Wie in einem guten "Airport"-Film ist ein waschechtes Desaster also gerade noch abgewehrt worden.
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"Willst du mir wieder mal den alten Psalm vorbeten?“
47Dann will ich mal vorlegen...
Giganten am Himmel / Airport 1975 (1974) – Jack Smight
Vier Jahre sind seit dem sehr erfolgreichen ersten Airport vergangen. Wir schreiben das Jahr 1974 und befinden uns auf dem Höhepunkt der Katastrophenfilm-Welle der 70er Jahre. Denn 1974 ist nicht weniger als DAS Jahr des Katastrophenfilms. Hatte vor allem Ronald Neames mit allen Wassern gewaschener The Poseidon Adventure (einmal mehr bestätigt sich mit dem deutschen Titel „Die Höllenfahrt der Poseidon“ die These, dass deutsche Film-Benamsungen einfach viel glorreicher sind) 1972 das Genre endgültig definiert, so wusste 1974 mit nicht weniger als drei absoluten Klassikern des Genres zu wuchern: The Towering Inferno/Flammendes Inferno von John Guillermin, Earthquake/Erdbeben von Mark Robson und natürlich der vermutlich quintessenzielle Flugkatastrophen-Film überhaupt, das legendäre Airport-Sequel mit den logischen Titeln Airport 1975 bzw. Giganten am Himmel.
Und gigantisch ist der Film dann auch tatsächlich in vielerlei Hinsicht. Erneut teilt der Film die figürliche Grundprämisse seines Vorgängers: auch hier müssen sich wieder zwei absolute Alpha-Viecher in Mitten einer Katastrophe der Lüfte mehr um ihre Holden kümmern, als ihnen lieb ist – gleichwohl die Gewichtung innerhalb des Films hier deutlich zu Gunsten des katastrophalen Elements ausfällt. Denn genauso desinteressiert wie sich Hollywood-Ikone Charlton Heston in seiner Rolle als Cheffluglehrer Alan Murdoch an den Beziehungs-Befindlichkeiten seiner von New Hollywood-Star Karen Black gespielten Freundin zeigt (legendäres Zitat von Chuck gleich zu Beginn des Films: „willst du mir wieder mal den alten Psalm vorbeten?“), so wenig Zeit nimmt sich der Film dann auch, um diesen Subplot weiter zu vertiefen. Ja, die beiden haben ihren Beef, aber am Ende spielt das alles keine Rolle mehr, wenn Old Chuck als Testosteron-Teufelskerl sein „Schätzchen“ und gleich noch eine ganze 747 mit rustikal-maskulinem Charme auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hat.
Ähnlich verhält es sich bei Joe Patroni, einmal mehr bewundernswert-kernig von George Kennedy zum Besten gegeben. Dieser hat genau wie Murdoch ebenfalls Probleme mit seinem weiblichen Anhang, da ausgerechnet seine Frau Helen samt Filius Joe Jr. an Bord der führerlos dahin schwebenden 747 sitzen und drohen aus allen Wolken zu fallen. A propos - was aus seiner im ersten Airport angetrauten Mary und den anderen seiner Kinder geworden ist, darüber kann nur spekuliert werden. Ebenso, warum ausgerechnet das Mechaniker-As Patroni es mittlerweile zum Vizepräsidenten einer Fluglinie geschafft hat. Da sich Old Patroni aber typbedingt eh nicht lange mit vizepräsidialem Kokolores aufhält und stattdessen in bekannter Manier lieber tatkräftig die Dinge selbst in die Hand nimmt, spielt das alles am Ende auch keine wirkliche Rolle. Jedenfalls lässt sich Patroni auch von einigen kurzen sentimentalen Anwandlungen (etwa im Zwiegespräch mit seiner Frau via Funk) nicht von seiner eigentlichen Forte abhalten: auf die schlecht stehenden Chancen zu pfeifen und aufs Geratewohl hin loszulegen. So ist dann vor allem eine Szene bezeichnend für die ganze Patroni-Figur, nämlich wenn er am Ende auf dem Dach eines Rettungsfahrzeugs in voller Fahrt der landenden 747 hinterher rast.
Genauso mit breit geschwellter Brust wie die beiden Hauptdarsteller agiert dann auch der von Jack Smight souverän in Szene gesetzte ganze Film: zu keinem Zeitpunkt wird auch nur der Hauch eines Zweifels aufkommen gelassen, dass der Film nicht genau wüsste, was er will. Entsprechend zielgerichtet entwickelt sich die Handlung auf die bereits früh eintretende Katastrophe hin und zelebriert im Anschluss dann förmlich die sich daraus ergebenden Kalamitäten und Herausforderungen. Subplots und Figuren werden hier dann auch eher zweckdienlich eingesetzt, das aber durchaus versiert. Denn zum einen steigert der farbige Auflauf einer ganzen Armee an figürlichen Exzentrikern den Unterhaltungswert des Films in enormem Maße und zum anderen bieten die Giganten am Himmel hier und da auch unerwartete charakterliche Nuancen. Ein diesbezügliches Paradebeispiel ist die figürliche Einführung des unglücklichen Beechcraft-Piloten Scott Freeman. In mehreren kleinen Szenen wird uns diese Figur nahegebracht, etwa im Kreise seiner Freunde, im liebevollen Gespräch mit seiner Frau oder wenn er seine beruflichen Sorgen mit dem Publikum teilt. Diese vergleichsweise kleinen Szenen sorgen für eine erstaunliche Bindung an die Figur, welche sich beim katastrophalen Crash dann insofern reüssiert, da man nicht nur schockiert ist von den Folgen des Zusammenstoßes, sondern auch in gewissem Maße berührt von Scotts tragischem Schicksal. Klar, der Film hält sich auch damit nicht lange auf, aber immerhin wird die tragische Komponente hier (wie auch später, wenn Scotts verzweifelt zurückgebliebene Ehefrau ausgerechnet von Larry Storchs Journalistenkanaille ausgenutzt wird) effektiv bedient.
Hinzu kommt ein durchgängig hohes Spannungsniveau und teilweise atemberaubende Luftaufnahmen. Bei letzteren ragt dabei fraglos der Umstieg des Piloten von einem Düsen-Heli in das derangierte 747-Cockpit heraus. Auch wenn dabei einige der Rückprojektion-Einstellungen etwas allzu statisch wirken, die real gedrehten Aufnahmen des mittels Kabels abgeseiltem Piloten sind spektakulär und werden von Smight effektiv mit den Studio-Einstellungen des Cockpits vermengt. Überhaupt kann man dem Film handwerklich wenig vorwerfen und er wirkt auch stilistisch - obwohl nur vier Jahre jünger als Airport - ein ganzes Eck moderner als sein Vorgänger und auf der Höhe seiner Zeit. War der Erstling in vielen Dingen noch unverkennbar ein Kind der (vergangenen) 60er, so ist man hier fraglos in den 70ern angekommen. Wenig getan hat sich hingegen beim hier sehr offensiv zur Schau gestellte Männer- und Frauen-Bild. Das Männer-Bild wird dabei natürlich weiterhin wesentlich von den entschlossen-tatkräftigen Hauptdarstellern geprägt. Beim Frauen-Bild könnte man auf den ersten Blick der Illusion verfallen, dass hier mit der Chefstewardess, die allein die pilotenlose 747 wie auch die zusehends dem Wahnsinn entgegen irrlichternden Passagiere irgendwie managen muss, eine starke Frauenrolle im Zentrum des Films steht.
Das ist aber in der Tat nur auf den ersten Blick so, denn recht schnell wird klar, dass Karen Black mit ihrem hinreissenden Silberblick eben doch nur die damsel in distress zum Besten geben darf, die am Ende von Old Chuck gerettet werden muss, nachdem sie sich vorsichtig ausgedrückt zuvor auch nicht immer so ganz kompetent und als Frau der Lage erwiesen hat (Stichwort: wohin mit den Konsolentrümmern? Und überhaupt was ist bitte eine Konsole? ). Dieses weitgehend unselbständige Frauen-Bild zieht sich dann auch durch so ziemlich alle anderen weiblichen Rollen, sei es die junge Stewardess, die ausgerechnet die sie permanent anzüglich anbaggernde Piloten-Crew anhimmelt. Oder die pflichtbewusste Nonne, die vom „echten Leben“ aber keinen Schimmer hat. Oder Patronis Angetraute, die eigentlich nur diese eine Funktion im Film hat – eben Patronis Angetraute (und Mutter seines Sohnes) zu sein. Oder die sich mal wieder über ihre Beziehung zu Cecil B. DeMille definierende Gloria Swanson, die mit ihren ollen Kamellen allen auf die Nerven geht. Die einzige weibliche Figur, die nicht die typische, ihr zugedachte Geschlechterrolle verkörpert ist die von Myrna Loy gespielte saufende ältere Dame Miss Devaney – aber auch diese gegen den Geschlechterstrich gebürstete Rolle dient am Ende dann lediglich zu humoristischen Zwecken. Wobei diese heute durchaus etwas anachronistisch wirkenden Geschlechterbilder den Spass in keinster Weise mindern. Im Gegenteil sogar! Denn Giganten am Himmel ist eben auch eine gigantische Zeitkapsel, die recht eindrucksvoll widerspiegelt, wie man im Jahr 1974 gelebt und gedacht hat – jedenfalls wenn man Drehbuch und Produktion dieses Films zu verantworten hatte.
Und genau wie im Erstling steht der Spass auch bei diesem Film im Zentrum. Denn das Spiel mit dem Nervenkitzel in Form einer filmischen Achterbahnfahrt ist fraglos der eigentliche Kern von Giganten am Himmel. Ein besonders hohes Tempo legt der Film dabei – wiederum in Analogie zum Vorgänger – keineswegs an den Tag. Besonders sein Publikum zu überraschen vermag der Film dann auch nicht. Aber dafür liefert er genau das, für was die Zuschauer ihre Karte gelöst haben: um beim Spektakel dabei zu sein und zuschauen zu dürfen, wie sich erwachsene Männer und Frauen im Angesicht einer Katastrophe entweder zum Narren machen oder eben als Giganten am Himmel erweisen.
Wertung: 8 / 10
P.S.: Junge, Junge, wird an Bord der Red Eye Special gepichelt. Was da an Alkohol weggebechert wird, das macht jeder gut laufenden Kneipe alle Ehre. Lustig auch, wie Scotts Kumpels ihm kurz vor Antritt seines verhängnisvollen Fluges noch den Flachmann anbieten (auch wenn Old Scott ihn wenig kameradschaftlich ablehnt). Und dabei ist dieses mal die hochprozentige Legende Dean Martin ja gar nicht als Kapitän mit an Bord...
P.S.2: Unser aller Lieblings-Exzentriker, der von Sid Caesar gespielte, allen anderen Passagieren ungefragt seinen verbalen Senf zumutende Barney, erzählt Miss Devaney, dass ihm der Produzent des Films, in welchem er als Statist dabei war, bei seinem nächsten Film eine grössere Rolle versprochen hat (wen wundert es angesichts Barneys während der Katastrophe eindrucksvoll zur Schau gestellter mimischer Fähigkeiten). Nun, der Film, der an Bord gezeigt wird ist American Graffiti und dessen Produzent bekanntlich Francis Ford Coppola. Bleibt lediglich die Frage offen, welche grössere Rolle in Apocalypse Now Francis dem guten Barney zugedacht hat...
P.S.3: Linda Blair spielt in den Giganten ja praktisch die gleiche Rolle wie ein Jahr zuvor in Friedkins Exorzisten. Gut, natürlich minus Pazuzu-Besessenheit, aber ansonsten wird auch hier wieder an das Mitleid des Zuschauers für das arme, kranke, unschuldige, junge Mädchen appelliert. Wobei man sich durchaus die Frage stellen kann, ob die Gitarre-spielende, Folksong-schmetternde lustige Nonne Helen Reddy vielleicht am Ende nicht sogar besser zur Teufelsaustreibung geeignet gewesen wäre als die Padres Merrin und Karras. Jedenfalls macht der Film unmissverständlich klar, dass Reddys Singsang auch den stärksten Gegner an den Rand des Deliriums bringt: so fühlt sich eine Stewardess nach gefühlt stundenlanger Reddyscher Folksong-Trällerei genötigt dazu die augenscheinlich völlig entkräftete Blair-Mutter nach ihrem Befinden zu fragen, während Linda herself widerstandslos am Wegknacken ist...
P.S.4: A propos Gitarre: Linda Blair ist wohl die einzige Person weltweit, die einen Sechssaiter als Kuscheltier-Ersatz missbraucht. Jedenfalls spielt sie den ganzen Film über keinen Ton, geschweige denn einen Akkord auf dem Instrument und drückt es stattdessen zweckentfremdend als hölzernes Stofftier fest an sich. Ist ja auch ungeheuer kuschelig, so eine Klampfe...
