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Re: Filmbesprechung: "On Her Majesty's Secret Service (OHMSS)"

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vodkamartini hat geschrieben: 1. August 2022 16:17
2. Seine angebliche Frauenverachtung ist erst in den letzte Jahren immer häufiger zu lesen gewesen, was sicher mit der Metoo-Bewegung zusammen hängt und ein Zeitgeistphänomen ist. Die Bond-Figur ist im Kern ein Macho, allerdings immer mit einem Augenzwinkern, und daran hat sich bis heute nicht allzuviel geändert.
Von Verachtung war nie die Rede, Vodka. Connerys Bond ist "raubtierhafter" unterwegs, nimmt sich einfach was er will, lässt sich nicht bitten, was aber keineswegs heißt, dass er dabei nicht äußerst charmant und selbstironisch vorgeht. Ich erkenne in der Art, wie die Dialoge in OHMSS geschrieben sind da markante Unterschiede.
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Re: Filmbesprechung: "On Her Majesty's Secret Service (OHMSS)"

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craigistheman hat geschrieben: 1. August 2022 16:35 War so klar, dass du jetzt diese Szene herauskramst, um deinen Standpunkt klar zu machen :lol:
Sie ist nun einmal im Film und für mich sehr elementar für die Art und Weise, wie Hunt den Bond in OHMSS anlegt – nämlich in direkter Tradition der fünf Vorgängerfilme. Wenn Hunt wirklich ein Interesse daran gehabt hätte, einen anderen Ansatz für Bond zu wählen, mehr in Richtung Dandy, Charmeur, empathischer, lässiger, dann wäre diese Szene so nicht im Film. Ich mag die Szene auf dem Papier, sie ist klassischer Bond (Lazenby guckt nur halt so bedröppelt). Sie ist aber vor allem auch eine Szene, die genauso aus den vorherigen Bonds stammen könnte. Von dieser Marschrichtung ist man erst in den 1970ern abgewichen, als spätestens in TMWTGG klar wurde, dass Roger Moore in solchen Szenen weitaus weniger glaubwürdig wirkt (er war nicht der richtige Typ Mann, um einen Ohrfeigen-Bond zu spielen).

Die Beziehung zu Tracy ist im ersten Drittel ja auch inhaltlich einzig und allein dadurch legitimiert, dass Bond sie vor dem Selbstmord rettet, dann natürlich mit ihr in die Kiste hüpft und sich die gemeinsame Zeit mit ihr von da an durch Draco gut bezahlen lässt. Richtige Verliebtheit kommt erst nach dem Piz Gloria Abschnitt auf, davor ist Bond der gute alte Romeo-Agent, der sich mit qualmendem Willy für Krone und Vaterland hingebungsvoll aufopfert. Die kitschige "We have all the time in the world"-Montage kann man als Kompromiss beschreiben, um Erzählzeit abzukürzen, ist aber inhaltlich nicht mehr als ein Werbevideo für Louis Armstrong. Richtig toll verliebt können die zwei danach nicht sein, da der Film sich die folgenden 50 Minuten nicht mehr die Bohne für die olle Tracy interessiert. Bond übrigens auch nicht.
craigistheman hat geschrieben: 1. August 2022 16:35 Was ist mit der PTS, Bonds Aktion im Casino, die Szene im Hotel vor und nach der Schelle, Dracos Geburtstag, die Flucht, die Scheune, der Showdown, das Finale? Sorry, ich kann da jetzt nicht zu jeder einzelnen Szene ein YT-Video verlinken - bin bei der Arbeit. Ich sehe da schon eine völlig andere Gangart als bei Connery, der auch körperlich eine andere Dominanz ausstrahlt.
Da kommen wir nicht zusammen. In jeder einzelnen Szene, die du nennst, habe ich kein Problem, mir Connery vorzustellen, der allerhöchstens in der kitschigen Scheunenszene seinen Bond minimal romantischer veranlagt hätte spielen müssen – was einem so guten Schauspieler aber wohl kaum schwergefallen wäre. Er hätte da bestimmt auch Lust drauf gehabt, seinen Bond-Part um ein paar neue Facetten zu erweitern, schließlich wollte er sich zu dem Zeitpunkt in seiner Karrierephase ohnehin weiterentwickeln und ausprobieren. Lazenby hingegen ist gerade in der Scheunenszene ein Totalausfall und weiß nicht, wo er mit Mimik und Stimme hin soll. Rigg ist allerdings ähnlich furchtbar, es mangelt den beiden insbesondere an gemeinsamer Chemie.

Ich sehe das ganz nüchtern: In OHMSS habe ich einen Totalausfall in der Rolle, während es alternativ mit Sean Connery die Idealbesetzung für den Part gegeben hätte. Nicht schwierig zu überlegen, wen ich da lieber gesehen hätte. Selbst wenn Hunt in OHMSS mutig gewesen wäre, die Rolle anders zu interpretieren oder sie in eine neue Richtung zu stoßen (was er beides schlicht nicht tat, sondern halt einfach in wenigen Passagen Fleming abpauste und in den restlichen Business as usual walten ließ), und Connery dadurch wirklich nicht mehr gepasst hätte, würde ich mir wünschen, sie hätten dafür einen richtigen Schauspieler besetzt.
vodkamartini hat geschrieben: 1. August 2022 16:17 1. Sean hätte die Rolle nicht nur problemlos bei exakt demselben Skript spielen können, sondern dies auch ganz sicher besser gemacht.

2. Seine angebliche Frauenverachtung ist erst in den letzte Jahren immer häufiger zu lesen gewesen, was sicher mit der Metoo-Bewegung zusammen hängt und ein Zeitgeistphänomen ist. Die Bond-Figur ist im Kern ein Macho, allerdings immer mit einem Augenzwinkern, und daran hat sich bis heute nicht allzuviel geändert.zumindest akustisch kaschiert.
100 Prozent, das ist der Knackpunkt. Mit dem exakt selben Spiel hätte Connery auf einige hier vielleicht befremdlich gewirkt (ich wette dagegen!), aber er hätte zu 100 Prozent jede einzelne Szene fachlich besser gespielt als Lazenby. Er wäre ein glaubhafter Casanova auf Piz Gloria gewesen, weiterhin in allen anderen Szenen der abgebrühte Killer und die Liebe zu Tracy hätte vielleicht sogar eine Portion Augenzwinkern bekommen, was dem finalen Punch und Hunts Hang zu Kitsch nicht geschadet hätte. Für mich ist das tatsächlich etwas unverständlich, wie man einem vielseitigen Schauspieler wie Connery abschreiben will, eine minimalst andere Auslegung der Bond-Rolle (sofern diese überhaupt im Script angelegt war) überzeugend zu verkörpern, sich dann aber ausgerechnet mit Lazenby zufrieden gibt.
vodkamartini hat geschrieben: 1. August 2022 16:17 3. Lazenby ist kein Schauspieler, was nicht so schlimm wäre, wenn er ein Charisma-Monster wäre wie z.B.Schwarzenegger, aber leider ist da ebenfalls völlige Ebbe.
Exakt. Mir tut das ja auch leid, wenn ich jetzt wie ein Lazenby-Hater klinge, das war / ist bestimmt ein feiner Kerl, der damals sein möglichstes tat und für seinen Status als Amateur wirklich gut war, aber die kleine Schwester von "ganz nett" ist halt immer noch "scheiße". Und ich gebe dir recht: Einer wie Arnold Schwarzenegger war kaum weniger limitiert (hatte vielleicht sogar anfangs weniger natürliches Talent als Lazenby), hat dafür aber so viel Leinwandpräsenz, dass er vollkommen zurecht zum Star wurde, für den viele weltweit gerne ins Kino strömten. Das erkenne ich bei Lazenby nicht, er bleibt immer ein netter Kerl, der sich erstaunlich gut darin schlägt, Connerys Bond nachzuäffen. Dass er möglicherweise einen anderen natürlichen Gang hat und Männer sich 1969 dann anders kleideten als noch wenige Jahre zuvor (zumal er ja einen versnobten Dandy nachäffen soll, nämlich den Hilly), fällt da nie ins Gewicht.

