vodkamartini hat geschrieben: 6. Mai 2023 15:04Sicher, eine besonders aufregende Geschichte wird nicht erzählt (aber kann man das nicht der Hälfte aller Marvels vorwerfen?) und irgendwie musste jeder noch mal seine Momente bekommen. Aber das passte bei allen vortrefflich.
Ich weiß nicht. Klar, dolle Geschichten erzählen die wenigsten Marvel-Filme, aber mir kam das, was da in GotG 3 passiert überaus dünn vor. Die meiste Zeit fliegen die Guardians eigentlich nur von Ort zu Ort, um irgendeinen ominösen Schlüssel zu finden, damit sie Rocket retten können.Willkürlich über die Laufzeit verteilt sehen wir dann die Rocket-Rückblenden und die Guardians, die sich in Nebenschauplätzen verheddern (ganz weit oben auf der Nervigkeitsskala: Star-Lords nicht endende Sülzerei über Gamora und die große Liebe, die die beiden hatten). Im Finale ist dann Rocket auf einmal gerettet, aber die anderen Guardians irgendwie nicht und dann doch wieder, aber ach die Kinder und ach die Tiere und überhaupt … Ich mag übertreiben, aber selbst für einen Marvel-Film kam mir das dünn vor, zu dünn.
Und gerade die Art, wie die Charaktere fortgesetzt werden und wie sie am Ende dann ihren Abschluss finden, auch das hat mir nicht durchweg gefallen. Die super unlustige Mantis zieht jetzt von dannen und macht Selbstfindung im All? Aha. Wo kam das her? Wann wurde das aufgebaut? Noch doofer: Da handelt der GANZE zweite Teil der Guardians-Reihe davon, dass Star-Lord immer eine Familie gewollt und sie unerwartet in den Guardians gefunden hat, nur um am Ende zur Erde zu düsen und Opilein zu knuddeln? Och nö. Was für ein doofer Kitsch und vor allem komplett gegen den Kern dessen, was uns die Vorgänger erzählt haben. Das stinkt gewaltig nach der üblichen Marvel-Maschinerie, die natürlich (wie man uns nach dem Abspann verrät) dann doch noch Fortsetzungen nach dem eigentlichen "Finale" vorsieht.
Warum Gamora eigentlich im Film war, habe ich auch nicht verstanden. Ich fand sie vollkommen überflüssig. Man merkte sofort, dass James Gunn das scheiße fand, was man in "Infinity War" und "Endgame" gemacht hat und das er sie für Teil 3 fest eingeplant hatte, und ihm das jetzt nicht mehr in der Form möglich war, wie einst geplant. Aber dann hätte er sie lieber weglassen sollen. Ich fand es nur frustrierend, eine Figur, die einiges an Entwicklung hinter sich hatte, jetzt wieder auf ihrem frühesten Stand zurückgeworfen zu sehen. Zumal das dann auch ohne jede vernünftige Konklusion bleibt. Erwarte ich damit schon zu viel von einem Marvel-Film? Vielleicht. Aber das sind denke ich faire Erwartungen an jeden halbwegs überlegten Blockbuster.
vodkamartini hat geschrieben: 6. Mai 2023 15:04Und das 3. SW Sequel fand ich dann doch deutlich schwächer.
Ist es auch. "Der Aufstieg Skywalkers" war teilweise ein Desaster, davon ist Vol. 3 weit entfernt. Aber die Kernprobleme sind für mich ähnliche. Gerade dieser lange Ausflug in das "organische Gefängnis" oder so ist diese Art von Zeitschinderei, mit der die Star-Wars-Sequels oft genervt haben. Nettes Set, ganz drollige Kostüme, aber eigentlich nur ein langes Zwischenkapitel ohne viel Sinn und im Falle der Guardians insbesondere ein Cameo-Festival vor dem Herrn (Nathan Fillion, Jennifer Holland, Daniela Melchior & Co.). Es ist ja sympathisch, dass Gunn seine Freunde (und seine Frau) immer in seinem Kram mit einbaut, aber wenn der Film dafür zwanzig Minuten keinen Fortschritt machen darf, bis jeder aus seiner WhatsApp-Kontaktliste einmal im Bild war, ist es halt lästig. Aber auch hier wieder: Ich erwarte vielleicht zu viel. Mir reicht es in Filmen selten, Dinge einfach nur zu machen, um sie gemacht zu haben. Ich habe gerne Fortschritt, Dramaturgie, Entwicklung, und im besten Falle sinnig verknüpft.
vodkamartini hat geschrieben: 6. Mai 2023 15:04Ich für meine Begriffe bin mit der Reihe versöhnt, nach dem lauen Kitschfestival des zweiten Teils, den ich deutlich für den schlechtesten halte.
Weißt du ja eh, aber Teil 1 und 2 sind für mich eine Klasse besser. Der Kitsch in Teil 2 hatte ja seinen Grund (Ego lullt seinen Sohnemann mit einer Bonbon-Utopie ein) und war zudem so arg auf die Spitze getrieben, dass man es als Selbstironie erkannt hat (wenn sich Pratt und Russell tatsächlich einen Ball zuwerfen, so als wären sie Papa und 5-jähriges Kind, da hab ich sehr gelacht). Aber jetzt in Vol. 3 war einiges doch sehr grenzwertig für mich. Drax habe ich gar nicht mehr wieder erkannt, wenn der da mit den Kindern rumalbert, da war meine Schmerzgrenze erreicht. Und "You were never meant to be a Destroyer. You were meant to be a Dad." Oh weia.
Es gab da einige Einfälle in Vol. 3, die fand ich zu doll und drüber, selbst für diese Art Film. Counter-Earth ist eine super doofe Idee und diese Faschingstierkostüme, in denen da alle rumrennen, sehen zudem ganz schön billig aus. Noch doofer war aber der Antagonist: Echt jetzt, ein ausschließlich rumbrüllender und mit aufgerissenen Augen Technik-Mumbojumbo redender irrer Wissenschaftler? Das älteste Cartoon-Klischee der Welt! Und dann foltert er auch noch Tiere!
Gunn hätte sich auf eine Geschichte konzentrieren sollen, statt diese ganzen Figuren und Konzepte in einen 150 Minuten Film zu werfen. Adam Warlock habe ich noch gar nicht erwähnt – eigentlich nur, weil er absolut vergessenswert ist, aber immerhin sowohl für den blödesten (Evolution of Adam) und für den besten Gag ("Show them we mean business") verantwortlich ist. Mir haben natürlich auch einige Sachen gefallen. Die Action ist in den Guardian-Filmen trotz CGI-Overkill besser als sonst bei Marvel, ich musste oft sehr laut lachen, lauter als ich vorher gedacht hätte, die Musikauswahl ist wieder grandios wie zuvor ("Creep" von Radiohead war eine ganz tolle Einführung in den Film), Rockets Hintergrundgeschichte hat mich gerührt und die Figuren sind einem dann größtenteils eben doch ans Herz gewachsen, man fiebert gerne mit ihnen mit.
Trotzdem: Mir war da zu wenig Handlung, zu wenig Figurenentwicklung, zu wenig Sinn, zu wenig Film.