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Re: Der Jack Ryan Thread

Verfasst: 31. August 2023 10:24
von Casino Hille
AnatolGogol hat geschrieben: 30. August 2023 15:59
Casino Hille hat geschrieben: 30. August 2023 14:49 Hätte man als Ford-Ersatz stattdessen einen Darsteller selben Alters gecastet (ob nun Kevin Costner, Scott Glenn, Jeff Bridges, Bruce Greenwood oder ... )
hahaha, der olle Scott wird noch zu unserer Standardbesetzung für so ziemlich jede Rolle im Ryan-Kosmos. :lol: Ist aber halt auch ein wirklich guter Mann!
Okay, der Glenn war in Teilen jetzt ein Gag für dich, aber wie findest du die Vorschläge Bridges und Greenwood? :) Ich muss übrigens zugeben: Alan Bates kenne ich gar nicht wirklich. Tante Wiki sagt, er war der Butler in "Gosford Park", aber sonst habe ich keine richtigen Berührungspunkte mit dem. Als Bates-Nichtkenner bleibt er mir in "Der Anschlag" zu blass. Seine (ohnehin kleine) Rolle will als Schurke in diesem Film einfach nicht funktionieren, Nazi-Background hin oder her, obwohl der es natürlich eher schlimmer als besser macht.
AnatolGogol hat geschrieben: 30. August 2023 15:59 Wobei es eigentlich schon erstaunlich ist, dass der Film trotz aller Wenns und Abers uns beiden anscheinend trotzdem ganz gut gefällt - weil das ist angesichts der zahlreichen Einschränkungen schon eine Leistung. Ich fand es schon im Vorfeld der Kinosichtung doof, dass man Ford nicht mehr besetzt hat. Ich fand es doof, dass man nach nur 3 Filmen einen Reboot gefahren hat. Ich fand die Besetzung von Ryan mit Affleck doof. Ich fand den Tausch der Islamisten gegen österreichische Neo-Nazis doof (trotz Unkenntnis der Vorlage, aber diese Konstellation war sowas von unglaubwürdig). Und trotzdem fand ich den Film gut. Seit der Romanlektüre dann zwar ein bisschen weniger, aber ich find den Film für sich genommen immer noch ok. Ist halt nur kein Ryan-/Clancy-Film.
Der Film mag zwar von 2002 sein und das Buch sogar noch älter, aber der Fairness halber nutze ich mal den Spoiler-Tag:
Spoiler
Der Grund dafür ist Tom Clancy, und das seine (Ausgangs-)Geschichte so stark ist, dass der Film trotz zahlreicher Abweichungen immer noch enorm von ihr profitiert. Ich weiß nicht, ob "The Sum of all Fears" mittlerweile sogar mein liebstes Clancy-Buch ist (oder nicht doch eher "Rainbow Six" oder "Debt of Honor" oder "Red October"), auf jeden Fall aber ist diese Geschichte selbst in ihrer runter"gedummten" Hollywood-Variation noch fesselnd. Spätestens dann, wenn eben das passiert, was sonst nie passiert, bin ich letztlich aller Schwächen zum Trotz gebannt. Der Film zeigt letztlich Männer, die am Rande eines nuklearen Holocausts stehen und die bei der schon für sich genommen vollkommen absurden, hirnrissigen, gar nihilistischen Frage "Atomkrieg oder Kein Atomkrieg?" tatsächlich kurz davor stehen, mit "Atomkrieg" zu antworten. Mir fällt es sehr schwer, mir so etwas begreiflich zu machen. Ich sitze auf dem größten Waffen- und Bomben-Arsenal der Welt und bin dennoch aus gekränktem Stolz dazu verleitet, besorgt, aber bestimmt das Ende des Planeten einzuleiten. Und ich gehe sogar so weit, die verschiedenen dafür notwendigen Schritte zu durchlaufen, etwa meine Personalnummer hervorzukramen und mir von meinen Beratern eine "zweite Meinung" einzuholen, so als dürfte es überhaupt eine erste Meinung dazu geben.

Ganz toll (oder doch erschreckend?) ist diesbezüglich der Moment, in dem Cromwells Präsident verzweifelt ausruft: "Verdammt, sie wollten mich töten!" Er denkt nicht an die Hunderttausend Toten Wähler in Baltimore, an seine Mitmenschen, sondern er ist angepisst, dass man mit der Atombombe IHN treffen wollte. Das ist eigentlich vollkommen irre, wie alles daran irre ist, dass Clancy und auch der Film von uns erwarten, mit Männern mitzufiebern, die offenbar gewillt sind, aus ihrer politischen Überzeugung heraus die Welt zu vernichten. Aber es ist dann am Ende deshalb so passend, weil es ja an sich schon irre ist, dass wir diese Waffen besitzen, ein paar viele Tausende sogar, und der nukleare Holocaust alleine deswegen IMMER eine Option ist.

