der 1950er in den USA darf nicht zu ernst genommen werden, auf keinen Fall aber für voll.
24. Kundun
- Die berüchtigte Farbe beim Trocknen in Langform. Wo andere Filme hin und wieder Längen haben und sich ziehen, ist Kundun eine einzige Länge. Von allen Scorsese-Filmen, die sich Spiritualität nähern, bleibt er hier am distanziertesten. Ausgerechnet bei einem so menschlichen Thema wie dem Glauben vergisst die Regie vollkommen, Menschen als solche zu zeigen. Der Protagonist wird ganz auf seinen moralischen Idealismus reduziert, bleibt wie alle Figuren die reflektierte Version einer Idee, statt zu einer Person zu werden. Da helfen auch prächtige Landschaftsaufnahmen von Roger Deakins nicht, wenn sich in ihren nur Leere abspielt. Irgendwo zwischen Glorifizierung des Dalai Lama und Glückskeksphilosophie ist Kundun so leider ein inhaltlicher Tiefflieger.
23. Kap der Angst
- Hier gibt es nicht viel zu sagen: Das unterdurchschnittliche Remake eines überdurchschnittlichen Films. J. Lee Thompson drehte 1962 einen hervorragenden psychologischen Thriller, der es problemlos mit den großen Hitchcöckern aufnehmen kann. Doch von der perfide unter die Haut kriechenden Performance eines Robert Mitchum ist nicht viel übrig, wenn Robert De Niro als Klischee-Psycho mit allerlei Tätowierungen, schrägem Sprech und manischem Grimassenschneiden über die Leinwand kaspert. Subtile Spannung weicht in der Neuauflage dem inszenatorischen Holzhammer - und das schmerz besonders immer dann, wenn der Originalscore von Bernard Herrmann an das faszinierende Original erinnert. Ein Remake ohne jede Daseinsberechtigung.
22. The Wolf of Wall Street
- Scorseses Wall Street Fabel will vor allem eins sein: Cool. Und so sind die drei Stunden vollgepackt mit schnellen Wortgefechten, irrsinnig temporeichen Montagen, Brüchen der vierten Wand und unzähligen Party- und Eskalationsszenen. Dabei hält sich der Wolf gerne an der Oberfläche auf, an der es sehr viel leichter ist, sich über die stereotypen Figuren in ihren Klischee-Welten kaputt zu lachen, statt die echten Schattenseiten der Hochfinanz offenzulegen. Aus der realen Geschichte des Jordan Belfort hätte mit etwas Raffinesse eine differenzierte Kapitalismuskritik werden können - und die Ansätze sind auch im fertigen Film noch erkennbar, doch dürfen sie nie Luft zum Atmen kriegen. Erstickt werden sie von Overacting sowie sehr viel schlechtem Slapstick und Klamauk.
21. Silence
- Obgleich auf dem wunderschön komplexen Roman von Endō Shūsaku basierend, gelingt es dem angepeilten Glaubensepos selten, seine Themen um Glauben und Zweifel zu vertiefen. Die Jesus-Geschichte schwebt wie ein Damoklesschwert über dem Filmplot, doch die beabsichtigten Parallelen sind zu forciert, um einen Aha-Moment auszulösen. Als filmischer Essay zum Thema Stillleben, um nicht zu sagen als spirituelle Erfahrung kann dieser sehr persönliche Film ansprechend wirken, erst recht weil sich der Handlungsfluss erzählerischen Konventionen strikt verweigert. Doch auf drei Stunden gedehnt ist Silence zu mäandernd, zu nichtssagend und gemessen am dürftigen Plot zu zäh. Als einmalige Seherfahrung interessant, aber nichts für eine zweite Runde.
20. Die Zeit nach Mitternacht
- In ihren besten Momenten erinnert die Groteske an Geschichten von Franz Kafka oder Filme von Terry Gilliam. In ihren schlechtesten erinnert sie an Situationen, in denen Freunde von ihren schrägen Träumen erzählen - was für Außenstehende in der Regel sterbenslangweilig ist. Man mag dem Großmeister zu Gute halten, sich mit diesem Filmprojekt erstaunlich weit aus seiner Komfortzone gewagt zu haben. Und das simple Ende erinnert durchaus mit Wehmut an Charlie Chaplin und natürlich Jacques Tati. Doch es hilft alles nichts: Die Zeit nach Mitternacht findet keine stringente dramaturgische Verknüpfung der wahnhaften Odyssee und hinterlässt so hinsichtlich seines Gehalts und seines Unterhaltungswerts im besten Fall nur ein großes Fragezeichen.
