Biopics / Filmbiographien - it's personal

1
Habe lange gesucht und keinen speziellen thread gefunden, was schade ist, da es so viele interessante Vertreter dieses Genres gibt. Zwar gibt es auch keinen thread zum deutschen Film / Kino, aber das wäre dann doch viel zu breit gefasst gewesen. Motivation für noch einen neuen thread war aber dieser Film, der Morgen anläuft und der ein viel besseres Weihnachtsferienprogramm bietet als Der Schoko- oder der Wassermann. Versprochen. Und nein, ihr müsst nicht um oder vor 1980 geboren sein, um hier Spaß zu haben.

Im Kino: Girl you know it's true (Simon Verhoeven, 2023)

„Guys you knew it was true“

Was ist die Wahrheit? Diese Frage hat schon Philosophen in der Antike beschäftigt und bis heute gib es darauf unterschiedliche Antworten, je nach zugrundeliegender Theorie. Im Alltagsgebrauch wird der Begriff vor allem als Gegenpol zur Lüge verwendet und verstanden. Diese sehr pauschale und simplifizierende Definition kann allerdings zu sehr harschen bis unfairen Urteilen führen. Das deutsche Pop-Duo Milli Vanilli kann ein Lied davon singen, gewissermaßen habe sie das ja auch mit ihrem Superhit „Girl you know it´s true“. Vielleicht hätte sie besser „Guys you know it it´s true, oh, oh , oh, we love you“ gesungen, denn das wäre die volle Wahrheit gewesen, genutzt hätte es vermutlich aber auch nichts mehr. Schließlich sind die beiden Popstars in einer quasi öffentlichen Hinrichtung als Lügner entlarvt worden. Denn gesungen haben nicht sie, sondern andere, was wiederum ebenfalls zur Wahrheit gehört. Klingt kompliziert? Ist es auch, zumindest in der Rückschau. Und genau diese gibt es aktuell im Kino zu bestaunen, was als volle Empfehlung gemeint ist. Nicht weil man nun endlich die ganze Wahrheit erfährt, sondern weil diese in all ihre schillernden und weniger schillernden Facetten zerlegt wird, sodass man sie neu zusammensetzen kann.

Anno 1990 war niemand an einer solch komplexen Wahrheit interessiert ...


https://www.ofdb.de/film/373656,914506, ... iD-g4x5dlU
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Biopics / Filmbiographien - it's personal

2
In letzter Zeit bin ich schon groß interessiert an Biopics, zumindest wenn sie zu einer interessanten Person sind.
Das fing alles an mit "La Vie en rose". Natürlich wurde ich mit dem Film Fan von Marion Cotillard, aber ich persönlich fand auch das Leben von Edith Piaf so mitreißend, tragisch und interessant gemacht, dass mich Biopics seitdem sehr interessieren.

"Girl You Know it´s true" will ich natürlich auch noch unbedingt sehen. Ich hoffe, der taugt was.
"Verstehen Sie mich nicht falsch es ist nichts persönliches, es ist was rein geschäftliches."

Re: Biopics / Filmbiographien - it's personal

3
Das mag jetzt vielleicht merkwürdig klingen aber was charakterisiert denn eigentlich ein Biopic? Ich hatte da immer Filme abgespeichert, die eine längeren oder zumindest eine sehr wichtige Zeitspanne im Leben einer historischen Figur abdecken. Oder anders gesagt: die historische Figur steht hier im Mittelpunkt. Passt der Milli Vanilli-Film da dann rein oder handelt der Film mehr von dem Hype/Skandal bzw. eben von der Geschichte als von den Figuren? ZB würde ich Nixon fraglos als Biopic sehen, 13 Days aber eigentlich nicht (obwohl da auch der Charakter der Kennedys zentral behandelt wird, aber die Kuba-Krise das eigentliche Thema des Films ist).
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Biopics / Filmbiographien - it's personal

4
Das ist ein lupenreines Biopic. Natürlich handelt er auch von dem Skandal, ist in dem Fall ja logisch. Aber Rob Pilatus und Fab Morvan stehen im Zentrum des Films. Und eine längere Zeitspanne muss mitnichten sein. Das ist mir viel zu päpstlich. Hier ist es aber sogar so, dass der Film mt der Kindheit von Rob Pilatus beginnt.
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Biopics / Filmbiographien - it's personal

6
vodkamartini hat geschrieben: 20. Dezember 2023 14:44
Mr.Chrismas Jones hat geschrieben: 20. Dezember 2023 12:30 "Girl You Know it´s true" will ich natürlich auch noch unbedingt sehen. Ich hoffe, der taugt was.
Der taugt so einiges.
Dann bin ich ja beruhigt. Mal schauen, ob ich den noch dieses Jahr im Kino sehen kann.
"Verstehen Sie mich nicht falsch es ist nichts persönliches, es ist was rein geschäftliches."

