Ich habe SPECTRE gestern erst gesehen, da meine Frau vorher nicht konnte.
SPECTRE: Es ist ein insgesamt geiler Film. Trotzdem habe ich mehr erwartet. Ich kann aber nicht mal ansatzweise sagen was ich erwartet hatte.
Zu Anfang, weil er meist da gespielt wird, der Titelsong:
Ich dachte erst, die leichte Easylistening-Nummer in der PTS wäre der Titelsong, und hatte mich schon gefreut. Um so mehr wurde ich dann vom eigentlichen Titlesong enttäuscht. Kein Pep, keine Ausstrahlung, kein Klangerlebnis, keine Power. Kurz gesagt: instrumental unter ein paar Szenen gelegt ist er in Ordnung, aber als Titelsong ein glatter Reinfall. Meine Meinung. Ich vermisse die Titelsongs von Matt Monro, Shirley Bassey und Tina Turner.
Dann die PTS an sich:
Actiongeladen wie immer, spannend, und vielversprechend. Trotz der Maskerade war es offensichtlich daß es sich in dem schwarzen Anzug und der Maske um Bond handelte. Vermutlich habe ich das aber so empfunden, weil ich es in dem Zusammenhang schon nicht anders erwartet habe. (Dazu muß ich sagen, ich habe mich bei allem ausgeklinkt was auch nur im entferntesten als Gerüchte, News und Leaks im Vorfeld über SPECTRE bekannt wurde.) Ich bin begeistert, mit welch selbstverständlicher Routine Craig als Bond gewohnt lässig über die Dächer spaziert. Ich dachte zuerst, bei Sciarra handelt es sich um Oberhauser, vor allem weil er so überrascht war und gezögert hatte als er ihn sah. Die anschließende Schießerei und die Explosion waren gewohnt actiongeladen, aber da hätte ich auch mehr erwartet. Allerdings kann ich nicht mal genau sagen was.

Das mit dem einstürzenden Haus war ja so ähnlich schon bei CASINO ROYALE zu sehen. Aber alles in allem war es sehr gut gemacht. Die Szene in dem Hubschrauber war auch super. Allerdings fand ich es etwas irritierend, daß Bond Sciarra zuerst gejagt hatte und ihn offensichtlich töten wollte, und er dann recht unspektakulär einfach aus dem Hubschrauber fällt. Die Szene bis dahin war geil, und spannend, aber der Abgang von Sciarra dann vergleichsweise unspäktakulär. Allerdings hat es sich ja dann später erklärt, in der Szene mit der Videobotschaft der verstorbenen M. Alles in allem war es eine gewohnte Einführung in eine Mission. Bis rauskam, daß Bond hier auf eigene Faust gehandelt hatte. Mein Gedanke war dann: Oh Mann, nicht schon wieder so eine Rache-Fortsetzung á la QUANTUM OF SOLACE!
Zur Story:
Gott sie Dank hat sich meine Irretierung schnell aufgelöst, als die Szene mit Moneypenny in Bonds Wohnung kam. Die Videobotschaft der verstorbenen M war eindeutig.
Was mich auch sehr überzeugt hat war die "Besprechung" in Ms Büro. Und bei C mußte ich immer an Professor Moriarty denken. Vermutlich weil ich Andrew Scott bis dahin nur aus Sherlock kannte. Allerdings hat er seine Rolle brilliant gespielt, auch wenn er sich nicht wie gehofft als heimlicher Helfer für Bond entpuppt hat. Er hat mich absolut überzeugt.
Die Szene auf der Beerdigung wirkte auf mich eher wie ein Lückenfüller. Man hat zwar Waltz alias Oberhauser erahnt, aber er war dann ziemlich schnell weg, und Bond machte nicht mal Anstalten ihm zu folgen. Zumal ich von Bond gewohnt bin, daß er solchen Spuren nachgeht bis er aufgehalten wird. Und den Eindruck hatte ich hier eher nicht. Die anschließende Unterhaltung mit Lucia Sciarra fand ich zwar auch bond-typisch, allein schon weil aus mehreren Richtungen Leibwächter kamen, aber ich dachte Bond müßte sich mit denen rumschlagen während sie verschwindet. Außerdem fand ich die Präsenz von Monica Bellucci viel zu gering. Man hatte vorher ein Faß aufgemacht, daß man sie als Bondgirl gewinnen konnte, und dann hat sie eine viel zu kurze und nicht mal annährend entscheidende Rolle. Daß das Treffen in Rom stattfindet hätte man Bond in dem Zusammenhang auch ermitteln lassen können. Ich hatte bis zum Schluß gehofft, daß sie noch mal auftaucht, oder zumindest die "Rettung" durch Felix Leiter ordentlich in Szene gesetzt wird. Leider wurde ich da enttäuscht.
