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von Dr. moVe
Agent
2012 war in meinen Augen im Gesamtbild qualitativ kein besonders herausragendes Kinojahr.
Es wird außerdem in meiner Wahrnehmung als eines in Erinnerung bleiben,
dessen Blockbuster mein gesamtes Umfeld deutlich mehr polarisierte als sonst.
Ein Aspekt der sich zum Teil auch bei den Berufs-Kritikern wiederspiegelte.
Allein schon Werke so renommierter Regisseure wie z.B. Sir Ridley Scott oder Ang Lee,
wurden äußerst unterschiedlich wahrgenommen und bewertet.
Die Filme von 2012 die ich im Kino gesehen habe:
The Girl With The Dragon Tattoo - Solide, aber in meinen Augen keine wirkliche Steigerung zur Erstverfilmung des Romans.
J. Edgar - Bis auf ein paar wenige darstellerische Topszenen mit DiCaprio, ein insgesamt zutiefst enttäuschendes Werk von Eastwood.
Zudem weiß das Alters-Make-Up, das man über weite Strecken des Films ertragen muß, nicht zu überzeugen.
The Artist - Eine wunderbare cineastische Ode an des Ästhetik des frühen Kinos und die überlegene Ausdruckskraft des stummen Körpers.
Tinker, Tailor, Soldier, Spy - Hochkomplex und beklemmend mit einem triumphierend aufspielenden Weltklasse-Ensemble umgesetzt - ein Meisterwerk!
Ziemlich beste Freunde - Ein Film den ich mir nur aufgrund des Hypes ansah, der mich gut unterhielt, ihn aber gleichzeitig von der Allgemeinheit als etwas überwertet empfinde.
War Horse - Trotz allem verstaubt wirkenden Kitsch, ein Film der mir sehr stark in Erinnerung blieb, was ich ganz klar der Zauberkunst seines Regisseurs zuschreibe.
Drive - Sicher der stylischste und im wahrsten Sinne des Wortes 'coolste' Film des Jahres. Für diverse unnötig extreme Gewaltmomente gibts allerdings ein bißchen Punktabzug meinerseits.
Hugo Cabret - In 3D berauschend. Kein Filmemacher nutzte bis dahin die Möglichkeiten des dreidimensionalen Films virtuoser als Scorsese. Zudem ist das Werk noch eine Liebeserklärung an das Medium an sich.
The Descendants - Ein herrlicher Film über das gesellschaftliche und familiäre Zusammensein in persönlichen Krisenzeiten - mit einem George Clooney in Top-Form.
Shame - Atmosphärisch bedrückend und depressiv. Insgesamt irgendwie nicht richtig zum Punkt kommend - aber mit einer souveränen Fassbinder-Performance.
Haywire - Die innovativsten Actionszenen des Jahres und ein sehr interessantes Star-Ensemble.
Soderbergh scheint jedes Genre zu meistern - selbst das 'ich schlag dir in die Fresse'-Kino.
Barbara - Sehr authentisch wirkender Film. Intensiv von Petzold in Szene gesetzt und grandios gespielt von Nina Hoss.
Die Tribute von Panem - The Hunger Games - Für einen Teenie-Film überraschend stark implizierte Medien- und Gesellschaftskritik. Noch dazu recht spannend präsentiert.
Martha Marcy May Marlene - Langatmig und für ein Independent-Film merkwürdig oberflächlich. Ein Werk das irgendwie vorgibt mehr Ambition zu haben als er meines Erachtens besitzt.
The Avengers - Zugegeben: Ich wurde über weite Strecken unterhalten. Aber die Art und Weise wie extrem dieser inhaltsleere FIlm ausgelobt wurde, ist in meinen Augen mehr als lächerlich.
Moonrise Kingdom - Herrlich skurril, abgedreht und detailverliebt ausgestattet. Ein Werk von Wes Anderson wie es seine Fans lieben. Und ich gehöre dazu.
