danielcc hat geschrieben: 26. April 2022 22:42
Dirty Harry 2 - Callahan
Habe mich direkt an das Sequel gemacht und bin doch sehr enttäuscht.
So wirklich überrascht mich das nicht. Teil 2 mag der konventionellere Film gegenüber Teil 1 sein, aber er ist halt auch weit weg von modernen Actionfilmen und Sehgewohnheiten. Er steht da sehr deutlich in einer Reihe mit diversen anderen Actionfilmen aus der ersten Hälfte der 70er Jahre, die stilistisch sehr ähnlich funktionieren, vor allem über eine recht entschleunigte Dramaturgie (z.B. Frankenheimers French Connection Sequel oder Peckinpahs Killer Elite). Ich stimme dir in folgendem Punkt daher auch nicht wirklich zu:
danielcc hat geschrieben: 26. April 2022 22:42Der Film macht in allerbester Sequel Tradition alles falsch, was im Original so gut funktioniert hat.
Im Gegenteil würde ich sogar sagen, dass Teil 2 den entscheidenden Kardinalfehler vieler Sequels gerade nicht macht, nämlich sich sklavisch am Original zu orientieren und so zur uninspirierten Kopie zu werden. Man kann Teil 2 daher sicherlich viel vorwerfen, aber sicher nicht, dass er nicht sehr bewusst versucht sich von Teil 1 abzugrenzen und eigene Wege zu beschreiten. Eben z.B. durch eine ausführlichere Dramaturgie. Oder, durch einen deutlich anderen inhaltlichen Ansatz, in welchem die Konstellation aus Teil 1 recht clever gedreht wird, in dem man den Rebellen und Polizeiaussenseiter Dirty Harry, welcher bewusst gesetzliche Grenzen im Zuge seiner Arbeit überschritten hat, quasi gegen die nächste Generation bzw. Entwicklungsstufe dieser Gattung Polizist antreten lässt und so sein eigenes Vorgehen so zwangläufig hinterfrägt. Passend dazu beleuchtet Teil 2 dann auch die Figur Harry Callahan so tief kein anderer Serienbeitrag und man sieht Harry auch häufig in privaten Situationen. Man mag das hinsichtlich der Haupthandlung als überflüssig empfinden, ich würde hier aber entgegnen, dass gerade dadurch Harrys letztliche Entscheidung gegen seine jüngeren Kollegen und ihren Hintermann anzutreten erst richtig motiviert wird (er ist eben ein Einzelgänger, welcher sich seine eigenen Prinzipien selbst aufgestellt hat und lebt getreu dieser Linie, während seine jungen Kollegen eigentlich nur in der Gruppe Stärke zeigen und letztlich unter der Kontrolle von Halbrooks Figur stehen).
Martin007 hat geschrieben: 26. April 2022 23:21
Interessant, ich wollte mir die Harry-Sequels ja auch bald noch anschauen, nachdem mir der erste Teil überraschend gut gefiel. Anscheinend gibt es aber offenbar grosse Uneinigkeiten darüber, welches die besseren Sequels sind.
Entscheidend ist halt, was für Erwartungshaltung man an die Sequels hat. Wenn man einen zweiten Teil 1 erwartet, dann wird man zwangsläufig enttäuscht werden. Eine solche Erwartungshaltung ist aber eigentlich auch von vorneherein ungerecht, da wie gesagt weder Teil 2 noch die restlichen drei Filme ein wirkliches Interesse daran hatten eine Kopie von Teil 1 zu sein. Das ist dann eigentlich auch eine der ganz großen Stärken der Reihe, nämlich ihre Heterogenität. Denn kein Teil ist wirklich stilistisch oder inhaltlich mit den anderen vergleichbar. Das wird noch durch die lange Produktionszeit der Reihe (1971-1988) verstärkt, wodurch der Stil natürlich automatisch sich verändert hat. Aber auch von dieser zeitlichen Komponente abgesehen ist es schon erstaunlich, wie unterschiedlich die Film die Figur Dirty Harry beleuchten. Von daher: wenn du generell Spass an Filmen aus den 70er Jahren hast (auch außerhalb des New Hollywood), dann ist Teil 2 vermutlich durchaus interessant für dich. Wenn du mehr Spass an kurzweiligen, knalligen Actionern hast, dann würde ich eher zu Teil 3 und vor allem Teil 5 raten. Teil 4 wiederum ist für eine Mainstream-Produktion etwas sperrig und altmodisch geraten und steht diesbezüglich eher in einer Reihe mit anderen Eastwood-Produktionen aus der damaligen Zeit (Der Wolf hetzt die Meute, Pale Rider, City Heat) als dass man ihn mit typischen Actionern aus den 80ern vergleichen könnte. Lohnend sind aus meiner Sicht letztlich alle Sequels, aber man muss halt Spass an den unterschiedlichen Ansätzen haben bzw. sich darauf einlassen.