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von HCN007
Agent
Review zu „Room“ (2016)
Über „Room“ zu schreiben gestaltet sich extrem schwierig. Denn man sollte diesen Film ohne jegliche Details sehen. Die Grundsituation ist klar: Vor 7 Jahren wurde die damals 17-jährige Joy entführt und wird seitdem in einem kleinen Schuppen als Sexsklavin missbraucht und festgehalten. Vor 5 Jahren hat sie den kleinen Jack zur Welt gebracht und im kleinen Mikrokosmos des Schuppens aufgezogen. Bis ein Fluchtversuch geplant wird, der noch viel größere Herausforderungen bereithält.
Erzählt wird das Drama aus der Perspektive des kleinen Jack, der uns den kleinen Mikrokosmos des Raums mit seiner kindlichen, naiven, charmanten aber auch intelligenten Art näher bringt. Verkörpert wird dieser vom 10-jährigen Jacob Tremblay, der sich sofort meine Sympathien verdient hat. Er ist der perfekte Support für Brie Larson, die in der Rolle seiner „Ma“ aus dem nominierten Feld der diesjährigen Oscarverleihung definitiv den Preis verdient hat. Die Chemie zwischen ihr und Jacob ist wunderbar und perfekt. Das Schauspiel ist extrem authentisch, nuanciert, vielseitig und eine regelrechte Tour de Force für Brie Larson.
Wenn man es sich zur Aufgabe gemacht hat, ein Entführungs- und Resozialisierungsdrama zu verfilmen, kann man sehr viele Fehler machen. Doch „Room“ macht in seiner Inszenierung keine Fehler – Der Film ist extrem dezent, sehr behutsam und absolut respektvoll im Umgang mit seiner Thematik, die im Hinblick auf die Ereignisse rund um Natascha Kampusch und Josef Fritzl so unglaublich und brutal realistisch ist. Man verzichtet auf plakative Gewaltverherrlichung und schwingende Moralkeulen und sorgt für einen extrem ambivalenten Film, der seine Stärke aus der realistischen Situation und dem Zusammenspiel seiner beiden Hauptprotagonisten zieht. Die anfängliche Kammerspielsituation zieht einen in einen brutalen Sog, dem man sich bis zum Ende des Films nicht mehr entziehen kann, wenn man von dem fantasiehaften Mikrokosmos in die realistische Brutalität gezogen wird. Filme mit dem selben Thema haben auch häufig das Problem von Redundanz und Langeweile – doch „Room“ hat ein extrem gutes Pacing und versteht es gekonnt, „Redundanz“ und „Langeweile“ zu eliminieren.
Bei einem Film dieser Art von „Unterhaltsamkeit“ zu sprechen ist schwierig, aber er kommt dem, was „Unterhaltsamkeit“ bei solchen Filmen entspricht, extrem nahe. Spannend, berührend, hoch emotional, brutal realistisch, nie langweilig, extrem nachhallend – und einer der besten Filme des Jahres.
Ich habe lange überlegt, ob ich diesem Film eine 9 oder eine 10 geben werde. Wann vergebe ich die 10 ? - Bei handwerklich perfekten Filmen, die nie den Fokus verlieren und genau das sind, was sie sein möchten. Wenn diese Filme dann auch noch das Zeug dazu haben entweder Kult, Klassiker, Meisterwerk oder Lieblingsfilm von mir zu werden, dann kann es definitiv die 10 werden. Aber Lieblingsfilme können auch eine 9 bekommen. Bei diesem Film kann man im Drama-Sektor von einem Meisterwerk sprechen. Der private und persönliche Bezug ist in gewisser Art ist auch gegeben, da ich als Kind mit meinen beiden Brüdern von meiner Mutter allein großgezogen wurde und wir auch ein eingeschworenes Team geworden sind, das sich jedem Problem stellen konnte. So hat mich dieser Film auch persönlich berührt. Die lange Überlegung ist nun zu einem Ergebnis bekommen. Eine 10 haben in diesem Jahr bisher nur „The Revenant“ und „The Hateful Eight“ erhalten. „Survival“ - „Kammerspiel“ - „Spannung“ und „Tour de Force“ sind nicht nur Stichworte, die auf die beiden Filme zutreffen, sondern auch auf „Room“ - der mich ähnlich stark beeindruckt hat wie letztes Jahr „Ex Machina“ und für mich bis jetzt zu den 3 besten Filmen des Jahres gehört !
„Room“ bekommt von mir 10/10 Punkte !
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "