Einige Fragen zu Bond 23 und der MGM Krise

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Ich hätte da ein paar Fragen zu MGM und Bond und hoffe, daß mir irgendwelche Filmexperten klare Antworten geben könnten (im Forum bin ich nicht recht fündig geworden):
1. Ich kapiere einfach nicht, warum MGM einen Käufer braucht. Ich dachte immer MGM gehört zu Sony und existiert daher nicht als eigenständiges Studio. Zumindest weiß ich, daß MGM den Großteil seiner Studiogelände in den 1980´ern verkaufen mußte, weil sie eine Reihe von Flops produzierten.
2. Wenn MGM doch als eigenständiges Studio (noch) existiert und das Logo vor den Bond Filmen ("MGM/UA-SONY") nur auf ein Joint-Venture hinwies, verstehe ich immer noch nicht, warum sich kein Käufer für MGM findet. SONY, Fox und Co. könnten die Milliarden locker aufbringen, denn selbst ohne Rechte an Bond (dies ist dann Frage Nummer Drei) würden sie eine gigantische Filmbibliothek erhalten und dazu noch das aktuelle Tafelsilber namens "Stargate", was noch für ein paar Jahre Millioneneinnahmen garantiert (neue Stargate-Serien bzw. Filme, Ausschlachtung auf Blu-Ray, Blac-Ray, Gree-Ray usw.)
3. Wer genau hat denn welche Rechte an Bond? Ich weiß (ob es noch stimmt, keine Ahnung), daß Eon den Fleming Erben eine gewisse Summe zahlte oder jährlich zahlt, daß Eon Bond-Filme produzieren kann, ohne, daß sich die Erben einmischen dürfen. Also verstehe ich das so, daß Eon praktisch Bond-Filme produzieren kann, ohne das ein Studio mit von der Partie sein muß. Auch wenn Eon eine kleine Produktionsfirma ist, die im Prinzip nur Dank Bond existiert, müßten die doch genug Kohle haben, um einen Bond-Film auch ohne große Studios in der Hinterhand produzieren zu können. Allerdings spielen die Bond-Filme seit Brosnan konstant weniger ein, bei steigenden Kosten (Ausnahme: "Casino Royale"). Eventuell ist Eon das zu riskant.
Noch eine persönliche Meinung von mir: ich denke, daß es keinen Bond im Jahr 2011 geben wird. Ob die MGM-Krise von jetzt auf Morgen vorbei ist, spielt dabei keine Rolle, denn Bond hat 2012 sein 50. LEINWANDJUBILÄUM! Eon wäre also schön blöd, wenn sie auf Biegen und Brechen unbedingt noch 2011 einen Film rausbringen wollten. Die sollen sich Zeit lassen und einen Bond-Film machen, der eines 50. Jubiläums würdig ist, vielleicht sogar mit ein paar Gastauftritten von Connery und Moore (als ehemalige Ausbilder des aktuellen Bonds :) und John Cleese als Q. 2012 ohne Bond-Film, fände ich total bescheuert! Das muß einfach sein!

Re: Einige Fragen zu Bond 23 und der MGM Krise

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Okay ich beantworte mal die Fragen der Reihe nach.

1. Ja MGM verkaufte seine Studios aus finanziellen Gründen. Später (etwa 2002/2003) wurde MGM von einem Investorenkonsortitium übernommen, einer der Investoren war Sony. Über das Konstortium hielt Sony etwa 30 bis 40% der Anteile von MGM und den Großteil der Stimmrechte. Wirklich übernommen wurde MGM von Sony nicht, es ist lediglich eine Beteiligung.