P.S.5: Einer der denkwürdigsten Giganten ist fraglos der via Telefon konsultierte Transplantations-Doktor. Die ganze Szene ist so schreiend schlecht, dass sie 1:1 aus Airplane sein könnte. Wenn der gemütliche Onkel mit seiner dicken Hornbrille in seinem 70er Jahre-Polyester-Anzug vor einer Wand voll mit Diplomen im jovialen Plauderton den Columbia-Lakeien und damit das Publikum über den Ernst der Lage rund um das arme, kranke, unschuldige, junge Mädchen aufklärt könnte ich mich jedes Mal wegwerfen vor Lachen ("Wie geht's?" "Viel Arbeit, wie gewöhnlich!"). Nie war ein dramaturgisches Ausrufezeichen so unterhaltsam wie in Form unseres Hornbrillen-Docs.
Giganten am Himmel / Airport 1975 (1974) – Jack Smight
Vier Jahre sind seit dem sehr erfolgreichen ersten Airport vergangen. Wir schreiben das Jahr 1974 und befinden uns auf dem Höhepunkt der Katastrophenfilm-Welle der 70er Jahre. Denn 1974 ist nicht weniger als DAS Jahr des Katastrophenfilms. Hatte vor allem Ronald Neames mit allen Wassern gewaschener The Poseidon Adventure (einmal mehr bestätigt sich mit dem deutschen Titel „Die Höllenfahrt der Poseidon“ die These, dass deutsche Film-Benamsungen einfach viel glorreicher sind) 1972 das Genre endgültig definiert, so wusste 1974 mit nicht weniger als drei absoluten Klassikern des Genres zu wuchern: The Towering Inferno/Flammendes Inferno von John Guillermin, Earthquake/Erdbeben von Mark Robson und natürlich der vermutlich quintessenzielle Flugkatastrophen-Film überhaupt, das legendäre Airport-Sequel mit den logischen Titeln Airport 1975 bzw. Giganten am Himmel.
Und gigantisch ist der Film dann auch tatsächlich in vielerlei Hinsicht. Erneut teilt der Film die figürliche Grundprämisse seines Vorgängers: auch hier müssen sich wieder zwei absolute Alpha-Viecher in Mitten einer Katastrophe der Lüfte mehr um ihre Holden kümmern, als ihnen lieb ist – gleichwohl die Gewichtung innerhalb des Films hier deutlich zu Gunsten des katastrophalen Elements ausfällt. Denn genauso desinteressiert wie sich Hollywood-Ikone Charlton Heston in seiner Rolle als Cheffluglehrer Alan Murdoch an den Beziehungs-Befindlichkeiten seiner von New Hollywood-Star Karen Black gespielten Freundin zeigt (legendäres Zitat von Chuck gleich zu Beginn des Films: „willst du mir wieder mal den alten Psalm vorbeten?“), so wenig Zeit nimmt sich der Film dann auch, um diesen Subplot weiter zu vertiefen. Ja, die beiden haben ihren Beef, aber am Ende spielt das alles keine Rolle mehr, wenn Old Chuck als Testosteron-Teufelskerl sein „Schätzchen“ und gleich noch eine ganze 747 mit rustikal-maskulinem Charme auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hat.
Ähnlich verhält es sich bei Joe Patroni, einmal mehr bewundernswert-kernig von George Kennedy zum Besten gegeben. Dieser hat genau wie Murdoch ebenfalls Probleme mit seinem weiblichen Anhang, da ausgerechnet seine Frau Helen samt Filius Joe Jr. an Bord der führerlos dahin schwebenden 747 sitzen und drohen aus allen Wolken zu fallen. A propos - was aus seiner im ersten Airport angetrauten Mary und den anderen seiner Kinder geworden ist, darüber kann nur spekuliert werden. Ebenso, warum ausgerechnet das Mechaniker-As Patroni es mittlerweile zum Vizepräsidenten einer Fluglinie geschafft hat. Da sich Old Patroni aber typbedingt eh nicht lange mit vizepräsidialem Kokolores aufhält und stattdessen in bekannter Manier lieber tatkräftig die Dinge selbst in die Hand nimmt, spielt das alles am Ende auch keine wirkliche Rolle. Jedenfalls lässt sich Patroni auch von einigen kurzen sentimentalen Anwandlungen (etwa im Zwiegespräch mit seiner Frau via Funk) nicht von seiner eigentlichen Forte abhalten: auf die schlecht stehenden Chancen zu pfeifen und aufs Geratewohl hin loszulegen. So ist dann vor allem eine Szene bezeichnend für die ganze Patroni-Figur, nämlich wenn er am Ende auf dem Dach eines Rettungsfahrzeugs in voller Fahrt der landenden 747 hinterher rast.
Genauso mit breit geschwellter Brust wie die beiden Hauptdarsteller agiert dann auch der von Jack Smight souverän in Szene gesetzte ganze Film: zu keinem Zeitpunkt wird auch nur der Hauch eines Zweifels aufkommen gelassen, dass der Film nicht genau wüsste, was er will. Entsprechend zielgerichtet entwickelt sich die Handlung auf die bereits früh eintretende Katastrophe hin und zelebriert im Anschluss dann förmlich die sich daraus ergebenden Kalamitäten und Herausforderungen. Subplots und Figuren werden hier dann auch eher zweckdienlich eingesetzt, das aber durchaus versiert. Denn zum einen steigert der farbige Auflauf einer ganzen Armee an figürlichen Exzentrikern den Unterhaltungswert des Films in enormem Maße und zum anderen bieten die Giganten am Himmel hier und da auch unerwartete charakterliche Nuancen. Ein diesbezügliches Paradebeispiel ist die figürliche Einführung des unglücklichen Beechcraft-Piloten Scott Freeman. In mehreren kleinen Szenen wird uns diese Figur nahegebracht, etwa im Kreise seiner Freunde, im liebevollen Gespräch mit seiner Frau oder wenn er seine beruflichen Sorgen mit dem Publikum teilt. Diese vergleichsweise kleinen Szenen sorgen für eine erstaunliche Bindung an die Figur, welche sich beim katastrophalen Crash dann insofern reüssiert, da man nicht nur schockiert ist von den Folgen des Zusammenstoßes, sondern auch in gewissem Maße berührt von Scotts tragischem Schicksal. Klar, der Film hält sich auch damit nicht lange auf, aber immerhin wird die tragische Komponente hier (wie auch später, wenn Scotts verzweifelt zurückgebliebene Ehefrau ausgerechnet von Larry Storchs Journalistenkanaille ausgenutzt wird) effektiv bedient.
Hinzu kommt ein durchgängig hohes Spannungsniveau und teilweise atemberaubende Luftaufnahmen. Bei letzteren ragt dabei fraglos der Umstieg des Piloten von einem Düsen-Heli in das derangierte 747-Cockpit heraus. Auch wenn dabei einige der Rückprojektion-Einstellungen etwas allzu statisch wirken, die real gedrehten Aufnahmen des mittels Kabels abgeseiltem Piloten sind spektakulär und werden von Smight effektiv mit den Studio-Einstellungen des Cockpits vermengt. Überhaupt kann man dem Film handwerklich wenig vorwerfen und er wirkt auch stilistisch - obwohl nur vier Jahre jünger als Airport - ein ganzes Eck moderner als sein Vorgänger und auf der Höhe seiner Zeit. War der Erstling in vielen Dingen noch unverkennbar ein Kind der (vergangenen) 60er, so ist man hier fraglos in den 70ern angekommen. Wenig getan hat sich hingegen beim hier sehr offensiv zur Schau gestellte Männer- und Frauen-Bild. Das Männer-Bild wird dabei natürlich weiterhin wesentlich von den entschlossen-tatkräftigen Hauptdarstellern geprägt. Beim Frauen-Bild könnte man auf den ersten Blick der Illusion verfallen, dass hier mit der Chefstewardess, die allein die pilotenlose 747 wie auch die zusehends dem Wahnsinn entgegen irrlichternden Passagiere irgendwie managen muss, eine starke Frauenrolle im Zentrum des Films steht.
Das ist aber in der Tat nur auf den ersten Blick so, denn recht schnell wird klar, dass Karen Black mit ihrem hinreissenden Silberblick eben doch nur die damsel in distress zum Besten geben darf, die am Ende von Old Chuck gerettet werden muss, nachdem sie sich vorsichtig ausgedrückt zuvor auch nicht immer so ganz kompetent und als Frau der Lage erwiesen hat (Stichwort: wohin mit den Konsolentrümmern? Und überhaupt was ist bitte eine Konsole? ). Dieses weitgehend unselbständige Frauen-Bild zieht sich dann auch durch so ziemlich alle anderen weiblichen Rollen, sei es die junge Stewardess, die ausgerechnet die sie permanent anzüglich anbaggernde Piloten-Crew anhimmelt. Oder die pflichtbewusste Nonne, die vom „echten Leben“ aber keinen Schimmer hat. Oder Patronis Angetraute, die eigentlich nur diese eine Funktion im Film hat – eben Patronis Angetraute (und Mutter seines Sohnes) zu sein. Oder die sich mal wieder über ihre Beziehung zu Cecil B. DeMille definierende Gloria Swanson, die mit ihren ollen Kamellen allen auf die Nerven geht. Die einzige weibliche Figur, die nicht die typische, ihr zugedachte Geschlechterrolle verkörpert ist die von Myrna Loy gespielte saufende ältere Dame Miss Devaney – aber auch diese gegen den Geschlechterstrich gebürstete Rolle dient am Ende dann lediglich zu humoristischen Zwecken. Wobei diese heute durchaus etwas anachronistisch wirkenden Geschlechterbilder den Spass in keinster Weise mindern. Im Gegenteil sogar! Denn Giganten am Himmel ist eben auch eine gigantische Zeitkapsel, die recht eindrucksvoll widerspiegelt, wie man im Jahr 1974 gelebt und gedacht hat – jedenfalls wenn man Drehbuch und Produktion dieses Films zu verantworten hatte.
Und genau wie im Erstling steht der Spass auch bei diesem Film im Zentrum. Denn das Spiel mit dem Nervenkitzel in Form einer filmischen Achterbahnfahrt ist fraglos der eigentliche Kern von Giganten am Himmel. Ein besonders hohes Tempo legt der Film dabei – wiederum in Analogie zum Vorgänger – keineswegs an den Tag. Besonders sein Publikum zu überraschen vermag der Film dann auch nicht. Aber dafür liefert er genau das, für was die Zuschauer ihre Karte gelöst haben: um beim Spektakel dabei zu sein und zuschauen zu dürfen, wie sich erwachsene Männer und Frauen im Angesicht einer Katastrophe entweder zum Narren machen oder eben als Giganten am Himmel erweisen.
Wertung: 8 / 10
P.S.: Junge, Junge, wird an Bord der Red Eye Special gepichelt. Was da an Alkohol weggebechert wird, das macht jeder gut laufenden Kneipe alle Ehre. Lustig auch, wie Scotts Kumpels ihm kurz vor Antritt seines verhängnisvollen Fluges noch den Flachmann anbieten (auch wenn Old Scott ihn wenig kameradschaftlich ablehnt). Und dabei ist dieses mal die hochprozentige Legende Dean Martin ja gar nicht als Kapitän mit an Bord...
P.S.2: Unser aller Lieblings-Exzentriker, der von Sid Caesar gespielte, allen anderen Passagieren ungefragt seinen verbalen Senf zumutende Barney, erzählt Miss Devaney, dass ihm der Produzent des Films, in welchem er als Statist dabei war, bei seinem nächsten Film eine grössere Rolle versprochen hat (wen wundert es angesichts Barneys während der Katastrophe eindrucksvoll zur Schau gestellter mimischer Fähigkeiten). Nun, der Film, der an Bord gezeigt wird ist American Graffiti und dessen Produzent bekanntlich Francis Ford Coppola. Bleibt lediglich die Frage offen, welche grössere Rolle in Apocalypse Now Francis dem guten Barney zugedacht hat...
P.S.3: Linda Blair spielt in den Giganten ja praktisch die gleiche Rolle wie ein Jahr zuvor in Friedkins Exorzisten. Gut, natürlich minus Pazuzu-Besessenheit, aber ansonsten wird auch hier wieder an das Mitleid des Zuschauers für das arme, kranke, unschuldige, junge Mädchen appelliert. Wobei man sich durchaus die Frage stellen kann, ob die Gitarre-spielende, Folksong-schmetternde lustige Nonne Helen Reddy vielleicht am Ende nicht sogar besser zur Teufelsaustreibung geeignet gewesen wäre als die Padres Merrin und Karras. Jedenfalls macht der Film unmissverständlich klar, dass Reddys Singsang auch den stärksten Gegner an den Rand des Deliriums bringt: so fühlt sich eine Stewardess nach gefühlt stundenlanger Reddyscher Folksong-Trällerei genötigt dazu die augenscheinlich völlig entkräftete Blair-Mutter nach ihrem Befinden zu fragen, während Linda herself widerstandslos am Wegknacken ist...
