Ich beneide dich etwas dafür, dass es dir offenbar gelungen ist dich zumindest in Teilen von Old Shatterhand unterhalten zu lassen. Angesichts deiner Wertung verstehe ich auch deinen gestrigen Verweis auf die beiden anderen filmischen Olds, leider empfand ich die Schmetterhand nicht zuletzt auch aufgrund ihrer (Über-)Länge als furchtbar zäh und in folge dessen weitgehend unterhaltungsfrei.vodkamartini hat geschrieben:
Old Shatterhand (1964)
Eine Kritik von vodkamartini (Bewertung des Films: 5 / 10)
Das liest man in der Hintergrundliteratur auch desöfteren und es wird meine ich sogar etwas prahlerisch im Making-Of zum Film angeführt. Aber ist das wirklich so? Wenn man mal die Standard Besetzung der Hauptrollen (Barker, Brice und Wolter) weglässt finde ich die Besetzungsliste eher wenig spektakulär in Bezug auch namhafte Darsteller oder gar Stars. Weit und breit kein Kaliber wie der ehemalige Weltstar Granger, die Lavi ist auch ein weit kleinerer Name als die damals international gerade sehr gefragte Sommer. Die US-Amerikaner sind im internationalen Kontext kaum bekannte B-Darsteller. Was den Cast von Shatterhand etwas „exklusiver“ macht ist für mich eigentlich nur seine stärker englischsprachige Ausrichtung, aber in Bezug auf namhafte Stars (zB Lom) ist das für mich eine Klasse hinter den Rialtos anzusiedeln. Vom Einsatz großer deutscher Stars wie Dor oder Kinski ganz zu schweigen.vodkamartini hat geschrieben:
sondern trommelte für deutsche Verhältnisse auch einen recht namhaften Cast zusammen
Genau das ist eben die Frage, nämlich ob man Ramsey tatsächlich als komischen Part vorgesehen hat. Auf dem Papier eigentlich fraglos, da er ja quasi die direkte musikalische und filmische Konkurrenz von Howland war und dem deutschen Publikum praktisch nur als amerikanischer Gute-Laune-Schalk bekannt war (in diesem Zusammenhang ist die Begeisterung des deutschen Publikums der 50er und 60er Jahre für englischsprachige Musikclowns wie Ramsey, Howland oder auch Gus Backus erstaunlich, ein merkwürdiges Zeitphänomen). Die Hintergrundliteratur weiss hierzu ja auch zu berichten, dass Ramsey erst engagiert wurde, nachdem die erste (Arent) und zweite (Howland) Wahl für die Rolle nicht verfügbar war. Was mich aber stark verwundert ist, wie straight und unkomisch Ramsey seine Rolle spielt bzw. er entsprechend in Szene gesetzt wird. Er hat praktisch den ganzen Film über keine Gags, keinen Slapstick, keinen komischen Moment. Das einzige mal, dass man ihn in einer etwas komischen Situation erlebt ist im Finale, als er sich unter seinem Hut verstecken will. Und auch diese Szene ist in Ramseys Spiel und der Inszenierung sehr verhalten, fast schon eine Art „leiser Humor“. Ich frage mich, ob man Ramsey bewusst gar nicht komisch in Szene gesetzt hat und ihn vielleicht gar nur wegen seiner Bekanntheit als besseren Komparsen mit an Bord genommen hat oder ob ein intendierter Humor irgendwo im Chaos der Produktion oder auf dem Boden des Schneideraums verloren ging. Mit dem typischen Schenkelklopfer-Humor a la Arent oder Howland hat sein Auftritt jedenfall nicht wirklich was gemein, was eigentlich absolut erstaunlich ist.vodkamartini hat geschrieben:
ist ebenso überflüssig wie der unvermeidliche Komiker-Sidekick Bill Ramsey, der wie seine Vorgänger Eddi Arent (Lord Castlepool) und Chris Howland (Reporter Tufftuff) für den (ebenso deplatzierten wie unkomischen) Humor herhalten muss.
By the way: findest du auch Arents Humor generell unkomisch und deplatziert? Ich meine mich zu erinnern, dass du dich beim Schut recht positiv über den Klamauk von Borsche und Howland geäussert hast, empfindest du diesen Humor stilistisch etwas anders oder generell einfach passender in die Handlung integriert?