19. The Irishman
- Als epische Konklusion seiner lebenslangen Faszination für die Mafia gerät Scorsese die Geschichte um Jimmy Hoffa zum nicht endenwollenden Parcour: Jede mögliche Perspektive des Mafiakinos will hier vertreten sein und jeder denkbare Handlungsstrang bekommt so viel Raum wie finanzierbar war. So wird eine im Kern hervorragende Geschichte unter dem schieren Ballast an Material erdrückt und mit einer Reihe von Wiederholungen in Scorseses Lebenswerk aufgefüllt, die mittlerweile zu totgenudelten Klischees gereift sind. Robert De Niro und Al Pacino derweil in ihre Stammrollen zurückzuordern, ist so einfallslos wie ihre Darbietung: Routiniert, erfahren und ohne Fallhöhe. Alle drei haben diesen Film schon unzählige Male gemacht - meistens besser.
18. Die Faust der Rebellen
- Roher, von Roger Corman produzierter Reißer mit ungewöhnlich schöner Bildgestaltung. Der großen amerikanischen Depression nähert sich Boxcar Bertha (Originaltitel) als eigenwilliger Mix aus provokantem Exploitationskino und mutiger Indie-Inszenierung. Die Schauspieler, vorne weg David Carradine und Barbara Hershley, zeigen mehr nackte Haut als mimisches Spiel, fügen sich aber ein in die etwas holprig geschriebene Systemkritik, die sich vor allem auch gegenüber dem Kapitalismus empört. Der kleine Drive-In-Gangsterfilm zeigt bereits hervorragend, welch großer Regisseur Scorsese einmal werden sollte. So gleicht Boxcar Bertha einem ungeschliffenen Diamanten, der vor allem aufgrund seiner Nachfolger noch heute von Interesse ist.
17. Departed - Unter Feinden
- Übersetzt in die irische Subkultur Bostons erzählt Scorsese in Departed eine amerikanisierte Version des meisterhaften chinesischen Thrillers Infernal Affairs. Den großen Vergleich kann er nur verlieren, doch bestürzt an Departed vor allem der kurzsichtige Hang zur Vereinfachung. Anstatt dem Publikum zuzutrauen, den Tücken des wendungsreichen Katz-und-Maus-Spiels folgen zu können, ist das Drehbuch von William Monahan voll von platter Psychologisierung, die aus der hintergründigen Geschichte nur vordergründige Spannung herauskitzelt. Da blitzt in wenigen Momenten das Gewicht durch, dass der Plot zweifellos hat, doch in erzwungener Überlänge findet der visuell triste, grimmige Film kein überzeugendes, eigenes Sujet.
16. Wie ein wilder Stier
- Das bezogen auf seine Schauwerte unspektakuläre Biopic steht und fällt mit der Schauspielkunst Robert De Niros. Wie der diesen Jake LaMotta auf die große Leinwand transportiert, wurde zurecht vielerorts mit Lob überschüttet. Davon ab gefällt das Charakterdrama als kompromissloses Porträt, gibt sich aber auch enorm sperrig und wirkt in den Boxszenen gerade zu dilettantisch naiv. Die Gewichtung zwischen den Drama- und Sportfilm-Anteilen ist nicht immer ideal balanciert und so verläuft die Spannung in ein beinah antiklimaktisches Finale, das eher als Fazit funktioniert. Die detailreichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen und die großartige De Niro Performance stechen aber heraus, und sind Highlights in Scorseses langer Filmografie.
15. Bringing Out the Dead - Nächte der Erinnerung
- Unangenehm wäre hier noch stark untertrieben. Die späte Fortsetzung im Geiste zu Taxi Driver gestaltet sich beinahe unerträglich, und führt ihre destruktiven Plot-Einheiten zu einem erbarmungslosen Ende. Ein entfesselter Nicolas Cage chargiert bis zum geht nicht mehr, passt damit aber wunderbar in einen auf erschreckende Art einvernehmenden Film. Die rauschartige, rastlose Inszenierung spielt virtuos alle möglichen Mittel aus: Zeitraffer-Passagen, wiederholende Musik-Montagen à la MTV, grelle Farbstiche und allerlei weiterer (manchmal zu vieler) Elemente wird sich bedient, um diesen Höllentrip zu kreieren, der für seine Laufzeit erstaunlich gut funktioniert, aber leider nicht wirklich nachwirkt. Dafür hätte der Plot etwas origineller sein müssen.
