The Long Walk: Sehr verstörend und eklig, aber nicht im positiven Sinne. Regisseur Francis Lawrence zeigt wenig bis gar kein Interesse an den sozialpsychologischen, politischen oder gar philosophischen Implikationen der Geschichte eines Todesmarsches, bei dem fünfzig Teenager stur geradeaus laufen müssen und erschossen werden, wenn sie stehen bleiben, bis nur noch einer übrig ist. Obwohl dieses einfache Motiv, das auf einem Buch von Stephen King basiert, viel Interpretationsspielraum bietet, bleibt Lawrence bei der Ausschlachtung der Gewalt: Immer wenn einer der Wanderer stirbt, wird dies in blutigen Details dargestellt: Gehirne spritzen, Menschen schreien und verbluten.
Das ist im Grunde genommen der ganze Film. Ein wenig dystopisches Geschwätz (aber so vage wie möglich, um nicht zu politisch zu werden), eine Reihe undefinierter Charaktere, die Plattitüden und Instagram-Caption Weisheiten über Ausdauer und Freundschaft rezitieren, und alle zehn Minuten wird jemand erschossen, verstaucht sich den Knöchel, wird verrückt oder muss während des Marsches auf der Straße seine Notdurft verrichten, und kackt auf den Asphalt. Es ist masturbatorische Gewaltverherrlichung, die sich durch ihr hochgestochenes Konzept einen Anschein von Raffinesse verleiht, während sie in Wirklichkeit nur die niedrigsten Instinkte befriedigt. Dahinter steckt keine ernsthafte Kritik am System, keine Reflexion über die zugrunde liegende, die Gesellschaft prägende Faszination für Gewalt. Es ist nur eine oberflächliche Torture-Porn-Karikatur der Mechanismen des Reality-Fernsehens.
Sind Schauspieler wie David Jonsson, Cooper Hoffman, Charlie Plummer und Mark Hamill hervorragend, und ist die Gewalt selbst extrem viszeral dargestellt? Natürlich! Und doch bleibt alles völlig sinnlos, nihilistischer Zynismus um des nihilistischen Zynismus willen. Diese Prämisse hätte ein intelligentes Drehbuch und eine sensible Umsetzung gebraucht, um den dem Kapitalismus innewohnenden Faschismus subversiv aufzudecken. Stattdessen wurde daraus kommerzialisierte Blutgier, Pop-Punk-Provokation und erschreckend hässlicher Blödsinn. 3/10
Caught Stealing: In Caught Stealing gibt es viel Punkmusik, nur sehr wenige der Figuren überleben bis zum Ende, Kameramann Matthew Libatique taucht die Lower East Side in satte Farben, und auf jeden gewalttätigen Ausbruch folgt ein düster-komischer Moment oder eine rotzige Geste. Darren Aronofsky, normalerweise ein Arthouse-Pessimist, lässt seinen inneren Guy Ritchie zum Vorschein kommen und stellt zum ersten Mal in seiner Filmografie Crime und Comedy auf eine Stufe, wobei er sich auf ein flottes Tempo und die mühelose Coolness seines Hauptdarstellers Austin Butler verlässt.
Die für diesen Regisseur ungewöhnlich pulpige Gangsterhandlung in der Großstadt bietet alle fünfzehn Minuten neue Wendungen und dramatische Tonwechsel, wobei sich das meiste davon in einem seltsamen Mittelbereich zwischen ernsthaftem Schmerz und albernen Eskapaden abspielt. Die chaotische, Angst-auslösende Energie, kombiniert mit tonalen Umschwüngen und unverblümter komischer Übertreibung, erinnert an Sean Bakers Oscar-prämiertes Meisterwerk Anora, aber Arnonofsky ist bei weitem nicht so geschickt darin, alle Elemente miteinander zu verbinden. Es gibt Momente, die seltsam regressiv wirken: Der Held wird durch zahlreiche buchstäbliche „Save-the-Cat“-Situationen definiert, und seine Beziehung zu seiner Geliebten basiert ausschließlich darauf, dass Butler und Zoë Kravitz beide unglaublich sexy sind. Abgesehen von Kravitz' Attraktivität zeigt Caught Stealing wenig Interesse an ihr.
