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Die hörgenüsslichen Spezifikationen, die einen Bond-Score für die meisten Filmfans ausmachen, stellen sich in meinen Augen doch ein bisschen komplexer dar, als Gernots Grundaussage "Hauptsache dass Bond-Thema an der/den richtigen Actionstelle(n)" und jedem sei's dann scho' recht. Da sollte doch ein bißchen mehr Input eingefordert werden dürfen

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Betrachtet man den umfangreichen Themenkomplex, den Komponist
John Barry in seiner umfangreichen Phase für die Film-Serie über die Jahre vorgelegt hat, so haben sich verschiedene Unterthemen herauskristallisiert, die für sich separat betrachtet Leitmotiv-Strukturen aufzeigen:
Das bekannteste Thema in dieser Hinsicht dürfte die Übernahme des Titelsongs in eine instrumentale Umwandlung zu einem Love-Theme sein, welches die Beziehung zwischen der leading lady und dem Geheimagenten charakterisiert. Hier sind John Barry mit seinen Adaptionen zu
"A view to a kill" und
"The living daylights" absolute Meisterwerke gelungen.
Aber auch Themen wie die tickende Countdown-Melodie, das entspannte Bar-Atmosphären-Geplänkel oder das Henchman-Arrangement sind musikalische Einsätze mit oftmals hohem Widererkennungswert gewesen, die sich besonders durch ihre Melodieführung auszeichnen.
Und gerade die gefälligen Melodien sind es eigentlich, die ein Fan nicht nur im Kino als angenehmen Ohrenschmaus zur Kenntnis nehmen möchte, sondern auch zu Hause in einer längerfristigen Endlosschleife genießen möchte. Die Bedienung des sprichwörtlichen Mitsumm-Faktors hat gerade den Deutschen
Hans Zimmer zu einem der ganz großen Erfolgskomponisten der Filmmusikszene des letzten Jahrzehnts werden lassen - obwohl ich ihn. bzw. die Reihe seiner ganzen Zöglinge aus der "Remote Control Productions"-Schmiede jetzt nicht für einen Bond-Film als das Mass aller Dinge ansehen möchte

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In wie weit Komponist
Thomas Newman diesen aufgezählten
Spielregeln für
"SkyFall" nachgehen wird, weiß man erst, wenn seine Arbeit auf dem Markt gekommen ist. Wird seine musikalische Umsetzung sich aber den bisher typischen
Sam Mendes-Regiearbeiten orientieren, deren Einsatz über Strecken eher spärlich ist und das zu steigernde Spannungselement oft nur kurze sich wiederholende, depressiv klingende Klangpassagen darstellt, dürfte mancher Bond-Fan über das Endresultat dann wenig beglückt sein.
Sollte er sich dagegen seinen romantisch angehauchten Kompositionen aus Filmen wie
"Little women" (1994) oder
"How to Make an American Quilt" (1995) annähern, wäre Thomas Newman in dieser Hinsicht ein ausgezeichneter Nachfolger in den Fußstapfen John Barrys, was diesen speziellen Part angeht. Sein Action-Scoring bliebe dann als Überraschungsmoment noch aussen vor, da hier bisher wenig vergleichbares vorliegt, so dass seine Besetzung auch positives beinhalten kann.
Vieles wird davon abhängen wie der Film geschnitten und welche Intention Sam Mendes mit
"SkyFall" verbinden wird. Es wird sich abschliessend zeigen, ob Strukturen der High oder Low Fantasy in diesem Bond-Film bedient werden. Bei der Low Fantasy steht nicht die Weltenrettung im Vordergrund, sondern das persönliche Schicksal der Hauptfiguren. Schenkt man den bisherigen Gerüchten Glauben wird auch dieser Bondfilm der
Reboot-Ära diesem speziellen Aspekt besonderes Gewicht verleihen, so dass von einem "Klassischen" Bondfilm, bei dem das Thema Weltrettung im Vordergrund steht, nicht wirklich die Rede wäre, da dies den Regeln der High Fantasy zuzuordnen ist. Wie stark der "dramatische" Moment, welcher das Schicksal eines bestimmten Charakters konjugieren würde - in diesem Fall vermutlich von
Judi Denchs M - in dieses (musikalische) Werk Einzug hält, bleibt abzuwarten. Es wird auch interessant werden zu sehen, ob "Q" und "Miss Monneypenny" ein eigenes musikalisches Thema bekommen werden. Es ist also einiges an Entwicklungspotential vorhanden für diesen speziellen Jubiliäumsbeitrag.
Als wichtigster Unterpunkt steht aber erst einmal die Frage im Raum, ob Komponist
Thomas Newman auch die Verantwortung für den Titelsong zugesprochen bekommt, da dies sich doch immer als Vorteil für den Gesamtscore erwiesen hat, wenn der jeweilige Komponist die Melodie des Titelsongs als abgewandeltes Instrumentalstück in den Film integrieren konnte, da dies nicht nur den Widererkennungswert steigert, sondern dem Film auch einen tieferen musikalischen Duktus verleiht.
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