P.S.4: A propos Gitarre: Linda Blair ist wohl die einzige Person weltweit, die einen Sechssaiter als Kuscheltier-Ersatz missbraucht. Jedenfalls spielt sie den ganzen Film über keinen Ton, geschweige denn einen Akkord auf dem Instrument und drückt es stattdessen zweckentfremdend als hölzernes Stofftier fest an sich. Ist ja auch ungeheuer kuschelig, so eine Klampfe...
P.S.5: Einer der denkwürdigsten Giganten ist fraglos der via Telefon konsultierte Transplantations-Doktor. Die ganze Szene ist so schreiend schlecht, dass sie 1:1 aus Airplane sein könnte. Wenn der gemütliche Onkel mit seiner dicken Hornbrille in seinem 70er Jahre-Polyester-Anzug vor einer Wand voll mit Diplomen im jovialen Plauderton den Columbia-Lakeien und damit das Publikum über den Ernst der Lage rund um das arme, kranke, unschuldige, junge Mädchen aufklärt könnte ich mich jedes Mal wegwerfen vor Lachen ("Wie geht's?" "Viel Arbeit, wie gewöhnlich!"). Nie war ein dramaturgisches Ausrufezeichen so unterhaltsam wie in Form unseres Hornbrillen-Docs.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"
Re: Airport
48Ich weiß, ich bin spät dran und ihr seid schon beim zweiten Film. Aber nachdem ich aus Neugierde letzte Woche das Original ebenfalls gesichtet und erst jetzt etwas Zeit gefunden hatte, wollte ich mich doch noch einklinken.
Airport
Erzählerische Stringenz, dramaturgisches Geschick und darstellerische Brillanz machen den Startschuss des modernen Katastrophenfilms auch noch 50 Jahre später zu einem vergnüglichen Filmgenuss. Die mit Airport etablierte Erfolgsformel wurde damit zu Recht zur Blaupause eines bis heute quicklebendigen Subgenres des Spektakel-Kinos.
Es gibt Filme, die treten ein ganzes Genre los. Bei solchen Trendsettern handelt es sich nicht einfach nur um Initialzündungen für zahllose Epigonen, sondern um regelrechte Blaupausen hinsichtlich Inhalt, Figuren und Struktur. Was Goldfinger für das moderne Actionkino, Star Wars für den neueren Science Fiction-Film oder Scream für den wiederbelebten Teenie-Horror bedeutet, ist Airport für das spektakuläre Katastrophenkino der 1970er Jahre (und darüber hinaus). Das ist umso erstaunlicher, als der Film seinerzeit als altmodisch galt. Das große Figurenensemble, ein für die Zeit eher gemächliches Erzähltempo und der pompöse Score des bereits 70-jährigen Veteranen Alfred Newman atmeten mehr den Geist großer Epen der 60er und später 50er Jahre und standen im deutlichen Gegensatz zum thematisch und technisch progressiven New Hollywood, das um 1970 seinen künstlerischen und kommerziellen Peak feierte.
Ob die enorme Popularität von Arthur Haileys Romanvorlage (1968), das Großaufgebot alternder Hollywood-Stars (u.a. Burt Lancaster, Dean Martin, Helen Hayes, Van Heflin) oder die Epen-DNA vergangener Jahrzehnte für den durchschlagenden Erfolg bei Publikum ($128 Millionen Einspiel bei einem $10 Millionen Budget) und Kritik (10 Oscar-Nominierungen) sorgten, ist letztlich akademisch. Der Film traf definitiv einen Nerv und die zeitgeistige Stimmung, was spätesten die zahllosen Nachfolger und Nachahmer bewiesen.
Das Setting ist der fiktive Chicagoer Großflughafen Lincoln International. Flughafenmanager Mel Bakersfeld (Burt Lancaster) hat angesichts eines plötzlichen Wintereinbruchs alle Hände voll zu tun, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Jeder andere Manager wäre wohl zwischen Schneechaos, politischen Querschüssen sowie allerlei kleineren und größeren persönlichen Dramen zerrieben worden, aber nicht so der ehemalige Kampfpilot. Mit einer Mischung aus stoischer Ruhe, beherzter Eigeninitiative und beinahe störrischer Beharrlichkeit steuert er den schwerfälligen und schlingernden Tanker durch die beschriebenen Untiefen ...
https://www.ofdb.de/film/10977,941561,A ... 8piMc8OR8g
Airport
Erzählerische Stringenz, dramaturgisches Geschick und darstellerische Brillanz machen den Startschuss des modernen Katastrophenfilms auch noch 50 Jahre später zu einem vergnüglichen Filmgenuss. Die mit Airport etablierte Erfolgsformel wurde damit zu Recht zur Blaupause eines bis heute quicklebendigen Subgenres des Spektakel-Kinos.
Es gibt Filme, die treten ein ganzes Genre los. Bei solchen Trendsettern handelt es sich nicht einfach nur um Initialzündungen für zahllose Epigonen, sondern um regelrechte Blaupausen hinsichtlich Inhalt, Figuren und Struktur. Was Goldfinger für das moderne Actionkino, Star Wars für den neueren Science Fiction-Film oder Scream für den wiederbelebten Teenie-Horror bedeutet, ist Airport für das spektakuläre Katastrophenkino der 1970er Jahre (und darüber hinaus). Das ist umso erstaunlicher, als der Film seinerzeit als altmodisch galt. Das große Figurenensemble, ein für die Zeit eher gemächliches Erzähltempo und der pompöse Score des bereits 70-jährigen Veteranen Alfred Newman atmeten mehr den Geist großer Epen der 60er und später 50er Jahre und standen im deutlichen Gegensatz zum thematisch und technisch progressiven New Hollywood, das um 1970 seinen künstlerischen und kommerziellen Peak feierte.
Ob die enorme Popularität von Arthur Haileys Romanvorlage (1968), das Großaufgebot alternder Hollywood-Stars (u.a. Burt Lancaster, Dean Martin, Helen Hayes, Van Heflin) oder die Epen-DNA vergangener Jahrzehnte für den durchschlagenden Erfolg bei Publikum ($128 Millionen Einspiel bei einem $10 Millionen Budget) und Kritik (10 Oscar-Nominierungen) sorgten, ist letztlich akademisch. Der Film traf definitiv einen Nerv und die zeitgeistige Stimmung, was spätesten die zahllosen Nachfolger und Nachahmer bewiesen.
Das Setting ist der fiktive Chicagoer Großflughafen Lincoln International. Flughafenmanager Mel Bakersfeld (Burt Lancaster) hat angesichts eines plötzlichen Wintereinbruchs alle Hände voll zu tun, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Jeder andere Manager wäre wohl zwischen Schneechaos, politischen Querschüssen sowie allerlei kleineren und größeren persönlichen Dramen zerrieben worden, aber nicht so der ehemalige Kampfpilot. Mit einer Mischung aus stoischer Ruhe, beherzter Eigeninitiative und beinahe störrischer Beharrlichkeit steuert er den schwerfälligen und schlingernden Tanker durch die beschriebenen Untiefen ...
https://www.ofdb.de/film/10977,941561,A ... 8piMc8OR8g
http://www.vodkasreviews.de
https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/
https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/
Re: Airport
49Besser spät, als nie! Viel besser sogar. Schön, dich an Bord zu haben, alter Freund!vodkamartini hat geschrieben: 12. Oktober 2024 15:22 Ich weiß, ich bin spät dran und ihr seid schon beim zweiten Film. Aber nachdem ich aus Neugierde letzte Woche das Original ebenfalls gesichtet und erst jetzt etwas Zeit gefunden hatte, wollte ich mich doch noch einklinken.
Du kommst ja dann auch auf praktisch die gleiche Einschätzung wie Kollege Hille und ich, was denke ich irgendwo auch für die Qualität des Films spricht. Im Sinne der Diskussion möchte ich dennoch einen Punkt herauspicken, den ich zumindest teilweise etwas anders sehe:
vodkamartini hat geschrieben: 12. Oktober 2024 15:22Die mit Airport etablierte Erfolgsformel wurde damit zu Recht zur Blaupause eines bis heute quicklebendigen Subgenres des Spektakel-Kinos.
vodkamartini hat geschrieben: 12. Oktober 2024 15:22Es gibt Filme, die treten ein ganzes Genre los. Bei solchen Trendsettern handelt es sich nicht einfach nur um Initialzündungen für zahllose Epigonen, sondern um regelrechte Blaupausen hinsichtlich Inhalt, Figuren und Struktur. Was Goldfinger für das moderne Actionkino, Star Wars für den neueren Science Fiction-Film oder Scream für den wiederbelebten Teenie-Horror bedeutet, ist Airport für das spektakuläre Katastrophenkino der 1970er Jahre (und darüber hinaus).
Ich sehe Airport zwar auch eindeutig als Ausgangspunkt für die Katastrophen-Film-Welle wie auch als Prototyp dieses gerade in den 70ern so erfolgreichen Genres, aber als Blaupause würde ich ihn dennoch nicht bezeichnen, da in meinen Augen der Film zwar die diversen für dieses Genre gemeinhin als elementar angesehenen Bauteile weitgehend alle an Bord hat, die Gewichtung aber noch sehr deutlich in Richtung Figurendrama geht und der Katastrophenplot eher unterstützender Natur ist. Als Genre-Blaupause sehe ich daher eher Ronald Neames Die Höllenfahrt der Poseidon an, der die weitgehend bis heute gültige Formel in seiner "reinen Form" etablierte. Von daher würde ich die vielen Genrenachfolger von Airport auch nicht als Nachahmer ansehen, da sie sich deutlich mehr an der Poseidon-Struktur orientiert haben. Das ist in meinen Augen auch der Grund, warum 1974 der Höhepunkt der Welle war und nicht schon 1972 - weil die Studios erst nach der Poseidon (=der eigentlichen Blaupause) nachgelegt haben und nicht bereits nach Airport.vodkamartini hat geschrieben: 12. Oktober 2024 15:22Der Film traf definitiv einen Nerv und die zeitgeistige Stimmung, was spätesten die zahllosen Nachfolger und Nachahmer bewiesen.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"
Re: Airport
50Ja, ich verstehe, was du meinst. Aber auch wenn die menschlichen Dramen hier etwas mehr Raum bekommen, so ist bereits alles da. Ein buntes Personal wird mit einer Katastrophe konfrontiert (hier auch doppelt mit Schneechaos und Attentat im Flugzeug). Parallel dazu und sich überschneidend werden persönliche Krisen seziert bzw. brechen diese erst auf. In all dem Chaos gibt es dann einen kernigen Fels in der Brandung (hier Lancaster), der allen Katastrophen trotzt und am Ende den Tag rettet, auch wenn das nicht für alle Personen gilt. Meist hat er noch einen beherzt zupackenden Freund / Kollegen zur Hand (hier Kennedy), dessen Expertenwissen das ein oder andere Hindernis überwindet. Auch wenn später, v.a. mit dem Reboot durch Independence Day das technische Spektakel immer mehr in den Fokus rückte, so ist Airport dennoch als Schablone nach wie vor gut erkennbar.
http://www.vodkasreviews.de
https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/
https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/
Re: Airport
51Mayday, Mayday! Flug AP75 der Hille Air ist seit Donnerstag spurlos vom Radar verschwunden. Die Welt bangt und hofft inständig auf eine schnelle Auswertung des Flugschreibers.Casino Hille hat geschrieben: 10. Oktober 2024 15:43 Teil 2 landet bei mir heute um 18 Uhr in den Player!
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"
Über den Wolken muss der Schaden wohl grenzenlos sein
52Giganten am Himmel
Was die Realität umtreibt, spiegelt sich im Kino wider: Die Angst im Kalten Krieg vor einem nuklearen Holocaust führte im US-Kino der 50er und 60er so zu einer Welle an Sci-Fi-Filmen, in denen Außerirdische oder durch nukleare Strahlung mutierte Echsen und andere Insekten als Vorboten für das Ende der Welt standen. 1968, der Vietnamkriege hatte viele urtypisch amerikanische Ideale bröckeln lassen, erreichte diese pessimistische Untergangsstimmung das teure Massenkino, und der heutige Klassiker „Planet der Affen“ endete mit der bösen Pointe, dass es sich bei dem titelgebenden Himmelskörper um die Erde handelte, die bei einem Atomkrieg vernichtet wurde. Regisseur Franklin J. Schaffner zeigte am Schluss die zerstörte Freiheitsstatue. Hauptdarsteller Charlton Heston verfluchte auf der Tonspur die gesamte Menschheit.
