Haben wir ernsthaft keinen Thread für Herrn Shyamalan?
Schade - für mich zu Beginn als er bekannt wurde mit Sixth Sense und dann durchaus Unbreakable und The Village einer der spannendsten Regisseure unserer Zeit, und einer der ganz wenigen den ich in vielerlei Hinsicht in einer Tradition mit Hitchcock sehe.
Wie auch immer.
Gestern:
Split, M. Night Shyamalan, 2017
In den USA hatte der extrem günstig produzierte Film mit überraschend gutem Box Office überzeugt und nach nun zwei kleinen, aber positiv aufgenommenen Werken, scheint sich der talentierte Regisseur wieder etwas rehabilitiert zu haben - wobei ich auch seine oft als Total-Gurke abgekanzelten "The Happening" immer mehr mag.
Split ist eine recht simple Geschichte. Die Ausgangsidee hat man so wohl schon in vielen Horrorfilmen gesehen. 3 Mädchen werden entführt, in einem Keller eingespert und man wartet gebannt die ganze Zeit darauf ob sie entkommen können, oder was nun wirklich mit ihnen passiert.
Ich möchte auch kaum mehr auf die Handlung eingehen als viel mehr auf das, worauf es wohl allen bei einem Shyamalan Film ankommt: Die Auflösung bzw. den möglichen Twist und das, ohne zu spoilern (sofern das möglich ist).
Zunächst mal war ich vom unerwartet langen Film nicht durchgehend überzeugt. Der Film ist sehr Wortlastig und kommt so gar nicht Horror-typisch daher. Es gibt keine Schockeffekte - wie so oft beim Regisseur ist es eher der schleichende Horror der subtil überzeugt. Um direkt das positivste vorwegzunhemen: Die Leistung von James McAvoy ist schlicht atemberaubend. Um es klar zu sagen: Wäre DiCaprio hier der Hauptdarsteller (ohne dass er eine ähnliche Leistung auch nur annähernd so glaubhaft bringen könnte) würde es Oscar-Nominierungen regnen. McAvoy ist klar der Dreh- und Angelpunkt der ganzen Story, was auch aufgrund der Ausgangssituation und seiner Rolle so sein muss. Auch die drei Jungdarstellerinnen machen ihre Sache gut, wobei vor allem Anya Taylor-Joy überrascht.
Wie so oft wird jedoch der Regisseur Opfer der von ihm selbst durch seine vorherigen Filme erzeugten Erwartungshaltung. Nein, Split hat keinen überraschenden Wendepunkt. Doch leider ist der Film über weite Strecken so aufgezogen, als würde alles auf grade einen solchen Hinauslaufen.
Die Handlung kann sich die ganze Zeit über nicht so recht entscheiden, welchen Weg sie gehen will und so bleibt das Gefühl eines nicht ganz ausgegorenen Genremixes. Für einen typischen Horrorfilm entsprechend der Ausgangslage kommt zu wenig Horror, für einen Psychotrhiller à la Sieben fehlt das wirklich clevere, und für einen echten Shyamalan Hammer fehlt einfach die überraschende Auflösung. Und so ertappte ich mich 100 Minuten dabei, im Kopf durchzugehen, was wohl da eigentlich vor sich geht, womit uns M. Night überraschend will, um dann festzustellen, dass es einfach keine Überraschung gibt.
Schlimmer noch: Im Grunde verrät schon das Plakat alles, was es über die Filmhandlung zu wissen gibt, was folgt ist dann einfach eine brillant gespielte, und durchweg meisterhafte Inszenierung eben dessen.
Doch dann kommt die letzte Minute und hier erlaubt sich Autorenfilmer Shyamalan dann doch einen kleinen Kunstgriff, der zunächst albern erscheint. Doch erst wenn man den ganzen Film danach noch ein mal Revue passieren lässt, und erkennt was er hiermit (und im größeren Kontext mit dem wozu der Film gehört) geschaffen hat, macht alles so viel mehr Sinn. Das passt brillant zusammen und so hat er uns doch irgendwie wieder an der Nase herumgeführt.
und weil es so schön ist, jetzt doch etwas Spoliern für alle die den Film gesehen haben:
1. Ich hatte mir eigentlich eine raffinierte Auflösung gewünscht: Es gab einige Anzeichen im Film dass entweder die weibliche Hauptfigur nur ein weiterer Teil der gespaltenen Persönlichkeit ist oder sich das alles sogar nur vorstellt (wenn sie am Ende vor der Bestie flieht, wirkt es teils so, als laufe sie vor sich selbst weg, bis sie am Ende in ihrer eigenen Zelle landet, die durchaus auch eine Zelle in einer psychiatrischen Anstalt sein könnte. Zudem erwähnt die Psychologin ja ggü Kevin/Dennis mal, dass alles in seiner Misshandlung in der Kindheit zurückzuführen ist - was eben auch bei Casey so war.
2. Die Auflösung - also dass der Film im gleichen filmischen Universum spielt wie Unbreakable - ist wirklich gelungen und macht Sinn. Schon mit Unbreakable hat Shyamalan eine vollkommen neuartige Art von filmischen Comics geschaffen. Da spielt er und 100 Minuten glaubhaft ein Drama und Thriller vor, bis man auf ein mal mehr und mehr merkt, dass er uns auf realistische Weise in eine Comicwelt verführt hat. Genau das löst auch die Handlung von Split sehr gut auf, denn bis zu den Fähigkeiten der Bestie am Ende, ist das alles im Film sehr glaubhaft erzäht. Es ist irgendwie faszinierend, wie der Regisseur es versteht, typische Comic Origins Geschichten auf ungewöhnliche Weise zu verpacken.
3. Mir sind teilweise die Ähnlichkeiten zu Red Dragon aufgefallen. Auch dort wird ja den ganzen Film die Ankunft einer neuen Kreatur angekündigt, in die sich der psychisch gestörte Protagonist verwandeln wird