Re: Zuletzt gesehener Film

10726
Ehrlich, ich kenne die anderen drei kaum von daher kannst du da Recht haben. Dass du allerdings die Kamera und Inszenierung kritisierst überrascht. So unübersichtlich wie im modernen Kino seit Bourne ist das wirklich zumindest in Teil 4 bei weitem nicht. Wackelige Kamera ist mir gar nicht aufgefallen. Was natürlich ins Auge sticht sind die völlig überzogenen aber auch irgendwie absurd-virtuosen Kameraflüge durch ganze Kulissen, kombiniert mit ganz vielen Ideen was kreative Kameraeinstellungen angeht. Jepp, das ist totaler Selbstzweck aber doch irgendwie cool in diesem überdrehten Klamauk. Viel von diesem typischen Bad Boys / Will Smith Humor hat bei mir noch nie funktioniert, aber da wo es eher um echte Freundschaft geht, hat mich das doch gepackt.
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Re: Zuletzt gesehener Film

10727
Ich fand das grauenhaft und bin da eigentlich relativ unempfindlich. Bei Bourne hat es mich in keinem Film gestört, in Taken dafür in allen Filmen. Hier war es so schlimm wie lange nicht, vielleicht ist es mein neues Negativ-Beispiel. Ich wusste in kaum einer Actionszene, was überhaupt passiert. Ganz schlimm war diese schräge Ego-Shoot-Videospielperspektive, die sich ständig um 180 Grad auf Will Smith dreht - und wozu? Weil es cool aussieht? Sah es nicht.

Ich fand diese "kreativen Kameraeinstellungen" daher auch nicht unbedingt kreativ, sondern einfach nur exzessiv reingeballert. Aber bei keinem dieser Gimmick-Momente hat sich ein Regisseur überlegt, was er damit beim Publikum auslösen will. Stattdessen versucht man mit viel technischem Brimborium massiv davon abzulenken, wie schwach die Action eigentlich ist, die man da zu bieten hat. Keine tolle Stunt-Arbeit, kein tolles Blocking, keine interessanten Dynamiken ... einfach nicht meins. Aber ich verstehe, dass man damit was anfangen kann, grade wenn man die 90s Filme dieser Art auch mag / mochte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

10728
Superhelden sind out, vielleicht sind Antihelden dann wieder in? Das italienische Kulturgut "Diabolik" bewirbt sich schon mal vorsorglich:

Diabolik (2021)

Kühl-elegante Comic-Adaption um eine italienischen Popkulturikone, die trotz ihres betagten Alters einen erfrischenden Gegenentwurf zu den US-amerikanischen Jumpsuithelden der Gegenwart bietet.


Wenn maskierte Männer Verbrechen begehen und dabei auch noch die heillos überforderten Gesetzeshüter genüßlich an der Nase herum führen, dann landet man sehr schnell in der Popkultur. Das Spektrum dieser meist gebrochenen Helden reicht von aufrichtig und ehrenhaft (wie Sagengestalt Robin Hood, oder Roman-Vigilant Zorro) bis zu abgrundtief böse und psychopathisch (wie Batman-Nemesis Joker). Außerhalb des angloamerikanischen Kosmos haben sich nur wenige dieser Antihelden durchsetzen können und wenn, dann meist nur national. Die französische Ausprägung Fantomas erlangte durch die gleichnamige Filmtrilogie (1964-1957) mit Komiker-Legende Louis de Funès immerhin in Europa einen gewissen Bekanntheitsgrad. Dass Vergleichbares auch seinem italienischen Pendant „Diabolik“ gelingen wird, ist eher zweifelhaft, was schade ist, denn qualitative Gründe sprechen kaum dagegen ...

https://www.ofdb.de/film/357945,931057, ... LR9-Pwrxim
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Zuletzt gesehener Film

10729
lange nichts aus meinem Lieblings-Jahzehnt gesehen - den 90er.
Heute dann:

Ausser Kontrolle (Chain Reaction); Regie Andrew Davis, 1996

Der junge Keanu Reeves mit einer noch jüngeren Rachel Weisz und einem sowieso niemals jungen Morgan Freeman und einem gewohnt grummeligen Brian Cox. Dazu eine Geheimdienst/Politik/Militär Verschwörungsstory erzählt weitesgehend als eine Auf der Flucht Variante. 90er Herz, was willst du mehr?
In diesem Fall hätte ich mir weniger gewünscht, nämlich deutlich weniger Jerry Goldsmith Score, der dröhnt und "fanfart" hier so dermaßen penetrant und permanent, dass der Film was unschaubar wird. (Fun Fact: Danach direkt noch Rambo III gesehen und da ist Goldsmith's Score wesentlich angenehmer)
Ach ja, Freeman ausnahmsweise mal in einer zwielichtigen Rolle.
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Re: Zuletzt gesehener Film

10730
Gestern spontan in der ARD einen Film den ich seinerzeit schon im Kino sehen wollte:

Contra, 2020, Regie: Sönke Wortman

Ich mag deutsche Filme (wenn ich sie dann sehe) selten. Dieser hier hat mich in jeder Hinsicht positiv überrascht. Christoph Maria Herbst endlich in einer ihm würdigen Rolle die nicht dummer Klamauk mit Maske ist, dazu eine tolle Chemie zwischen ihm und Kollegin Nilam Farroq, ein interessantes Sujet mit viel Wortwitz in Szene gesetzt, dabei auch eine wie ich fand realistischer aber nicht aufdringliche Sozialstudie über zugezogenen in Deutschland. Sozusagen "Ernst" und "Unterhaltung" in einer gelungenen Balance.

Wenn ich es mir aussuchen könnte hätte ich gerne in der zweiten Hälfte mehr von den eigentlichen Debattier-Wettkämpfen gesehen und noch mehr vom "Training" der beiden. Was am Anfang noch sehr vielversprechend aufgebaut wird, wird dann leicht verwässert, da es immer mehr um den "sozialen Clash" geht und die Hintergründe der Studentin.

Letztens noch darüber philosophiert ob es noch wirklich lustige Filme gibt die sich auch verbal was trauen. Das hier ist einer davon (aber 2020 war auch noch mal anders). Würde den Film jedem empfehlen.

7-8 / 10
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Re: Zuletzt gesehener Film

10731
Über Humor lässt sich nicht diskutieren, aber was "traut" sich "Contra" bitte? Der Film ist so dermaßen angepasst und auf Linie, mehr geht nicht. Das ist das Vorzeige-Exemplar für politisch korrekten Humor und ein Film, der wie gemacht ist für die Ära nach Angela "Wir schaffen das" Merkel. Auf der einen Seite die Vorzeige-Migrantin, die mit harter Arbeit alles erreichen kann, auf der anderen Seite der "alltagsrassistische" weiße Mann, der es aber eigentlich nicht so böse gemeint hat. Wen soll das provozieren? Wen regt man damit zum Nachdenken an? Wenn der Film noch "mutiger" wäre, gäb es als Nebenfigur noch einen privat eigentlich netten Klimakleber, der von Farooq und Herbst gefragt wird, ob er es nicht ein biiiiiischen übertreibt mit seinem Protest und der das dann auch einsieht und von der letzten Generation zurück zu Friday's for Future wechselt. :mrgreen:
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Re: Zuletzt gesehener Film

10732
Ja ok. Stimmt. Ich glaube jedoch dass es selbst diesen Film mit den anfänglichen rassistischen Kommentaren so schon heute nicht mehr gebe. Sas ist aber auch egal
Ich fand dem Film lustig und unterhaltsam. Er muss gar nicht mutig sein
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Re: Zuletzt gesehener Film

10733
danielcc hat geschrieben: 16. Juli 2024 16:57 Ich glaube jedoch dass es selbst diesen Film mit den anfänglichen rassistischen Kommentaren so schon heute nicht mehr gebe.
Den Film von 2020/2021, als die Woke-Kultur auf ihrem absoluten Höhepunkt war, würde man drei Jahre später, jetzt da die Gegenbewegung langsam immer lauter wird, nicht mehr machen? Gewagte These. Zumal er ja nun grade im TV im ÖRR lief. :)
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Re: Zuletzt gesehener Film

10734
War das da der Höhepunkt, wo Rot/Grün noch gar nicht an der Macht war? Gibt es Filmbeispiele von heute die das so thematisieren?