„Planet der Affen“ nahm vorweg, was in der ersten Hälfte der 70er zum Trend im Blockbuster-Kino werden sollte: den Katastrophenfilm. Vor dem Hintergrund der Morde von Charles Manson und dem Ende der idealistischen Hippie-Kultur sowie den Skandalen der Watergate-Affäre rund um Präsident Richard Nixon hatte das Vertrauen in traditionelle Institutionen und staatliche Autoritäten schwer gelitten. Zu sehen gab es daher buchstäbliche Desaster, ausgelöst durch Systemversagen oder Naturgewalten, und eine Riege an bekannten Stars in verschiedenen Parallelhandlungen, die durch diese große Katastrophe vereint wurden und teils heldenhafte Tode sterben, um Schlimmeres zu verhindern.
Vorgemacht hat es 1970 der zehnfach oscarnominierte „Airport“ von George Seaton. Ein waschechter Starauflauf verschiedener Generationen, darunter Burt Lancaster, Helen Hayes, Jean Seberg und Dean Martin, musste trotz vieler Krisen und Differenzen zusammenarbeiten, als ein Mann in einem Passagierflugzeug eine Bombe zündete und die Maschine daher auf einer verschneiten Landebahn notlanden musste. Des großen Erfolgs wegen beeilte sich Hollywood, schnell mehr Filme nach diesem Muster zu drehen. Zwei Jahre später war „Die Höllenfahrt der Poseidon“, in dem sich Gene Hackman, Ernest Borgnine und Shelley Winters auf einem umgekippten Luxusdampfer retten mussten, ein riesiger Erfolg.
Als Katastrophenjahr ging aber 1974 in die Filmgeschichte ein. Gleich vier große Klassiker des Genres entstanden in diesem Jahr und ließen Kinokassen klingeln: Auf einem Kreuzfahrtschiff blieben Richard Harris, Omar Sharif und Anthony Hopkins nur „18 Stunden bis zur Ewigkeit“ und während Steve McQueen und Paul Newman in „Flammendes Inferno“ einen brennenden Wolkenkratzer überstehen mussten, stellten sich „Planet der Affen“-Star Charlton Heston und „Airport“-Legende George Kennedy gleich zwei Desastern. Nachdem sie nämlich in Los Angeles mit einem verhängnisvollen „Erdbeben“ konfrontiert wurden, waren sie die Stars der ersten von drei „Airport“-Fortsetzungen, bzw. wie der deutsche Titel sie taufte: „Giganten am Himmel“.
War das Original noch eine Blaupause für das Genre und funktionierte vor allem als Charakterdrama (die Katastrophe in Form der Bombenexplosion ließ ganze 100 Minuten auf sich warten), ist das günstigere Sequel (nur noch 3 statt 10 Millionen US-Dollar) ein klassischer Vertreter seiner Zunft. Flott führt der spätere „Schlacht um Midway“-Regisseur Jack Smight seine vielen Figuren ein, die sich an Bord einer Boeing 747 einfinden. Myrna Loy, die Grande Dame aus „Der große Ziegfeld“, zieht unentwegt am Flachmann und tankt weit mehr als ein Flugzeug laden könnte. Drei weitere Säufer sind an Bord, einer von ihnen, gespielt vom späteren „King of Queens“-Komiker Jerry Stiller, soll den Unglücksflug verschlafen.
Nicht zum Schlafen kommt die kleine Linda Blair, die dringend per Flieger nach Los Angeles gebracht werden soll, um dort eine lebensnotwendige Nierentransplantation zu erhalten. Wie ein Jahr zuvor, als Blair noch in „Der Exorzist“ vom Dämon Pazuzu besessen wurde, erhält sie auch im zweiten „Airport“ göttlichen Beistand, denn Frauenrechtsaktivistin Helen Reddy ist an Bord und spielt eine freundliche Nonne, die sich mal flugs zu dem kleinen Mädel gesellt, sich ihre Gitarre schnappt und ein Lied darüber trällert, dass ihr bester Freund sie selbst ist. Eine Szene, so bizarr, launig und komisch, dass sie sechs Jahre später in „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“ parodiert wurde, aber selbst da kaum lustiger ausfällt.
Ach ja, Stummfilm-Ikone und „Boulevard der Dämmerung“-Star Gloria Swanson ist auch an Bord. Nicht in irgendeiner Rolle. Nein, sie tritt als Gloria Swanson auf, die unentwegt von ihren Erlebnissen mit „Die zehn Gebote“-Regisseur Cecil B. DeMille palavert und an ihrer Biografie arbeitet. Es war ihr erster Film seit 22 Jahren und blieb der letzte Auftritt ihrer Karriere.
All diese Stars so herrlich selbstironisch zu sehen, ist schon ein Spaß für sich. Dies geht so weit, dass sogar die Katastrophe selbst mit einem Meta-Gag verbunden ist: Ein vermögender Geschäftsmann, gespielt vom 40er-Jahre-Megastar Dana Andrews, erleidet beim Flug mit seiner Privatmaschine einen Herzanfall und kracht in das Cockpit der Boeing 747, was den von Broadway-Legende Efrem Zimbalist Jr. gespielten Piloten schwer verletzt und den Rest der Cockpit-Besatzung tötet.
Die Idee zu diesem Aufhänger hatten sich die Macher beim 1960 erschienenen Thriller „SOS für Flug T 17“ abgeguckt. Dort krachte ein Düsenjet in eine Passagiermaschine. Und schon damals spielten Andrews und Zimbalist Jr. mit – aber in vertauschten Rollen. Zimbalist Jr. war der Pilot, der seinen Jet in Andrews Cockpit donnerte. Dem kleinen Flugzeug, das im Film mit der 747 kollidierte, eine Beechcraft Baron mit der Hecknummer N9750Y, ereilte im August 1989 tatsächlich ein solches Schicksal: Es wurde über Tracy, Kalifornien, bei einer Kollision mit einer Cessna 180 zerstört.
Ab hier zeigt „Giganten am Himmel“ seine Qualitäten als großes und in seinen 107 Minuten sehr temporeiches Actionfilm-Vergnügen. Im Zuge des Unfalls muss nämlich eine Stewardess die Maschine quer durch die Wasatchkette der Rocky Mountains steuern und sich mithilfe von Funk-Anweisungen mit den Gerätschaften des demolierten Cockpits vertraut machen. „Five Easy Peaces“-Schnuckel Karen Black spielt diese unfreiwillige Pilotin famos, ihre Überforderung und Hilflosigkeit ist geradezu greifbar. Die Spezialeffekte sind wie beim Vorgänger für die damalige Zeit besonders gelungen ausgetüftelt und erzeugen nicht selten glaubhaft die Immersion eines demolierten Flugzeugs in luftiger Höhe. Manches wurde mit einer echten 747 gedreht, die man für 30.000 Dollar pro Drehtag von der Fluggesellschaft American Airlines ausgeliehen hatte.
Besonders aufregend wird es aber natürlich, als schließlich die eigentlichen Giganten den Himmel erreichen. George Kennedy spielt erneut den aus „Airport“ bekannten hemdsärmeligen Joe Patroni, der damals noch Mechaniker war und jetzt zum Vizepräsidenten einer Fluglinie avanciert ist. Mit Politik hält er sich aber nicht lange auf, schließlich sind Frau und Brut in der gefährdeten Maschine. Also wird von ihm Charlton Heston alias Fluglehrer Al Murdoch – der passenderweise eine Liaison mit Allens Stewardess hat – hinzugerufen, um in der Luft durch das Loch im Cockpit in die „Red-Eye“ genannte Boeing umzusteigen und den Adler sicher zu landen. Genauso kommt es dann auch und die Stuntarbeit in dieser ganz besonders mitreißenden Szene verdient höchstes Lob und beschert Smights Film gar traumhafte Aufnahmen.
Fairerweise: Mit dem eher seriösen „Airport“ hat diese Fortsetzung dann abseits von Kennedys erneutem Mitwirken nur herzlich wenig zu tun und das nicht bloß, weil Teil zwei kaum an einem Flughafen spielt. Wurde im originalen Klassiker noch in empathischen Dialogzeilen über Scheidungen, Affären und Abtreibungen verhandelt und war das Abwenden des drohenden Flugzeugabsturzes da noch vor allem durch das Zusammenarbeiten verschiedenster Kräfte mit einer gewaltigen emotionalen Katharsis verbunden, lässt Smight diese Sentimentalitäten beiseite und feiert eher den maskulin-herben Charme seiner beiden Hauptdarsteller ab.
Die vielen absurden, karikaturistisch-schrillen Passagiers-Nebenfiguren fungieren hauptsächlich als ironisierte Farbtupfer. Ihre Szenen sind nicht mehr melodramatisch angehaucht, sondern wissen um ihre gar drollige Überdrehtheit. Kritiker schimpften die exzentrische Fortsetzung wohl auch deshalb „albern“ und „lächerlich“, kritisierten ein „fragwürdiges Idealbild des rettenden Helden“. Pulitzer-Preisträger Roger Ebert hingegen lobte die „Giganten am Himmel“ und sah darin „guten, spannenden, trivialen Eskapismus“. Damit war er auf der Seite des Publikums: Allein in den USA wurden 47 Millionen Dollar eingenommen, weltweit kamen über 100 Millionen zusammen.
Auf Nixons Präsidentschaft folgte 1974 im Zuge seines Rücktritts die Amtszeit von Gerald Ford, den drei Jahre später Jimmy Carter beerbte. Der Vietnamkrieg endete. Das Massenpublikum verlor mehr und mehr die Lust an spektakulären Untergangsdarstellungen, das Katastrophengenre hatte seinen Zenit überschritten. Zwar wurden später in Hollywood noch „Die Hindenburg“ (1975) und eine „Achterbahn“ (1977) zerstört, man ließ einen „Meteor“ (1979) vom Himmel fallen, zeigte ein „U-Boot in Not“ (1978) und die „Airport“-Reihe ging „Verschollen im Bermuda-Dreieck“ (1977) und zerdepperte in „Die Concorde“ (1979) einen besonders spektakulären Flieger, doch der ganz große Klassiker war nicht mehr dabei. Logisch, denn was soll schon noch groß folgen, hat man bereits den Giganten am Himmel auserkoren.
Was die Realität umtreibt, spiegelt sich im Kino wider: Die Angst im Kalten Krieg vor einem nuklearen Holocaust führte im US-Kino der 50er und 60er so zu einer Welle an Sci-Fi-Filmen, in denen Außerirdische oder durch nukleare Strahlung mutierte Echsen und andere Insekten als Vorboten für das Ende der Welt standen. 1968, der Vietnamkriege hatte viele urtypisch amerikanische Ideale bröckeln lassen, erreichte diese pessimistische Untergangsstimmung das teure Massenkino, und der heutige Klassiker „Planet der Affen“ endete mit der bösen Pointe, dass es sich bei dem titelgebenden Himmelskörper um die Erde handelte, die bei einem Atomkrieg vernichtet wurde. Regisseur Franklin J. Schaffner zeigte am Schluss die zerstörte Freiheitsstatue. Hauptdarsteller Charlton Heston verfluchte auf der Tonspur die gesamte Menschheit.
„Planet der Affen“ nahm vorweg, was in der ersten Hälfte der 70er zum Trend im Blockbuster-Kino werden sollte: den Katastrophenfilm. Vor dem Hintergrund der Morde von Charles Manson und dem Ende der idealistischen Hippie-Kultur sowie den Skandalen der Watergate-Affäre rund um Präsident Richard Nixon hatte das Vertrauen in traditionelle Institutionen und staatliche Autoritäten schwer gelitten. Zu sehen gab es daher buchstäbliche Desaster, ausgelöst durch Systemversagen oder Naturgewalten, und eine Riege an bekannten Stars in verschiedenen Parallelhandlungen, die durch diese große Katastrophe vereint wurden und teils heldenhafte Tode sterben, um Schlimmeres zu verhindern.
Vorgemacht hat es 1970 der zehnfach oscarnominierte „Airport“ von George Seaton. Ein waschechter Starauflauf verschiedener Generationen, darunter Burt Lancaster, Helen Hayes, Jean Seberg und Dean Martin, musste trotz vieler Krisen und Differenzen zusammenarbeiten, als ein Mann in einem Passagierflugzeug eine Bombe zündete und die Maschine daher auf einer verschneiten Landebahn notlanden musste. Des großen Erfolgs wegen beeilte sich Hollywood, schnell mehr Filme nach diesem Muster zu drehen. Zwei Jahre später war „Die Höllenfahrt der Poseidon“, in dem sich Gene Hackman, Ernest Borgnine und Shelley Winters auf einem umgekippten Luxusdampfer retten mussten, ein riesiger Erfolg.