The Amazing Spider-Man - Angesichts der kurzen Zeitspanne zu den bisherigen Spidermanfilmen, und der wenig eigenen Akzente die er bietet, ein ärgerliches Reboot ohne jegliche Existenzberechtigung.
The Dark Knight Rises - Ein in Form und Inhalt großartiger Abschluss von Nolan's Trilogie mit einem erstaunlich breit angelegten Handlungsbogen.
ted - "Flash a-ah. Savior of the Universe" - Sam J. Jones hatte die besten Momente dieser mehr durchwachsenen als souveränen Komödie.
The Rum Diary - Aufgrund der mäßigen Kritiken war ich auf einen schwachen Film eingestellt, der dann doch besser war als erwartet.
Prometheus - Weder die Dialoge noch die Dramaturgie können mit dem verführerischen Weltklasse-Design des Werks auch nur im Ansatz mithalten. Schade.
Brave - Für Pixar-Verhältnisse ein Werk mit erstaunlich wenig innovativen Impulsen - dennoch liebenswert umgesetzt und schön anzuschauen
Holy Motors - Hochspektral und wild. Ich fühlte mich ein wenig an Fellini's Filme erinnert. Ein Werk in dem alles passieren kann - irgendwo zwischen totalem Nonsens, geradezu tödlichem Ernst und Kunst. Aufjedenfall interessant.
Was bleibt - Ein kleiner, feiner Film über 2 deutsche Generationen. Hans-Christian Schmidt hat einfach ein erstaunliches Talent für präzise, filmische Alltags-Anaylsen.
Magic Mike - Soderbergh, die Zweite. Durch inszenatorische Subtilität dient ein ansich oberflächliches Genre als Grundlage für einen bereichernderen, politisch subersiven Film.
Looper - Die Grundidee und auch der Filmbeginn sind noch recht interessant, jedoch mündet die Inszenierung über die Gesamtlaufzeit mehr und mehr in konventionelle Belanglosigkeit. Dazu gesellen sich gegen Ende noch ein paar nicht besonders überzeugende Special Effects. Angesichts der sehr positiven Resonanz im Vorfeld eine herbe Enttäuschung für mich.
James Bond 007 - Skyfall - tja... 7 mal mußte ich rein... Der alle Bond-Rekorde brechende Erfolg des Werks mutet allerdings schon geradezu surreal an.
Cloud Atlas - Im Gesamtbild fehlt dem abenteuerlichen Szenengebilde Homogenität, aber trotz 3 Stunden Laufzeit ist das Ganze sehr unterhaltsam und temporeich.
Argo - Spannend, authentisch wirkend und packend, ja. Aber den Golden Globe finde ich übertrieben. Bitte hierfür keinen Oscar für den besten Film !
Seven Psychopaths - Zerfahrene und aus den Fugen geratene Aneinanderreihung unterschiedlich pointierter Einfälle. Mit einem Wort: konfus.
Der Hobbit – Eine unerwartete Reise - Die HFR-Technik raubt den Kinobildern jeglichen erhabenen Glanz. Der Film selbst wirkt auf mich angesichts dem Ruf des Regisseurs und der Filmreihe, mal abgesehen von einigen visuellen Bombast-Szenen, eher mau. Der Plot wirkt merkwürdig gestreckt und in die Länge gezogen. Zudem weiß nicht jede Szene zu überzeugen.
Liebe - Ein schonungsloses und formvollendetes Meisterwerk. Der beste Film des Jahres !
Life of Pi - Wunderbar spiritueller Film zu einer vermutlich mindestens ebenso großartigen Buchvorlage.
Und nebenbei bemerkt ein ähnlich vorbildlich inspirierter 3D-Film wie Hugo Cabret.