Gerade letzteren Aspekt darf man nicht vergessen: Der etwas andere Umgang mit den Frauen auf Piz Gloria ist nicht einfach eine Laune von Hunt und Co. sondern inhaltlich durch Bonds Tarnung als Sir Hillary Bray (der sich nichts aus Frauen macht!) begründet. Die Frauen sind ja merklich überrascht, als er ihnen plötzlich allein auf dem Zimmer Avancen macht, weil sie zuvor dachten, er sei anders gepolt.
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Re: Filmbesprechung: "On Her Majesty's Secret Service (OHMSS)"

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craigistheman hat geschrieben: 1. August 2022 16:42
vodkamartini hat geschrieben: 1. August 2022 16:17
2. Seine angebliche Frauenverachtung ist erst in den letzte Jahren immer häufiger zu lesen gewesen, was sicher mit der Metoo-Bewegung zusammen hängt und ein Zeitgeistphänomen ist. Die Bond-Figur ist im Kern ein Macho, allerdings immer mit einem Augenzwinkern, und daran hat sich bis heute nicht allzuviel geändert.
Von Verachtung war nie die Rede, Vodka. Connerys Bond ist "raubtierhafter" unterwegs, nimmt sich einfach was er will, lässt sich nicht bitten, was aber keineswegs heißt, dass er dabei nicht äußerst charmant und selbstironisch vorgeht. Ich erkenne in der Art, wie die Dialoge in OHMSS geschrieben sind da markante Unterschiede.
Nur passen diese Dialoge nicht zum Verhalten bzw. zur Handlung. Auf dem Gipfel "gönnt" er in derselben Nacht gleich mehreren Damen den Höhepunkt. Da nutzt er deren Naivität gnadenlos aus, nur um dann in anderen Szenen mit Tracy von Liebe zu säuseln. Ich fand das immer recht befremdlich und habe den beiden die Romanze nie so recht abgenommen. Louis röhrt und wumms sind sie bis über beide Ohren verknallt. Ne, das kaufe ich nicht. Hat nicht ganz die Craig-Seydoux Fallhöhe aber ist schon arg lediglich herbei geschrieben.
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Re: Filmbesprechung: "On Her Majesty's Secret Service (OHMSS)"

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vodkamartini hat geschrieben: 1. August 2022 17:10 Auf dem Gipfel "gönnt" er in derselben Nacht gleich mehreren Damen den Höhepunkt. Da nutzt er deren Naivität gnadenlos aus, nur um dann in anderen Szenen mit Tracy von Liebe zu säuseln. Ich fand das immer recht befremdlich und habe den beiden die Romanze nie so recht abgenommen. Louis röhrt und wumms sind sie bis über beide Ohren verknallt. Ne, das kaufe ich nicht.
Schlimmer noch: Im direkten Vorgänger ist die Annäherung zwischen Bond und Aki sehr viel glaubwürdiger als es in der ersten Hälfte von OHMSS zwischen Bond und Tracy der Fall ist. Und Gilbert musste dafür nicht mal Satchmo schmettern lassen.

Die "We have all the time in the world"-Montage dürfte halt nicht im Film sein, weil Bond und Tracy sich eh erst auf der gemeinsamen Flucht ineinander verlieben. Die rauszukürzen würde OHMSS an der Stelle schon mal aufwerten – und mit modernder Deepfake-Technik werden wir Geroge im nächsten Schritt auch schnell los.
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Re: Filmbesprechung: "On Her Majesty's Secret Service (OHMSS)"

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Casino Hille hat geschrieben: 1. August 2022 16:56 Von dieser Marschrichtung ist man erst in den 1970ern abgewichen, als spätestens in TMWTGG klar wurde, dass Roger Moore in solchen Szenen weitaus weniger glaubwürdig wirkt (er war nicht der richtige Typ Mann, um einen Ohrfeigen-Bond zu spielen).
Interessante Diskussion hier.
Mir fiel nur spontan dieser Satz ins Auge. Ja, das könnte man denken, allerdings ist Moore dann komischerweise der "Beste" wenn es darum geht eine Frau zu schlagen - siehe LALD und TMWTGG :-)

Ein paar andere wirre Kommentare:
- Dass OHMSS schon nahezu so exakt von Fleming vorgegeben war ist irrelevant. Er nimmt ja auch als Roman eine Sonderstell und ein und zeigt einen ganz anderen Bond als den den Connery in den 60ern im Kino definiert hat

- OHMMS hätte ich gerne mit Connery gesehen (und ja auch ich liebe in nur auf Deutsch wegen GGH), aber ganz einfach ist die Vorstellung nicht. In TB sieht man ja einen kleinen Moment sowas wie Emotionalität bei seinem Bond. Wie das in einigen der Kernszenen von OHMSS gewesen wäre... ich weiß es nicht

