Goahead hat geschrieben: 3. September 2018 21:22Ich finde,dass die Bond Reihe- gerade heute- ausmacht, dass man in guter alter Manier, die Tradition wahrend eben nicht jedem Trend aufnimmt und dennoch stets zeitgemäss und auch innovativ bleibt.
Kann ich verstehen, persönlich sehe ich die letzten 4-5 Filme aber vollkommen anders. Mit CR hat man viele Traditionen der Bondreihe eben auch gebrochen und einen Film gemacht, den die allermeisten sicher gelungen finden, der am Box Office erfolgreich war etc., aber der gerade wegen seiner vielen Modernisierungen und Anpassungen an das heutige (bzw. damalige) Kino die neuen Zuschauerschichten hinzu gewonnen hat. Es war keinesfalls so, dass CR plötzlich vorherige Nicht-Bondgucker nur durch seine Qualitäten überzeugen konnte, sondern auch deshalb, weil er mehrere Schritte auf sie zugegangen ist und sich von einem Teil der Kernelemente vorheriger Bonds entfernte. Das ist an sich kein Problem, dennoch erkennt man in der Produktion, im Writing und in der Inszenierung durch Martin Campbell eine Entschlankung der Reihentradition mit einhergehender Orientierung am veränderten Massengeschmack des Post-9/11-Unterhaltungskinos. Auch QOS orientiert sich überdeutlich an den äußerst beliebten Filmen der "Jason Bourne"-Trilogie (wie übrigens auch schon viele Teile von CR), mit einer klaren Vorliebe für die beiden von Paul Greengrass inszenierten Filme. Auffällig ist das in QOS besonders an der Aufmachung (so etwa durch die schnellen Schnitte), der deutlich politischeren Paranoia-Thriller-Geschichte rund um eine Intrige innerhalb der Geheimdienste und der weitgehenden Ernsthaftigkeit/Bodenhaftung auszumachen. Die Vergleiche, die viele Kritiker 2008 zwischen dem Abschluss der Bourne-Trilogie und QOS zogen, kamen nicht von ungefähr.
Selbiges gilt auch für SF. Sicherlich kann man Sam Mendes attestieren, eine eigene Vision für seine Bondinkarnationen zu haben. Dennoch ist überdeutlich, wie stark SF sich nicht nur von der filmischen "Sprache" und dem Stil der Prä-Craig-Bonds distanziert, sondern wie weit er stilistisch auch von CR und QOS weg ist. Das Vorbild hat hier einen Namen: Nolan. Schon die Marketing-Kampagne (explizit die Trailer) erinnerten frappierend an selbige zu Nolans von der Presse teils als Meisterwerken gefeierten Actionfilmen "The Dark Knight" und "Inception", sodass 2012 "Skyfall" glatt wie die James Bond Variation zum wenige Monate zuvor erschienenen "The Dark Knight Rises" anmutete. Auch das ist prinzipiell nicht negativ: Nolan hat überwältigenden Erfolg, ist ein gefeierter Regisseur und gilt als Meister darin, Anspruch und Unterhaltung im Massenkino zu verknüpfen. Warum also nicht an ihm orientieren? Mendes hätte sich sicher ein schlechteres Vorbild suchen können als Nolan, den er unentwegt zitiert (Shanghai-Szene: Bond verschwindet wie Batman in der Dunkelheit), paraphrasiert oder einen ähnlichen Ton wählt (explizit der Score von Thomas Newman oder etwa die Parallelmontage rund um das Tennyson Gedicht könnten direkt aus den Batman-Filmen von Nolan übernommen worden sein) - und das mit fast noch größerem Erfolg am Box-Office, als Nolan ihn jemals hatte. Mit SP kombiniert er dann diesen durch ihn nun bei Bond etablierten visuellen Stil mit einer deutlich klassischeren Erzählung, in der mehr Bondscher Eskapismus und Humor Einzug halten. Doch auch hier zeigen sich Einflüsse der Konkurrenz: Hatte man bei Bond bisher nie allzu große Rückbezüge auf frührere Filme intendiert (sieht man von der direkten Fortsetzung QOS ab), übernimmt SP die Struktur der Marvel-Filme. Ein großer Villain (bei Marvel Thanos, bei Bond das Fleming-Äquivalent) steckt im Geheimen hinter den vorherigen Großereignissen und macht so das aktuelle Abenteuer automatisch zu einem noch viel größeren, der Film bindet durch direkte Callback's (Mr. White, Vesper, der Tod von Dench) Assoziationen zu den dramatischen Höhepunkten der Vorgänger und zieht für seinen neuen Konflikt daraus seine dramaturgische Kraft.
All das muss man nicht so sehen, dennoch denke ich, dass klar ist, dass die Öffnung der vorher zugegeben enorm festgefahrenen Reihe "James Bond" es ermöglicht hat, im stärkeren Sinne nicht nur Experimente einzugehen, sondern eben auch Bond für neue Zuschauerschichten zu öffnen. Und das geht nicht durch ein Festhalten an Traditionen, die diese Publikumsschichten vorher auch nicht interessiert haben, sondern durch neue Traditionen und eine große Kommunikation mit den Erwartungen und Hoffnungen eines neu heranwachsenden Publikums, dass durch serielleres Erzählen im Blockbuster-Format und Netflix-Serien von Hollywood-Qualität eine ganz neue Sozialisierung in ihren Sehgewohnheiten innerhalb des Mediums erfahren hat. Das Resultat dieses Gedanken? Wir werden sehen. Ob es nun zu einer Umsetzung der "Fantheorie" kommt oder nicht, nun ja, sicherlich ist die Akzeptanz einer Umbesetzung bei Bond deutlich größer als bei anderen Filmfiguren. Letztlich ist das aber eigentlich irrelevant, da allein die immer häufiger auftauchende Theorie selbst bereits ein anderes Denken aufzeigt, als es das Publikum vor 30 Jahren vielleicht gehabt haben mag. Ein Publikum, dass problemlos 1983 Roger Moore und Sean Connery in derselben Rolle auf der großen Leinwand akzeptieren konnte, während heute alleine die Verwendung des Nebencharakters Quicksilver in der X-Men Reihe 2014 den Regisseur Joss Whedon bei "Avengers: Age of Ultron" ein Jahr später dazu veranlasste, seine Version dieser Figur (die in seinem Film nicht einmal beim Namen genannt wird) im Showdown wieder zu töten, statt sie in Fortsetzungen eventuell in direkter Konkurrenz zum X-Men-Pedant anlaufen zu lassen. Womöglich ist dennoch ein immer wieder erneuter Reboot wahrscheinlicher - so oder so, die Veränderungen sind bereits in die Filme eingeflossen und werden sich weiterhin bemerkbar machen.