Re: Biopics / Filmbiographien - it's personal

7
Wiki sagt dazu:
Eine Filmbiografie – auch Biopic (vom englischen biographical und englisch motion picture) – bezeichnet einen Film, der in fiktionalisierter Form das Leben einer geschichtlich belegbaren Figur erzählt
Demnach wäre dann also JFK auch ein Biopic. Ok, so hatte ich den Begriff tatsächlich nie verstanden gehabt, weil dann ja wirklich jeder Film ein Biopic ist, der eine reale Figur im Zentrum hat, zB auch Alamo von John Wayne oder J'accuse von Polanski. Wobei - wenn man die Formulierung wörtlich nimmt - "das Leben" ein sehr dehnbarer Begriff ist. "aus dem Leben" wäre eindeutiger, aber wieviel Zeit muss abgedeckt sein um "das Leben" zu erfüllen? Nicht ärgern: mich interessiert das wirklich. :)
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Biopics / Filmbiographien - it's personal

8
In einem Biopic muss nicht die Lebensgeschichte einer realen Person von der Geburt bis zum Tod erzählt werden. Es genügt vielmehr, dass ein oder mehrere Lebensabschnitte zu einem filmischen Ganzen dramaturgisch verknüpft werden. Ein zentrales Kriterium des Biopics ist die Nennung des Namens der realen Person. Meistens wird im Biopic vorausgesetzt, dass die dargestellte Person gesellschaftliche Relevanz besitzt. (auch auf die Schnelle bei Wiki, hätte ich aber genauso formuliert, also inhaltlich)
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Biopics / Filmbiographien - it's personal

9
vodkamartini hat geschrieben: 20. Dezember 2023 09:21 Zwar gibt es auch keinen thread zum deutschen Film / Kino
viewtopic.php?t=4713
AnatolGogol hat geschrieben: 20. Dezember 2023 16:08 Wiki sagt dazu:
Eine Filmbiografie – auch Biopic (vom englischen biographical und englisch motion picture) – bezeichnet einen Film, der in fiktionalisierter Form das Leben einer geschichtlich belegbaren Figur erzählt
Demnach wäre dann also JFK auch ein Biopic. Ok, so hatte ich den Begriff tatsächlich nie verstanden gehabt, weil dann ja wirklich jeder Film ein Biopic ist, der eine reale Figur im Zentrum hat, zB auch Alamo von John Wayne oder J'accuse von Polanski. Wobei - wenn man die Formulierung wörtlich nimmt - "das Leben" ein sehr dehnbarer Begriff ist. "aus dem Leben" wäre eindeutiger, aber wieviel Zeit muss abgedeckt sein um "das Leben" zu erfüllen? Nicht ärgern: mich interessiert das wirklich. :)
"In fiktionalisierter Form das Leben einer geschichtlich belegbaren Figur erzählen" kann aber auch sehr breit gefasst werden. Das reicht im Prinzip von Geschichten, die nur noch lose auf der Realität basieren bis hin zu solchen, die sich eng an die Fakten halten. Denn man kann auch sagen: Jeder biografische Film ist nur schon dadurch, dass Filmschaffende und Schauspieler die Begebenheiten nachstellen per Definition eine "fiktionalisierte Form", egal wie gut recherchiert und wie nahe an der Realität.
We'll always have Marburg

Let the sheep out, kid.

Re: Biopics / Filmbiographien - it's personal

11
vodkamartini hat geschrieben: 20. Dezember 2023 16:14 In einem Biopic muss nicht die Lebensgeschichte einer realen Person von der Geburt bis zum Tod erzählt werden. Es genügt vielmehr, dass ein oder mehrere Lebensabschnitte zu einem filmischen Ganzen dramaturgisch verknüpft werden. Ein zentrales Kriterium des Biopics ist die Nennung des Namens der realen Person. Meistens wird im Biopic vorausgesetzt, dass die dargestellte Person gesellschaftliche Relevanz besitzt. (auch auf die Schnelle bei Wiki, hätte ich aber genauso formuliert, also inhaltlich)
Aber dann lass uns doch zum Spass das mal durchexerzieren: ist JFK für dich ein Biopic? :)
> Jim Garrison ist eine reale Person mit historischer und gesellschaftlicher Relevanz
> es wird der vermutlich relevanteste Abschnitt seines Lebens filmisch dargestellt

Ich finde die Abgrenzung hier tatsächlich schwierig und bin eigentlich immer noch der Meinung, dass ein entscheidendes Kriterium für ein Biopic sein sollte, ob tatsächlich die Person der Hauptfigur das Zentrum des Films darstellt. Und das wäre meines Erachtens in JFK nicht der Fall, da hier eine Verschwörung zur Ermordung von JFK das Zentrum darstellt und die Hauptfigur Garrison lediglich als "Mittel" dient diese zu erzählen. Ein anderes wie ich finde treffendes Beispiel ist Faking Hitler, in welchem ebenfalls Heidemann und Kujau reale, zeitgeschichtlich relevante Hauptfiguren sind, das eigentliche Zentrum aber der Skandal um die gefälschten Hitlertagebücher ist.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Biopics / Filmbiographien - it's personal