Als Katastrophenjahr ging aber 1974 in die Filmgeschichte ein. Gleich vier große Klassiker des Genres entstanden in diesem Jahr und ließen Kinokassen klingeln: Auf einem Kreuzfahrtschiff blieben Richard Harris, Omar Sharif und Anthony Hopkins nur „18 Stunden bis zur Ewigkeit“ und während Steve McQueen und Paul Newman in „Flammendes Inferno“ einen brennenden Wolkenkratzer überstehen mussten, stellten sich „Planet der Affen“-Star Charlton Heston und „Airport“-Legende George Kennedy gleich zwei Desastern. Nachdem sie nämlich in Los Angeles mit einem verhängnisvollen „Erdbeben“ konfrontiert wurden, waren sie die Stars der ersten von drei „Airport“-Fortsetzungen, bzw. wie der deutsche Titel sie taufte: „Giganten am Himmel“.
War das Original noch eine Blaupause für das Genre und funktionierte vor allem als Charakterdrama (die Katastrophe in Form der Bombenexplosion ließ ganze 100 Minuten auf sich warten), ist das günstigere Sequel (nur noch 3 statt 10 Millionen US-Dollar) ein klassischer Vertreter seiner Zunft. Flott führt der spätere „Schlacht um Midway“-Regisseur Jack Smight seine vielen Figuren ein, die sich an Bord einer Boeing 747 einfinden. Myrna Loy, die Grande Dame aus „Der große Ziegfeld“, zieht unentwegt am Flachmann und tankt weit mehr als ein Flugzeug laden könnte. Drei weitere Säufer sind an Bord, einer von ihnen, gespielt vom späteren „King of Queens“-Komiker Jerry Stiller, soll den Unglücksflug verschlafen.
Nicht zum Schlafen kommt die kleine Linda Blair, die dringend per Flieger nach Los Angeles gebracht werden soll, um dort eine lebensnotwendige Nierentransplantation zu erhalten. Wie ein Jahr zuvor, als Blair noch in „Der Exorzist“ vom Dämon Pazuzu besessen wurde, erhält sie auch im zweiten „Airport“ göttlichen Beistand, denn Frauenrechtsaktivistin Helen Reddy ist an Bord und spielt eine freundliche Nonne, die sich mal flugs zu dem kleinen Mädel gesellt, sich ihre Gitarre schnappt und ein Lied darüber trällert, dass ihr bester Freund sie selbst ist. Eine Szene, so bizarr, launig und komisch, dass sie sechs Jahre später in „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“ parodiert wurde, aber selbst da kaum lustiger ausfällt.
Ach ja, Stummfilm-Ikone und „Boulevard der Dämmerung“-Star Gloria Swanson ist auch an Bord. Nicht in irgendeiner Rolle. Nein, sie tritt als Gloria Swanson auf, die unentwegt von ihren Erlebnissen mit „Die zehn Gebote“-Regisseur Cecil B. DeMille palavert und an ihrer Biografie arbeitet. Es war ihr erster Film seit 22 Jahren und blieb der letzte Auftritt ihrer Karriere.
All diese Stars so herrlich selbstironisch zu sehen, ist schon ein Spaß für sich. Dies geht so weit, dass sogar die Katastrophe selbst mit einem Meta-Gag verbunden ist: Ein vermögender Geschäftsmann, gespielt vom 40er-Jahre-Megastar Dana Andrews, erleidet beim Flug mit seiner Privatmaschine einen Herzanfall und kracht in das Cockpit der Boeing 747, was den von Broadway-Legende Efrem Zimbalist Jr. gespielten Piloten schwer verletzt und den Rest der Cockpit-Besatzung tötet.
Die Idee zu diesem Aufhänger hatten sich die Macher beim 1960 erschienenen Thriller „SOS für Flug T 17“ abgeguckt. Dort krachte ein Düsenjet in eine Passagiermaschine. Und schon damals spielten Andrews und Zimbalist Jr. mit – aber in vertauschten Rollen. Zimbalist Jr. war der Pilot, der seinen Jet in Andrews Cockpit donnerte. Dem kleinen Flugzeug, das im Film mit der 747 kollidierte, eine Beechcraft Baron mit der Hecknummer N9750Y, ereilte im August 1989 tatsächlich ein solches Schicksal: Es wurde über Tracy, Kalifornien, bei einer Kollision mit einer Cessna 180 zerstört.
Ab hier zeigt „Giganten am Himmel“ seine Qualitäten als großes und in seinen 107 Minuten sehr temporeiches Actionfilm-Vergnügen. Im Zuge des Unfalls muss nämlich eine Stewardess die Maschine quer durch die Wasatchkette der Rocky Mountains steuern und sich mithilfe von Funk-Anweisungen mit den Gerätschaften des demolierten Cockpits vertraut machen. „Five Easy Peaces“-Schnuckel Karen Black spielt diese unfreiwillige Pilotin famos, ihre Überforderung und Hilflosigkeit ist geradezu greifbar. Die Spezialeffekte sind wie beim Vorgänger für die damalige Zeit besonders gelungen ausgetüftelt und erzeugen nicht selten glaubhaft die Immersion eines demolierten Flugzeugs in luftiger Höhe. Manches wurde mit einer echten 747 gedreht, die man für 30.000 Dollar pro Drehtag von der Fluggesellschaft American Airlines ausgeliehen hatte.
Besonders aufregend wird es aber natürlich, als schließlich die eigentlichen Giganten den Himmel erreichen. George Kennedy spielt erneut den aus „Airport“ bekannten hemdsärmeligen Joe Patroni, der damals noch Mechaniker war und jetzt zum Vizepräsidenten einer Fluglinie avanciert ist. Mit Politik hält er sich aber nicht lange auf, schließlich sind Frau und Brut in der gefährdeten Maschine. Also wird von ihm Charlton Heston alias Fluglehrer Al Murdoch – der passenderweise eine Liaison mit Allens Stewardess hat – hinzugerufen, um in der Luft durch das Loch im Cockpit in die „Red-Eye“ genannte Boeing umzusteigen und den Adler sicher zu landen. Genauso kommt es dann auch und die Stuntarbeit in dieser ganz besonders mitreißenden Szene verdient höchstes Lob und beschert Smights Film gar traumhafte Aufnahmen.
Fairerweise: Mit dem eher seriösen „Airport“ hat diese Fortsetzung dann abseits von Kennedys erneutem Mitwirken nur herzlich wenig zu tun und das nicht bloß, weil Teil zwei kaum an einem Flughafen spielt. Wurde im originalen Klassiker noch in empathischen Dialogzeilen über Scheidungen, Affären und Abtreibungen verhandelt und war das Abwenden des drohenden Flugzeugabsturzes da noch vor allem durch das Zusammenarbeiten verschiedenster Kräfte mit einer gewaltigen emotionalen Katharsis verbunden, lässt Smight diese Sentimentalitäten beiseite und feiert eher den maskulin-herben Charme seiner beiden Hauptdarsteller ab.
Die vielen absurden, karikaturistisch-schrillen Passagiers-Nebenfiguren fungieren hauptsächlich als ironisierte Farbtupfer. Ihre Szenen sind nicht mehr melodramatisch angehaucht, sondern wissen um ihre gar drollige Überdrehtheit. Kritiker schimpften die exzentrische Fortsetzung wohl auch deshalb „albern“ und „lächerlich“, kritisierten ein „fragwürdiges Idealbild des rettenden Helden“. Pulitzer-Preisträger Roger Ebert hingegen lobte die „Giganten am Himmel“ und sah darin „guten, spannenden, trivialen Eskapismus“. Damit war er auf der Seite des Publikums: Allein in den USA wurden 47 Millionen Dollar eingenommen, weltweit kamen über 100 Millionen zusammen.
Auf Nixons Präsidentschaft folgte 1974 im Zuge seines Rücktritts die Amtszeit von Gerald Ford, den drei Jahre später Jimmy Carter beerbte. Der Vietnamkrieg endete. Das Massenpublikum verlor mehr und mehr die Lust an spektakulären Untergangsdarstellungen, das Katastrophengenre hatte seinen Zenit überschritten. Zwar wurden später in Hollywood noch „Die Hindenburg“ (1975) und eine „Achterbahn“ (1977) zerstört, man ließ einen „Meteor“ (1979) vom Himmel fallen, zeigte ein „U-Boot in Not“ (1978) und die „Airport“-Reihe ging „Verschollen im Bermuda-Dreieck“ (1977) und zerdepperte in „Die Concorde“ (1979) einen besonders spektakulären Flieger, doch der ganz große Klassiker war nicht mehr dabei. Logisch, denn was soll schon noch groß folgen, hat man bereits den Giganten am Himmel auserkoren.
https://filmduelle.de/
Let the sheep out, kid.
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Re: Airport
53Das ist ein interessanter Bezug zur politischen und wirtschaftlichen Situation, den du hier herstellst. Bei den ebenfalls bis Mitte der 70er sehr populären Paranoia-Thrillern liegt der Bezug deutlicher auf der Hand, auch weil sie gemeinhin eher einen etwas sperrigeren, verkopfteren Ansatz wählten. Bei den eher massentauglich und auf Unterhaltunsgwert hin konzipierten Katastrophenfilmen hatte ich den Bezug hingegen wenn ich ehrlich bin bislang nie auf dem Schirm. Aber sicherlich spielen die von dir angerissenen Rahmenbedingungen beim Erfolge dieser Filme mit rein. Wohingegen…Casino Hille hat geschrieben: 15. Oktober 2024 14:36
„Planet der Affen“ nahm vorweg, was in der ersten Hälfte der 70er zum Trend im Blockbuster-Kino werden sollte: den Katastrophenfilm. Vor dem Hintergrund der Morde von Charles Manson und dem Ende der idealistischen Hippie-Kultur sowie den Skandalen der Watergate-Affäre rund um Präsident Richard Nixon hatte das Vertrauen in traditionelle Institutionen und staatliche Autoritäten schwer gelitten. Zu sehen gab es daher buchstäbliche Desaster, ausgelöst durch Systemversagen oder Naturgewalten, und eine Riege an bekannten Stars in verschiedenen Parallelhandlungen, die durch diese große Katastrophe vereint wurden und teils heldenhafte Tode sterben, um Schlimmeres zu verhindern.
…ich hier den Bezug zwischen „besseren Zeiten“ und dem Ende des Katastrophenfilms eher nicht so deutlich sehe. Dafür war auch die 2. Hälfte der 70er Jahre – gerade in den Staaten – politisch wie wirtschaftlich zu unruhig (was Carter zusammen mit der ihm zugeschriebenen aussenpolitischen Schwäche dann auch die Wiederwahl kostete). Ich denke eher, dass die Katastrophenfilme für ein paar Jahren den Platz einnahmen, den zuvor die groß konzipierten Studio-Produktionen inne hatten und ab Mitte der 70er dann das Blockbuster-Kino übernehmen sollte: massentauglich im großen Stil konzipierte und weitgehend einfach zu konsumierende Produktionen. Im Zuge von Jaws, Star Wars und der Unheimlichen Begegnung der dritten Art war die Zeit der Katastrophenfilme dann einfach abgelaufen. Gleichwohl ich hier durchaus auch (kleinere) Klassiker des Genres sehe. Jedenfalls würde ich beispielsweise den von dir angesprochenen Achterbahn genau wie den grossartigen 2 Minutes Warning auf mindestesns der gleichen Stufe sehen wie der von dir ebenfalls angeführte 18 Stunden bis zur Ewigkeit von Richard Lester (welchen ich sehr schätze, der gerade im Hinblick auf seinen kommerziellen Erfolg aber doch in einer ganz anderen Kategorie spielt als Poseidon, Erdbeben, Flammendes Inferno oder die Airports – wie eben auch die erwähnten beiden späten Genrehighlights).Casino Hille hat geschrieben: 15. Oktober 2024 14:36 Auf Nixons Präsidentschaft folgte 1974 im Zuge seines Rücktritts die Amtszeit von Gerald Ford, den drei Jahre später Jimmy Carter beerbte. Der Vietnamkrieg endete. Das Massenpublikum verlor mehr und mehr die Lust an spektakulären Untergangsdarstellungen, das Katastrophengenre hatte seinen Zenit überschritten. Zwar wurden später in Hollywood noch „Die Hindenburg“ (1975) und eine „Achterbahn“ (1977) zerstört, man ließ einen „Meteor“ (1979) vom Himmel fallen, zeigte ein „U-Boot in Not“ (1978) und die „Airport“-Reihe ging „Verschollen im Bermuda-Dreieck“ (1977) und zerdepperte in „Die Concorde“ (1979) einen besonders spektakulären Flieger, doch der ganz große Klassiker war nicht mehr dabei. Logisch, denn was soll schon noch groß folgen, hat man bereits den Giganten am Himmel auserkoren.
