craigistheman hat geschrieben: 10. April 2020 20:35
Eins dürfte klar sein: Die Regierungen machen lieber vorsichtige Prognosen, mit der Aussicht auf einen positiven Überraschungseefekt im Falle rapider Besserungen, als falsche Hoffnungen zu schüren und sich anschließend den Zorn der Bevölkerung auf sich zu laden.
Die ganze Kommunikation ist trotzdem ein Disaster.
Ich selbst arbeite in einer Veranstaltungsstätte in Hamburg (mit über 2000 Plätzen).
Wir mussten am Freitag, den 13. März, den Betrieb einstellen, laut Verodnung erstmal bis zum 30. April.
Im Grunde ist es ja jedem klar, dass Großveranstaltungen (Konzerte, Theater, Kino etc.) ab dem 1. Mai trotzdem noch nicht wieder stattfinden werden dürfen.
Unser Problem ist: wir brauchen klare Ansagen, und zwar auch langfristig.
Die meisten Veranstaltungen lassen sich nicht in ein paar Tagen oder Wochen planen. Da braucht man mehr Vorlauf.
Warum sagen die Länder (abgestimmt mit der Bundesregierung) nicht einfach knallhart: bis mindestens 30. September sind Großveranstaltungen in Deutschland verboten. Dann weiß jeder, woran er ist.
Denn jetzt werden ja Musikfestivals im August und andere Events weiter geplant, es werden Aufträge an externe Partner vergeben, es fließt Geld etc. - wenn die Regierung insgeheim schon weiß, dass sie solche Events auch im August oder noch später im Jahr nicht zulassen werden - dann sollen sie die Beschränkungen JETZT kommunizieren.
Eine Scheibchen-Taktik bringt wirtschaftlich nur ein großes Chaos.
DENN: wir können ja im Betrieb jetzt nicht einfach alles ruhen lassen. Und wenn die Regierung dann am 5. September sagt: "Nächste Woche dürft ihr wieder öffnen" - dann ist das zu kurzfristig.
Wir müssen jetzt so arbeiten, als ob wir am 1. Mai wieder aufmachen werden. Und alles, was wir für die kommenden Veranstaltungen planen und ausgeben ist dann weg. Und so geht es dann gefühlt Monat für Monat weiter. Und das kann nicht sein.
Wenn einige Experten (die aber keine politische Macht haben) jetzt in Interviews sagen: "Großveranstaltungen wird es dieses Jahr nicht mehr geben." - dann möchte ich bitte erstmal eine Definition von "Großveranstaltung" haben. Dass immer das Beispiel Fußballspiel mit Publikum genannt wird, ist klar. Aber ist ein Konzert in einer Mehrzweckhalle (10.000 Besucher) auch eine Großveranstaltung? Viele Konzerte dieser Größenordnung wurden grad aufwändig vom Frühjahr in den Herbst verlegt. Wenn die dann immer noch nicht stattfinden dürfen, was ist dann?
Wie gesagt: da muss es mal klare Ansagen seitens der Politik geben.
Mir geht es gar nicht darum, dass ein "Wiedereröffnungstermin" für Konzerthallen, Clubs, Kinos, Theater etc. genannt werden soll - sondern ein langfristiger Verbotsraum für solche Veranstaltungen.
Aber man kann nicht ohne Infos hingehalten werden.
Und dass die Kulturindustrie, die als erstes "schließen" musste, aus vielen Diskussion, wenn es um den schrittweisen Rückgang der Beschränkungen geht, rausgehalten wird, finde ich auch unter aller Sau. Es wird ständig über Schulen, Einzelhandel, Fußball etc. diskutiert - aber die Kulturszene scheint nicht wichtig zu sein.
So blöd das klingt: der Einzelhandel kann Produkte auch online verkaufen - die können sich ein zweites Standbein aufbauen. Restaurants dürfen außer Haus verkaufen und Liefern. So kann zumindest ein bisschen Umsatz gemacht werden.
Aber am schlimmsten trifft es nunmal die Kultur. Private Theater können es nicht "ein bisschen abfedern". Die stehen zur Zeit bei 0% Einnahmen.