Ich hab heute (in einer kleinen spontanen Watchparty mit unserem vodkamartini) zum ersten Mal "Broken Arrow" (oder wie er im Deutschen sehr sinnhafterweise heißt: "Operation: Broken Arrow") gesehen - und ich hätte angesichts des Namens des Regisseurs mehr erwartet. Was jetzt nicht heißen soll, ich hätte keinen Spaß gehabt. John Travolta in seinem typisch-zügellosen 90s Overacting als Klischee-Baddie ist immer eine Freude! Und die Action macht ordentlich was her. Es gibt gleich DREI Helikopter-Crashes, einige Stunts auf und unter fahrenden Trucks (sogar mit "Jäger des verlorenen Schatzes"-Gedächtnismoment), und ein sehr hübsches Finale auf, in, unter und neben einem fahrenden Zug. Da sind handwerklich sehr beachtliche Stunts dabei, einige gewaltige Explosionen und die Oneliner sind so schlecht, dass sie schon wieder lustig sind.
Verblüffend ist zudem, wie ähnlich die Ausgangslage zu Feuerball / Sag niemals nie ist. Bei beiden Filmen werden zwei Atombomben bei einem Testflug gemopst (jedes Mal durch einen Pilot, der in den Plan eingeweiht ist), dann irgendwo im offenen Gelände (unter Wasser / in der Wüste) versteckt und das Finale besteht daraus, die Bomben beim Transport abzufangen. Selbst der Titel hat eine große Ähnlichkeit, denn so wie "Feuerball" die Missionsbezeichnung ist, mit der die Doppel-Null-Sektion im Zuge der verschwundenen Sprengkörper vertraut wird, ist "Broken Arrow" der Codename für den Verlust von Atombomben - was zu meinem liebsten Dialog im Film führte, als ein Pentagon-Mitarbeiter entgeistert rausplatzt mit: "Ich weiß nicht was schlimmer ist: Dass wir zwei Atomsprengköpfe verloren haben oder das es uns oft genug passiert, dass es dafür sogar einen Namen gibt."
Dieser 90er Cheese ist sympathisch.
"Broken Arrow" hat ein irres Tempo, soll heißen: Es gibt überhaupt keinen Leerlauf, die Charaktere sind immer in Bewegung. Der Film erstreckt sich zudem nur über wenige Stunden, verläuft "fast" in Echtzeit. Wirklich gelangweilt habe ich mich daher nicht, aber das hohe Tempo hat auch seinen Preis. Alle Figuren blieben nämlich gänzlich underwritten. Travolta ist als Vollspacko wie immer gut besetzt, aber was ihn eigentlich antreibt und warum er sein Vaterland für ein wenig Zaster verrät, wird überhaupt nicht herausgearbeitet. Der eigentliche Held, gespielt von Christian Slater, ist laut Skript sein ehemaliger Partner (bzw. hatten sie eine Art Mentor / Lehrling Verhältnis), aber damit wird überhaupt nichts angefangen. Slater ist zudem als Actionheld etwas ungünstig besetzt. Ich mag den Kerl, aber er trägt diesen sehr teuren Quasi B-Film nicht. Jemand wie Nicolas Cage oder selbst Keanu Reeves wäre die bessere Wahl gewesen.
Die weibliche Figur ging mir dann völlig auf den Keks. Sie ist nur da, damit die Frauenquote erfüllt ist (was an sich okay wäre), bietet aber weder nennenswerten Eye-Candy noch sorgt sie für lustige Momente oder hat eine nennenswerte Chemie mit Slater. Eigentlich chargiert sie nur zwischen viel zu taff angesichts ihrer Rolle als Park-Rangerin, die versehentlich in alles verwickelt wird, und dümmlich genug, um sich mehrfach in Gefahr zu bringen. Hatte ich schon erwähnt, dass das Skript strunzdumm ist? Bei so hohem Tempo, wie "Broken Arrow" es vorlegt, müssten die kleineren Ungereimtheiten eigentlich gar nicht groß auffallen, aber hier springen einem die Logikfehler regelrecht ins Auge. Im dritten Akt gibt es eine Enthüllung rund um die "Strategie" von Travoltas Charakter, die so an den Haaren herbeigezogen ist, wie es sich selbst solche Filme nicht erlauben sollten.
Ach ja, kennt jemand das Interview von Hans Zimmer, welches er neulich gegeben hat, in dem er erzählt hat, dass es am meisten Spaß macht, für schlechte Filme die Musik zu komponieren?
So ein Film muss "Broken Arrow" gewesen sein, denn Zimmer veredelt das Teil so richtig. Seine Actionfilm-Phase in den 90ern war für mich die beste in seiner Karriere, und das beweist er wieder mal. Tolle Melodien, die richtig Atmosphäre aufbauen und superb zu den Wüstenlandschaften Utahs passen, die den gesamten Film dominieren. Das eine Riff, das immer gespielt wird, wenn Travolta im Bild ist, ist musikalische Coolness - und kam mir beim Schauen sofort bekannt vor. Eine Google-Suche ergab, dass der Frechdachs Wes Craven die Melodie einfach 1:1 nur ein Jahr später in "Scream 2" recycelt hat und sie dort so gut passte, dass man sie für die Teile 3-5 einfach wieder verwendete.
Zu einer wirklich guten Wertung kann ich mich nicht hinreißen lassen, denn jetzt kommen wir zum eingangs erwähnten Punkt: Den Film soll John Woo inszeniert haben? John "The Killer" Woo? John "Hard Boiled" Woo? John "A Better Tomorrow" Woo? John "Bullet in the Head" Woo? Davon sieht man nichts! Okay, Slater springt einmal mit einer Pistole in jeder Hand durch die Gegend und Held plus Weibchen halten sich mal gegenseitig eine Waffe an den Kopf, aber von diesen oberflächlichen Trademarks abgesehen erkennt man in "Broken Arrow" nix, was typisch für den Hongkonger Actionregisseur wäre. Die Action ist wie erwähnt gut gemacht, aber das hätten 1996 auch genug andere genauso inszenieren können. Vodka sagte mir schon, ich müsse "Face/Off" schauen, wenn ich Woo Goes Hollywood so richtig erleben will. Vielleicht irgendwann mal.
Wäre so bei 5/10, alles in Allem. Hat mich für den Moment unterhalten, war netter Eskapismus, eine gute Ablenkung für zwischendurch, und es ist immer schön, etwas von der Liste streichen zu können, aber ich muss ihn auf absehbare Zeit nicht nochmal sehen.