Ja, es ist tatsächlich schwierig bis unmöglich hier nicht Arthur zu sehen, da erstens Stiller optisch eigentlich genau so ausschaut wie zweieinhalb Jahrzehnte später in Queens und zweitens er sich auch so verhält, wie man es von einem jüngeren Arthur erwarten würde. Ein wirklich netter ungewollter Insidejoke.Casino Hille hat geschrieben: 15. Oktober 2024 14:36 Drei weitere Säufer sind an Bord, einer von ihnen, gespielt vom späteren „King of Queens“-Komiker Jerry Stiller, soll den Unglücksflug verschlafen.
Jaja, die Freuden des Egoismus und ihre wohlverdiente Hymne … Übrigens finde ich die Originalszene sogar viel komischer ist als die ihr ja weitgehend sklavisch folgende Parodie.Casino Hille hat geschrieben: 15. Oktober 2024 14:36 denn Frauenrechtsaktivistin Helen Reddy ist an Bord und spielt eine freundliche Nonne, die sich mal flugs zu dem kleinen Mädel gesellt, sich ihre Gitarre schnappt und ein Lied darüber trällert, dass ihr bester Freund sie selbst ist. Eine Szene, so bizarr, launig und komisch, dass sie sechs Jahre später in „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“ parodiert wurde, aber selbst da kaum lustiger ausfällt.
Tatsächlich finde ich den Film noch nicht einmal so besonders temporeich. Er ist aber definitiv permanent in Bewegung, wodurch praktisch nie Leerlauf entsteht. Aber diese Bewegung spielt sich wie ich finde immer in weitgehend dem gleichen Tempo ab, besonders dynamisch nehme ich ihn jedenfalls nicht wahr. Aber das wird dann mühelos durch den erwähnten stetigen filmischen Fluss sowie gezielte Spannungsmomente ausgeglichen.Casino Hille hat geschrieben: 15. Oktober 2024 14:36 Ab hier zeigt „Giganten am Himmel“ seine Qualitäten als großes und in seinen 107 Minuten sehr temporeiches Actionfilm-Vergnügen.
Wobei ich auch gerade das am Sequel schätze, dass er eben sein eigenes Ding durchzieht und nicht lediglich ein Wiederaufkochen ders Vorgängers darstellt. Und letztlich stellen die Giganten dann ja auch genauso viele Genretypischen Standards auf wie der Vorgänger – was für ein Sequel kein so schlechtes Ergebnis ist.Casino Hille hat geschrieben: 15. Oktober 2024 14:36 Fairerweise: Mit dem eher seriösen „Airport“ hat diese Fortsetzung dann abseits von Kennedys erneutem Mitwirken nur herzlich wenig zu tun und das nicht bloß, weil Teil zwei kaum an einem Flughafen spielt. Wurde im originalen Klassiker noch in empathischen Dialogzeilen über Scheidungen, Affären und Abtreibungen verhandelt und war das Abwenden des drohenden Flugzeugabsturzes da noch vor allem durch das Zusammenarbeiten verschiedenster Kräfte mit einer gewaltigen emotionalen Katharsis verbunden, lässt Smight diese Sentimentalitäten beiseite und feiert eher den maskulin-herben Charme seiner beiden Hauptdarsteller ab.
Hier trifft Ebert dann auch den Nagel auf den Kopf: die Giganten sind konzeptionell das filmische Äquivalent zu einer Achterbahnfahrt. Letztere mag ebenfalls nicht den kulturellen Wert einer Oper haben, ihrer Daseinsberechtigung und ihrem originären Wert wird man mit Labeln wie „albern“ oder „lächerlich“ aber nicht gerecht. Es ist was es ist und die Giganten sind pures Unterhaltungskino, das nie den Anspruch erhebt mehr zu sein.Casino Hille hat geschrieben: 15. Oktober 2024 14:36 Kritiker schimpften die exzentrische Fortsetzung wohl auch deshalb „albern“ und „lächerlich“, kritisierten ein „fragwürdiges Idealbild des rettenden Helden“. Pulitzer-Preisträger Roger Ebert hingegen lobte die „Giganten am Himmel“ und sah darin „guten, spannenden, trivialen Eskapismus“.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"
Re: Airport
54Wie schön, dass du noch in diesen kleinen "Airport"-Rewatch eingestiegen bist, Vodka! Und vor allem, weil ich mich gefreut habe, auch von dir so positiv über diesen mittlerweile fast schon unterschätzten Klassiker zu lesen. "Airport" mag in vielerlei Hinsicht noch eine Art Blaupause für das Katastrophenfilmgenre sein, aber erstaunlich ist doch, dass es sich da wie mir "Dr. No" als Vorbote der Bond-Reihe verhält: obwohl das 'Original' noch teils andere Schwerpunkte setzt, ist im Kern bereits alles da, was später zum Standard und Klischee wurde. Wie du schreibst: die Schablone ist bereits ziemlich ausformuliert und das ist für so einen "Startschuss" dann ziemlich verblüffend.vodkamartini hat geschrieben: 12. Oktober 2024 15:22 Airport
Erzählerische Stringenz, dramaturgisches Geschick und darstellerische Brillanz machen den Startschuss des modernen Katastrophenfilms auch noch 50 Jahre später zu einem vergnüglichen Filmgenuss.
Sehr schöner Vergleich, vor allem da Helen Hayes später in Fernsehfilmen tatsächlich "Miss Marple" spielte. Es war sogar ihre letzte Filmrolle. Leider kenne ich die Filme nicht und weiß daher gar nicht, wie genau sie Miss Marple interpretiert und ob sie tatsächlich ähnlich ihrer "Airport"-Rolle (und ähnlich zu Rutherford) eine eher freche Interpretation gibt oder ob sie stattdessen deutlich näher an den Romanen von Agatha Christie dran ist und die Figur halbwegs "originalgetreu" darstellt.vodkamartini hat geschrieben: 12. Oktober 2024 15:22Helen Hayes wiederum brilliert als mit allen Wäschern gewaschene blinde Passagierin und sorgt für den Comic Relief im ansonsten todernsten Katastrophen-Szenario. Ihre in jahrelanger Praxis etablierten Tricks und Kniffe für das kostenfreie Flugreisen halten ein Gros des Airport-Personals auf Trab und sorgen für einige Lacher nicht nur auf Zuschauerseite. Hayes auf Schrullig- und Dreistigkeit setzende Darstellung brachte ihr den zweiten Academy Award ein und erinnert wohl nicht ganz zufällig in vielen Nuancen an Margaret Rutherfords legendäre Miss Marple Interpretation.
So oder so: Diese freche alte Dame in "Airport" passt perfekt zu ihr und sie ist ein Musterbeispiel für einen gelungenen Comic Relief.
Hahaha, sehr schön! Gut Ding will Weile haben und leider sind wir bei der Heftproduktion schon sehr mit dem vorweihnachtlichen Programm beschäftigt und es trudeln gefühlt täglich bei mir irgendwelche Interviews ein, die vorbereitet sein müssen. Aber ich habe es dann ja doch noch im Zeitrahmen einer Woche hinbekommen! Sonntag geht es dann hier übrigens auf der Couch mit dem Ausflug ins Bermuda-Dreieck weiter.AnatolGogol hat geschrieben: 15. Oktober 2024 06:23 Mayday, Mayday! Flug AP75 der Hille Air ist seit Donnerstag spurlos vom Radar verschwunden.
Auch das ist eine legitime Sichtweise und man kann in Jaws oder Close Encounters... dann sicher auch so etwas wie die neuen Erben der Sparte Kino ansehen, die Airport und Towering Inferno zuvor bedienten. Teile meiner Ausführungen sind inspiriert durch das Buch "American Cinema of the 1970s: Themes and Variations (Screen Decades: American Culture/American Cinema)", in dem es unter dem Abschnitt Movies and Political Trauma einige Ausführungen zur Psychologie der Katastrophenfilme gibt. Für einen Forenbeitrag sprengt das vermutlich ein wenig den Rahmen, aber auf jeden Fall ist im US-Kino der 70er eine thematische Verschiebung zu sehen. Die erste Hälfte der Dekade ist geprägt von Filmen, in denen die Ungerechtigkeit der Welt offengelegt wird und zumeist "böse" Firmen / Institutionen oder gewaltige Ereignisse außerhalb der menschlichen Kontrolle (im Fall des Katastrophengenres wären das Naturereignisse wie der Schneesturm in "Airport", die Welle in "Die Höllenfahrt in Poseidon" oder das "Erdbeben") für großes Leid verantwortlich sind. Es gibt dann in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts im US-Populärkino einen leichten Richtungswechsel, da jetzt vermehrt wieder das Einzelschicksal in den Vordergrund rückt und die Geschichten immer weniger von der Katastrophe handeln und immer mehr von der Person und ihren Umgang mit der Welt. So ähnlich stellt es auch das Sachbuch "Disaster Movies: The Cinema of Catastrophe" dar.AnatolGogol hat geschrieben: 16. Oktober 2024 08:32 Das ist ein interessanter Bezug zur politischen und wirtschaftlichen Situation, den du hier herstellst. Bei den ebenfalls bis Mitte der 70er sehr populären Paranoia-Thrillern liegt der Bezug deutlicher auf der Hand, auch weil sie gemeinhin eher einen etwas sperrigeren, verkopfteren Ansatz wählten.
(...)
Wohingegen ich hier den Bezug zwischen „besseren Zeiten“ und dem Ende des Katastrophenfilms eher nicht so deutlich sehe. Dafür war auch die 2. Hälfte der 70er Jahre – gerade in den Staaten – politisch wie wirtschaftlich zu unruhig (was Carter zusammen mit der ihm zugeschriebenen aussenpolitischen Schwäche dann auch die Wiederwahl kostete). Ich denke eher, dass die Katastrophenfilme für ein paar Jahren den Platz einnahmen, den zuvor die groß konzipierten Studio-Produktionen inne hatten und ab Mitte der 70er dann das Blockbuster-Kino übernehmen sollte: massentauglich im großen Stil konzipierte und weitgehend einfach zu konsumierende Produktionen.
Nun kann man das natürlich alles nicht immer so schön verallgemeinern und findet in jedem Fall auch Beispiele wie Gegenbeispiele, weil es ja nur eine nachträglich versuchte Einordnung des Zeitgeists sein kann und soll. Ein weiterer Grund für das nachlassende Interesse an den Katastrophenfilmen wird sicherlich auch mit einer Übersättigung zu tun gehabt haben, sprich: es gab einfach recht viele in sehr kurzer Zeit, und dann wurden andere Stoffe und andere Erzählungen wieder attraktiver. Du hast recht, wenn du sagst, dass Jimmy Carter kein wahnsinnig beliebter Präsident zu Amtszeiten war und u.a. wegen der Ölpreiskrise (die in hohe Arbeitslosigkeit und zur Inflation führte) und seiner Außenpolitik kritisch gesehen wurde, aber all dieser Ereignisse zum Trotz ist das dennoch ein anderer Schnack als der Vertrauensverlust der Amerikaner in ihr eigenes Staatsoberhaupt zu Watergate-Zeiten und auch das Ende des Vietnamkriegs spielte für eine veränderte Mentalität im sozialen Bewusstsein der Amis eine entscheidende Rolle. Von "guten Zeiten" würde ich da sicher nicht sprechen, aber die Probleme verlagerten sich in andere Richtungen und entsprechend ging das Kino diese Verlagerung genauso auch mit - selbst wenn es natürlich in der zweiten Hälfte der 70er noch viele Katastrophenfilme gab, die vom Publikum aber irgendwann nicht mehr angenommen wurden. Spätestens der harte Bauchklatscher "Jagd auf die Poseidon" beendete die Welle des Genres dann auch sehr unsanft, ehe es in den 90ern mit beispielsweise "Twister" und "Independence Day" seine Spezialeffekt-lastige Renaissance feierte.
Unbedingt! In "Airplane" ist es dann ein Stück zu albern, wenn das arme Mädchen noch heftig zu Zucken beginnt. Das hat aber auch damit zu tun, dass die Originalszene eigentlich schon dermaßen drüber ist, dass sie sich für eine Parodie kaum anbietet. Man hätte die Airport '75 Szene dafür lupenrein auch in einer Genre-Parodie platzieren können. Du hast es in deiner Kritik auch sehr schön beschrieben, dass Reddys Gesang offenbar eine fast schon entkräftende Wirkung auf alle Passagiere zu haben scheint. Zum Glück lässt sie das Geträllere dann irgendwann sein, schließlich müssen ein paar der Leidgeplagten genug Energie auf sich bringen, um beim Eintreten der Katastrophe den Laden zünftig zusammenschreien zu können!AnatolGogol hat geschrieben: 16. Oktober 2024 08:32Übrigens finde ich die Originalszene sogar viel komischer ist als die ihr ja weitgehend sklavisch folgende ParodieCasino Hille hat geschrieben: 15. Oktober 2024 14:36 denn Frauenrechtsaktivistin Helen Reddy ist an Bord und spielt eine freundliche Nonne, die sich mal flugs zu dem kleinen Mädel gesellt, sich ihre Gitarre schnappt und ein Lied darüber trällert, dass ihr bester Freund sie selbst ist. Eine Szene, so bizarr, launig und komisch, dass sie sechs Jahre später in „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“ parodiert wurde, aber selbst da kaum lustiger ausfällt.