12
Für mich wäre ein Biopic eigentlich nur ein Film, der eine große oder entscheidende Spanne im Leben einer realen Person nacherzählt. Es muss nicht das ganze Leben sein (immerhin schreibt manch einer mit 50 seine Biographie und lebt dann noch ein paar Jahrzehnte), aber schon ein wesentlicher Teil. Filme wie "Bohemian Rhapsody", "J. Edgar", "Nixon", "Aviator", "Der Mondmann", "Gandhi", "Bonnie & Clyde", "Ray", "Oppenheimer", etc. sind lupenrein, aber auch Filme wie "Lawrence von Arabien", "Milk", "Ed Wood", "Good Fellas" etc. würde ich dazu zählen. Wie Anatol sehe ich den Unterschied darin, ob die Personen als solche im Mittelpunkt des Films stehen und sich die Erzählung um sie als Menschen rankt oder ob es eher um die Aufarbeitung eines Sachverhalts geht – weshalb die diskutierten "JFK" und "Thirteen Days" für mich keine Biopics wären.

Ich verstehe aber, was Vodka meint, denn letztlich ist das wirklich nicht eindeutig und die Definitionen widersprechen sich da (allein schon zwischen englisch- und deutschsprachiger Wikipedia).
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Biopics / Filmbiographien - it's personal

13
Casino Hille hat geschrieben: 20. Dezember 2023 22:37 Für mich wäre ein Biopic eigentlich nur ein Film, der eine große oder entscheidende Spanne im Leben einer realen Person nacherzählt. Es muss nicht das ganze Leben sein (immerhin schreibt manch einer mit 50 seine Biographie und lebt dann noch ein paar Jahrzehnte), aber schon ein wesentlicher Teil. Filme wie "Bohemian Rhapsody", "J. Edgar", "Nixon", "Aviator", "Der Mondmann", "Gandhi", "Bonnie & Clyde", "Ray", "Oppenheimer", etc. sind lupenrein, aber auch Filme wie "Lawrence von Arabien", "Milk", "Ed Wood", "Good Fellas" etc. würde ich dazu zählen. Wie Anatol sehe ich den Unterschied darin, ob die Personen als solche im Mittelpunkt des Films stehen und sich die Erzählung um sie als Menschen rankt oder ob es eher um die Aufarbeitung eines Sachverhalts geht – weshalb die diskutierten "JFK" und "Thirteen Days" für mich keine Biopics wären.

Sehe ich sehr ähnlich, was die Definition betrifft.
Ich denke ein wesentlicher Punkt scheint mir noch zu sein, daß es sich um eine weitgehend bekannte/berühmte Persönlichkeit handelt.

Aber bei den von dir genannten Beispielen sind ein paar dabei die ich z.B. ohne groß darüber nachzudenken nicht als Biopics empfinde.
Bonnie & Clyde ganz sicher nicht, aber dann Good Fellas genau so wenig wie Casino oder Raging Bull, obwohl die ja an sich der Definition genügen. Und irgendwie Lawrence von Arabien auch nicht. Hmmm ...

Re: Biopics / Filmbiographien - it's personal

14
Bekannt oder berühmt spielt für mich keine wirkliche Rolle. Heute sind die Bücherregale in den Geschäften auch voll mit Biographien von irgendwelchen Hanseln, die kein Mensch kennt. Ein Film wie "Good Fellas" erfüllt für mich alle Kriterien: Er basiert auf einer realen Person, er erzählt eine sehr große Spanne in dessen Leben nach, und stellt dabei zentral seine Hauptfigur Henry Hill in den Fokus, statt zum Beispiel den Lufthansa-Raub in den Mittelpunkt zu stellen, was man für eine Kinoadaption ja ebenfalls hätte tun können. Wenn "Good Fellas" kein Biopic ist, wird es für mich schwer, weil es dann vermutlich wirklich keine gibt. :D

Bislang ist mir auch nur begegnet, dass "Good Fellas" als biografischer Film (oder meinetwegen als biografisches Mafia-Drama) bezeichnet wird, und ich glaube, ich habe erst vor gar nicht so langer Zeit in irgendeiner "Biopic"-Bestenliste "Good Fellas" auf Platz 1 vorgefunden.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Biopics / Filmbiographien - it's personal

15
GoodFellas sehe ich tatsächlich auch eher weniger als Biopic bzw. es ist so ein Zwischending. Hauptsächlich deswegen, da der Film in meinen Augen eigentlich eher über die inneren Mechanismen der Mafia und die Auswirkungen auf die darin agierenden Menschen handelt als von der Person Henry Hill. So nehme ich jedenfalls den Film wahr, mir schien es immer so, als ob Scorsese nicht so wirklich an der Liotta-Figur interessiert war, sondern eben viel mehr an der Mafia an sich.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"