778
von Nico
Agent
TWTGG ist ein Film, der bei mir mit jeder Sichtung anders bewertet wird. Mal macht er mir Spaß, mal überhaupt nicht. Irgendwie schafft es Guy Hamiltons letzter und Roger Moores zweiter Einsatz bei Bond nie, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Was eigentlich schade ist. Der Film ist voll von Dingen, die lohnen, sich an sie zu erinnern. Angefangen beim titelgebenden Mann mit dem goldenen Colt, Francisco Scaramanga alias Christopher Lee. Ian Flemings Cousin spielt grandios den Killer, der eigentlich gar kein Interesse an Bond hat. Die Szenen mit Bond und sein Zusammenspiel mit Roger Moore sind klasse. Ihm zur Seite steht mit Hervé Villechaize als Nic Nac ein ganz anderer Typ Henchman als es ihn bisher gab. Nic Nac ist nicht bedrohlich, er hat keine körperlichen Überfähigkeiten, er ist einfach nur da, freut sich diebisch über alles, was passiert, und harmoniert toll mit Scaramanga. Wie die Beziehung der beiden zueinander genau aussieht, bleibt unklar. Ganz offen freut sich Nic Nac, dass er eines Tages Scaramangas Besitz erben wird, wenn dieser mal draufgeht… Roger Moore spielt Bond noch härter, als wir ihn in späteren Filmen erleben werden. Er ist nicht zu alt, er hat Charisma, er ist Bond. Passt. Sowohl die ernsten als auch die humorigen Szenen stehen ihm gut zu Gesicht. Maud Adams in ihrem ersten Bond-Auftritt und Britt Ekland machen als Andrea Anders und die ständig eifersüchtige Mary Goodnight machen viel Spaß. Zum zweiten und letzten Mal dabei ist Clifton James als Sheriff J. W. Pepper, dessen Szenen in LALD zwar noch deutlich mehr Eindruck hatten und besser passten, den ich hier aber trotzdem nicht missen will.
Auf der Haben-Seite stehen weiterhin schöne und außergewöhnliche Locations und Sets wie das Wrack der RMS Queen Elizabeth und die Insel Khao Phing Kang inkl. Scaramangas Behausung und Spiegelkabinett (das uns übrigens einen ganz famosen und ungewöhnlichen Showdown beschert!), doch auch vieles in Asien, das – man verzeihe es mir – irgendwie wie B-Movie-Trash wirkt. Auch John Barrys Score inkl. Titellied verbuche ich mal als Gewinn.
Let’s get personal. Der Plan ist dieses Mal kein Weltbedrohungsszenario, sondern etwas Persönliches. Glaubt man (inkl. Bond) zumindest. Der geheimnisvolle Killer Scaramanga hat es auf Bond abgesehen, also macht Bond sich auf die Suche, um ihn vorher zu töten. Recht schnell stellt sich dann heraus, dass Scaramanga überhaupt kein Interesse an Bond hat, bis er ihn dann gegen Ende des Films doch plötzlich umbringen will und dies als „Lebensziel“ bezeichnet. (???) Stattdessen geht es um… Ja, um was eigentlich? Ich gebe zu: Ich habe die komplette Handlung um das Solex nie wirklich verstanden. Der MI6 will es, Hai Fat hat es und Scaramanga nimmt es sich. Wieso? Will er Geld machen? Er hat doch genug. Und Ahnung von Solarenergie hat er auch kein Stück, wie er freimütig zugibt. Generell hatte ich beim Schauen oft das Gefühl, dass der Film überhaupt nicht weiß, wo er eigentlich hinwill und was er zeigen will. Er kommt langsam in Gang, viele Szenen plätschern so dahin ohne Relevanz für die Handlung und Action gibt es kaum. Leider gibt es auch eine Reihe von Dämlichkeiten, die mir etwas den Spaß versauten. Der elefantenverkaufende Junge z. B. ist etwas, was ich bei Bond nicht sehen will. (Ich dachte auch immer, Cubby wollte keine Kinder in den Filmen?) Dazu das fliegende Auto, die unspektakuläre Szene in bzw. vor der Karateschule und alles, was danach passiert. (Über die selten dämliche Figur des Lt. Hipp hüllen wir generell lieber den Mantel des Schweigens…) Auch Goodnight als Geheimagentin… Nun ja. Lassen wir das.
Ich stehe TMWTGG also auch nach dieser Sichtung zwiegespalten gegenüber. Ich werde aus dem Film einfach nicht schlau. Er ist sicherlich kein Highlight der langen Bond-Reihe. Aber missen will ich ihn auch nicht.
"Hiermit kündige ich meine Mitgliedschaft!" - "Wir sind kein Countryclub, 007!"