Das ist gleich noch so eine Szene, die jede Parodie eigentlich überflüssig werden lässt. Meine Mitgucker haben sich köstlich amüsiert. Aber irgendwo verleihen diese Momente den himmlischen Giganten dann auch ihren Charakter. Spätestens hier ist man dann wirklich "im falschen Film", wenn man noch immer eine Art ernstzunehmenden Actionfilm erwartet. Das ist eine große Gaudi, die den Spaß-Pegel immer bis zum Anschlag dreht und keine Probleme hat, auch mal hemmungslos zu übersteuern. Genau das macht den Reiz aus. Ich kann aber auch verstehen, wenn einen das so gar nicht abholen sollte.AnatolGogol hat geschrieben: 10. Oktober 2024 16:27 Einer der denkwürdigsten Giganten ist fraglos der via Telefon konsultierte Transplantations-Doktor. Die ganze Szene ist so schreiend schlecht, dass sie 1:1 aus Airplane sein könnte. Wenn der gemütliche Onkel mit seiner dicken Hornbrille in seinem 70er Jahre-Polyester-Anzug vor einer Wand voll mit Diplomen im jovialen Plauderton den Columbia-Lakeien und damit das Publikum über den Ernst der Lage rund um das arme, kranke, unschuldige, junge Mädchen aufklärt könnte ich mich jedes Mal wegwerfen vor Lachen
Es ist ja sogar so, dass bis zur Kollision völlig unklar ist, warum wir uns mit Scott Freeman beschäftigen und warum der Film gewillt ist, ihn mehrfach ins Bild zu holen. Mir gefällt dieser kleine Subplot auch sehr gut und es ist eigentlich nur so ein bisschen schade, dass seine spätere Witwe im Rest des Films dann nur so kleine Auftritte bekommt. Ich hätte ihr nochmal eine richtig schöne Szene zum Ende hin gegönnt, ähnlich dem letzten Auftritt Maureen Stapletons in einer der Schlusssequenzen des Vorgängers. Es sind dann übrigens Figuren wie Scott Freeman, die dem heutigen Katastrophenfilm oft abgehen. Da wird Charaktere in der Regel nur noch dann Aufmerksamkeit und (wenn überhaupt) Profil geschenkt, wenn sie für einen Großteil der Laufzeit relevant sind. Hier ist der Charakter eigentlich nur Katalysator für das eigentliche Spektakel und trotzdem nimmt man sich die Zeit, ihn nahbar zu gestalten - und das sogar weitaus mehr, als einigen der Knalltüten, die hinten in der Red Eye hocken und saufen.AnatolGogol hat geschrieben: 10. Oktober 2024 16:27 Ein diesbezügliches Paradebeispiel ist die figürliche Einführung des unglücklichen Beechcraft-Piloten Scott Freeman. In mehreren kleinen Szenen wird uns diese Figur nahegebracht, etwa im Kreise seiner Freunde, im liebevollen Gespräch mit seiner Frau oder wenn er seine beruflichen Sorgen mit dem Publikum teilt. Diese vergleichsweise kleinen Szenen sorgen für eine erstaunliche Bindung an die Figur, welche sich beim katastrophalen Crash dann insofern reüssiert, da man nicht nur schockiert ist von den Folgen des Zusammenstoßes, sondern auch in gewissem Maße berührt von Scotts tragischem Schicksal.
Ein "Das würde man so aber heute nicht mehr machen" lag durchgängig im Raum, wann immer in der ersten Filmhälfte die Stewardessen das Cockpit aufsuchen. Da wird in wenigen Minuten mehr gebaggert als teils tagelang auf den größten Baustellen an der A7. Ist aber auf seine Art auch herrlich.AnatolGogol hat geschrieben: 10. Oktober 2024 16:27 Dieses weitgehend unselbständige Frauen-Bild zieht sich dann auch durch so ziemlich alle anderen weiblichen Rollen, sei es die junge Stewardess, die ausgerechnet die sie permanent anzüglich anbaggernde Piloten-Crew anhimmelt.
Btw: Selbst wenn Karen Black dann letztlich keine "starke Frauenrolle" im Zentrum des Films ist, ist es doch irgendwo auch ihre schauspielerische Leistung, die den Laden zusammenhält oder? Ich finde sie richtig exzellent in dem Auftritt. Mit einer realistischen Stewardess in so einer Situation hat das wohl denkbar wenig zu tun, zugegeben, aber diese völlige Überforderung und Panik in ihren Augen, die kaufe ich ihr tausendprozentig ab und leide dementsprechend mit ihr. Anatol, kennst du das Transvestiten-Spektakel "Ausgeflippt" ("Outrageous!") von 1977? Der Film hat eine so göttliche Parodie auf Karen Black in Airport '75 am Steuerknuppel; man lacht sich kringelig ...
Letzter Punkt: Findest du echt? Verglichen mit dem Vorgänger ist die Fortsetzung für mich der viel flottere Film und generell finde ich ihn schon sehr rasant. Jedenfalls sobald die Kollision eintritt, aber auch davor ist das Tempo ordentlich, allein schon, weil so viele verschiedene schillernde Typen eingeführt werden und der Film wirklich immer in Bewegung ist. Okay, wenn du von einem "besonders hohen Tempo" sprichst, dann magst du vielleicht ein bisschen recht haben, aber allzu gemächlich verhalten sich die Giganten am Himmel dann auch nicht.AnatolGogol hat geschrieben: 10. Oktober 2024 16:27 Ein besonders hohes Tempo legt der Film dabei – wiederum in Analogie zum Vorgänger – keineswegs an den Tag.
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Re: Airport
55So sehr wie die Stapelton bleibt die Freeman-Witwe dann zwar nicht in Erinnerung, aber die Szene, in der sie von Larry Storchs Kanaille auf den Flughafen gezerrt wird und er sie dann einfach sitzen lässt, ist auch einigermaßen ergreifend. Wenn sie dann allein da sitzt und der ganze Zirkus weiterzieht, das hat schon was von der Tragik der Stapelton-Figur.Casino Hille hat geschrieben: 16. Oktober 2024 13:43 es ist eigentlich nur so ein bisschen schade, dass seine spätere Witwe im Rest des Films dann nur so kleine Auftritte bekommt. Ich hätte ihr nochmal eine richtig schöne Szene zum Ende hin gegönnt, ähnlich dem letzten Auftritt Maureen Stapletons in einer der Schlusssequenzen des Vorgängers.
Ja, das stimmt. Heute würden sie die Figur höchstens noch einführen, indem sie ihn zeigen wie er seinen Flug antritt. Aber den ganzen figürlichen Hintergrund würde man sich sicher sparen. In meinen Augen ein klarer Fehler.Casino Hille hat geschrieben: 16. Oktober 2024 13:43 Es sind dann übrigens Figuren wie Scott Freeman, die dem heutigen Katastrophenfilm oft abgehen. Da wird Charaktere in der Regel nur noch dann Aufmerksamkeit und (wenn überhaupt) Profil geschenkt, wenn sie für einen Großteil der Laufzeit relevant sind. Hier ist der Charakter eigentlich nur Katalysator für das eigentliche Spektakel und trotzdem nimmt man sich die Zeit, ihn nahbar zu gestalten - und das sogar weitaus mehr, als einigen der Knalltüten, die hinten in der Red Eye hocken und saufen.
Herrlich ist das richtige Wort. Hinsichtlich der Piloten-Stewardessen-Beziehung wird da ja wirklich jedes Klischee bedient. Und Blondie ist dann auch noch so herrlich dumm und naiv. Sie hat dann später auch eine meiner Lieblingsszenen, wenn sie zu Karen Black ins Cockpit gewackelt kommt und apathisch meint "Nancy, ich hab Angst". Herrlich, dann gibts ne kleine Motivationsansprache von Tante Karen und weiter gehts.AnatolGogol hat geschrieben: 10. Oktober 2024 16:27 Ein "Das würde man so aber heute nicht mehr machen" lag durchgängig im Raum, wann immer in der ersten Filmhälfte die Stewardessen das Cockpit aufsuchen. Da wird in wenigen Minuten mehr gebaggert als teils tagelang auf den größten Baustellen an der A7. Ist aber auf seine Art auch herrlich.
Absolut, ich bin ja eh großer Karen Black-Fan, von daher kann sie hier nichts falsch machen. Und ihr Spiel zwischen nuancierter, Beziehungsgenervter Frauenfigur und unbeholfen-unselbständiger Damsel ist genau das, was dieser Film benötigt. Besonders schön finde ich auch ihre gemeinsamen Szenen mit Charlton Heston, wobei die Eingangsszene vermutlich meine liebste ist (u.a. auch wegen des bereits zitierten legendären Psalm-Spruchs). Wie die beiden da bewusst aneinander vorbeispielen, das ist darstellerisch wirklich gut. Ist eh ein schöne Szene, wenn die Kamera hier Karen in einem Take durch den Flughafen folgt, Chuck - immer noch im gleichen Take - mit dem Shuttle ankommt und sie sich in die Arme fallen. Viel besser und natürlicher integriert als der angestrengte One-Shot-Quatsch in SP oder 1917.AnatolGogol hat geschrieben: 10. Oktober 2024 16:27Btw: Selbst wenn Karen Black dann letztlich keine "starke Frauenrolle" im Zentrum des Films ist, ist es doch irgendwo auch ihre schauspielerische Leistung, die den Laden zusammenhält oder? Ich finde sie richtig exzellent in dem Auftritt. Mit einer realistischen Stewardess in so einer Situation hat das wohl denkbar wenig zu tun, zugegeben, aber diese völlige Überforderung und Panik in ihren Augen, die kaufe ich ihr tausendprozentig ab und leide dementsprechend mit ihr.
Nein, den kenne ich tatsächlich nicht.AnatolGogol hat geschrieben: 10. Oktober 2024 16:27Anatol, kennst du das Transvestiten-Spektakel "Ausgeflippt" ("Outrageous!") von 1977? Der Film hat eine so göttliche Parodie auf Karen Black in Airport '75 am Steuerknuppel; man lacht sich kringelig ...
Zum Vorgänger ist das Tempo sicher höher. Aber so wirklich hoch empfinde ich es tatsächlich nicht, auch weil der Film wie schon geschrieben nicht besonders dynamisch ist. Ein Hochschalten in den höchsten Gang wie zB in French Connection bei der VErfolgungsszene sucht man vergeblich. Aber es ist natürlich auch kein Bummelzugtempo.Casino Hille hat geschrieben: 16. Oktober 2024 13:43 Letzter Punkt: Findest du echt? Verglichen mit dem Vorgänger ist die Fortsetzung für mich der viel flottere Film und generell finde ich ihn schon sehr rasant. Jedenfalls sobald die Kollision eintritt, aber auch davor ist das Tempo ordentlich, allein schon, weil so viele verschiedene schillernde Typen eingeführt werden und der Film wirklich immer in Bewegung ist. Okay, wenn du von einem "besonders hohen Tempo" sprichst, dann magst du vielleicht ein bisschen recht haben, aber allzu gemächlich verhalten sich die Giganten am Himmel dann auch nicht.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"
Re: Airport
56Puh, jetzt habt ich mir aber ganz schön unter Zeitdruck gesetzt. Also dann. Lese heute nachmittag eure Texte, dann kann ich brandaktuell mit diskutieren. Bis dahin:
Airport 75
Sequel des Katastrophenfilm-Klassikers Airport, dessen greller Anstrich in Sachen Personal und Eskalation das Genre treffender charakterisiert als das anspruchsvollere Original. Die konsequente Ausrichtung auf Eskapismus und Spektakel garantiert einen hohen Unterhaltungswert. Guten Flug.
