Casino Hille hat geschrieben: 28. Dezember 2023 01:50
Ach Leute, glaubt mir bitte, ich will eigentlich nicht, aber ein bisschen negativer muss ich bei "Girl You Know It's True" dann doch sein. Auf der Habenseite gibt es einiges zu verzeichnen:
Ach du, abweichende Meinungen beleben das Geschäft. Das ist doch eher erfrischend als nervend. Und ich kann dir durchaus folgen. Meine hohe Wertung speist sich aus einer sehr besonderen Situation. Als Kind der MTV-Zeit, als Besitzer der originalen 12" von Girl you know ... und als Gast bei der Vorpremiere mit Anwesenheit und anschließender Diskussion mit Regisseur Verhoeven hatte ich da ein ganz besonderes Erlebnispaket.
Ich verstehe das mit Schweighöfer, den ich übrigens als Darsteller normalerweise nicht mag. Dass er drüber ist liest man ja in jeder zweiten Kritik. Und tatsächlich ist das hart an der Grenze. Aber er transportiert diese ambivalente Figur gerade durch diese Übertreibung sehr gut. Das manische Musikgenie, den knallharten Produzenten, den provinziellen Spießer. Bei seinen wenigen Auftritten malt er zugeben grell, aber Farian ist auch eine schillernde Figur.
Das Zeitkolorit, hat du ja auch geschrieben, ist famos eingefangen, das gelingt nur ganz selten. Eine der größten Stärken des Films. Gerade wenn man dabei war, ist man da sehr kritisch. Sicher Verhoeven war selbst dabei, aber das dann so authentisch umzusetzen ist dennoch großes Kino.
Casino Hille hat geschrieben: 28. Dezember 2023 01:50Außerdem verliert "Girl You Know It's True" nach hinten doch an dramaturgischer Qualität. Die eigentliche Tragödie, die in dem Stoff steckt, die wird dann nur auf personeller Ebene herausgekitzelt, aber über die Musikindustrie als solche und vor allem auch über die unangenehmen Implikationen des Milli-Vanilli-Niedergangs hinsichtlich Konsumkultur bleibt Verhoeven sehr dünn aufgestellt. Das ist für sich okay, man könnte positiv sagen, er setzt eben einen Schwerpunkt.
Das wird nicht nur heraus gekitzelt, das ist voll getroffen. Was die Musikindustrie betrifft, hätte man noch tiefer gehen können, ja. Aber dann hätte Verhoeven noch ne halbe Stunde drauf legen müssen, was wiederum den Unterhaltungswert geschmälert, den Fokus von den beiden Protagonisten weg genommen hätte. Klingt für mich in Summe dann unrunder. Witzig ist ja auch, dass in der heutigen Zeit das Ganze nicht mal ein Skandälchen wert wäre. Da singt jeder YouTuber, TikToker fröhlich Playback, da wird jeder zweite photogeshopt, da ist der Fake zur allseits akzeptierten und gelebten Normalität geworden. Auch eine interessante Entwicklung.