Wenn man einige der absurden Entwicklungen einfach schlucken kann, dann ist es ein unterhaltsamer Film mit kinetischer Kraft, mehreren unerwarteten Plot-Twists und makabrer Komik. In den frühen 2000er Jahren wäre diese betont ausgefallene, kaleidoskopische Genre-Mischung ein Dauerbrenner in den Videotheken gewesen, und Butler hätte mit seiner charismatischen Macho-Attitüde, seiner Anziehungskraft als Frauenheld und seinem ernsthaften schauspielerischen Talent ein legitimer Nachfolger von Brad Pitt werden können. 6/10
Materialists - Was ist Liebe wert: Nicht viele romantische Komödien wagen es, die tiefgründige Wahrheit auszudrücken, die in Celine Songs Materialists verborgen ist: Beziehungsmodelle sind in erster Linie wirtschaftliche Konstrukte. In einer hyperkapitalistischen Gesellschaft verwandelt sogar das Dating potenzielle Partner in Waren und Währungen. Die altmodische Vorstellung von Romantik und Seelenverwandtschaft weicht zunehmend kalter Berechnung, die die Vorzüge anderer auf Daten und Statistiken reduziert. Aber Materialists ist nicht nur eine Betrachtung des Status quo, sondern auch eine Rebellion dagegen, die letztlich die wahre immaterielle Liebe als das höchste Gut verkündet.
Darin liegt das Problem: Argumentativ wird dieses Drehbuch seinen eigenen Ansprüchen überhaupt nicht gerecht. Warum Menschen sich tatsächlich lieben, warum sie bereit sind, über ihre oberflächlichen Kriterien hinauszuschauen, bleibt in diesem Film ein Rätsel. Als Dakota Johnson (die Verkörperung eines „Material Girl“, wie Madonna es besang) sich ihren Gefühlen hingibt und den reichen „perfekten Partner“ Pedro Pascal gegen den armen „Loser“ Chris Evans eintauscht, bleibt unklar, warum sie das tut. Nicht nur für uns, sondern auch für sie selbst. Die Figuren in diesem Film erklären sich immer ihre Liebe, ohne zu wissen, warum sie sich lieben. Sie tun es einfach.
Celine Song, die in Past Lives die Feinheiten von Partnerschaften so treffend dargestellt hat, ist so verzweifelt bemüht, alle Rom-Com-Klischees zu vermeiden, dass ihr Film am Ende gar nichts aussagt. Sie erkennt die wirtschaftlichen Realitäten der Romantik, bleibt dann aber im Bereich des Vagen, des Metaphysischen, kurz gesagt: des Kitsches. Infolgedessen bleibt das Schauspiel furchtbar flach, die Figuren werden unzugänglich und die Handlung wirkt emotional verwirrend und künstlich. Ein enttäuschender Fehlschlag von Song. 3/10
Weapons: Also ... worum ging es da eigentlich? Seit Barbie hat keine aufwendig gestaltete Studio-Produktion mehr thematisch so verwirrend gewirkt. Die aus verschiedenen Perspektiven erzählte Geschichte über eine verschwundene Schulklasse und die verzweifelte Suche nach den Kindern beginnt als Analyse der Paranoia in einer Kleinstadt, verliert aber allmählich ihre Mehrdeutigkeit und Spannung, je mehr Charaktere in den Fokus rücken. Je mehr Teile des Puzzles sich zusammenfügen und je klarer die Auflösung wird, desto mehr verwandelt sich Weapons in einen okkulten Geisterbahn-Horror, in eine Abfolge von aufdringlichen Schreckmomenten und schwerer Brutalität, ohne jede tiefere narrative Ebene.
Wenn man glaubt, dass jeder gute Horrorfilm allegorisch funktionieren muss, dann ist Drehbuchautor und Regisseur Zach Cregger offensichtlich gescheitert. Während die symbolische Mehrdeutigkeit der frühen Traumsequenzen und die einfühlsame Darstellung einer zerrütteten Gemeinschaft nach sinnloser Gewalt gegen Kinder Parallelen zu Amoklaufen an amerikanischen Schulen nahelegen, verliert sich dieser Ansatz schnell, sobald gruselige Clownsgesichter, Gedankenkontrolle und Hexerei in den Vordergrund treten.
Es bleibt unklar, was Cregger genau sagen will. Geht es um die rücksichtslose Ausbeutung einer jüngeren Generation durch eine ältere? Geht es um Kontrolle, Verschwörungstheorien, die Inkompetenz öffentlicher Institutionen, zirkuläre Gewalt? Ohne Antworten auf all diese Fragen wird Weapons schnell zu nichts weiter als einer einfachen Aneinanderreihung von Genre-Klischees, einem Film, in dem viel passiert, der aber letztendlich von nichts handelt und nichts erzählt. Das ist wirklich schade. Cregger hat ein gutes Auge für Horror, er hat das richtige Timing und findet gute Motive, schafft es aber nicht, diese zu einem zufriedenstellenden Ganzen zusammenzufügen. 4/10
Re: Zuletzt gesehener Film
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Let the sheep out, kid.
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