Meine Gedanken zu den Golden Globes:

Wie erwartet sind "The Brutalist" und "Emilia Perez" die großen Gewinner des Abends.

Aber es gab auch ein paar Überraschungen, jedenfalls für mich:
Fernanda Torres siegt über Nicole Kidman ("Babygirl") und Angelina Jolie ("Maria").
Demi Moore gewinnt gegen Mikey Madison ("Anora").
"Challengers" gewinnt für die Filmmusik statt Hans Zimmer oder Volker Bertelmann.

Der Drehbuchpreis für "Konklave" war eine kleine Überraschung. Hier hatte ich mit "Anora" oder "The Brutalist" gerechnet.
"Flow" als Bester Animationsfilm war hingegen eine große Überraschung. Da hatten ja eigentlich alle schon "The Wild Robot" als Sieger gesehen.

Ansonsten haben aber eigentlich überall die Favoriten gewonnen.

Hier die Übersicht:
https://goldenglobes.com/winners-nominees/

Die Oscar-Chancen von "Emilia Perez" für Best Picture sollte man wirklich nicht unterschätzen.
Der perfekte Film, um zur Wiederwahl von Donald Trump sich politisch im anderen Lager zu verorten.

Casino Hille hat geschrieben: 6. Januar 2025 16:23 Die Oscar-Chancen von "Emilia Perez" für Best Picture sollte man wirklich nicht unterschätzen.
Der perfekte Film, um zur Wiederwahl von Donald Trump sich politisch im anderen Lager zu verorten.

So ist es.
Leider finde ich den Film dramaturgisch ziemlich mittelmäßig.
Hab mich beim Schauen zwar nicht gelangweilt - er hat mich emotional aber auch nicht wirklich abgeholt.
Fühlte mich nicht "groß" an, das Seherlebnis - wenn ihr versteht, was ich meine.

Bzgl. der Oscars: Klar, wenn man einfach ein politisches Zeichen setzen will.
Andererseits muss man sagen, dass dieser französische Film mit einer spanischen Hauptdarstellerin und zwei US-Amerikanerinnen in den Nebenrollen in Mexiko nicht besonders gut aufgenommen wurde - weil mal wieder aus europäischer Sicht und auch aus US-Sicht das Land mit Drogenkartellen und anderen Klischees in Verbindung gebracht wird.

Politische Statements gibt es auch in "The Brutalist", selbst in "Konklave" geht es ja weiter als Trump es gut fände (ohne jetzt spoilern zu wollen). Und eine "in your face"-Message gegen Faschismus und Machtmissbrauch hat ja auch "Wicked".

Am Ende wäre ich dafür, dass die Academy-Mitglieder ihre Stimme einfach dem ihrer Meinung nach besten Film des Jahres geben, und nicht danach urteilen, welcher Film das größte Statement wäre.
Denn wenn man in 30 Jahren zurück auf das Filmjahr 2024 blickt, sollte ja immer noch zu erkennen sein, warum dieser Film und nicht einer der anderen den Hauptpreis gewann.

Invincible1958 hat geschrieben: 6. Januar 2025 16:41 Bzgl. der Oscars: Klar, wenn man einfach ein politisches Zeichen setzen will.
Andererseits muss man sagen, dass dieser französische Film mit einer spanischen Hauptdarstellerin und zwei US-Amerikanerinnen in den Nebenrollen in Mexiko nicht besonders gut aufgenommen wurde - weil mal wieder aus europäischer Sicht und auch aus US-Sicht das Land mit Drogenkartellen und anderen Klischees in Verbindung gebracht wird.

Ja, wobei mich das dann auch wieder nicht so interessiert. Spricht ja nichts dagegen, einen Film über eine andere Kultur aus europäischer Sicht zu drehen. Zumal "Emilia Perez" bewusst eine Melange aus Drogenthriller und Telenovelas ist und somit das Wildern in Mexico-Klischees absolut künstlerisch legitimiert ist. Aber klar, sowas ist heute im Netz Diskussionen wert.

Ich fand den Film nicht gut, und nicht schlecht. Vieles hat mich stark irritiert und auch kalt gelassen, aber als Seherfahrung war er allein seiner Kühnheit wegen durchaus den Kinobesuch wert. Saldana, Gascon und Gomez spielen hervorragend. Für 5/10 langte es mir, aber mehr nicht.

Casino Hille hat geschrieben: 6. Januar 2025 16:55 Ich fand den Film nicht gut, und nicht schlecht. Vieles hat mich stark irritiert und auch kalt gelassen, aber als Seherfahrung war er allein seiner Kühnheit wegen durchaus den Kinobesuch wert. Saldana, Gascon und Gomez spielen hervorragend. Für 5/10 langte es mir, aber mehr nicht.