Es fallen Sätze über die Zerstörung von Raketenzielen und die fünfzigprozentige Wahrscheinlichkeit von was auch immer und so weiter und so fort, aber das ist alles für den nüchternen Betrachter eindeutig Blödsinn - das Endergebnis des Konflikts, auf den sie aufbauen, ist das Endergebnis eines jeden Atomkriegs. Und das diese Männer wirklich glauben, es gäbe irgendeinen Angriff, der es je rechtfertigen könnte, das Ende der Welt einzuleiten, ist vollkommener Wahnsinn, aber weder Clancy noch der Film dämonisieren diese Menschen jemals, weil wir als Leser und Zuschauer wissen, dass das eben alles gar nicht so unwirklich ist, wie es doch eigentlich sein müsste. Vermutlich ist für mich persönlich "Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben" von Stanley Kubrick deshalb einer meiner Lieblingsfilme, weil er als einziger mir bekannter Film wirklich minutiös herausarbeitet, wie absurd die Idee ist, überhaupt Atomwaffen zu haben, ganz zu schweigen von der Debatte darüber, ob man sie einsetzen sollte. Aber in "Der Anschlag" ist daran nichts absurd, es ist jederzeit im Bereich des möglichen ...

Faszinierend. Keine Ahnung, ob der Kladderadatsch jetzt für irgendwen verständlich war ... :mrgreen:

Re: Der Jack Ryan Thread

Verfasst: 31. August 2023 11:17
von AnatolGogol
Casino Hille hat geschrieben: 31. August 2023 10:24 Okay, der Glenn war in Teilen jetzt ein Gag für dich, aber wie findest du die Vorschläge Bridges und Greenwood? :)
Glenn finde ich besser! :D Ne, im Ernst: Scott Glenn könnte ich mir auch sehr gut als Jack Ryan vorstellen. Das widerspricht zwar etwas meiner vorherigen Aussage, dass ich ihn in Oktober und Schweigen als gegen seinen normalen Rollentyp besetzt sehe, aber er macht das da ja auch sehr gut und ist fraglos ein wandelbarer Schauspieler. Doch, Glenn wäre denke ich ein prima Ryan gewesen, gerne auch als Nachfolger von Ford.

Ich mag Grennwood, aber für die Ryan-Rolle hat er mir zu wenig Star-Charisma. Vom Typ her finde ich ihn aber durchaus passen. Bei Bridges bin ich mir nicht so sicher. Denn obwohl der nun ja wirklich auch ein unglaublich guter und vor allem auch ein unglaublich wandelbarer Schauspieler ist, sehe ich in ihm dennoch irgendwie immer zuerst den coolen, lässigen Typ. Vielleicht habe ich einfach nur zu oft The big Lebowski geschaut. :D Nüchtern betrachtet hätte das aber auch klappen können, obwohl mir diese genannten Alternativen dann doch wieder zeigen, wie perfekt ich das Ford-Casting ansehe.
Casino Hille hat geschrieben: 31. August 2023 10:24Ich muss übrigens zugeben: Alan Bates kenne ich gar nicht wirklich. Tante Wiki sagt, er war der Butler in "Gosford Park", aber sonst habe ich keine richtigen Berührungspunkte mit dem. Als Bates-Nichtkenner bleibt er mir in "Der Anschlag" zu blass. Seine (ohnehin kleine) Rolle will als Schurke in diesem Film einfach nicht funktionieren, Nazi-Background hin oder her, obwohl der es natürlich eher schlimmer als besser macht.
Dann schau unbedingt irgendwann mal Alexis Sorbas/Zorba the Greek. Nicht nur, dass du meinen heiss und innig geliebten Tony Quinn hier in allerabsoluter Höchstform erleben darfst, Bates als sein jugendlicher Sidekick ist ebenfalls ganz, ganz grossartig und bietet mit seinem zurückhaltenden Spiel den perfekten Kontrapunkt zum um sein Leben spielenden Quinn an. Und ein geiler Film ist es ausserdem auch noch.

