danielcc hat geschrieben: 4. Januar 2023 20:32
Ich könnte (wenn ich dann wollte und die Zeit hätte) ein zwanzigseitiges Essay schreiben darüber wie raffiniert, differenziert, neuartig, metaphorisch brillant NTTD daherkommt – aber das wäre natürlich auch Quatsch.
Hey, Daniel, also ab sofort darfst du über meine Beiträge wirklich nur noch meckern, wenn du sie tatsächlich in Ruhe durchgelesen hast, sonst wüsstest du, dass ich "Avatar 2" weder raffiniert noch differenziert, neuartig oder metaphorisch brillant finde – weil das in der Tat Quatsch wäre. Das ist großes Popcorn-Kino, ohne Tiefgang. Etwas anderes habe ich nie behauptet. Ich finde es ja immer amüsant, dass ausgerechnet du, der sonst fordert, man solle seine Meinung begründen, dann nicht so richtig damit umgehen magst, wenn jemand das tut – außer sie entspricht exakt deiner Ansicht. Woran das liegt, nun, ich weiß es nicht. Aber an meinen Beiträgen ging diese Entgegnung nun wirklich meilenweit vorbei. "Avatar 2" hat kein komplexes Handlungsgerüst, sondern eine sehr einfache Geschichte, ist mehr Märchen-Epos als alles andere. Ich habe ausschließlich dafür argumentiert, dass diese – damit du es nicht wieder überliest –
einfache ! Geschichte sehr gut erzählt wird, insbesondere handwerklich gut erzählt wird (also das Handwerk des dramatugischen Schreibens betreffend), da hier der gegenteilige Vorwurf geäußert wurde.
Deine seltsame Entgegnung finde ich ja auch daher total bizarr, weil ich ja im Gegenteil hier dafür argumentiert habe, dass es eher ein Problem eurer Erwartungshaltung ist, wenn ihr bei "Avatar 2" ein Mehr als das erwartet habt, was ihr bekamt. Dass die teuerste Filmproduktion aller Zeiten keine erzählerischen Wagnisse und Experimente eingeht, dürfte einen eigentlich nicht überraschen. Dass James Cameron nach "True Lies", "Titanic" und "Avatar", die nun alle nicht über gängige Blockbuster-Formel hinaus gingen im Drehbuch, jetzt bei seiner nächsten Großproduktion seiner Linie treu bleibt, war auch eher erwartbar. Ich könnte mich jetzt wiederholen, aber falls du es nochmal genauer wissen willst, kannst du gerne die vorangegangenen Beiträge noch einmal (oder zum ersten Mal so richtig?) durchlesen.
Patrice hat geschrieben: 4. Januar 2023 21:09
Vielleicht liegt das teilweise auch daran, dass Bond (und andere Serien) ein Franchise aufgebaut hat und Richtungen abseits der „Norm“ als falsch oder missglückter Versuch abgetan werden. Als abseits der Norm zähle ich einen gefolterten Bond in DAD nicht ansatzweise dazu, die Dinge in NTTD schon. DAD war eine kleine Weiterentwicklung des Charakters Bond, NTTD war das erste Mal seit CR wieder eine Neuausrichtung. Nur das manche (bei Bond) mit dem familiären Touch nicht klarkommen.
Wie ich auch in meinem Review zu TSWLM vor einigen Monaten versucht habe kundzutun, habe ich das Gefühl, dass viele (nicht alle) Bond-Fans bei einem neuen Film das Haar in der Suppe suchen, da sich der neue Teil an einem GF, TSWLM, GE,… messen lassen muss, die für einen aufgrund von Kindheitserinnerungen o.ä. das absolute Nonplusultra darstellen (was sie aber ohne rosarote Brille auch nicht durchweg sind). Daher haben es neue Bond-Filme, die sich zusätzlich an neue Ideen vagen, es grundsätzlich doppelt schwer.
Ach komm, das ist aber jetzt sehr schwach oder? Statt für oder gegen vorhandene Argumente zu sprechen, psychologisierst du dir zusammen, warum Menschen eine abweichende Meinung haben als du selbst. Finde ich nicht gut, weil man dann schlicht nicht mehr über die Filme spricht, sondern sich Erklärungsversuche dafür zusammen fantasiert, warum andere das "falsch sehen".
Zumal man den Spieß ja auch umdrehen kann, hier also exemplarisch meine Gegentheorie: Vielleicht liegen die Gründe dafür, warum NTTD bei einigen Fans so gut ankommt ja darin, dass viele Fans mit Craig aufgewachsen sind, er ihr Bond gewesen ist, ihre Sichtweise auf Bond geprägt hat und sie (u.a. auch über die vielen Jahre, die er 007 war hinweg) eine ganz besondere Bindung zu ihm aufgebaut haben. Und diese emotionale Verknüpfung zu ihm, seiner Rollen-Interpretation und den Filmen ist so stark, dass man ihnen in seinem Abschiedsfilm auch die größte Grütze hätte hinlegen können, mit an den Haaren herbeigezogenen Entwicklungen, Roland-Emmerich-Pathos noch und nöcher, und sie es sowieso geschluckt hätten, weil Craig eben IHR Bond ist. Sie sind also durch die starke Bindung zu Craig, die sie vielleicht seit ihrer Jugendzeit haben, emotional befangen und blind für echte Probleme.
Und da man Craig dann gegen die als unverhältnismäßig wahrgenommene starke Kritik anderer verteidigen will, fängt man an, bei alten Klassikern der Reihe das Haar in der Suppe zu suchen und denkt sich: "Wenn die mir MEINEN Bond madig machen, dann hacke ich jetzt eben auf ihren Lieblingsfilmen rum." Gerade bei Leuten, die sich hier im Forum mit einem Usernamen angemeldet haben, der sich direkt auf Daniel Craig oder Figuren aus seinen Bondfilmen beziehen, scheint diese Bindung immerhin besonders stark zu sein, und es wird noch Jahre dauern, bis diese Fans ihre rosarote Brille absetzen können. Sicherlich ist NTTD nicht frei von guten Momenten, aber er funktioniert viel schlechter, als hier einige sagen.
Das ist natürlich alles Blödsinn. Und ich würde so nicht argumentieren, weil es eben Blödsinn ist. Wir können uns gerne über Filme unterhalten, aber uns gegenseitig zu psychoanalysieren finde ich jetzt eher unnötig. Die Diskussion zu "Avatar 2" (und auch die meisten kleinen Spitzen gegen NTTD) fand ich bisher ganz interessant und unterhaltsam, aber wenn wir jetzt so anfangen, bin ich da eher raus. Dann schließe ich für mich eben, dass die "Avatar 2"-Kritiker sich nur von der enorm großen Masse da draußen, die sehr begeistert von dem Film ist, abgrenzen wollen, um ihren erhabeneren Geschmack zu präsentieren und wir können dicht machen.