14. Wer klopft denn da an meine Tür?
- Das Erstlingswerk des Visionärs ist schon allein deshalb interessant, weil es eine der besten Sexszenen der Filmgeschichte beinhaltet - eine Sequenz, die im Medium Film trotz der Existenz von Apocalypse Now die beste Verwendung des The End Songs von The Doors bereithält. Ansonsten sieht man der klopfenden Tür ihren komplizierten Entstehungsprozess durchaus an, daraus resultiert aber eine ungestüme, rotzige Attitüde, die dem unkonventionellen Film gut zu Gesicht steht. Harvey Keitel stellt als katholisch erzogenen, filmverrückten Sonderling gleichzeitig autobiographisch den Großmeister selbst, aber auch einen Archetypus vieler seiner späteren Filmhelden dar. Ein sehenswerter Startschuss also, übereifrig, unfokussiert und ursympathisch.
13. Hexenkessel
- Eine deprimierende Milieustudie, die gewissermaßen retrospektiv als Blaupause für Scorseses Mafiaepen gedeutet werden kann. Als fesselnder Thriller um Möchtegern-Mafiosi überzeugt der dicht atmosphärische Film durch eine immer stärker werdende Sogkraft, der besonders ausgehend vom großartigen Harvey Keitel nicht entkommen werden kann. Der eigentliche Plot spielt gar keine so große Rolle - die Stärke von Hexenkessel ist es, einen authentischen und unverfälschten Blick in ein gefährliches Gewerbe zu geben. Ein Film von zwingender Dringlichkeit, der nach einem etwas unbeholfenen Start immer mehr in die Spur findet und irgendwann nicht mehr anders kann, als zu fesseln. Der Weichensteller für Taxi Driver und Good Fellas.
12. Zeit der Unschuld
- So reduziert trat Schauspiel-Schwergewicht Daniel Day-Lewis nie wieder auf. Was seine Leistung in keinsterweise schmälert: Das Beziehungsdrama ist Schauspiel-Kino vom allerfeinsten, doch Gott sei Dank findet Michael Ballhaus fantastische Bilder auch genügend fantastische Bilder von bestechender Einfachheit. Die nuancierte, feinsinnige Darstellung menschlicher Zwischentöne lässt Zeit der Unschuld zu einem Musterbeispiel für gelungenes psychologisches Kino werden. Beinahe, denn so unschuldig und sinnlich sich Zeit der Unschuld auch präsentieren mag, wohnt ihm doch eine gewisse Berechenbarkeit inne, die den Beigeschmack am Ende mitbestimmt. Trotzdem ein schöner, ruhiger Film für verträumte Romantiker.
11. New York, New York
- Ein "Film-noir-Musical" mit Robert De Niro und Liza Minelli in den Hauptrollen als bissige Genre-Hommage an Gene Kelly? Nicht unbedingt die Art Film, die man vom Martin nach Taxi Driver erwartet hätte, aber dank der spritzigen Umsetzung eine willkommene Überraschung. An die schon damals veraltete Broadway-Ästhetik angelehnt ist die ungewöhnliche Genre-Melange sowohl aufwendige, opulente Verbeugung vorm Showbusiness als auch eine leise Sezierung dortiger Strukturen. Und mit spielerischer Leichtigkeit verwebt Scorsese noch zusätzlich eine intelligent geschriebene Ehekrise in das laute Treiben. Das mag teilweise zu viel des Guten sein, aber bei so viel Verve, Nonchalance und Charme ist das gewiss keine Schwäche, sondern Teil des Spaßes.
10. Alice lebt hier nicht mehr
- Was für eine Besetzung! Ein Road-Movie mit Harvey Keitel, Ellen Burstlyn, Jodie Foster und Kris Kristofferson, da würden andere Regisseure nur mit der Kamera drauf halten und die Akteure machen lassen. Zum Glück behält Scorsese die Zügel fest in der Hand und kriegt das ambitionierte Figuren-Drama so unter einen wunderbaren narrativen Hut. Der fast schon mythische Film kombiniert rigoros beste Zeiten des Screwball-Kinos mit tragikomischem Melodram, und ist gewissermaßen ein feministisches Werk über weibliche Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Seine große Stärke gewinnt Alice lebt hier nicht mehr (Welch herrlicher Filmtitel!) aber aus der ungezügelt dargestellten Lebensrealität. Ein kraftvoller Film, der nachdenklich stimmt.
09. Hugo Cabret
- Das verborgene kleine Juwel in Scorseses Filmographie, das oberflächlich so gar nicht in sein Lebenswerk passen will, weil es hier um einen doch recht abstrakten Inhalt geht: Die Liebe zum Film und gewissermaßen auch die verbindende Kraft des Kinos. Mehr als jeder andere Scorsese ist Hugo Cabret ganz eindeutig eine große Verbeugung vor den Anfängen des Mediums und der Pionierkraft hinter der Magie des Bewegtbilds. Anders als oft suggeriert ist dieses Werk garantiert kein Kinderfilm, sondern ein poetisches Geschenk eines Filmvernarrten an andere Filmvernarrte - ob als Bestätigung für einen selbst oder als elegantes Hilfsmittel, um Freunde und Bekannte zu konvertieren. So schön und verträumt kann und darf Kino auch mal sein.
08. Aviator
- Für Aviator konnte sich längst nicht jeder erwärmen und vermutlich braucht das ausschweifende Figurenporträt mehrere Sichtungen, um seine Vorzüge ganz ausspielen zu können. Die liegen nicht in der Wiedergabe historischer Ereignisse, sondern im perfektionistischem Eintauchen in die Vergangenheit. Kaum ein Film verfügt über so detailliertes, liebenswert ausgestaltetes Dekor. Dazu geben sich Leonardo DiCaprio und eine göttliche Cate Blanchett die Ehre und lassen an ihrer Seite halb Hollywood in die Rollen alter Hollywood-Stars schlüpfen. Für Nostalgiker und vor allem Ausstattungsfanatiker ist Aviator eine Fundgrube an bemerkenswerten Ideen - ach ja, klug geschrieben und wahnsinnig elegant gefilmt wie erzählt ist er übrigens auch.
07. Casino
- Wie oft bei Scorsese ist die Liebe Hammer und Amboss für die Figuren. Auch Casino ist zwar ein aufwendig konstruiertes, wendungsreiches Mafia-Epos, kreist dabei aber um eine selbstzerstörerische Affäre, die den Plot immer weiter korrumpiert. Joe Pesci und Robert De Niro beißen sich an der umwerfenden Sharon Stone regelrecht die Zähne aus. Was in Good Fellas begann, baut der Regisseur hier derweil fraglos aus: Die völlige filmische Entmystifizierung der Mafia, wie sie filmgeschichtlich durch Howard Hawks, Francis Ford Coppola oder Sergio Leone vorgeprägt wurde. So entsteht eine bemerkenswerte Fallhöhe, wobei sich der Film einem rein empathischen Zugang verweigert und so seine volle Wirkung erst ganz am Schluss entfaltet.
06. Die letzte Versuchung Christi
- Willem Dafoe als Jesus Christus dürfte auf dem Papier als eine der absurdesten Besetzungen der Filmgeschichte anmuten. Doch der Jesus dieser Version ist nicht die Heilsgestalt aus der Bibel, sondern eine dreidimensionale Person mit Ecken und Kanten. Auf erstaunlich brisante Art wird das Märtyrium des christlichen Messias hier so menschlich betont wie selbst im Johannesevangelium nicht. Vor dem Tod am Kreuz träumt der Heilland von einem glücklichen Leben an der Seite Maria Magdalenas. Ob Gläubiger, Skeptiker, Atheist oder Agnostiker, Die letzte Versuchung Christi funktioniert, weil sie ganz unverfroren den Menschen in den Mittelpunkt rückt. Ein mutiger Film - und ohne Frage damit ein Meisterwerk des postmodernen Bibeldramas. Amen!
