Malek hat geschrieben: 1. Oktober 2021 14:33
Habe den Film vor zwei Tagen gesehen und bin Begeistert, gerade auch was den Schluss "Bonds Tod" betrifft.
Gerade deswegen verstehe ich dich "Hille" nicht....Ich gebe zu ich Liebe deinen Avatar und vor allem deine süffisanten hoch qualitativen Kommentare (kürzlich fing ich an, mich durch die Filmbesprechungen der einzelnen Bond Filme zu lesen und für deine vehemente Verteidigung von TMWTGG und Moonraker bist du mir noch mehr ans Herz gewachsen.....)
Jedoch deine Puristische Ansicht "Bond dürfe nicht sterben" verstehe ich einfach nicht.
Hey Malek, ich liebe meinen Avatar auch, also haben wir etwas gemeinsam!
Allerdings irrst du dich – und das meine ich in aller (hoffentlich entstehenden) Freundschaft! Ich bin da gar nicht so puristisch. Es gibt denke ich keine Idee, die in einem James-Bond-Film nicht funktionieren kann. James Bond stirbt am Ende des Films ist immer ein Gedanke gewesen, der hauptsächlich durch Boulevard-Medien mit dem Franchise verbunden war und einmal pro neuem Film kam das wieder hoch. Es ist grundsätzlich nichts, was man auf gar keinen Fall machen sollte. Trotzdem gefällt es mir nicht und vor allem die Umsetzung in NT2D finde ich miserabel.
Schnell erklärt: Ich bin der Ansicht, wenn man einmal eine so fest bestehende Regel wie "James Bond stirbt nicht und gewinnt jeden Film" so radikal bricht, dann macht das etwas mit der Filmreihe. Es öffnet sie in viele Richtungen. Und das tut streng genommen jede Abweichung von der so empfundenen "Norm". In DAD hat man erstmals mit der Gunbarrel rumgespielt, mit der 3D-Kugel, die da auf den Zuschauer zugeflogen kommt. Und sehen wir uns an, was die fünf Filme danach mit der Gunbarrel passiert ist: In CR ist sie Teil des Plots, in QOS kommt sie erst ganz am Ende, SF eröffnet mit einer "Art" Gunbarrel und endet mit der klassischen Version, SP bedient die klassische Version, lässt sie aber untypisch enden und auch NT2D variiert sie, lässt das Blut weg, zoomt in sie hinein.
Stell es dir meinetwegen als Dammbruch vor. Die Gunbarrel blieb fast 40 Jahre lang unangetastet in ihrer Form. Sie war, wie sie eben immer war und zu sein hatte. Es wird sicher immer Ideen gegeben haben, wie man die Gunbarrel variieren kann, aber es wurde eben nicht gemacht, weil man an ihr nun mal nicht herumspielen wollte. Dann aber hat Tamahori eine Änderung eingebaut, eine wesentliche, keine gewaltige, aber eine bemerkbare Änderung. Und nach dieser Änderung war es dann sehr viel leichter, bei den kommenden Filmen wieder so etwas zu machen, denn: Wenn man einmal bei der Gunbarrel beigeht, warum nicht immer wieder?
Ich habe also weniger damit ein Problem, auf den Gedanken zu kommen, einen Film mit dem Tod von James Bond enden zu lassen. Aber ich mag nicht, was daraus folgen könnte und was es für Konsequenzen für die Reihe haben wird. "James Bond stirbt nicht" war vielleicht die aller oberste Regel, die die Filmreihe hatte, und nun, da diese wegfällt, ist aus meiner Sicht noch viel mehr möglich geworden, als je zuvor. Wie jeder für sich das beurteilt und einordnet, ist natürlich eine ganz individuelle Sache.
Bonds Tod in NT2D stört mich aber hauptsächlich, weil ich – wie oben angetönt – die Umsetzung miserabel finde. Dafür gibt es viele Gründe: Einmal halte ich das Drehbuch des Films für unfassbar dämlich. Es ist für mich nach etwas Bedenkzeit das mit Abstand idiotischste Script der ganzen Reihe. Aber: Das ist diskutabel. Kann jeder für sich beruteilen, wie ich eben schrieb. Jedenfalls ärgert mich dieser Film, mich ärgert dieses letzte Drittel, mich ärgert der bittere Beigeschmack, man habe Bond hier nur sterben lassen, weil einem nichts besseres einfiel für ein "großes Finale der Daniel-Craig-Ära", welches man anstrebte. Es ist eine alte Hollywood-Trope, einen epischen Film auch mit dem Heldentod der Hauptfigur abzuschließen. Zuletzt sahen wir sowas in "Avengers: Endgame". Die Selbstopferung ist ein gern genutztes Stilmittel und ich bin ganz ehrlich zu dir: Ich mag es nicht. Es hat mir noch nie gefallen, es gibt mir nichts, es erreicht mich emotional so gut wie nie. Es ist so ziemlich das langweiligste, was man mit einer Figur machen kann.
Zurück zu NT2D per se: Mich stört, wie konstruiert die Handlung versucht, Bond in eine Situation zu bringen, in der er sich opfern muss. Warum bleibt er alleine in Safins HQ zurück, wo doch ER der "Zivilist" mit persönlichem Bezug zu Madeleine ist? Warum bleibt nicht Nomi vor Ort, um die Mission abzuschließen? Warum muss irgendeine Tür aufgemacht werden für die einschlagenden Raketen, die dann ohnehin die ganze Insel annihilieren? Warum infiziert Safin Bond mit dem Virus und sagt es ihm dann auch noch, statt Bond im Unklaren zulassen, damit dieser nichtsahnend Frau und Tochter umbringt? Warum filmt Fukunaga jede Szene dieses Films, die emotional sein soll, in diesem "Rosamunde Pilcher"-Telenovela-Gedächtnis-Sonnenlicht? Warum muss Hans Zimmer die gesamte Szene mit zuckriger Musik beschallen, statt sein Orchester schweigen und die Emotionen für sich sprechen zu lassen? Oder hatte er gar wie ich das Gefühl, dass da in der Szene viel weniger Emotionen vorhanden sind, als Fukunaga es angedacht hatte?
Das sind alles Fragen, die mich stören, die mir den Eindruck erwecken, hier wurde faul und schlampig gearbeitet. Man wollte Bonds Tod, und hat den dann einfach irgendwie ins Script geschrieben. Aber es fehlt (mir) völlig eine schlüssige Herleitung, eine nachvollziehbare Abfolge von Ereignissen, eine interessante Idee. "Bond stirbt" ist als Idee wie gesagt uralt und mehr als diesen Gedanken erkenne ich darin nicht. Das ärgert mich. Es gibt mir das Gefühl, man habe die Figur James Bond geopfert, weil einem schlicht kein besserer Schluss eingefallen ist.