vodkamartini hat geschrieben: 5. Mai 2023 21:06
Da bin ich diesmal nur teilweise dabei. Blade Runner mag ich, verstehe aber, wenn man den öde findet. Aber der hat superbe Bilder, genau das fehlt Dune. Anatol hat recht damit, dass da viel zu viel viel zu künstlich wirkt. Es sieht schick und hochwertig aus, aber eben auch sehr nach CGI. Sicario hat auch bei mir etwas verloren, ist aber immer noch ein starker, finsterer Thriller mit interessanten Figuren. Die grausame Absurdität der ganzen Situation rund um die Grenze ist packend eingefangen.
Ich kann inzwischen mit Arrival nicht mehr viel anfangen. Bei Erstsichtung war das noch ganz nett, aber hat man die Auflösung und den Hintergrund mal serviert bekommen, schmeckt das doch sehr schal.
Enemy dagegen habe ich positiver in Erinnerung, aber auch nur ein Mal gesehen. Da steht die bei Villeneuve gefährliche Zweitsichtung noch aus.
Bleibt noch Prisoners, den ich als düsteren Psychothriller mit fiesem Magengrubenschlag auch schon mal besser fand.
Denis Villeneuve in Zahlen:
Der 32. August auf Erden - 4/10 (fängt schön und mysteriös an und entwickelt sich dann schnell zu einem unangenehm melodramatischen und leider auch kitschigen Film, der in seiner Handlungsentwicklung immer unglaubwürdiger und beliebiger wird)
Maelström - 6/10 (hübscher und durchaus fantasievoller Film, der aber figürlich zu flach bleibt und so nie über eine (gelungene) Stilübung hinwegkommt, ein tolles Highlight ist allerdings die hochklassig-atmosphärische Filmmusik von Pierre Desrochers)
Polytechnique - 8/10 (man kann Villeneuve durchaus vorwerfen, dass er über Amokläufe eigentlich nichts auszudrücken hat, aber die brillante Kameraarbeit, das intensive Terrorgefühl und die beklemmende Spannung sind ein absolut-packender Volltreffer)
Incendies - 4/10 (die Hauptdarstellerin ist fantastisch, aber wie sich dieser Film in menschlichem Leid weidet, ging mir auf die Nerven - und die Vielzahl an tragischen Zufällen und Schicksalsschlägen war für mich mehr Seifenoper als griechische Tragödie)
Enemy - 3/10 (so stellen sich Leute, die nie Arthouse gucken, einen Arthouse-Film vor: alles, was an Symbolismus und erzwungener Kunst im Kino scheiße sein kann, ist hier drin! eine große Blendgranate von Film, frustrierend hohl und meist unfreiwillig albern)
Prisoners - 5/10 (viel Fincher und dank Hugh Jackman auf seinem Karriere-Höhepunkt und einem glänzenden Paul Dano nicht ohne Höhepunkte, aber in der zweiten Hälfte wird es dann arg unglaubwürdig und mündet in einen erschreckend unkreativen Schluss)
Sicario - 8/10 (starker Thriller, der den Krieg gegen die Drogen in einfallsreichen und spannend komponierten Sequenzen schlüssig verdichtet und in einen bitteren Abschluss mündet, exzellent sind zudem Benicio del Toro und die tolle Emily Blunt)
Arrival - 5/10 (viele Elemente dieses Sci-Fi-Dramas sind richtig gelungen und erstaunlich schlüssig konzipiert, doch es fehlt ein einheitlicher Tonfall, der Spagat aus intellektuellem Kopfkino und emotionaler Selbstfindung ging bei mir gar nicht auf)
Blade Runner 2049 - 2,5/10 (da bin ich die krasse Ausnahme, aber es hilft nix: so ein banales Nichts an Handlung, Spannung und Figurenzeichnung so prätentiös-selbstverliebt in epischer Überlänge ist meine Vorstellung vom zehnten Kreis der Hölle)
Dune: Part One - 6/10 (ob man Frank Herberts Vorlage in eintöniger Schwerfälligkeit so bierernst präsentieren muss ist fraglich, aber der tolle Cast, die bildgewaltigen Aufnahmen und das wuchtige Sounddesign entschädigen dann doch für vieles)
vodkamartini hat geschrieben: 5. Mai 2023 21:06
Es ist ein wenig wie bei Nolan. Man jammert auf relativ hohem Niveau. Als die neuen Meisteregisseure ihrer Generation die mal auf einer Stufe mit Hitch genannt werden, sehe ich sie auch nicht. Aber sie haben Visionen, einen unverkennbaren Stil und die seltene Gabe Blockbusterkino für Erwachsene zu kreieren
Nolan - ja. Bin ich sofort bei dir. Aber der spielt für mich in einer anderen Klasse als Villeneuve - und dabei bin ich nicht der größte Nolan-Fan. Bei jedem seiner Filme verstehe ich aber sofort, wieso er Anhänger gefunden hat, die ihn hymnisch verehren. Villeneuve hat für mich durchaus Begabungen, aber ich halte ihn für keinen guten Geschichtenerzähler und es passt für mich, dass seine zwei richtig guten Filme genau die sind, die a) keine Geschichte erzählen und nur Eindrücke präsentieren (Polytechnique) oder b) von einem der besten Drehbuchautoren des vergangenen Jahrzehnts geschrieben wurden (Sicario) und trotz Villeneuves Stil eindeutig dessen Handschrift tragen. Ansonsten verzweifle ich immer, wenn ich viel positives über Villeneuve höre oder lese, da ich tatsächlich ganz ernst gemeint keine Ahnung habe, woher das kommt.
AnatolGogol hat geschrieben: 5. Mai 2023 20:34
Ich finde Villeneuves Dune noch nicht mal wirklich bildgewaltig. Für mich steht da viel zu sehr CGI im Vordergrund, wirklich tolle Kameraarbeit oder eindrucksvoll abgelichtete Szenerien (die eben nicht aus dem Rechner stammen) vermisse ich dagegen weitgehend.
Interessant, ich fand einige Szenen auffallend hübsch arrangiert und fotografiert. Ich meine auch gar nicht unbedingt nur die offensichtlichen Szenen, in denen die großen Sandwürmer alles wegfuttern, sondern auch kleinere, intimere Momente. Der ganze Film sah für mich groß und weit aus und es gab immer kleine Einfälle, Leben in die leeren Landschaften zu bringen, das hat mir gefallen und mich so in der Form auch überrascht. Erstaunlicherweise fand ich "Dune" optisch auch weit weniger künstlich als zum Beispiel einen "Mad Max: Fury Road", obwohl in dem sicher viel mehr echt gedreht wurde und dann nur bei der Farbbearbeitung verfremdet geriet.