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Nachdem ich im Januar 2009 die Möglichkeit hatte, alle Filme chronologisch, im Original, in der digital gemasterten Version zu sehen (= „Ultimate Edition“), hielt ich es nun doch endlich für angebracht, alle Bondfilme bis zum aktuellen hier ausführlich zu bewerten. Dieser Bond-Marathon brachte zunächst folgende Erkenntnisse zu Tage:
- die Restaurierung der Filme ist beeindruckend gelungen und lässt teilweise nie geahnte Details erkennen
- die Filme wirken in dieser restaurierten Version praktisch wie moderne Filme mit eben zeitgenössischen Sets
- zu oft meint man fälschlicherweise, man könne sich aus der Erinnerung heraus ein Urteil über einzelne Filme erlauben, die man doch lange nicht gesehen hat, und wenn nur in 4:3 TV Fassungen mit Werbeunterbrechung
- manchen Filme gewinnen im direkten chronologischen Vergleich, während andere doch etwas verlieren
All diese Erkenntnisse haben den Marathon für mich zu einem tollen Erlebnis gemacht. Aus der jeweils anschließenden Rezension der Filme – und somit der wirklichen Beschäftigung mit dem Film – erwachsen Erkenntnisse darüber was bei der Serie funktioniert und warum manches oder manche Filme nicht so gut funktionieren. Ein paar dieser „Erfolgsfaktoren“ sind für mich:
- Typischerweise hat ein Bondfilm ein ganz klares, akutes Bedrohungs-Szenario als Aufhänger. Bonds Einsatz sollte somit gerechtfertigt sein und die Bedrohung am Ende des Films auflösen.
- Ein Bondfilm sollte in sich schlüssig sein auch was den „over the top - Anteil“ angeht. Selbst dumme Gadgets oder übertriebene Stunts sind bei entsprechendem Umfeld und Gesamtszenario kein Problem. Dumme Gadgets in einem realistischeren Film stechen jedoch negativ ins Auge.
- Wenn ein Bondfilm stärker auf Charaktere und deren Entwicklung fokussiert, so kann ein typischer „Bösewicht-Plot“ nicht gleichbedeutend daneben existieren. Hier ist eine Schwerpunktbildung gefragt sonst kommen beide Aspekte zu kurz.
- Ein Bondfilm wird nicht dadurch zum Klassiker, in dem man alles kopiert, was „die klassischen Bonds“ vorgemacht haben. Die Serie hat jeder Zeit neue Wege beschritten und lebt davon. Gleichwohl sind auch die „klassischen Bonds“ nicht deswegen gut, weil sie Klassiker sind, sondern weil sie (hoffentlich) bestimmte Qualitäten haben. Ein Klassiker zu sein ist kein Wert an sich.
- Der Erfolg einer Actionszene misst sich an der Bedeutung des Ausgangs der Szene. Bringt sie Bond weiter als er zuvor war ist das positiv, treibt die Actionszene die Handlung wirklich voran ist das optimal.
- Die Größe Bonds misst sich an der Größe seines Gegenspielers. Das kann nur funktionieren wenn entweder beide zusammen oder aber auch mal der Bösewicht allein starke Szenen hat. Kein Wunder, dass Filme wie DN, GF und TSWLM als die besten der Serie gelten.
Dies sind Erfolgsfaktoren, die für mich funktionieren. Ich bin aber überzeugt, dass andere Leute die Filme anders beurteilen und somit vielleicht die mir wichtigen Punkte genau anders beurteilen.
Da ich an der ein oder andere Stelle auch auf den Erfolg der Filme eingehe, finden Sie hier eine Statistik der weltweiten Kinobesucherzahlen der Bond Reihe. Dabei ist zu bedenken, dass eine solche Statistik nur einen annähernden Eindruck vermitteln und keinen Anspruch auf Korrektheit erheben kann. So haben alle Länder individuelle Inflationen und Ticketpreise, die Wechselkurse zum Dollar ändern sich unterschiedlich und manch älterer Film wurde mehrfach erfolgreich wieder aufgeführt. Leider wird vor allem in Amerika fast nur in Dollar berichtet anstatt in Besucherzahlen. Daher ist davon auszugehen, dass auch die unten aufgeführten Zahlen durch Umwandlung der Einspielergebnisse durch den jeweiligen durchschnittlichen US Ticketpreis des Jahres zurückgerechnet wurden.
Genauigkeit hin oder her, das Chart zeigt deutlich den explosionsartigen Erfolg der Reihe in den Sechzigern, den sehr schnellen Rückgang auf ein „Normalniveau“ bei YOLT, OHMSS und DAF, die sehr erfolgreichen Moore Filme LALD, TSWL und MR und den erschreckenden Rückgang der Besucherzahlen in den Achtzigern von FYEO bis LTK. Mit Pierce Brosnan kam der Erfolg zurück. Kein Darsteller vor ihm hat es geschafft bei all seinen Filmen ein so gleichmäßig hohes Niveau an Tickets zu verkaufen. Daniel Craigs Einstand mit CR hat letztlich vermutlich sogar LALD getoppt, und ist damit wohl der vierterfolgreichste Bondfilm (nicht wie in den Medien immer wieder behauptet „der Erfolgreichste“). Der Rückgang in den Achtzigern ist teilweise sicher auch durch die Einführung von VHS, Kabelfernsehen und Pay Per View zu erklären. Dennoch hat die Qualität der Filme in dieser Zeit ihren Beitrag geleistet. In den Neunzigern kommen negativ die Einführung von DVDs und das digitale Raubkopie-Zeitalter hinzu. Gleichzeitig profitieren die Filme immens von weltweit neuen Märkten (Indien, Russland, China…).
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Es darf diskutiert werden