Aber eine absolut erinnerungswürdige Szene hat Gojko „Schorsch“ Mitic dann immerhin: als er urplötzlich anfängt ein wildes Kriegstänzchen aufzuführen, stilecht mit wackelnden Armen und wiegendem Tanzschritt.vodkamartini hat geschrieben: Immerhin aus Karl-May-Film-historischen Gründen erwähnenswert sind die jeweils ersten Auftritte von (…) Gojko Mitic. (…) Der muskelbepackte Mitic durfte in „Winnetou II" und „Unter Geiern" bereits deutlich größere Indianerrollen übernehmen, bis er dann in den DEFA-Indianerproduktionen zu einem der beliebtesten Filmstars der DDR aufstieg. In „Old Shatterhand" fügen sich beide allerdings nahtlos in das Gros der blassen und schlampig gezeichneten Figuren ein.
Ich glaube, in Summe hat Brauner durch den Wallace-Boom aber dennoch sehr gut verdient, da er neben seinen Epigonen auf Basis der literarischen Versuche des Wallace-Sohnes (ein absolut brillantes Manöver, um doch noch mit dem Namen Wallace Filme drehen zu können) ja auch noch mit seinen beiden Original-Wallace-Titeln, der Mabuse- und der Weinert Wilton-Reihe in Konkurrenz zu den Rialto-Wallaces trat. Später kamen dann auch noch die „umetikettierten“ Giallos hinzu und einen gewissen Erfolg hatten all diese Filme beim Publikum, die Mabuse-Reihe lief sogar richtig gut.vodkamartini hat geschrieben:
Das bundesdeutsche Filmproduzenten-Schwergewicht und Chef der Berliner CCC-Film hechelte seinem ehemaligen Zögling Horst Wendlandt schon bei der überaus erfolgreiche Edgar Wallace-Reihe hinterher und durfte nur noch die Brotkrumen in Form der Werke des Wallace-Sprosses Bryan aufsammeln.
Noch ein Wort zu Old Shatterhand in Bezug auf Brauners andere Großproduktionen der damaligen Zeit: all diese Filme (Shatterhand, Nibelungen, Kampf um Rom) vereint der sehr hohe Auwand der betrieben wurde, die unübersehbare Orientierung an großen Hollywood-Vorbildern und die Ambition mit den Filmen auch auf dem internationalen Markt mitzumischen. Allen gemeinsam ist aber auch, dass die fertigen Filme sehr fragmentiert und holprig wirken, dass eine kohärrente Dramaturgie und inspirierte Regie fehlt und das Ganze oftmals sogar ins unfreiwillig Komische oder gar in den Trash kippt. Bei den Nibelungen kann man noch am ehesten eine durchgängige Linie erkennen, was ich in erster Linie Reinl zuschreiben würde, aber auch hier gibt es jede Menge unglücklicher Elemente, die das Gesamtresultat nicht so wirklich toll aussehen lassen. Bei all diesen Projekten scheint es mir, dass den kritischen Faktoren Drehbuch und Regie zu wenig Beachtung geschenkt wurde, was sich mehr oder weniger fatal auf die Qualität der Filme auswirkte. Interessant unter diesem Gesichtspunkt ist, dass die einzige in meinen Augen wirklich gelungene Braunersche Großproduktion der damaligen Zeit der Zweiteiler Der Tiger von Eschnapur/Das indische Grabmahl ist, bei welchem die Ausnahmekönner Fritz Lang und Thea von Harbou das kreative Zepter schwangen. Das kann kein Zufall sein oder anders gesprochen: hätte Brauner seiner Mamutproduktion Old Shatterhand mehr Zeit, fähigere und vor allem mit dem Werk Mays vertrautere Autoren und einen kompetenten und inspirierten Regisseur gegönnt, das Resultat wäre fraglos von ganz anderer Qualität gewesen. Andererseits: hätte man dem Projekt mehr Zeit und Muße gegönnt, hätte man den großen Boom wohl verpasst und vielleicht wäre ein qualitativ erheblich besserer Old Shatterhand aufgrund seiner längeren Produktionsdauer 1965 oder gar erst 1966 deutlich hinter dem tatsächlichen Einspiel zurückgeblieben. Aus kaufmännischer Sicht hat Atze also wohl doch alles richtig gemacht und hier zeigt sich auch schön, wie entscheidend der richtige Moment ist, den er zB mit seinem Monumentalnachzügler Kampf um Rom deutlich verpasste.