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von dernamenlose
Agent
So, jetzt kommt mal mein erstes ausführliches Review zu einem Bondfilm. Denn gestern abend kam auch ich in den Genuss von OHMSS.
PTS und Titelsequenz: Die PTS ist gut gelungen und führt George Lazenby als neuen Bond wunderbar ein. Auch wenn ich die erste Szene mit Tracy nicht ganz verstehe. Wollte sie sich umbringen? Wenn ja, warum? Alles andere ist sehr schön gemacht und Lazenby darf in seinem ersten Kampf glänzen.
Die Titelsequenz überrascht erstmal dadurch, dass der Bondsong keiner ist, da er nur instrumental gespielt wird. Das stört jedoch überhaupt nicht, sondern lässt den Bildern, insbesondere den Rückblenden zu den vergangenen Filmen mehr Raum, wodurch diese ihre ganze Wirkung entfalten können.
Story und Inszenierung: In dieser Hinsicht war OHMSS für mich sehr wechselhaft. Ein sensationeller erster Teil (Die ersten 30 bis 45 Minuten), der zeigt, dass wir hier den besten Bondfilm überhaupt vor uns haben könnten wird später leider von einem höchstens durchschnittlichen Mittelteil abgelöst. Doch der Reihe nach. Gleich nach der Titelsequenz geht es absolut "bondig" weiter. Ein Hotel, ein Casino, der erneute Auftritt von Tracy, Bonds Sprüche und ein exzenllent dargestellter Kampf. Es ist unglaublich mit welcher Geschwindigkeit einem hier alle Bondelemente um die Ohren fliegen, keine Sekunde ist irgendwie überflüssig, sondern ein großer Genuss.
Weiter geht es im MI6 bei Bond zu Hause (mit weiteren Erinnerungen an vorangegangene Filme) und M und Monneypenny, deren Beziehung zu Bond erstklassig dargestellt ist. Sehr gefällt mir, dass Bond hier (soweit ich weiß zum ersten Mal) seine eigenen Wege geht, unabhängig vom MI6.Sein Einsatz Im Büro der Gebrüder Gumbold ist ebenfalls sehr gelungen, mit nervenzerfetztender Musik unterlegt.
Das einzig negative bis hierhin ist der plötzliche Gesinnungswandel von Tracy, der schlichtweg unerklärt bleibt und dadurch nicht komplett überzeugen kann.
Dann kommt, wie erwähnt der schwächere Mittelteil, in dem Bond zu Sir Hillary mutiert. Die Idee an sich ist nicht schlecht, auch Bond im Schottenrock hat mich nicht gestört, sondern vielmehr, dass hier erstmal wenig sinnvolles passiert. Das Tempo und exzenlente Timing, das die ersten 45 Minuten ausmacht geht plötzlich verloren, Bond setzt seine Mission aufs Spiel um mit einem fremden Mädchen, bzw. sehr jungen Frau, ins Bett zu gehen (noch dazu mit der am wenigsten hübschesten) nur um zurück in seinem Zimmer von der nächsten erwartet zu werden (da tat er mir dann fast ein bisschen leid).
Als Bond enttarnt und gefangen gesetzt wird setzt auch noch die Logik im Film aus, da ich sein "Gefängnis" schlicht nicht ernst nehmen kann. (Da wäre vermutlich sogar ich rausgekommen, nur halt nicht so schnell wie Bond.) Die darauffolgende Skiverfolgungsjagd ist großenteils erstklassig inszeniert, die ein oder zwei verwackelten Bilder fallen nicht wirklich ins Gewicht. Deutlich störender ist da, dass Blofeld sich direkt an der Jagd beteiligt. Das passt schlichtweg nicht zum Blofeld der vorangegangenen Filme. Es folgt eine wieder sehr stark und sehr unterhaltsam in Szene gesetzte Autoverfolgungsjagd mit allem was das Herz begehrt. Die zweite Skiverfolgung des Films ist ebenfalls gut inszeniert, auch wenn ich Blofelds Schlussfolgerung dass Bond unter der Lawine begraben sein muss, während Tracy quasi an der Oberfläche liegt, absolut nicht nachvollziehen kann. Hier verliert der Film wieder an Glaubwürdigkeit.
Das Finale (Sprengung des Institusts, abschließende Verfolgungsjagd und Hochezit, sowie Tracys Tod) sind wieder besser, auch wenn sie leider nicht an den großartigen Anfang anknüpfen können. Dennoch gefällt mir insbesondere Qs Auftritt auf der Hochzeit sehr gut, nach seinem Einsatz in LTK meine neue Lieblingsszene mit ihm. Auch Tracys Tod ließ mich überraschenderweise absolut nicht kalt (wie es sonst war, als ich diese letzte Szene schon einzeln gesehen hatte), sondern hat mich traurig zurückgelassen. Und zum ersten Mal überhaupt empfand ich das Bondtheme kurz danach als absolut unpassend. Darauf hätte man verzichten sollen.
Die Schauspieler: Die Stammbesetzung (M, Q, Monneypenny) macht durch die Bank alles richtig. Selbst Louis Maxwell, die mir sonst selten gefällt konnte mich hier überzeugen.
George Lazenby ist meiner Meinung nach deutlich besser als sein Ruf. Er spielt nahezu durchweg authentisch, die Kämpfe sind seine große Stärke doch auch abseits davon kommt er überzeugend rüber. Die typischen Bondsprüche (kenne bislang nur die deutsch Version) klappen (mit Ausnahme der "Versteifung", was mir zu plump ist) wunderbar und auch die ruhigen und romantischen Szenen stellt er sehr gut dar. Einmalig sein schelmisches Grinsen als er in Gumbolds Büro in einem Playboy blättert.
Trazy wird von Diana Rigg absolut überzeugend dargestellt und gibt ein tolles Bondgirl ab. Einziger Schwachpunkt bei den Schauspielern: Blofeld. Wäre es ein austauschbarer Gengsteboss gewesen wäre alles in Ordnung, schauspielerisch ist er ja nicht schlecht, aber als Blofeld versagt er. Überschattet wird das noch von der Unlogik, dass er Bond längst kennen müsste aus dem vorangegangenen Film, und wahrscheinlich schon deutlich länger. Warum musste man nur Blofeld für diese Rolle verbraten???
Fazit:
OHMSS hätte einer der besten Bondfilme überhaupt werden können, die erste halbe Studne ist für mich die mit dem meisten Bondfeeling, doch die Produzenten haben das Niveau leider nicht halten können und so landet er leider nur im oberen Mittelmaß. George Lazenby hätte weitere Filme verdient gehabt und Blofeld hätte nach YOLT ruhen müssen.
7/10
Anmerkung: Warum hat Lazenby eigentlich zwei Synchronstimmen? Mehrmals bekommt er plötzlich eine deutlich tiefere Stimme, die noch weniger zu hm passt als Connerys Synchronstimme.
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."