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von dernamenlose
Agent
Feuriges Auge (Buch):
André Marx hat nun schon seinen dritten Dreifachband verfasst und man merkt ihm diese Erfahrung beim Lesen der Geschichte an, wenn nach und nach sämtliche Details zu einm schlüssigen Ganzen verbunden wird, wenn nichts unter den Tisch fällt und die Story ein einheitliches Bild ergibt.
Der Anfang war in meinen Augen etwas holprig, das erste Kapitel sehr anstrengend zu lesen, da es quasi nur aus sich anzickenden drei ??? besteht, worauf ich ehrlich gesagt verzichten kann, das versucht schon Minninger so oft wie möglich in seine Geschichten zu quetschen. Und auch das zweite Kapitel mutete merkwürdig an, wenn Tante Mathilda aufgelöst wie nie zuvor wegen Justus Verschwinden in der Schule auftaucht und man sich fragt, wie sie die 200 Fälle zuvor, in denen Justus mehr als einmal verschwunden war, auch nur ansatzweise psychisch verkraften konnte. Teilweise fühlt sich „Feuriges Auge“ an wie ein Fall, der in den ersten Monaten des Detektivbüros spielt, gleichzeitig nennt Marx aber auch zum vermutlich ersten Mal konkrete Zahlen, wie viel Zeit seit damals vergangen ist.
Doch nach den ersten zähen und unrunden Kapiteln schafft Marx mit seinem wunderbaren Schreibstil es wieder einmal mich als Leser gefangen zu nehmen und präsentiert einen Fall der zum einen unglaublich klassisch angehaucht ist und zum anderen komplett neue Wege ausprobiert, wie es nur ein Jubiläumsband möglich macht. Zwar ist speziell der erzählerische Kniff, den ich an dieser Stelle nicht spoilern will, da er zumindest für mich doch sehr überraschend kam, nicht ganz ohne Nachteil (mehr dazu gerne in einer späteren, nicht mehr spoilerfreien Diskussion), doch er ist innovativ und wirkungsvoll, erzeugt eine eigene Art der Spannung und macht das Leseerlebnis zu einem ganz neuen, mit jedem anderen drei ??? Band unvergleichlichen Gefühl.
Marx schafft es außerdem reibungslos an „...und der Fluch des Rubins“ anzuknüpfen sowie weitere Querverbindungen aufzubauen und lässt sich sichtbar von Elementen der Reihenvergangenheit inspirieren. Die Figurenzeichnung ist ganz unterschiedlich, manche sind einprägsam und mit gewisser Tiefe andere bleiben sehr blass, erfüllen aber dennoch ihre Funktion.
Und auch einen größeren Kritikpunkt gibt es: Während sich die ersten beiden Bände viel Zeit nehmen, und sehr ausführlich erzählt sind, wirkt der dritte Band speziell gegen Ende stark überhastet und kann das Potential seiner Figuren und Schauplätze nicht wirklich ausreizen. Manche Dinge hätten früher geschehen, oder deutlich früher eingeleitet werden müssen, manches erscheint im Finale wie bloße Pflichterfüllung. Und so kann das Ende der Geschichte trotz seiner guten Beschreibungen nicht wirklich überzeugen, zumal es auch kein wirklich großes Finale gibt, was ich ganz gerne mal wieder in einem Jubiläumsband gehabt hätte.
Grundsätzlich bin ich also zufrieden. André Marx hat die Hoffnungen nicht enttäuscht und einen richtig guten Jubiläumsband abgeliefert, der im Kopf bleibt und qualitativ aus den aktuellen Veröffentlichungen heraussticht. Gleichzeitig gibt es aber auch noch viel Luft nach oben, speziell den dritten Band hätte man deutlich besser schreiben können. Dennoch bleibt ein stark positiver Gesamteindruck und eine uneingeschränkte Leseempfehlung.
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"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."