"Something hit us... the crew is dead... help us, please, please help us!“ Hach, das waren noch Zeiten, als selbst Filmposter so knackig auf den Punkt kamen. Dass dabei gleich die ganze Prämisse des Films hinaus posaunt wird, geschenkt. Selbst wer seinerzeit des Lesens nicht mächtig gewesen sein sollte, der dürfte angesichts der riesigen 747 die schwungvoll von einem Kleinflugzeug rasiert wird, kapiert haben, dass Airport 75 noch treffender unter dem Titel "Aircrash 75" firmiert hätte. Abgesehen von diesem kleinen Fauxpas, für den sie ohnehin nichts können, haben die Werbestrategen aber ganze Arbeit geleistet. Die schmucke Boeing im dynamischen Steilflug vor feuerrotem Himmel dominiert das gesamte Poster. Weiter untern gibt es dann noch eine schmale Leiste mit Konterfeis der menschlichen Mitspieler. Die Frage wer hier die eigentliche Hauptrolle spielt, ist also rein akademisch. Wenigstens gibt es gleich zwei hemdsärmelige Jimbos, die dem dominanten Jumbo ein wenig Paroli bieten. Der eine hört sogar auf den klangvollen Namen „Patroni“, womit seine dienende Funktion perfekt umrissen ist. Denn alles und jeder dient hier einem einzigen Zweck: dem Spektakel ...
https://www.ofdb.de/film/7533,941840,Gi ... 75/review/
Airport 75
Sequel des Katastrophenfilm-Klassikers Airport, dessen greller Anstrich in Sachen Personal und Eskalation das Genre treffender charakterisiert als das anspruchsvollere Original. Die konsequente Ausrichtung auf Eskapismus und Spektakel garantiert einen hohen Unterhaltungswert. Guten Flug.
"Something hit us... the crew is dead... help us, please, please help us!“ Hach, das waren noch Zeiten, als selbst Filmposter so knackig auf den Punkt kamen. Dass dabei gleich die ganze Prämisse des Films hinaus posaunt wird, geschenkt. Selbst wer seinerzeit des Lesens nicht mächtig gewesen sein sollte, der dürfte angesichts der riesigen 747 die schwungvoll von einem Kleinflugzeug rasiert wird, kapiert haben, dass Airport 75 noch treffender unter dem Titel "Aircrash 75" firmiert hätte. Abgesehen von diesem kleinen Fauxpas, für den sie ohnehin nichts können, haben die Werbestrategen aber ganze Arbeit geleistet. Die schmucke Boeing im dynamischen Steilflug vor feuerrotem Himmel dominiert das gesamte Poster. Weiter untern gibt es dann noch eine schmale Leiste mit Konterfeis der menschlichen Mitspieler. Die Frage wer hier die eigentliche Hauptrolle spielt, ist also rein akademisch. Wenigstens gibt es gleich zwei hemdsärmelige Jimbos, die dem dominanten Jumbo ein wenig Paroli bieten. Der eine hört sogar auf den klangvollen Namen „Patroni“, womit seine dienende Funktion perfekt umrissen ist. Denn alles und jeder dient hier einem einzigen Zweck: dem Spektakel ...
https://www.ofdb.de/film/7533,941840,Gi ... 75/review/
http://www.vodkasreviews.de
https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/
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Re: "Willst du mir wieder mal den alten Psalm vorbeten?“
57Toll Anatol, da stimme ich beinahe uneingeschränkt zu. War ja etwas skeptisch, nachdem die letzte Sichtung irgendwann in der Kindheit stattfand. Nur ein paar winzige "Widersprüche".
Das Schicksal des guten Scott hat mich so gar nicht berührt, denn seine Mission war von Anfang an klar. Kein Bezug zur Besatzung, Regen und Unwetter im Hintergrund, er will unbedingt fliegen etc. Er musste einfach die Bombe sein.AnatolGogol hat geschrieben: 10. Oktober 2024 16:27 Paradebeispiel ist die figürliche Einführung des unglücklichen Beechcraft-Piloten Scott Freeman. In mehreren kleinen Szenen wird uns diese Figur nahegebracht, etwa im Kreise seiner Freunde, im liebevollen Gespräch mit seiner Frau oder wenn er seine beruflichen Sorgen mit dem Publikum teilt. Diese vergleichsweise kleinen Szenen sorgen für eine erstaunliche Bindung an die Figur, welche sich beim katastrophalen Crash dann insofern reüssiert, da man nicht nur schockiert ist von den Folgen des Zusammenstoßes, sondern auch in gewissem Maße berührt von Scotts tragischem Schicksal.
Ja und nein. Ich finde schon, dass sie einiges leistet und das auch gewürdigt wird. In kleinen Szenen wird klar, dass sie den spanischen Machismo-Cheftechniker nicht so richtig für voll nimmt, der mir die ganze Zeit wie ein Gockel-Trottel vorkam. Auch ihre Stewardessen-Crew hat sie gut im Griff. Natürlich wird sie von den Männern enorm angeleitet während ihrer unfreiwilligen Flugstunde, aber mal ganz ehrlich, da wäre auch heute jedes vergleichbare Bordpersonal hoffnungslos überfordert.AnatolGogol hat geschrieben: 10. Oktober 2024 16:27 Das ist aber in der Tat nur auf den ersten Blick so, denn recht schnell wird klar, dass Karen Black mit ihrem hinreissenden Silberblick eben doch nur die damsel in distress zum Besten geben darf, die am Ende von Old Chuck gerettet werden muss, nachdem sie sich vorsichtig ausgedrückt zuvor auch nicht immer so ganz kompetent und als Frau der Lage erwiesen hat (Stichwort: wohin mit den Konsolentrümmern? Und überhaupt was ist bitte eine Konsole? ).
Wir haben eine Lufthansa Stewardess im Freundeskreis und was die so aus der ersten Klasse erzä#hlt - und nur die kriegt man da ja zu Gesicht - schlägt das Gezeigte um Längen. Heute wohl gemerkt.AnatolGogol hat geschrieben: 10. Oktober 2024 16:27 P.S.: Junge, Junge, wird an Bord der Red Eye Special gepichelt. Was da an Alkohol weggebechert wird, das macht jeder gut laufenden Kneipe alle Ehre.
Durch ihr seliges Dauerlächelne hatte ich keine Sekunde Mitleid mit ihr, außer natürlich bei der Gesangseinlage der Egoismus- äh Feminismus-Ikone.AnatolGogol hat geschrieben: 10. Oktober 2024 16:27
P.S.3: Linda Blair spielt in den Giganten ja praktisch die gleiche Rolle wie ein Jahr zuvor in Friedkins Exorzisten. Gut, natürlich minus Pazuzu-Besessenheit, aber ansonsten wird auch hier wieder an das Mitleid des Zuschauers für das arme, kranke, unschuldige, junge Mädchen appelliert.
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Re: Airport
58Da würde ich dir jetzt gar nicht widersprechen, aber entscheidet das denn darüber, ob einen das Schicksal einer Figur berührt? Mir tut er schon leid, wenn er da in seiner Flugmaschine den Herzanfall erleidet, einfach, weil ich vorher gesehen habe, wie liebevoll er mit seiner Frau interagiert und weil mir glaubhaft vermittelt wird, mit welchen Problemen der Kerl zu tun hat (die dann ja vielleicht auch für den Herzanfall verantwortlich sind). Ich finde schon, dass da eine Tragik in der Rolle verankert ist. Sicher: "Giganten am Himmel" ist kein tiefschürfendes Drama und wühlt einen nicht emotional auf. Aber im Rahmen so eines Films halte ich das durchaus für schön entwickelt.vodkamartini hat geschrieben: 17. Oktober 2024 15:52 Das Schicksal des guten Scott hat mich so gar nicht berührt, denn seine Mission war von Anfang an klar.
Mal eine blöde Frage: Warum heißt der Film eigentlich "Airport 75" im Original? Müsste er nicht "Airport 74" heißen? Schließlich ist er ja aus 1974. Und wenn er eigentlich schon im Jahr 1975 spielt: Ist es dann technisch gesehen ein Sci-Fi-Film?vodkamartini hat geschrieben: 17. Oktober 2024 07:16 Selbst wer seinerzeit des Lesens nicht mächtig gewesen sein sollte, der dürfte angesichts der riesigen 747 die schwungvoll von einem Kleinflugzeug rasiert wird, kapiert haben, dass Airport 75 noch treffender unter dem Titel "Aircrash 75" firmiert hätte. Abgesehen von diesem kleinen Fauxpas, für den sie ohnehin nichts können, haben die Werbestrategen aber ganze Arbeit geleistet.
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Re: Airport
59Mein Problem mit dem guten Scott war, dass es mit aus irgendeinem Grund sofort völlig klar war, wozu er auftaucht. Er will fliegen trotz schlechten Wetters und beim Hauptflug deutete bis dato so gar nichts auf eine Katastrophe hin. So gesehen war mir der ganze Subplot zu kalkuliert um da mitfühlen zu können. Ist eben reine Emfindungssache.
Ja, das mit 75 ist irgendwie seltsam. Wahrscheinlich wollte man besonders progressiv wirken.
Ja, das mit 75 ist irgendwie seltsam. Wahrscheinlich wollte man besonders progressiv wirken.
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Re: Airport
60In Bezug auf seine Funktion bin ich ganz bei dir und auch, dass selbst in Unkenntnis der Handlung vieles schon früh darauf hindeutet, wozu er eigentlich im Film ist. Aber wie Hille schon schrieb, würde man über diese eigentlich Funktion in einem heutigen Blockbuster eine solche Figur nicht mehr weiter beleuchten. Und ich finde schon, dass es der Figur und auch dem Film mehr Tiefe verleiht, dass man Freeman gleich mehrere Szenen spendiert, die ihm mehr Tiefe und Kontur verleihen. Ist das für den Film oder die Haupthandlung unbedingt notwendig? Nein, sicherlich nicht. Aber wie ich finde wertet es ihn auf subtile Art und Weise auf.vodkamartini hat geschrieben: 17. Oktober 2024 15:52 Das Schicksal des guten Scott hat mich so gar nicht berührt, denn seine Mission war von Anfang an klar. Kein Bezug zur Besatzung, Regen und Unwetter im Hintergrund, er will unbedingt fliegen etc. Er musste einfach die Bombe sein.
Auch hier würde ich dir nicht widersprechen wollen. Für sich allein betrachtet macht Blacks Stewardess eigentlich einen ganz ordentlichen Job angesichts der katastropalen Umstände. Wodurch sie aber dann doch recht unselbständig und hilflos wirkt ist der vom Film bewusst zurechtgezimmerte extreme Kontrast zu ihren männlichen Gegenparts. Gegenüber unfehlbaren und von sich selbst berauschten Giganten wie den Figuren von Heston und Kennedy kommt sie dann am Ende wie ich finde doch nicht mehr gut weg. Selbst im Vergleich mit dem immer coolen Fluglotsen, also einer kleinen Nebenrolle, wirkt sie oft verzagt und hilflos. Klar, das ist dramaturgisch und inszenatorisch so gewollt und Black spielt das sehr überzeugend - aber mein Punkt war ja gerade, dass das Frauenbild in den Giganten genau in diese Kerbe schlägt.vodkamartini hat geschrieben: 17. Oktober 2024 15:52 Ja und nein. Ich finde schon, dass sie einiges leistet und das auch gewürdigt wird. In kleinen Szenen wird klar, dass sie den spanischen Machismo-Cheftechniker nicht so richtig für voll nimmt, der mir die ganze Zeit wie ein Gockel-Trottel vorkam. Auch ihre Stewardessen-Crew hat sie gut im Griff. Natürlich wird sie von den Männern enorm angeleitet während ihrer unfreiwilligen Flugstunde, aber mal ganz ehrlich, da wäre auch heute jedes vergleichbare Bordpersonal hoffnungslos überfordert.
Shame on you! Das arme Mädchen: verzogen von einer egozentrisch-profanen Schauspieler-Mutter, durch die Mühlen der modernen Medizin gejagt, durchexorziert von psychisch instabilen Geistlichen, dann (vermutlich in direktem kausalen Zusammenhang) quittieren die Nieren ihren dienst und zur Krönung dann noch Folter via Folksong-Marathon. Da muss man doch einfach Mitleid haben bei solch einem Schicksal!vodkamartini hat geschrieben: 17. Oktober 2024 15:52 Durch ihr seliges Dauerlächelne hatte ich keine Sekunde Mitleid mit ihr, außer natürlich bei der Gesangseinlage der Egoismus- äh Feminismus-Ikone.
Gegen diese These spricht aber, dass man bei den beiden Nachfolgern dann die Jahreszahl wieder an das Erscheinungsjahr gekoppelt hat. Man ging ja sogar soweit, bei der etwas später gestarteten europäischen Concorde-Veröffentlichung das Jahr im Titel zu ändern (und gelich den ganzen Titel auch noch zu drehen). Meine Vermutung wäre daher eher, dass der Film ursprünglich 1975 für einen Kinostart vorgesehen war, man ihn dann aber kurzfristig doch noch auf Ende 1974 vorgezogen hat. Für eine Änderung der Marketingkampagne war es wahrscheinlich schon zu spät (oder Universal war zu geizig dafür), daher keine Titelanpassung.vodkamartini hat geschrieben: 17. Oktober 2024 22:48 Ja, das mit 75 ist irgendwie seltsam. Wahrscheinlich wollte man besonders progressiv wirken.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"