Als Bond auf dem "Treffen" in Rom war, fand ich die ganze Situation und Athmosphäre angemessen SPECTRE-like, vor allem daß Oberhauser/Blofeld immer im Dunkeln saß. Und die Übernahme des Attentäterpostens durch Hinx hatte fast schon was von "Blofelds Next Top Henchman". Hat mir in dem Zusammenhang aber verdammt gut gefallen. Die anschließende Verfolgungsjagd mit dem schlußendlich "auf dem Grund des Tiber geparkt"en DB10 war cool, aber nicht sonderlich spektakulär. Witzig waren allerdings die "Gimmicks" im DB10. Vor allem die, die noch nicht eingebaut oder nicht aktiviert waren. Fand ich witzig.
Schön fand ich auch, wie der Bogen vom "Bleichen König" zu "Mr. White" geschlagen wurde. Und die Rolle hat mich absolut positiv überrascht. Wie er da in seiner "Zentrale" am Tropf sitzt war genial. Auch die Szene mit Bond und der anschließende Selbstmord waren konsequent und super inszeniert.
Anschließend das Aufeinandertreffen von Bond mit Madeleine Swann war dann wieder beeindruckend dezent, aber typisch für Bond. Die Entführung von Madeleine war fast schon eine logische Konsequenz. Allerdings hat die Szene von Q mit den zwei Gaunern in der Gondel wieder was von einem Lückenfüller. Es hat meines Erachtens absolut keine Auswirkung auf den weiteren Verlauf. Die Verolgungsjagd mit dem Flugzeug war dagegen wieder bond-like. Insgesamt fand ich gut, daß Q's Rolle mehr Gewicht bekommt, vor allem daß er Bond nicht nur stur ausrüstet, sondern dieses während der Mission immer wieder anpaßt. Das fehlte mir bei den Desmond-Llewelyn-Q's schon. Allerdings irritiert mich weiterhin die Rolle der "neuen" Moneypenny. Ich bin es nicht gewohnt, daß sie auch an Einsätzen teilnimmt. Das war früher auch nie der Fall. Sie war zwar immer mit "vor Ort", z.B. auf der Queen Elizabeth im Hafen von Hong Kong bei "TMWTGG", oder am Zoll bei DAF, aber direkt agiert hat sie nie. Und die "neue" Moneypenny schießt, macht Verfolgungsfahrten und so weiter. Das ist nicht meine Moneypenny.

Aber Naomie Harris spielt sie überzeugend. Also auch wieder ein Pluspunkt.
Die Szene in der "Zentrale" von Blofeld war dann ziemlich gut gemacht. Ich bin auch da erst drauf gekommen, daß C ein Handlanger von Blofeld ist. Was mich da dann wieder irritiert hat, war die Szene als Bond Blofeld aufforderte den Überwachungs-File von dem Aufeinandertreffen von Bond mit Mr. White anzuhalten, damit Madeleine nicht sieht wie es wirklich war, und das Bond ihrem Vater nicht versprechen mußte sie zu beschützen, sondern ihn zum Suizid aufgefordert hatte. So was war Bond nie so wichtig, daß er deshalb den Schurken anbetteln würde das geheim zu halten. Verliebt war er schon öfter, aber nie so sehr. Auch das fand ich unpassend.
Die anschließende Folter durch Blofeld war gut inszeniert. Die Bohrungen waren faszinierend, allerdings hat mich auch da wieder irritiert, daß Madeleine, die Bond seit der Szene mit dem Video ihres Vaters verachtete, jetzt auf einmal so besorgt um ihn war. Oder es war nur so, daß sie die Folter an sich störte? Was ihrer ehrlichen Sorge, er könnte sie nach der zweiten Bohrung für immer vergessen, widerspircht. Egal. Die nächste Irretation war dann die Uhr. Er hat sie von Q zu Anfang recht unspektakulär erhalten, um pünktlicher zu werden. Woher also sollte Bond wissen, daß die Uhr eine Bombe ist? Möglicherweise hat Q es ihm zwischendurch mal gesagt, daß habe ich dann aber nicht mitbekommen. Auch egal. Ferner machte es auf mich den Eindruck, daß allein die Uhr verhindert hat, daß Bond nach der zweiten Bohrung Madeleines Namen und sie selbst nicht mehr erkennt. Die Flucht war dann wieder Bond-like. Eben noch massiv gefoltert, und dann schon wieder kampfbereit. Aber das ist halt Bond, und in seiner Welt absolut plausibel. Daß zwei Autos bei dem anschließendem Explosions- und Fluchtchaos ebenfalls entkommen sind war zu sehen. Es hätte zum Mythos Blofeld aber eher gepaßt, wenn die ganze Anlage dem Erdboden gleich gemacht worden wäre, und Blofeld am Schluß wie aus dem Nichts wieder aufgetaucht wäre. Die Szene mit M, C und Q in dem Büro war von allen Dreien souverän und absolut überzeugend dargestellt. Von Scott fand ich es hervorragend gespielt, wie er realisiert, daß seine Vision "da Bach na gaht".

