Ich habe mich heute einer Schocktherapie unterworfen und den Film ein zweites Mal gesehen. In meinem Familien- und Bekanntenkreis wollen so viele mit mir Bond sehen, dass ich den Film in zwei Wochen 14 Mal schauen könnte.
Ich bin nun etwas nüchterner in meiner Betrachtung, aber die Kernpunkte bleiben.
- Das Ende Bonds greift den Mythos Bond an und öffnet die Büchse der Pandora, womit ich mich einfach nicht wohl fühle
- Das Ende baut zudem auf den emotionalen Kern der Geschichte und der bleibt unterentwickelt (Problem Skript, Problem Chemie)
- Malek spiet das sehr gut, wird aber vom Skript im Stich gelassen; auch beim zweiten Mal wissen er und die Zuschauer nicht, warum er die Massen ausrotten will
- Das Skript fokussiert ganz klar auf die Liebesgeschichte und den nächsten großen Knall, ansonsten ist da wenig Subtsanz
- Die Tochter-Idee stört mich nicht, hätte aber für ein "positiveres" Ende viel besser funktioniert
- Nomi ist ein cooler aber dramaturgisch entbehrlicher Charakter, ihr Auftritt wirkt PC-motiviert und kalkuliert provokant, was Lynchs ansprechende Leistung schmälert
- Ana de Armas wäre ein tolles Bondgirl gewesen, aber das Potential wird nicht genutzt
- Die Engameisierung und das zeigeistige serielle Erzählen waren nie geplant und deswegen wirkt vieles auch so unrund bzw. zusammen geschustert (wie schon bei SPECTRE)
- Insgesamt kann man - wie bei allen Craig-Filmen - monieren, dass das wohlige, nicht erklärbare Bond-Feeling (das sonst kein anderer Actionfilm hat) sich nicht so recht einstellen will (aber das ist sehr subjektiv)
Nun aber zum positiven, denn ich sehe nicht ganz so schwarz wie Freund und Bruder im Geiste Hille
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- die Auftaksequenz war optisch und vom Pacing eine Wucht und schmunzelt, lacht, oder rümpft die Nase, aber ich LIEBE den DB5
- Die Aktiosnszenen sind nicht besonders originell, aber sie haben Punch und schlagen damit alles vergleichbare in SP locker (bei QOS bin ich mir nicht sicher, denn da erkenne ich nach wie vor nicht viel
)
- Roger Deakins ist ein größerer Künstler als Linus Sandgren, aber Norwegen, Matera und alles sonst außer den Londoner Studios hat eine prachtvolle Tiefe und ist ein Plädoyer für das Kino
- Der Film ist lang, aber nie langweilig, er ist arg voll gestopft, aber Leerlauf gibt es nur sehr wenig
Eine Einordnung fällt mir nach wie vor schwer, eine Bepunktung kann und will ich nach wie vor nicht vornehmen, aber natürlich klingt restlose Begeisterung anders