Da sind wir absolut auf einer Wellenlänge.
Für mich persönlich würde ein nur in Teilen gelungenes Experiment aber nicht reichen, um das Kreuz auf dem Voting Ballot zu machen.
Wenn "Mut" oder "Wagnis" neben der Spur zu fahren alleine preisverdächtig wäre, dann müsste man auch Coppola für "Megalopolis" irgendwelche Preise geben.

Man muss die weitere Award-Saison im Auge behalten und wie neben BAFTAs auch die PGA-Awards sowie die Ensemble-Kategorie bei den SAG-Awards entschieden wird. Daran lässt sich ein genaueres Bild ableiten.

Dennoch gehe ich bei "Emilia Perez" vom Sieg bei "Best International Feature Film" aus. Ob "Best Picture" auch an "Emilia Perez" gehen wird, glaube ich aktuell nicht dran.

Invincible1958 hat geschrieben: 6. Januar 2025 16:41 Am Ende wäre ich dafür, dass die Academy-Mitglieder ihre Stimme einfach dem ihrer Meinung nach besten Film des Jahres geben, und nicht danach urteilen, welcher Film das größte Statement wäre.

Schöne Idee, aber die Realität sieht letztlich dennoch anders aus.

Ich glaube immer noch, dass "Konklave" bessere Chancen hat als manche denken.

Eine Sache, die ich mir irgendwie kurz nachdem ich den Film gesehen habe, gefragt habe ist, ob Demi Moore für ihre Darstellung in "The Substance" überhaupt in der Awardsaison stattfinden wird - und nun könnten sogar ihre Chancen für den Oscar durchaus vorhanden sein.
Interessant auch, dass Sebastian Stan für "A Different Man" den Globe gewonnen hat.

Aber bei "Best Picture" ist es natürlich interessant und spannend, zunächst welche Filme dann auch nominiert werden und welche davon sehr oft in den Preferential Ballots auf den Plätzen 1-3 liegen werden, denn die haben verhältnismäßig die größten Chancen auf den Sieg.

Ich könnte ja wieder diverse interessante Videos hier reinstellen, die eben anhand von Statistiken, Wahrscheinlichkeiten und Kombinationen bei Auszeichnungen/Nominierungen der jeweiligen vorherigen Verleihungen bei Globes, BAFTAs, Critics Choice und den Gilden-Awards genaue Möglichkeiten aufzeigen, den Gewinner vorher zu bestimmen.

Mindestens in den letzten 15 Jahren hat mich kein Best Picture Winner begeistert. Daran wird sich auch dieses Jahr nichts ändern. Leider.

vodkamartini hat geschrieben: 6. Januar 2025 23:23 Mindestens in den letzten 15 Jahren hat mich kein Best Picture Winner begeistert.

Ach doch.

"Argo" (2012), "12 Years a Slave" (2013), "Birdman" (2014), "Spotlight" (2015), "The Shape of Water" (2017) und "Green Book" (2018) waren alle sehr starke Filme, auch "The Artist" (2011), "Parasite" (2019) und "Everything Everywhere All at Once" (2022) haben mir Spaß gemacht. Bei den Oscars finden schon immer noch interessante Filme statt.

Ich habe mich gerade mal ein wenig mit statistischen Methoden zur Vorhersage in der Best Picture Kategorie beschäftigt.

Oscar-Vorhersage-Methoden für „Best Picture“

Anhand von Punkten
Teil 1
Daten-abhängige Variablen
Punkte Abhängigkeit
+2 Filme mit Nominierung Beste Regie
+1 Filme mit Nominierung Bester Schnitt
+1 Nominierung in 4 bis 7 Kategorien
+2 Nominierung in 8 oder mehr Kategorien

Teil 2
Zeit-abhängige Variablen
+1 Veröffentlichung vor Oktober
+2 Veröffentlichung in Oktober/November
+1 Gewinn bei DGA-Awards Kategorie „Feature Film“
+1 Gewinn der SAG-Awards Kategorie „Best Ensemble“

Teil 3:
„How Divisive ?“

+1 Niedriger Kritiker-Score und Höher Zuschauer-Score auf RT
+2 Hoher Zuschauer-Score und Hoher Kritiker-Score auf RT

Stat-Stacks (Stand Oscars 2023)