05. Die Farbe des Geldes
- Paul Newman durfte sich hierfür endlich seinen verdienten Oscar abholen. Für die Rolle des Fast Eddie Felson war er fünfundzwanzig Jahre zuvor schon einmal nominiert. Die Farbe des Geldes ist ein spätes Sequel zum Genreklassiker Haie der Großstadt und baut den damaligen Protagonisten als Mentorenrolle für den Jungspund Tom Cruise auf. Wie in allen großen Sportfilmen geht es zentral nicht wirklich um den Wettbewerb und sein jeweiliges Sujet, sondern um die sensible Entwicklung der Figurendynamik. Dank brillanter Kamera- und Schnitttechnik liegt der Fokus ganz auf dem psychologischen Kräftemessen der faszinierend gespielten Protagonisten, und der auflockernden herrlichen Situationskomik. Vermutlich die beste späte Fortsetzung überhaupt.
04. The King of Comedy
- Damals beim Publikum gescheitert, gilt die bitterböse Showbusiness-Parabel längst als Klassiker. Kompromisse gibt es hier keine: Der harte, sarkastische (aber unwitzige) Stoff steuert unentwegt auf sein unvermeidliches Ende zu und illustriert zwei Männer am jeweiligen Rand ihrer Mikrokosmen, die durch ihre tief sitzende, pathologische Einsamkeit verbunden werden. Robert De Niro gibt eine seiner besten Rollen und ist immer perfekt abonniert auf Big Apple Psychosen, doch auch Jerry Lewis spielt in ernster Rolle überragend. In der hochgradig aktuellen Analyse gängiger Medienstrukturen verbirgt sich fraglos eine komplexe Schlagkraft, die in der Schlussszene ein bitteres Fazit ziehen lässt: Im TV sind Illusion und Realität nicht zu unterscheiden.
03. Gangs of New York
- Das Filmwerk von Martin Scorsese ist in weiten Teilen auch das filmische Erbe New Yorks. So scheint es wie eine wichtige Konklusion seines Lebenswerks, dass der Altmeister die Ursprünge des Big Apples erforscht - und dabei in den ersten zwanzig Minuten bereits ein Höllenfeuer aufs Publikum loslässt, aus dem es sich auch die folgenden zweieinhalb Stunden nicht befreien darf. Der Gründungsmythos der USA wird hier gleichermaßen beschworen wie demaskiert und findet in der brillanten Figur Bill The Butcher (Daniel Day-Lewis) ein hässliches Gesicht. Das archaische Drama packt den American Dream an den Hörnern, schüttelt kräftig und findet unter seinem Glanz nur Dreck, Verzweiflung, Tod - und die heilende Kraft des Vergessens. Ein Meisterwerk!
02. Good Fellas - Drei Jahrzehnte in der Mafia
- Zwischen den zwei besten Scorsese Filmen lässt sich kaum wählen, je nach Tagesform würden die beiden den Platz tauschen. Good Fellas ist die Antithese zu Coppolas Paten, und neben diesem der wohl ultimative Mafiafilm. Die inszenatorische Genialität dieses Meisterwerks lässt sich nur schwer erfassen, denn die Inszenierung verschwindet ganz subtil hinter der fantastisch voran getriebenen Geschichte, die von einer Faszination handelt. Der Faszination für das organisierte Verbrechen, für archaische Männlichkeit, für unbedingten Respekt und Einfluss. Good Fellas ist ein Film über Männer, die zufällig Mafiosi sind, die aber eigentlich dem Sandkasten vor der Haustür nie entkommen sind. Seine verführerische Kraft ist der Beleg für jede seiner Thesen. Grandios!
01. Taxi Driver
- Hätte Scorsese nur diesen einen Film gemacht, so hätte er seine Spuren in der Filmgeschichte trotzdem hinterlassen. Taxi Driver ist einer der großen Filme des US-Kinos, eine dichte und klaustrophobische Charakterstudie, die in rauschhaften Bildern unbemerkt in die Weltsicht eines Soziopathen vordringt und dessen triebhaft angestautes Aggressionspotenzial in verstörenden Gewalteruptionen entlädt. Mit frappierenden Verweisen auf Western, Thriller und Arthouse-Kino angereichert wurde dieses Werk nicht zuletzt dank des atemberaubenden Spiels des Robert De Niro zum Klassiker - der sich leicht als Psychogramm einer todessüchtigen Nation begreifen lässt, aber auch als selten genau beobachtete Studie über Einsamkeit wirkt. Ohne Frage: ein Film für die Ewigkeit!
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Let the sheep out, kid.