2. Hinter UA verbirgt sich die Filmfirma United Artists. Diese waren die ursprünglichen Verleiher der Bondfilme und wurden in den 80ern von MGM übernommen. Die neue Gesellschaft firmierte fortann unter MGM/UA, wobei UA fortan eine Tochtergesellschaft darstellte.
Wieso niemand so wirklich MGM will? Die großen Medienkonzerne haben aktuell ihre eigene Krise. Sowohl zu Time Warner und News Corporation (Mutter von Fox) gehören große Print-Medien. Diese haben in den letzten Jahren starke Konkurrenz durch das Internet bekommen und haben daher große Probleme. Wieso eine teuere Zeitung kaufen, wenn es im Internet alles umsonst gibt? Das denken sich viele und greifen immer weniger zu New York Times und Co. Dazu sehen in den TV-Sparten die Zeiten auch nicht so rosig aus, die Kosten für Werbung sind auch niedriger als sie sein sollten. Dazu kommen auch noch weitere Probleme...
Außerdem ist es durch die Finanzkrise schwer an vertretbare Kredite oder Mit-Investoren für eine Übernahme von MGM zu kommen.
Was das heutige MGM-Archiv angeht: Die Kronjuwelen von MGM stammen allesamt von UA (und das sind nicht wenige). Die alten MGM-Filme bzw. fast die ganze ursprüngliche MGM-Bibliothek ließ Ted Turner (ihm gehörte zeitweise MGM) bei sich als er das Studio weiterverkaufte. Turner ist Hauptgesellschafter von Time Warner, daher werden MGM-Klassiker wie Ben Hur heute von Warner herrausgebracht (sieh mal auf deine DVD-Hüllen und vergleiche den Vorspann).

3. EON (bzw. die Mutterfirma Danjaq) ist ein sagenumwobenes Unternehmen. UA war wie gesagt nur die Firma die die Filme bewarb, ins Kino brachte und größtenteils mitfinazierte. Ursprünglich gehörte es den Familien Broccoli und Saltzman. Als zweiterer sich von Bond verabschiedete verkaufte er seine Anteile an United Artists. Das war in den 70ern.
Ob MGM/UA heute noch Anteile an EON/Danjaq hält ist unbekannt, dazu gibt es NICHTS offizielles. Allerdings wird (und so denke ich auch) vermutet, dass zu einem Zeitpunkt UA seine Anteile an EON/Danjaq an die Broccolis verkaufte, im Gegenzug bekam MGM/UA einen Exklusivvertrag was die Veröffentlichung der Bondfilme angeht. Vorteil: Die Broccolis haben die volle Unternehmenskontrolle und MGM/UA eine Situation die unter dem Strich lukrativer ist.
Wieviel Geld EON hat weiss auch keiner, über die Gewinnverteilung ist nichts bekannt. Allerdings darf angenommen werden, dass EON/Danjaq gut bei Kasse ist. Einer der vielen Mythen um Bond stammt aus den 60ern als angeblich Saltzman und Broccoli extra jemanden anheuerten um mit Koffern randvoll mit Geld gefüllt in die Schweiz zu fliegen und das Geld dort zu deponieren. Das Geld soll der EON-Anteil aus den Einspielergebnissen gewesen sein...
EON hat vielleicht die Rechte Bondfilme zu produzieren, doch fehlt es ihnen an genau das was sie an MGM haben: Kanäle für den Vetrieb (Kinoverleih) als auch das Marketing-Network um einen Film zu bewerben. Daher ist die Ehe EON-MGM auch in etwa so aufgeteilt: EON macht den Kreativen Teil bzw den eigentlichen Film, MGM kümmert sich darum, dass der Film ins Kino kommt und die Werbung läuft.
Wobei MGM wahrscheinlich auch den Großteil des Budgets beisteuert....

Ich hoffe ich konnte helfen :wink:
"In a Bond film you aren't involved in cinema verite or avant-garde. One is involved in colossal fun."

Terence Young

Re: Einige Fragen zu Bond 23 und der MGM Krise

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Die Vertragsstruktur zwischen den Filmproduzenten der Bond-Serie und dem jeweiligen Verleiher bis Mitte der achtziger Jahre


In der offiziell autorisierten Biographie "When the Snow Melts: The Autobiography of Cubby Broccoli" erklärt der legendäre Produzent der Filmreihe wie es zu dem Geschäft mit dem damaligen Verleih kam und wie die Strukturen sich verändert haben und seitdem aussehen:


Der kanadische unabhängige Filmproduzent Harry Saltzman hatte Anfang der sechziger Jahre eine zeitlich begrenzte Option auf die meisten James Bond-Romane (bis auf "Casino Royale" und "Thunderball") erworben um diese als längere Filmserie zu produzieren. Diese Option stand damals kurz davor auszulaufen als er den Amerikaner Albert Romolo Broccoli kennen lernte, welcher die Bücher gerne selber auf die Leinwand gebracht hätte. Saltzman war nicht bereit seine Rechte an Broccoli abzutreten und zu verkaufen, so dass dieser nur eine Partnerschaft zu gleichen Teilen mit dem Kanadier arrangieren konnte. Damit die Film-Option nicht verfiel, benötigte man schleunigst ein Filmstudio als Geldgeber, welches bereit war die Serie zu finanzieren und zu vermarkten. Mit Arthur Krim von der United Artists konnte sich das neu aufgestellte Produzentengespann sehr schnell handelseinig werden, so dass man mit "Dr. No" Anfang 1962 den ersten Bond-Film für das Kino in Angriff nehmen konnten. Die beiden Produzenten erhielten vertraglich bedingt neben ihrem Gehalt, welches im Gesamtbudget verankert war, 60 Prozent vom Nettogewinn der Einspielergebnisse. Die restlichen 40 Prozent gingen an die Verleihfirma.
Bei der Produktion von "Thunderball" im Jahre 1965 hatte das Produzentengespann in der Funktion der "Ausführenden Produzenten (Executive Producer)" 20 Prozent nach Verhandlungen an den Iren Kevin McClory als Rechte-Inhaber an diesem Fleming-Roman abgegeben. Mit dem Produzenten Charles K. Feldman, welcher die Rechte an Flemings erstem Bond-Roman erstanden hatte - übrigens war er ein ehemaliger Arbeitgeber Albert R. Broccolis gewesen - konnte man sich dagegen nicht einig werden, da dieser forsch glaubte, 80 Prozent vom Nettogewinn fordern zu müssen. So entstand zeitgleich mit "You only live twice" als Konkurrenzfilm im Vertrieb der Columbia die Persiflage "Casino Royale " mit David Niven in der Hauptrolle im Jahre 1967.

Aufgrund fehlgeschlagender Geschäfte verschuldete sich Harry Saltzman zu Mitte der Siebziger so gravierend, dass er gezwungen war, seine Anteile an der Bond-Serie zu verkaufen. Er entschied sich am Ende für United Artists als Käufer, wodurch sich das Anteilsverhältnis für Albert R. Broccoli als zukünftigen alleinigen Produzenten der Bond-Reihe veränderte. Die Teilnehmerschaft beinhaltete von da an, die Halbierung der Nettogewinne zwischen der Verleihgesellschaft und dem Produzenten. Der Verleiher kam weiterhin für das Gesamtbudget und die Vermarktung auf.

Nach dem desaströsen Einspielergebnis von Michael Ciminos Western-Epos "Heavens Gate" im Jahre 1980 musste die Filmgesellschaft United Artists Konkurs anmelden und wurde von dem Traditionsunternehmen Metro Goldwyn Meyer - besser bekannt unter dem Kürzel MGM - übernommen, welche somit auch den Kontrakt und die Rechte United Artists an der Bond-Serie erwarben und damit Broccolis neuer Financier beginnend mit der Verfilmung von "Octopussy" im Jahre 1983 wurde.


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Re: Einige Fragen zu Bond 23 und der MGM Krise

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Dr. JO hat geschrieben: Danach sollte Bond 23 eigentlich nichts mehr im Wege stehen. Das Projekt finanziert sich praktisch von selbst!
naja, erst mal braucht man Liquidität. und wenn ein Investor Geld für die Bond-Produktion gibt, wer weiß wo die Einnahmen hinterher landen, in dem Milliardenloch MGM
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Einige Fragen zu Bond 23 und der MGM Krise

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naja, erst mal braucht man Liquidität
Ja, natürlich. Aber ich könnte mir kaum eine bessere Sicherheit vorstellen, als einen Bond-Film.
wer weiß wo die Einnahmen hinterher landen, in dem Milliardenloch MGM
Nach der Insolvenzabwicklung ist MGM dann faktisch eben KEIN "Milliardenloch" mehr. Darum geht es ja gerade. Im Übrigen wurden die Schulden mitunter auch von Sony & Co. ins Unternehmen gebracht.