Aber noch mal: Ich fand den Film super unterhaltsam und habe vor allem CMH in seiner Rolle geliebt
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Re: Zuletzt gesehener Film

10735
danielcc hat geschrieben: 16. Juli 2024 17:06 War das da der Höhepunkt, wo Rot/Grün noch gar nicht an der Macht war?
Ja, definitiv - außerdem war das ja die Zeit, in der Rot/Grün sehr gute Umfragewerte hatte und dann schließlich bei der Wahl gut abschnitt. Gendersprachen und Woke-Ideologie hatte seinen Höhepunkt 2020/2021 - vielleicht weil man während der Pandemie sonst keine Zeit für irgendwas anderes hatte. Mittlerweile werden Gegenstimmen ja schon immer lauter und die entsprechenden Parteien haben bei der Europawahl denkbar schlecht abgeschnitten.

Wenn du noch jüngere Filme mit diesen Themen suchst, dann schau einfach mal aus den USA "Tár" (2022) oder "American Fiction" (2023) an, beide für mehrere Oscars nominiert. Oder schau dir den deutschen Kinoerfolg "Manta Manta - Zwoter Teil" (2023) an - voll von Witzen, die man heute so nicht mehr machen kann, hatte trotzdem über einer Million Zuschauer hierzulande. :)





Wenn sowas wie in "Contra" heute (3 Jahre nach Veröffentlichung) nicht mehr ginge, liefe er nicht zur besten Sendezeit groß beworben im ÖRR. Und wie gesagt: "Contra" ist für politisch unkorrektes Kino eh kein gutes Beispiel, weil man kaum noch braver auf Establishment-Linie sein kann wie dieses niedliche "Vorzeige-Migrantin bringt grantelndem deutschen Professor bei, das auch Ausländer was können"-Märchen.
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Re: Zuletzt gesehener Film

10736
Ergänzend kommt bei "Contra" von Sönke Wortmann hinzu, dass es auch nur ein sich fast 1:1 gleichendes Remake eines französischen Films "Die Brillante Mademoiselle Neïla" von Yvan Attal ist. Das ist auch zumindest von Sönke Wortmann in den letzten Jahren seiner Filmographie so, dass der Fokus auf 1:1-Remakes von europäischen Arthouse-Hits konzipiert für den deutschen Markt in gewisser Art und Weise für mich auch kaum kreative Eigenleistung. Wenn sich hier jemand etwas getraut hat, dann war es Jahre zuvor Yvan Attal - Wortmann genießt nur die Früchte des Baumes, den Attal gepflanzt hat.

Witzig und interessant finde ich hier aber, dass man sich in der Auswertungs- und Marketingphase von "Contra" bei den Interviews über das Original ausgeschwiegen hat und es scheinbar keine Rolle gespielt hat. So als würde man sich als deutsches Kino dafür feiern, selbst den Baum gepflanzt zu haben, obwohl man nur die Früchte genießt.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

10737
Exakt, das französische Original ist dem deutschen Remake sehr ähnlich und stammt aus 2017. Allerdings ist die französische Version etwas böser als die deutsche und macht es sich nicht so zum Kotzen einfach. In der deutschen Adaption gibt es beispielsweise ein Rededuell zwischen der "guten Migrantin" und der "bösen Populistin" (die eindeutig an Alice Weidel angelegt ist), damit der Film sich eindeutig im linken Spektrum verorten kann. Hinzu kommt der ganz peinlich schwache Moment, als die Studentin darlegen soll, warum der Islam keine gefährliche und gewalttätige Religion sei, obwohl es doch am Breitscheidplatz in Berlin den Terroranschlag gab - sie darf dann dazu Stellung beziehen, eine Gegenrede findet im Film aber nicht statt. Ganz schwach, wenn doch schlüssige Rhetorik und die Kraft des besseren Arguments eigentlich Thema sein sollen. Wer so einsichtig Themen betrachtet, nennt seinen Film logischerweise nicht "Pro- und Contra", sondern entscheidet sich selbst da für eins von beiden. :wink:
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Re: Zuletzt gesehener Film

10738
Contra ist zwar ein schlichter Film, aber ich fand ihn recht hübsch. und ich denke da ist nichts drin was man nicht auch vor 30 Jahren machen konnte, oder was man jetzt machen kann, oder was man ihn 10 Jahren machen könnte (außer die AFD übernimmt die Macht und schafft die Demokratie ab). Dafür ist der Film viel zu harmlos nett.
Desweiteren denke ich ohnehin, daß das was angeblich alles nicht mehr geht, auch ziemlich überschätzt wird.