Meine persönliche Top 10
1. Liebe
2. Tinker, Tailor, Soldier, Spy
3. The Artist
4. Moonrise Kingdom
5. Life of Pi
6. Skyfall
7. The Descendants
8. Drive
9. The Dark Knight Rises
10. Hugo Cabret
Enttäuschungen
Von der Allgemeinheit eindeutig am meisten überwertet sind mich 'Looper' und 'The Avengers'.
Das sehr durchwachsene Kritikerecho zu 'Prometheus' empfand ich da schon angebrachter.
'The Amazing Spiderman' war das Überflüssigste, was mir dieses Jahr geboten wurde.
Aber eindeutig den allerletzten Platz belegt bei mir - auch wenn es radikal wirkt - Eastwood's 'J. Edgar'.
Die Leere und das Ärgernis über verpaßte Chancen die dieser Film bei mir hinterließ, waren einfach zu bitter...
Die stärksten Momente für mich waren (Spoiler-Warnung):
- Die gesamte Moonrise Kingdom-Sequenz in der abgelegenen Meeresbucht, dem „3.25-mile-inlet“, wo Sam und Suzy ihr Lager aufschlagen und sich zum ersten Mal küssen
- Die magische Begegnung von Bejo und Dujardin am Filmset in 'The Artist', inklusive der bezaubernden Einleitung dieser Szene
- Sämtliche Meetings in 'Tinker, Tailor, Soldier, Spy': ein verschworener Haufen, der sein Leben absurden Sandkasten-Spielen widmet. Wofür er alles andere opfert: Privatleben, Freunde und Partner.
- Die Geduld, mit der in 'Liebe' Filmprotagonist Georges seiner Gattin einen Löffel Brei nach dem anderen einflößt. Bis sie ihm ins Gesicht spuckt, und ihm die Hand ausrutscht. Einer der vielen Momente des Films in denen die Verantwortung, die auf pflegenden Angehörigen lastet, fast körperlich spürbar wird.
- Als das Flugzeug in 'Argo' auf dem Teheraner Flughafen endlich abhebt und sich schließlich nach den Worten der Stewardess “Wir haben den iranischen Luftraum verlassen. Es darf wieder Alkohol ausgeschenkt werden” alle Anspannung löst und pure Freude ausbricht.
- Der Moment in 'Life of Pi' in dem die selbst gestellte philosophische Frage nach Wahrheit konsequent zu Ende geführt wird und das ganze Filmgeschehen in einem ganz anderen Licht erscheint.
- Der homo-erotische Moment zwischen Bond und Silva und die gleich darauf folgende Pistolen-Szene, mit dem tragischen Ende für Sévérine, die von Charles Trenet’s “Boum!!” genial untermalt ist. Für mich das größte Highlight des Films!
- Die Schlußszene von 'The Descendants', die die Familie vorm Fernseher zeigt. Ein wunderbarer Schlußmoment.
- Die gesamte Anfangssequenz von 'Drive' mit der Verfolgungsjagd durchs nächtliche L.A.
Filme auf die ich mich 2013 freue:
Als Vollblut-Trekkie ist der Film auf den ich am gespanntesten bin, und den ich bei Gefallen am meisten abfeiern werde natürlich klar.
Abgesehnen davon sehne ich als leidenschaftlicher Steven Spielberg- und Paul Thomas Anderson-Fan die Filmstarts von 'Lincoln' und 'The Master' herbei.
Über beide Werke hört man ja außerdem im Vorfeld überwiegend nur sehr positives, was die Vorfreude selbstverständlich nochmal steigert.
Aber auch Zemeckis und Malick gehören zu meinen Lieblingsregisseuren, und somit freue ich mich auch sehr auf 'Flight' und 'To the Wonder'.
Angesichts zahlreicher weiterer großer Namen, die uns 2013 mit neuen Filmen beglücken erwarte ich ein starkes Film-Jahr...
"Das ist Gold Mr. Bond. Schon mein ganzes Leben habe ich seine Farbe geliebt, seinen Glanz, seine göttliche Schwere..." (Auric Goldfinger)