- Dass Bond sich so dermaßen durch den Harem vögelt ist auch etwas verfälschen dargestellt. Um mal eine Brücke zwischen den beiden Meinungen hier zu schlagen: Ich finde gerade sein Verhalten auf Piz zeigt SEHR deutlich den Unterschied. Connery Bond hätte sich genommen was er will. Bei Lazenby ist es so dargestellt, dass es eigentlich nur dumme Zufälle sind, oder DInge die ihm passieren weil die Damen so wild sind. Überhaup könnte ich mir die ganze Hilly Maskerade nicht mit Connery vorstellen
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Re: Filmbesprechung: "On Her Majesty's Secret Service (OHMSS)"

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Sag mal Hille, aus meiner Erinnerung heraus würde ich denken, daß du diese Kitsch Montage früher mal heftigst verteidigt hast?

Und Moore gehört zu den Schauspielern mit Talent?

Und die Beziehung zu Aki in YOLT soll überzeugender sein? Puhh, wenn ich nur dran denke wie gedankenlos der Film mit ihrem Tod umgeht. dann passt das ganz gut zum sonstigen Desinteresse das YOLT fast ganz durchzieht.

Hätte Connery OHMSS auch hinbekommen?
Warum nicht, auch OHMSS verlangt von Bond schauspielerisch nicht wirklich viel. Die Liebesbeziehung zwischen Bond und Tracy wird hier, da wo sie funktioniert, über filmische Gestaltung hin hergestellt, über die Bewegungen der Schauspieler und die der Kamera, und weniger über die Mimik, und das ist auch etwas wo OHMSS den anderen Bonds der 60er weit überlegen ist.

Und ich denke daß Lazenby das alles in OHMSS ganz ordentlich macht, und schlechter als der mega-gelangweilte Connery aus YOLT ist er keinesfalls. Aber vielleicht hätte man mit Connery troztdem manches anders gemacht, und vielleicht wäre es dann doch ein anderer Film geworden, aber vielleicht auch nicht.

Re: Filmbesprechung: "On Her Majesty's Secret Service (OHMSS)"

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Maibaum hat geschrieben: 1. August 2022 20:36 Und Moore gehört zu den Schauspielern mit Talent?
Zumindest gehört(e) er (1968/69) zu den Schauspielern mit Erfahrung. Hätte Moore das auch bzw. besser hinbekommen? Höchstwahrscheinlich, da er bereits in romantischen Rollen seine Qualitäten zeigen konnte. Man sollte Moore auch nicht ausschliesslich an seinen späteren Bondeinsätzen im Hinblick auf OHMSS-Kompatibilität einzuschätzen (wobei ich auch das nicht als Hindernisgrund sehe). Aber natürlich gehört Moore auch zu den talentierten Schauspielern, sonst hätte er sich nie so lange im Geschäft halten können. Die "Forderung" bzw. der Wunsch nach einem talentierteren Schauspieler als Lazenby bedeutet ja nicht, dass OHMSS zwingend einen Olivier oder Burton in der Hauptrolle benötigt. Wir sprechen bei Lazenby von einem absoluten Schauspielanfänger mit zumindest nicht gerade ins Auge springendem Talent und überschaubarem Charisma. Das ist quasi das unterste Fach im Schauspieler-Regal - von da an kann es nur aufwärts gehen. :wink:
Maibaum hat geschrieben: 1. August 2022 20:36Und die Beziehung zu Aki in YOLT soll überzeugender sein? Puhh, wenn ich nur dran denke wie gedankenlos der Film mit ihrem Tod umgeht.
Sehe ich durchaus anders. Es mag nur ein kurzer Moment des Innehaltens sein, den der Film Akis Tod und Bonds aufrichtiger Bestürzung darüber widmet, aber es gibt ihn, er ist intensiv und er ist effektiv. Mich hat dieser Moment schon immer berührt und ich fand auch Bonds Bestürzung figürlich sowohl überraschend als auch äusserst bereichernd. Natürlich ist das nicht Love Story oder Der englische Patient, wo elegisch der Tod einer weiblichen Hauptfigur zelebriert wird, aber das kann man in einem Bond-Thriller auch kaum erwarten.
Maibaum hat geschrieben: 1. August 2022 20:36 Und ich denke daß Lazenby das alles in OHMSS ganz ordentlich macht, und schlechter als der mega-gelangweilte Connery aus YOLT ist er keinesfalls.
Das mit dem gelangweilten Connery ist halt eine höchst subjektive Einschätzung, die ich beim besten Willen nicht teilen kann. Für mich liefert Connery in YOLT eine hoch professionelle Performance ab, nicht selten blitzt sogar hohe Spielfreude auf. Ich sehe da einen Schauspieler, der die Rolle vollständig verinnerlicht hat und sie souverän und eben auch einzigartig darstellt. Noch ein Gedankengang dazu: ist Connery so mega-gelangweilt weil einem YOLT nicht gefällt? Oder ist YOLT so schlecht, weil Connery so mega-gelangweilt spielt? In jedem Fall besteht in dieser Einschätzung eine interessante Wechselwirkung und ist es nicht ein großer Zufall, dass im gleichen Film dann beides so in die Hose geht? :wink:
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Re: Filmbesprechung: "On Her Majesty's Secret Service (OHMSS)"

