Re: Filmbesprechung: "Goldfinger (GF)"
Verfasst: 29. August 2023 14:20
Muss ich? Naja, ich denke nicht. Aber gerne:craigistheman hat geschrieben: 29. August 2023 13:07 Wo verdeutlicht das Kubrick-Beispiel deinen Standpunkt? Das musst du mir jetzt mal erläutern
Allein die Tatsache, dass Kubrick sich Musik ausgesucht hat, die eigentlich nicht naheliegend wäre, die nicht zur dargestellten Epoche passt, aber die sich für ihn richtig angefühlt hat zeigt doch schon, wie viel Intention in jeder solcher Entscheidungen drinsteckt. Da sitzt niemand und macht einfach mal irgendwie, weil es zufällig cool oder besonders wirkt, sondern da steckt immer eine Überlegung hinter. Nur weil Kubrick nicht erklärt (vielleicht nicht mal erklären kann), welche Bedeutung diese Musik für ihn hatte und weshalb er sie als passend für die Szenen empfand, bedeutet das umgekehrt nun wirklich nicht, seine Entscheidung sei Willkür gewesen. Das meiste in der Kunst geschieht intuitiv, beim Schreiben ist das nicht anders. Nur wenige Autoren denken beim Schreiben über "Themen", "Motive" etc. nach, sondern die meisten schreiben nach Intuition und Gefühl. Das ist ganz normal, und dennoch finden sich beim intuitiven Schreiben eines professionellen Autoren hinterher Themen und Motive in dessen Ergebnis und bei einem, der einfach mal drauflos geschrieben hat, findet man sowas meist nicht.
Nein, das sehe ich komplett anders, jedes Wort davon. Absichten in Werke hinein zu deuten, die von Seiten der Beteiligten nie beabsichtigt waren, hat absolut gar nichts mit vernünftiger Werkinterpretation zu tun, sondern empfinde ich die meiste Zeit als dämlich. Und warum das an der Realität des Filmemachens vorbeigehen soll, leuchtet mir erst recht nicht ein. Im Gegenteil: In der Filmkunst steckt tausendmal mehr Überlegung in jedem einzelnen Detail als bei jeder anderen Kunstform, was alleine schon daran liegt, dass einen Roman in der Regel EINE Person schreibt, deren fertiges Ergebnis später durch vielleicht 2-3 Kontrollinstanzen maximal durchläuft. An einem Film arbeiten tausende Leute in verschiedensten Abteilungen. Selbst über jedes Kostüm-Accessoire zerbricht sich jemand den Schädel und überlegt, würde Figur XY wirklich DIESEN Gürtel zu den Schuhen tragen. In keiner anderen Kunstform steckt so viel Bedachtheit wie im Film. Das sagt der gesunde Menschenverstand.craigistheman hat geschrieben: 29. August 2023 13:07 Meiner Ansicht nach betrachtest du das ganze aus verständlichen Gründen von einer literarischen Warte aus, was jedoch nichts mit der Realität des Filmemachens zu tun hat. Der klassische Fall will ja, dass Absichten in Werke hineingedeutet werden, die von Seiten der Beteiligten so nie intendiert wurden.
Wenn eine so große und aufwendige Szene wie die mit Jill Masterson nur im Skript wäre, weil den Drehbuchautoren am Tag des Schreibens gerade danach war, dann wäre sie nie im Film gelandet. Der von mir erwähnte "Anspruch ans Geschichtenerzählen seit jeher" lässt sich zusammenfassen mit: "Vergeude meine Zeit nicht." Wenn also etwas in einer Geschichte drin ist, ohne irgendeine Funktion zu haben, dann vergeudet es meine Zeit und das will ich nicht haben, niemand will das.