Die Rettung von Madeleine, und daß Bond den Helikopter von Blofeld mit einer Pistole abschießt, war auch wieder in Bonds Welt absolut plausibel. Witzig fand ich den Aspekt, daß er erst mit der Walther PPK getroffen hat. Und spannend fand ich auch das Ende auf der Brücke. Ich dachte erst, daß Bond Blofeld kaltblütig erschießt, oder daß Blofeld eine Waffe zieht als Bond ihm den Rücken zudreht und seine Walther wegwirft. Aber nichts von dem geschah.
Zum Schluß noch ein paar Punkte, die mich allgemien irritiert haben:
1) Die Narbe:
Bei dem ersten Auftritt von Blofeld, als man sein Gesicht sieht (in YOLT), da hat er die Narbe auf der rechten Gesichtshälfte, die Waltz am Schluß auch hatte. Aber bei YOLT kannten sich Bond und Blofeld überhaupt nicht, Blofeld hat sich da erst vorgestellt. Und bei SPECTRE ist Blofeld ein Kindheitsfreund von Bond. Wäre das von Anfang an so, dann hätte Bond bei YOLT überrascht sein müssen und ihn erkennen müssen.
2) Der SPECTRE-Ring:
Bond nimmt Sciarra seinen Ring ab. Bei der anschließenden Analyse entstand auf mich der Eindruck, daß Le Chiffre, Mr. Wihte, Silva, Dominic Greene etc. diesen Ring auch schon selbst getragen hatten.
3) Die Zusammenhänge:
Es stellt sich heraus, daß alles miteinander zu tun hat. Blofeld sagt Bond, daß er Vespa Lynd und andere Frauen aus Bonds Leben auf dem Gewissen hat. Da fehlt mir die Erwähnung von Tracy, mit der Bond immerhin verheiratet war. Es ist allerdings auch schwer zu sagen, wann die einzelnen Bondfilme angesiedelt sind. Sind die Craig-Bonds allesamt vor Dr. No angesiedelt? Dafür würde auch sprechen, daß bei der Recherche zu dem Ring, und am Ende in der Ruine des MI6 nur die Gegner von Craigs Bond erwänt werden.
Das ist, nach der ersten Sichtung, und ohne die vorherigen Besprechungen gelesen zu haben, mein Eindruck von SPECTRE:
Ein klassischer Bond, der den Helden an viele schöne Orte führt, ihn mit schönen Frauen zusammenbringt und ihn am Ende nicht die Welt, sondern sich, seine Daseinsberechtigung als Doppelnull-Agent und seine "Getreuen" retten läßt. Der Film ist absolut kurzweilig und spannungs- und actiongeladen. Christoph Waltz ist ein verdammt guter Blofeld, wobei mir die typische Glatze gefehlt hat.

Waltz hat zwar immer die gleiche Art zu spielen, aber er paßt die jeweilige Rolle seiner Spielweise gekonnt an, und wenn es nötig ist auch seine Spielweise der Rolle. Deshalb ist auch Waltz' Blofeld mein bisheriger Favorit bei den Bond-Schurken.
Sobald die DVD rauskommt werde ich sie mir kaufen. Das ist für mich der beste Bond bisher. Allein an diesem Film gemessen hat Craig Connery in meiner Ranliste der Bond-Darsteller überholt. Ich kann zwar immer noch nicht sagen was es ist, aber irgendwas irritiert mich an diesem Bond-Film. Aber vielleicht habe ich auch einfach nur zu viel erwartet, seit ich wußte daß es wohl auf einen Blofeld hinausläuft. Die Sache mit der Narbe am Schluß hat mir gefallen, auch wenn sich damit der Kreis zum YOLT-Blofeld nur bedingt schließt.