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Und genauso subjektiv ist halt die Einschätzung, Lazenby fehle es irgendwie irgendwo irgendwann an Charisma. Oder seine Mimiken seien unsicher oder unpräzise - was auch immer das heißen mag. Man darf seine Fresse nicht mögen, sicher, aber ich sehe da eigentlich kein Problem.
Ich finde, gerade seine Mimiken machen viel aus, zum Beispiel als ihm Ruby ihre Zimmernummer auf den Oberschenkel schreibt, das ist doch herrlich... Oder Tracys Tod...
Ich sehe bei Lazenby vor allem viel Enthusiasmus für den Part und eine ungebändigte Rohheit in den Fights. Schade, dass er es sich aufgrund seiner Divenallüren mit sämtlichen Beteiligten verschissen hat, und seinem Agenten vertraute (der mit seiner Einschätzung auch hätte richtig liegen können, wohlgemerkt). Ich hätte gerne noch ein paar Filme mehr mit ihm gesehen, er wäre in den Part gewachsen. Ich denke, die oft zu vernehmende Abwertung seines Spiels hängt mit dem Kontrast zwischen seiner und Connery's Gangart zusammen. Nur ist Connery für mich ab YOLT optisch einfach nicht mehr besonders interessant oder attraktiv. Seinen Zenith erreicht er meines Erachtens in TB, dort wirkt er wirklich tiefenentspannt, bombensicher und begeistert zugleich. YOLT hat halt auch ein echt madiges, generisches und klischeebesetztes Script, da macht mir persönlich nicht sonderlich viel Spaß, allen voran Blofeld und Brandt sind völlig uninspiriert geschrieben.
Insofern taugt mir der Film aufgrund ganz anderer Faktoren als Connerys durchaus souveränes Spiel nicht sonderlich.
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Re: Filmbesprechung: "On Her Majesty's Secret Service (OHMSS)"

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Connerys Spiel hat wenig Einfluss auf meine Einschätzung von YOLT, er besitzt genügend Charisma um auch im Langeweile-Modus kein Totalausfall zu sein. Aber es hilft dem Film auch nicht weiter wenn der Star für mich erkennbar wenig Bock hat, aber kein Wunder in einem für mich auch insgesamt überwiegend langweiligen Film.

Die Szene mit Aki ist für mich ein Witz. Bond und Tanaka zeigen für gefühlt eine Sekunde ein Mindestmaß am Betroffenheit (weniger geht gar nicht), und fangen dann schon im Beisein der Toten an ihre weiteren Pläne zu diskutieren, ganz so als sei gar nichts passiert. In GF nimmt man sich angesichts der toten Vergoldeten auch nicht mehr Zeit, und verpasst es dabei eine ikonographische Szene zu veredeln, aber da wird zumindest die Szene und die ganze Sequenz durch eine Abblende beendet.

Und ja, Moore war für mich ein wenig talentierter Schauspieler, das wusste er auch selber, aber es haben noch viel Untalentiertere sich lange im Geschäft gehalten. Wenn das vorhandene Talent zum typischen Rollenprofil passt, dann geht das problemlos. Und Moore kam mit Bond bestens klar.

