Ich schneie mal wieder herein, vielleicht sogar für länger als nur ein paar Tage...
Ich habe mich, nach endlos langer Zeit, mal wieder einem von Martin Scorseses zwei absoluten Meisterstücken zugewandt, das oft zurecht neben dem Paten als DER Mafiafilm überhaupt angesehen wird, auch wenn „Goodfellas“ letztlich in vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil von Coppolas romantisiertem Mafia-Epos ist. Die Geschichte vom Aufstieg und Fall Henry Hills und seiner Genossen in der Mafia wird so elegant und flüssig erzählt, wie ich es in einem Film nur selten erlebt habe, und kaum ein Film verdeutlicht Scorseses inszenatorisches Talent so sehr wie der hier (abgesehen noch von seinem anderen Meisterwerk Taxi Driver). Der Film hat eine Sogkraft, der sich der Zuschauer nur schwer entziehen kann und schafft es meisterhaft, die Faszination für die Mafia und das Konzept von unbedingtem Respekt, hierarchischem Einfluss und der Vorstellung unbegrenzter Möglichkeiten mühelos von seinen Protagonisten auf den Zuschauer zu übertragen. Und auch der allmähliche Abschied von dieser Faszination wird dem Zuschauer, ähnlich wie dem Protagonisten, sehr schmerzlich werden.
Ein Hoch muss auch auf den Cast abgegeben werden, insbesondere die drei Hauptdarsteller. Ray Liotta spielt seinen Protagonisten überzeugend in jeder Phase seines Lebens und bleibt dabei auch dank der grandios eingesetzten Kommentare des Geschehens zu jedem Zeitpunkt nahbar, wie auch sein ganzes Handeln stets plausibel und nachvollziehbar erscheint. Dabei wird er jedoch fast überschattet von seinen Mitschauspielern. So beweist Robert De Niro einmal mehr, weshalb er einmal zu den ganz Großen am Schauspielfirmament gehörte und schwingt mit beängstigender Leichtigkeit zwischen Jovialität und eiskalter Berechnung seines Charakters hin und her. Das größte Lob muss jedoch Joe Pesci gelten, dessen Leistung ihm verdientermaßen einen Academy Award eingebracht hat. Es ist gleichzeitig ein Vergnügen und ein Entsetzen, seinem absolut entfesselten Tommy zuzuschauen, er stiehlt die Aufmerksamkeit in jeder Szene, in der er auftritt. He‘s a funny guy! Selbstredend sollten aber auch nicht Darsteller wie Lorraine Bracco, Paul Sorvino oder Frank Vincent vergessen werden, die ihre Rollen ebenfalls perfekt ausfüllen.
Goodfellas mag ein Film über Mafiosi sein, ist aber gleichzeitig auch ein Film über Männer, die letztlich nie erwachsen geworden sind, die das Leben und die Welt als großen Spielplatz betrachten, die sich selbst als dem Rest der Welt überlegen sehen und nur Verachtung für all jene Menschen übrig haben, die ihr Leben auf gewöhnliche Art und Weise verrichten. Dies verdeutlicht schließlich auch die grandiose Endszene, in der Liottas Henry Hill bedauert, wie ihm genau diese Art zu leben abhanden gekommen ist.
Goodfellas ist von der ersten bis zur letzten Minute ein Genuss, der seinesgleichen sucht. Besser geht es kaum.
Re: Die Filme des Martin Scorsese
466"East, West, just points of the compass, each as stupid as the other."
(Joseph Wiseman in Dr. No)
(Joseph Wiseman in Dr. No)