Casino Hille hat geschrieben: 10. Juli 2022 23:38
die eine Arbeit macht einen Unterschied auf das fertige Produkt (den Film) und die andere ist schön für alle Beteiligten, die sich selbst verwirklichen, riecht aber bei manchen Geschichten arg nach Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Das kann man wohl schwerlich leugnen.
Ich spiele mal wieder den EON-Ketzer und stelle die Behauptung in den Raum, dass bei deinen angeführten beiden Arbeiten die Motivation die gleiche ist. Ich habe schon seit langem den Verdacht, dass die aktuelle Broccoli-Generation ganz andere Interessen an der Produktion der Filme hat wie ihr seliger Vorvater (oder Vorväter, wenn man den ollen Harry auch noch dazurechnet). Für die erste EON-Generation waren die Bondfilme in erster Linie mal ein Geschäft, mit dem man möglichst erfolgreich sein und selbst reich werden wollte.
Man sollte dabei auch nicht vergessen, dass die vorherigen geschäftlichen Bemühungen von Cubby und Harry jetzt auch nicht übermäßig bahnbrechend waren, so dass der enorme Erfolg der Bondfilme (und zwar von Beginn an) ihnen wie eine gefundene Goldader vorgekommen sein muss. Verständlich, dass man an diesem Erfolgrezept dann über die Jahre und Jahrzehnte auch wenig verändern wollte, um ja nicht die Goldader zum Versiegen zu bringen. Hinzu kommt, dass man ebenfalls von Beginn an sehr strukturierte und effiziente Produktionsabläufe aufgestellt hat. Das gilt insbesondere für die ungemein wichtige Vorproduktion (da sie der Ausgangspunkt von allem ist), Drehbücher bzw. Drafts für kommende Filme wurden bereits während der laufenden Produktion entwickelt und vorbereitet, idR in den bewährten und befähigten Händen von Richard Maibaum. Ich denke, dass dies auch der entscheidende Faktor dafür war, dass man eine so hohe Produktionsfrequenz fahren konnte und über lange Zeit im 1-2 Jahresrhythmus neue Filme fertigstellen konnte. Fairerweise muss man hier auch berücksichtigen, dass man noch vollen Zugriff auf das Flemingsche Oeuvre hatte, wobei das natürlich spätestens ab den 70ern auch nur noch als lose Ausgangsbasis denn als wirkliche Grundlage diente - aber immerhin.
Versucht man nun dies mit der Herangehensweise der aktuellen EON-Generation zu vergleichen, dann fällt gerade in Bezug auf die Vorbereitung von Folgeproduktionen ein eklatanter Unterschied auf. Ich bezweifle zwar nicht, dass man bei EON laufend an neuen Ideen arbeitet, aber die Ernsthaftigkeit dürfte doch eine ganz andere sein. Bei EON V1 war die Vorproduktion ja förmlich durchgetaktet, eben weil man hier die Notwendigkeit sah nur so schnell und effizient (und damit maximal gewinnbringend) produzieren zu können. Bei EON V2 denke ich spielen diese Überlegungen deutlich weniger eine Rolle. Vermutlich auch, weil diese Generation in einen ganz anderen Lebensstandard hineingeboren wurde (zumindest Barbara) und sicherlich auch deshalb eine ganz andere Herangehensweise an die Produktion der Bondfilme hat wie V1. Da geht es denke ich dann eben auch zu einem beträchtlichen Teil um Selbstverwirklichung (womit ich wieder bei meinemm Ausgangspunkt wäre) und der finanzielle Aspekt ist eher ein Nebenkriegsschauplatz (aus genannten Gründen). Das mag jetzt alles stark vereinfacht dargestellt sein, aber der Kern dieser Überlegung ist: EON V2 verspürt keinen wirklichen Druck Bondfilme zu produzieren und daher dauert das dann halt auch so lange wie es dauert, während EON V1 einen permenenten Druck spürte (nicht zuletzt, weil man befürchtete die Goldader könne versiegen) und diesen innerhalb ihrer Produktionsprozesse deshalb dann auch hoch hielt. Aber wie gesagt, nur eine wilde, küchenpsychologische These meinerseits.