Politischer Thriller und Gesellschaftskritik

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Der politische Thriller wird häufig mit den 1970er Jahren assoziiert, in denen er zweifellos eine Blütezeit erlebte (u.a. "Three Days of the Condor", "All the President´s Men", "I as in Icarus"). Andererseits finden sich auch davor und danach ebenso interessante wie beachtliche Genre-Beiträge (u.a. "The Manchurian Candidate" (1962), "Missispi Burning" (1988). "The Insider (1999), "State of Play" (2009)).
Als ausgewiesener Experte für solche Stoffe gilt der griechisch-stämmige Regisseur Constantin Costa-Gavras (u.a. "Z" (1959), "Der unsichtbare Aufstand" (1972), "Vermisst" (1982), "Music Box" (1989). In den 80er Jahren verließ er ein ums andere Mal seine Wahlheimat Frankreich in Richtung Hollywood, um auch dort den Finger in diverse Wunden zu legen. Der Auftakt in diesem thread enstammt dann auch dieser Phase und ist mit Tom Berenger und Debra Winger prominent besetzt.


Verraten (1988)

Interessante Charakterstudie über einen Undercovereinsatz im rechtsradikalen Milieu der ländlichen USA. Am unausgegorenen Spagat zwischen menschlichem Melodram, reißerischem Thriller und politischer Anklage scheitert letztlich aber selbst ein ausgewiesener Genre-Profi wie Costa Gavras.

Eine FBI-Agentin (Debra Winger) wird als verdeckte Ermittlerin in den mittleren Westen geschickt um eine dort vermutetet, rechtsradikale Terrorgruppe zu infiltrieren. Schnellt fühlt sie sich in der kleinen Gemeinde aus einfachen aber aufrechten Landarbeitern heimisch und verliebt sich in einen verwitweten Familienvater (Tom Berneger). Der Verdacht ihrer Behörde scheint unbegründet. Als sie von ihrem Freund zu einer nächtlichen Jagd eingeladen wird, zieht ihr die brutale Demaskierung ihres Irrtums beinahe den Boden unter den Füßen weg. Zumal ihr Wunsch nach sofortiger Ablösung mit dem Befehl weiterer Ermittlungen abgelehnt wird.

Der Polithriller-Experte Costa-Gavras war genau der Richtige für diesen Stoff. Den abseits der großen Themen Rechtsextremismus, Fundamentalismus, Separatismus und Antisemitismus ist „Betrayed“ („Verraten“) auch ein intimes Charakterdrama, über Liebe und Hass, Vertrauen und Verrat ...

https://www.ofdb.de/film/7119,944518,Verraten/review/
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Politischer Thriller und Gesellschaftskritik

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Ja, Verraten ist leider wirklich nur Mittelmaß trotz ordentlicher Prämisse und - eigentlich - guter Besetzung. Eigentlich, da ich die Darsteller hier auch nicht wirklich aus der Verantwortung entlassen kann. Denn so routiniert und gekonnt die darstellerischen Asse Winger und Berenger spielen, so ist es doch auch so, dass die beiden keine gemeinsame Chemie haben bzw. aufzubauen wissen und daher weitgehend nebeneinander her statt miteinander agieren. Das ist fatal für den Plot, denn es soll ja gerade um die innere Zerrissenheit der beiden Liebenden/Antagonisten gehen. Dabei kommt das anfängliche Werben von Berenger zwar noch recht überzeugend rüber, aber sobald Winger diesem nachgibt und Berenger mehr und mehr das wahre Gesicht seiner Figur zeigt besteht keinerlei Bindung mehr zwischen den Figuren/Darstellern. Da der komplette Film genau aber dies bis hin zum Klimax thematisiert bzw. thematisieren will fällt der Film mit zunehmender Laufzeit in sich zusammen wie ein Soufflee. Vermutlich liegt das am Ende auch an der abenteuerlichen Kombi Costa-Gavras/Eszterhas - da wurde von Hollywood wirklich zusammengefügt, was nicht zusammengehört.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"