Re: Zuletzt gesehener Film

10739
Onibaba (Kaneto Shindō, 1964)

Mehr oder weniger ein Blindkauf, der es aber so richtig in sich hatte. Ohne zu viel zu verraten: Onibaba ist ein Drama über Gier, Lust und Eifersucht, aber auch ein Horrorfilm, eine buddhistische Parabel und auf seine eigene Art eine postapokalyptische Dystopie, und letzteres obwohl sich dieser archaische Film zum grössten Teil mit nur drei Charakteren und ausschliesslich in einem mit Schilfgräsern überwucherten Sumpf abspielt. Die Handlung an sich läuft sehr einfach ab, gibt aber motivisch und figürlich viel her, ohne dass es prätentiös wird, es holt halt nur aus wenig sehr viel heraus. Nicht zuletzt Dank der wirkungsvollen Inszenierung, der eindringlichen Atmosphäre und der überragenden Kameraarbeit, dieser Kaneto Shindō baut da Bilder und Szenen die mich teils regelrecht geflasht haben. Das Ende geht dann in eine andere Richtung als erwartet (auch wenn ich kaum sagen kann, was ich denn erwartet habe), und macht Lust, ihn sich bald nochmal anzuschauen. Ausserdem enthält die Blu sowieso noch eine zweite Version, nämlich die Kinofassung aus der DDR, wobei ich bei Google und im Booklet keine grösseren Unterschiede herausfinden konnte.

Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob das eine 10/10 ist, weniger als eine 9/10 kann es aber auf keinen Fall sein.
We'll always have Marburg

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Re: Zuletzt gesehener Film

10740
Ich hab mir bei Netflix den Vampir-Film "The Invitation" angesehen und man könnte meinen, dass meine Bezeichnung als "Vampir-Film" in diesem Fall ein großer Spoiler ist, doch dem ist nicht so, da der Twist schon lange vor dem dritten Akt einem dermaßen aggressiv zuzwinkert, dass man sich fragt, für wen das eigentlich noch als Überraschung inszeniert wird - und warum die weibliche Hauptfigur so dermaßen dumm ist, dass sie nicht selbst längst auf Vampire gekommen ist. Zumal es nicht um irgendeinen Vampir geht, sondern um Dracula höchstpersönlich, und man anhand ihrer späten Reaktion erkennen kann, dass sie Dracula (und somit die Geschichten um ihn) sogar kennt.

Nun gut, ich hab mir den Schwachsinn ja nicht einfach nur so angesehen, sondern um den Sean-Connery-Lookalike Thomas Doherty mal in Aktion zu sehen und das ist wirklich erstaunlich, wie perfekt der Herr für ein Connery-Biopic wäre, das seinen Werdegang zum Schauspielstar in den 60ern nacherzählt. Selbst einige Manierismen erinnerten mich stark an unseren Sean. Ob er schauspielerisch allerdings echtes Talent hat, das lässt sich aus "The Invitation" nicht ableiten.

Der Film selbst ist Dutzendware, die immerhin erstaunlich gut aussieht, ansonsten aber pulpigen Horror mit einer Bravo-Fotolovestory mixt und dabei nicht annähernd so over-the-top ist, wie er sein könnte, um wirklich deliziöser Müll zu sein. Trotzdem hat es mich ganz nett unterhalten, weil es als Gesamtwerk genau weiß, was es ist und weil die Hauptdarstellerin (Nathalie Emmanuel aka Missandei aus "Game of Thrones") ein recht schönes Gesicht hat, was man sich mal zwei Stunden anschauen kann.
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