Casino Hille hat geschrieben: 31. August 2023 10:24 Faszinierend. Keine Ahnung, ob der Kladderadatsch jetzt für irgendwen verständlich war ...
Doch, ich denke schon. :) Das was du hier im speziellen ausführst ist für mich im allgemeinen auch einer der Hauptgründe, warum ich Clancys (vor allem späteren) Romane so faszinierend und packend finde, nämlich dass er Szenarien bis ins Kleinste auslebt, die zwar immer im Bereich des Möglichen sind, von denen man (vielleicht allzu naiv) aber immer davon ausgeht, dass so etwas dann doch nicht passiert bzw. passieren kann. Gerade durch Clancys immer sehr detaillierte Schilderung (etwa in C&PD wenn er ausufernd über die Funktionsweise und den Umbau einer Atombombe referiert) wird da eine enorm authentische und realistische Sichtweise geboten, die den Leser zwangsläufig zum Nachdenken über die Frage bringt, ob das Undenkbare am Ende wirklich zu unmöglich ist.

Re: Zuletzt gesehener Film

Verfasst: 17. Januar 2024 14:43
von danielcc
und noch ein toller 90er Thriller, dieses Mal wurde sogar eine größere Lücke in meinem Filmwissen geschlossen:

Die Stunde der Patrioten (Patriot Games), 1992


Der zweite Ryan Film, mit dem dann Ford die Rolle von Baldwin übernahm.

Ich liebe den Vorgänger, kenne auch den Nachfolger, wusste aber dennoch gar nichts über die Patrioten. Von daher ein total frisches Filmerlebnis für mich.

Handwerklich solider Film, typisches 90er Thriller Material mit wenig Klimbim, einer durchweg spannenden Handlung und vor allem tollen Stars in diversen Rollen (Ford ist hier besonders gut, dann der sehr verbissene, junge Sean Bean, sowie in Nebenrollen schon damals Samuel L Jackson und auch James Earl Jones sowie Richard Harris).

Besonders der sehr lange Showdown im Haus ist überaus spannend und gipfelt in einer zumindest gut inszenierten Actionsequenz.

Ansonsten unterscheidet sich dieser Ryan Film durch den sehr persönlichen Charakter. Im Grunde ist dies hier einer persönliche Vendetta, und das drumherum um IRA, Satellitenaufklärung etc nur schmückendes Beiwerk.

Re: Der Jack Ryan Thread

Verfasst: 17. Januar 2024 15:21
von Casino Hille
Hehe, das "It was a dark and stormy night"-Finale passt für mich (als Romankenner) eigentlich gar nicht, weil es komplett meinem Verständnis der Jack Ryan Rolle widerspricht. Das ist eigentlich ein nüchterner Analytiker, kein Actionheld. "Jagd auf Roter Oktober" und "Der Anschlag" machen das besser, obwohl letzterer auch die Romanvorlage abändert, um Ryan mehr in die Action zu integrieren, aber da finde ich es deutlich organischer gelöst. Ich glaube, wenn die Patriotenstunde nur den Angriff auf das Haus hätte, wäre das für mich enorm viel stimmiger, als das etwas arg übersteuerte "Stirb langsam"-Finale mit den Schnellbooten.

Aber gleichzeitig hast du recht: Die Actionszene selbst ist auf hohem Niveau inszeniert und für sich betrachtet sehr gut.

Re: Der Jack Ryan Thread

Verfasst: 17. Januar 2024 15:27
von danielcc
Danke fürs Verschieben.

Für mich wirkt Patriot Games eher wie das Prequel zu Air Force One, oder? Irgendwie passt das ganz gut. Die gleiche Familie, der gleiche Action-bereite Ford, dazu eine politisch motivierte Backstory des Bösewichts

Re: Der Jack Ryan Thread

Verfasst: 17. Januar 2024 15:49
von Casino Hille
Ja, da Ryan in den Romanen später sogar zum US-Präsidenten wird, ist "Air Force One" irgendwie eh der inoffizielle vierte Teil der Reihe. :wink:

Re: Der Jack Ryan Thread

Verfasst: 17. Januar 2024 16:04
von danielcc
oder so. Dazu passt auch unsere Beobachtung von gestern, dass Ford scheinbar in jeder Rolle über Jahre hinweg immer den gleichen Anzug getragen hat. So ein leicht grober, Tweed-artiger grauer

Re: Der Jack Ryan Thread

Verfasst: 24. Februar 2025 22:05
von Revoked
Hat einer von euch schon einen Roman von Dale Brown oder Clive Cussler gelesen?

Ich habe wieder Lust auf so etwas Clancy / Miltäraction-mäßiges.
Aber gerne etwas kurzweiliger und moderner.

Oder kennt ihr noch etwas empfehlenswertes in die Richtung?

Re: Der Jack Ryan Thread

Verfasst: 24. Februar 2025 22:19
von vodkamartini
Vince Flynn, Mitch Rapp - Romane.