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von GoldenProjectile
'Q Branch' - MODERATOR
Seine beiden letzten Oscarverwöhnten Filme The Fighter und Silver Linings habe ich Mangels Interesse sausen lassen. Dafür habe ich mir gestern den neuen angesehen, um am 2. März auch mitreden zu können.
Im Kino - American Hustle (2014)
Drehbuch und Regie: David O. Russell
Darsteller: Christian Bale, Jeremy Renner, Amy Adams, Bradley Cooper, Jennifer Lawrence, Louis C.K., Michael Peña, Jack Huston, ???
Gemessen an der Anzahl Nominierungen ist Russells neuester Streich American Hustle neben dem Weltraumabenteuer Gravity und dem historischen Drama 12 Years a Slave der grosse Favorit für die Oscarverleihung am 2. März, inklusive Nominierungen für die Big-Five-Kategorien. Ich war Gestern im Kino und fand den Film in der Tat ganz gut, in die johlenden Begeisterungsstürme um mich herum konnte ich jedoch zu keiner Sekunde mit einstimmen.
David O. Russell hat einen 138-minütigen Film gedreht, der irgendwie nichts Ganzes und nichts Halbes ist, die Stimmung pendelt andauernd unaustariert zwischen Liebesfilm, Drama, Komödie und leichtfüssigem Thriller hin und her. Es wäre um Einiges mehr drin gewesen, wenn sich Russell auf den leichtfüssigen Thriller konzentriert hätte. Dazu kommt, dass Russell seine Geschichte oftmals viel zu umständlich erzählt, sich letztendlich im Drehbuch verheddert und jeden Ansatz eines Roten Fadens zu Gunsten einer Aneinanderreihung einzelner Episoden opfert. So machen ganze Szenen wenig Sinn und von kohärentem Pacing kann nicht die Rede sein. American Hustle ist zwar retroschick gefilmt, verwendet jedoch an manchen Stellen unpassende Stilmittel. Gelegentlich fliessen auch Inspirationen anderer Regisseure ein, zum Beispiel sind einige Szenen frappierend genau im Goodfellas-Stil gemacht. Letzten Endes dümpelt American Hustle die meiste Zeit friedlich vor sich hin - genau wie Elfmans Soundtrack, der zwischen langweiligem Piano-Geklimper, Duke Ellington und Bond'schen Klängen wechselt.
Üble Befürchtungen gibt es bei der Nominierungsflut für das Ensemble von American Hustle, in meinen Augen ist da nämlich niemand gut genug für den Oscar. Ein übergewichtiger, grotesk perückierter Christian Bale langweilt sich zwei Stunden lang durch den Film, Bradley Cooper gibt seine seichte Komödiennummer ohne nennenswerte Akzente zu setzen. Auch bei den Leistungen der beiden Leading Ladies kann ich nichts preiswürdiges erkennen - ausser wir reden von Pornopreisen, die beiden sind erotisch wie eh und je - vor allem Lawrence liefert vielmehr ein schräges Possenspiel als die beste darstellerische Leistung des Jahres. Am besten schlägt sich noch Jeremy Renner, der jedoch in seiner blassen Rolle gefangen bleibt. Filmfreunde dürfen sich in der zweiten Hälfte an einem netten Gastauftritt erfreuen, über den ich hier aus Spoilergründen nichts verraten will.
Um ein Statement gegen die Lobhudelei auf Russells neuestes Werk zu setzen habe ich die für mich negativen Punkte stark hervorgehoben. Unterm Strich ist American Hustle jedoch in der Tat ein netter Film, der trotz allem recht kurzweilig daherkommt, seine Momente und durchaus auch gute Gags hat. Einige markante Defizite kann man in meinen Augen aber nicht abstreiten.
6 / 10
We'll always have Marburg
Let the sheep out, kid.