8 Statistische Wahrscheinlichkeiten – Je Wahrscheinlichkeit 1 Punkt – Meiste Punkte – Gewinner

1. Seit 2009 hat jeder Gewinner der Best Picture-Kategorie jeweils DGA, PGA oder WGA gewonnen
2. Seit 2009 haben Filme, die jeweils SAG Ensemble und einen weiteren großen Gildenaward gewonnen haben, den Preis in der Best Picture-Kategorie gewonnen.
3. Seit 2009 haben 12 der 13 Gewinner der Best Picture-Kategorie eine Nominierung in den Schauspielkategorien erhalten
4. Seit 2009 haben 10 der 13 Gewinner der Best Picture-Kategorie ein Nominierung im Bereich SAG Ensemble erhalten
5. Seit 2009 hat jeder Gewinner der Best Picture-Kategorie jeweils entweder BAFTA, Critics Choice, SAG oder Golden Globe gewonnen.
6. Seit 2009 war jeder Gewinner der Best Picture-Kategorie jeweils für einen Drehbuch-Award bei den Oscars und den BAFTAs nominiert.
7. Seit 2009 waren 11 der 13 Gewinner der Best Picture-Kategorie auch in der Best Editing Kategorie nominiert.
8. Seit 2009 waren 12 der 13 Gewinner der Best Picture-Kategorie jeweils in der Best Director-Kategorie bei den Oscars oder den DGA-Awards nominiert.

Bei Punktegleichheit entscheidet am Ende der Gewinn der PGA-Awards als Tie Breaker.

Oscar-Vorhersage-Methoden für die Schauspielkategorien

Meiste Punkte = Gewinner

Runde 1: Award-Saison

Gewinn bei den Golden Globes (+1)
Gewinn bei den Critics Choice Awards (+0,5)
Gewinn bei den SAG-Awards (+1,5)
Gewinn bei den BAFTA-Awards (+1)

Runde 2: Andere Faktoren

Momentum (Gewinn der nächstliegenden Award-Show zur Fristabgabe der Oscar-Ballots) (+0,5)
Performance in einem für Best Picture nominierten Film (+0,5)
Performance basiert auf einer realen Person (+0,5)
Performance ist mit einer Transformation verbunden (Make-Up Nominierung ?) (+0,5)

Tie-Breaker = Most Mentioned ? / SAG-Winner ? / Top-Tier Best Picture-Contender inklusive Best Director-Nominierung ? /Highest Audience Score on RT

Anhand dieser Methoden lässt sich in den allermeisten Fällen auch rückwirkend der jeweilige Gewinner bestimmen und vorhersagen.

Casino Hille hat geschrieben: Gestern 00:09

vodkamartini hat geschrieben: 6. Januar 2025 23:23 Mindestens in den letzten 15 Jahren hat mich kein Best Picture Winner begeistert.

Ach doch.

"Argo" (2012), "12 Years a Slave" (2013), "Birdman" (2014), "Spotlight" (2015), "The Shape of Water" (2017) und "Green Book" (2018) waren alle sehr starke Filme, auch "The Artist" (2011), "Parasite" (2019) und "Everything Everywhere All at Once" (2022) haben mir Spaß gemacht. Bei den Oscars finden schon immer noch interessante Filme statt.

Argo, Birdman und Parasite fand ich alle gut, tw sehr gut. Aber Begeisterung war das nicht. Ich kann mich noch erinnern Filmen mal die Daumen gedrückt zu haben die dann auch gewonnen haben, das war seit bestimmt 15 Jahren nicht mehr der Fall. Letztes Jahr waren 10 nominiert, keinen davon hätte ich zum best Picture gewählt. Und dieses Jahr scheint wieder so eines zu werden.

vodkamartini hat geschrieben: Gestern 07:22Letztes Jahr waren 10 nominiert, keinen davon hätte ich zum best Picture gewählt. Und dieses Jahr scheint wieder so eines zu werden.

Dieses Jahr würde ich mich über "The Brutalist", "Anora", "Konklave" und "Wicked" sehr freuen. Auch "Dune 2" oder "A Complete Unknown" wären nicht falsch.
Nur mit "Emilia Perez" kann ich mich nicht wirklich anfreunden.

"The Substance", "Sing Sing", "A Real Pain" und einige weitere Favoriten auf eine Best Picture-Nominierung habe ich nicht gesehen.

Gesehen habe ich davon nur Konklave und Dune. Ein schöner Thriller, aber Best Picture eines Filmjaghres? Nö. Dune 2 erst recht nicht. Ein paar nette Bilder, aber sehr schablonenhafte Figuren und kaum Emotionen. Komplete Unknown sieht aus wie das hundertste Musiker Biopic. Und schon wieder Timothy. Nö.

Den Brutalen werde ich meiden, 4 Stunden Adrien Brody ist so schlimm wie zwei Stunden Tom Hanks.

Filme wegen der Länge oder bestimmten Schauspielern ablehnen, das habe ich noch nie verstanden.

Hinter jedem Titel kann ein guter Film stecken.

Aber ja, du hast ja Recht, wenn man gewisse Maßstäbe anlegt.
Ein Pate ist keiner dieser Filme.
Ich bin aber schon zufrieden, wenn ein Film sich zumindest ein wenig vom Durchschnitt abhebt.