Re: Filmbesprechung: "On Her Majesty's Secret Service (OHMSS)"

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Maibaum hat geschrieben: 1. August 2022 20:36 Sag mal Hille, aus meiner Erinnerung heraus würde ich denken, daß du diese Kitsch Montage früher mal heftigst verteidigt hast?
Ich mag die Montage. Sie ist kitschig, aber die Art Kitsch, die ich mag. Der Song ist zudem überragend. Aber sie ist an einer Stelle in OHMSS, die für den Film wenig bis keinen Sinn ergibt. Hunt inszeniert alles auf der Flucht von Piz Gloria so, dass hier die Liebe zwischen Bond und Tracy entsteht – damit ist die Montage 50 Minuten zu früh dran. Sie kommt ja auch exakt in dem Moment, in dem Tracy für eine sehr lange Zeit aus dem Film verbannt wird und kein einziger Gedanke des Drehbuchs mehr ihr gilt. Das wirkt dann schon, als habe man auf Nummer sicher gehen und dem Zuschauer früh kommunizieren wollen: "Kinners, das Bondgirl in diesem Film, das ist DIE EINE Frau für den ollen James."
AnatolGogol hat geschrieben: 2. August 2022 05:55
Maibaum hat geschrieben: 1. August 2022 20:36 Und die Beziehung zu Aki in YOLT soll überzeugender sein? Puhh, wenn ich nur dran denke wie gedankenlos der Film mit ihrem Tod umgeht.
Sehe ich durchaus anders. Es mag nur ein kurzer Moment des Innehaltens sein, den der Film Akis Tod und Bonds aufrichtiger Bestürzung darüber widmet, aber es gibt ihn, er ist intensiv und er ist effektiv. Mich hat dieser Moment schon immer berührt und ich fand auch Bonds Bestürzung figürlich sowohl überraschend als auch äusserst bereichernd.
Schließe mich an, zumal generell Bond und Aki eine der schönsten Dynamiken zwischen Bond und Bond-Girl haben. Ihre Todesszene ist von Sean auch prima gespielt, das ist für mich weit weg von eigentlich jeder Lazenby-Szene in OHMSS. In gleich mehrfacher Hinsicht.
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Re: Filmbesprechung: "On Her Majesty's Secret Service (OHMSS)"

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craigistheman hat geschrieben: 2. August 2022 10:45 Und genauso subjektiv ist halt die Einschätzung, Lazenby fehle es irgendwie irgendwo irgendwann an Charisma. Oder seine Mimiken seien unsicher oder unpräzise - was auch immer das heißen mag. Man darf seine Fresse nicht mögen, sicher, aber ich sehe da eigentlich kein Problem.

Dafür ist die Aussage Lazenby habe keine schauspielerische Erfahrung und Ausbildung aber so objektiv wie es nur geht. Und um Aussehen geht es doch in dieser Diskussion überhaupt nicht. Wenige waren optisch und physisch für die Rolle so geeignet wie Lazenby, genau deshalb (und wegen seiner Wirkung auf Frauen im real life) hat er den Job ja auch bekommen. Das ist für mich überhaupt kein Kritikpunkt, im Gegenteil sehe ich das sogar als Lazenbys grössten Trumpf an.
craigistheman hat geschrieben: 2. August 2022 10:45Schade, dass er es sich aufgrund seiner Divenallüren mit sämtlichen Beteiligten verschissen hat, und seinem Agenten vertraute (der mit seiner Einschätzung auch hätte richtig liegen können, wohlgemerkt). Ich hätte gerne noch ein paar Filme mehr mit ihm gesehen, er wäre in den Part gewachsen.
Möglich. Aber es ist auch theoretisch möglich, dass ich als Mitglied der Synchronschwimm-Nationalmannschaft besser werden würde, wenn man mich nur oft genug im Wasser Pirouetten drehen lassen würde. Worauf ich mit meinem kruden Vergleich hinaus möchte: es ist nicht zielführend einen Anfänger auf absolutem Topniveau auszubilden. Zielführend ist es viel mehr erfahrene und gut ausgebildete Fachleute auf Topniveau einzusetzen, um entsprechende Topresultate zu erzielen. Pech für mich, aber dann wird das halt nix mit meiner Synchroschwimm-Karriere. :) Abgesehen davon bleibt halt die Tatsache, dass Lazenby nach OHMSS trotz diverser Anläufe keinen Fuss im Filmgeschäft auf den Boden gebracht hat. Vielleicht waren Talent und verborgene darstellerische Qualitäten am Ende dann doch nicht so groß.
craigistheman hat geschrieben: 2. August 2022 10:45Ich denke, die oft zu vernehmende Abwertung seines Spiels hängt mit dem Kontrast zwischen seiner und Connery's Gangart zusammen.
Ich kann ja nur für mich sprechen, aber bei mir hängt die von mir oft geäusserte Abwertung mit dem Kontrast zwischen seinem Schauspiel und dem von erfahrenen, ausgebildeten Schauspielern zusammen. :wink:

Maibaum hat geschrieben: 2. August 2022 10:50 Und ja, Moore war für mich ein wenig talentierter Schauspieler, das wusste er auch selber, aber es haben noch viel Untalentiertere sich lange im Geschäft gehalten. Wenn das vorhandene Talent zum typischen Rollenprofil passt, dann geht das problemlos. Und Moore kam mit Bond bestens klar.
Nur hat Moore die Rolle als Star übernommen und hatte zuvor oft genug unter Beweis gestellt, dass er ein guter Schauspieler ist. Und bezüglich "das wusste er selber": sein Kokettieren mit seiner angeblichen darstellerischen Limitierung ist doch genau das: ein Kokettieren. Das er das nicht bierernst gemeint hat, sollte klar sein. Auch hier gilt: gemessen an einem Olivier ist er natürlich ein darstellerisches Leichtgewicht. Aber das ist doch nicht der Maßstab. Wenn ein Schauspieler über viele Jahrzehnte in unterschiedlichen Rollen immer wieder Erfolg hat, dann kann das kein Zufall sein. Dabei ist es auch unerheblich, ob er dabei immer oder zumeist einen ähnlichen Rollentypus spielt. Denn Vielseitigkeit ist nur einer von vielen Gesichtspunkten im schauspielerischen Handwerk und soweit ich das sehe kein Dealbreaker.
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Re: Filmbesprechung: "On Her Majesty's Secret Service (OHMSS)"

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Mich nervt ja diese Political Correctness Einstellung à la "das ist halt subjektiv". Ne, nicht alles ist subjektiv. Lazenby ist richtig schlecht.
Sowas geht halt zu großem Teil über Stimme und da muss man natürlich für ein richtiges Urteil die OF schauen. Er ist halt ein semi-talentierter Amateur. GGH ist Vollblutprofi und deshalb ist der Unterschied durch die deutsche Fassung dann halt so groß.

Es ist aber wieder mal bezeichnend dafür wie unterschiedlich man Filme aufnehmen kann wenn manche da keinen großen Unterschied zu Connery sehen, aber dann einen riesigen Unterschied in der Bildsprache. Das meine ist nüchtern nicht beleidigend.
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Re: Filmbesprechung: "On Her Majesty's Secret Service (OHMSS)"

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Ja, Moore hier sein Schauspieltalent absprechen zu wollen ist für mich auch ein zu starkes Stück. Er war kein Marlon Brando, aber da sehe ich Welten zwischen ihm und einem – wie Daniel es richtig sagt – richtig schlecht auftretenden Lazenby (dem ich aber wie gesagt da nur bedingt Vorwürfe mache, man hätte halt nie einen blutigen Anfänger so arg ins kalte Wasser stoßen dürfen – es sei denn er wäre eine sensationalle Ausnahme-Lichtgestalt gewesen, wovon nun wirklich bei aller Liebe nicht die Rede sein kann).

Und ansonsten auch nochmal d'accord zu Anatol: Connerys andere "Gangart" ist für meine Beurteilung von Lazenby gänzlich unerheblich – nicht umsonst habe ich hier mehrfach betont, dass OHMSS für mich mit so ziemlich jedem anderen angedachten Kandidaten (u.a. Adam West) schmackhafter erscheint. Charisma ist natürlich subjektiv, wer ihn für sympathisch und einvernehmend hält, meinetwegen. Aber gutes Schauspiel kann ich (bis auf die Todesszene von Tracy, die er knapp 400 mal oder so machen durfte :wink: da wusste dann nämlich auch Hunt, dass da mehr kommen muss) bei ihm in diesem Film nicht mal ansatzweise erkennen.
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