NCFOM müsste ich bald wieder sehen. Kommt aus der Erinnerung heraus nicht ganz an Big Lebowski und Millers Crossing heran, da könnte ich mich aber auch fatal irren.
Exakt. Geht natürlich deutlich schlechter, aber von dem her, was dem Film alles nachgesagt wird, hatte ich irgendwie wirklich mehr erwartet als einen Film, in dem gefühlt nichts passiert. Javier Bardem ist natürlich großartig, aber das alleine reicht auch nicht.
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Warum wird immer Bardem hervor gehoben? Er ist gut, manchmal sehr gut, aber verblasst für mich neben dem großartigen Tommy Lee Jones, der eine brillante Leistung abgeliefert hat, die den restlichen Cast (auch den sehr guten Josh Brolin) überragt. Ansonsten ist NCFOM denke ich schon der reifste und erwachsenste Film der Coen Brüder, was kein Vorteil sein muss, aber gewiss auch kein Nachteil.
Mit dem Namen des Regisseurs Nicolas Roeg verbinden die meisten am ehesten den Film »Wenn die Gondeln Trauer tragen« dessen Analogie vom Mädchen im kurzen roten Mantel, welches von der Hauptperson durch die verworrenen Gassen Venedigs bis zu einem verlassenen Palazzo verfolgt wird, im Bond-Film CASINO ROYALE (2006) noch einmal aufgenommen worden ist.
Der erste Spielfilm mit seinen teils surrealen Bildkompositionen, den der ursprüngliche Kameramann in eigenverantwortlicher Regie erstellte, war der australische Film und die Literaturverfilmung WALKABOUT (1971), der von einem im Film spielenden 14-jährigen jungen Mädchen mit ihrem kleinen Bruder handelt, die im Outback plötzlich überraschend auf sich alleine gestellt sind und in ihrem tagelangen Überlebenskampf durch die belebte Wüste irren, bevor sie einem heranwachsenden Aborigine auf Wanderschaft begegnen, der ihnen auf ihrer weiteren Reise hilft und sie zurück an die Grenze der Zivilisation bringt.
Auffallend symbolische Einschübe reflektieren Zivilisationskritik. Auf der Meta-Ebene zeigt sich der Weg von der unverdorbenen Kindheit in paradiesischen Gefilden, deren Übergang zu sexuellen Reife und Erwachsenwerden in einem Drama endet. Der assoziative Filmschnitt verlangt dem Zuschauer einiges ab, wodurch erst zu Ende bestimmte Vorgänge Sinn ergeben, andere Vorgänge aber durch die kulturellen Unterschiede dem Betrachter verborgen bleiben. Roeg widmet sich in diesem Film den Aspekten Mensch, Natur und menschliche Natur. Ein wichtiger zentraler Punkt ist Sinnlichkeit und Erotik, die in kommunikationsbedingter Liebesunfähigkeit enden.
Ob man die junge Hauptdarstellerin Jenny Agutter, auf den sich der voyeuristische Blick der Kamera fokussiert, als Vorläuferin von Nastassja Kinski interpretieren mag, bleibt jedem selbst überlassen, jedoch scheint diese Dekade einige blutjunge Mädchen hervorgebracht zu haben, die nicht nur durch schauspielerische Frühreife glänzten sondern auch durch nackte Tatsachen. In den Kreis dieser Nymphen reiht sich ein Jahrzehnt später dann übrigens Sophie Marceau ein mit Auftritten in Filmen Andrzej Żuławskis.
Aufmerksam geworden bin ich auf diesem Film durch einen Diskussionsbeitrag hinsichtlich des Soundtracks geworden, der von Bond-Komponist John Barry stammt und in seinem umfangreichen Œuvre mit zum Besten gehört, was er in seinem Leben geschrieben hat.
Obwohl der Film 1971 bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes seine Premiere feierte und für die Goldene Palme nominiert war, hatte es für einen Start auf der grossen Leinwand in der Bundesrepublik Deutschland in jenem Jahr nicht gereicht. WALKABOUT wurde nach seiner westdeutschen TV-Premiere '83 im Jahre '98 dann als Re-Release erstmalig in den bundesdeutschen Kinos gezeigt.
Der Originalfilm in Englisch ist bei Youtube als Criterion-Fassung vollständig in 720 p-Auflösung abrufbar und dürfte für manchen Liebhaber cineastischer Filmkunst ein interessanter Leckerbissen werden.
Filme mit gesellschaftskritischem Bezug sind interessant und schon seit etlichen Jahrzehnten ein fester Bestandteil der Filmgeschichte. Basierend auf dem gleichnamigen Roman des verstorbenen Schriftstellers J.G. Ballard hat Regisseur Ben Wheatley eine entsprechend ambivalente und künstlerisch anspruchsvolle Herangehensweise an Gesellschaftskritik gewählt.
Es geht hier um den Neurochirurgen Dr. Robert Laing, der aus privaten Gründen nach Ruhe und Abgeschiedenheit sucht und daher in ein neues Apartment innerhalb eines Hochhauses zieht, das nahezu alle notwendigen Infrastrukturen bietet und jede mögliche Gesellschaftsschicht beherbergt. Während die Unterschicht auf den untersten Stockwerken weilt, residiert die Oberschicht in den obersten Stockwerken. Laing merkt langsam durch die Bekanntschaft der Nachbarn, dass seine eigentlich gewünschte Ruhe hier nicht zu finden ist. Als es vermehrt zu Stromausfällen innerhalb des Hauses kommt, wachsen die Unruhen bis hin zu einer Anarchie, in der sich Laing als Mittelschichtler wohl oder übel für eine Seite entscheiden muss.
„Snowpiercer“ im Hochhaus – das habe ich zu High-Rise bereits häufiger gehört, finde diesen Vergleich aber etwas weit gegriffen. Klar gibt es im Hochhaus von unten nach oben eine ähnliche optische Unterscheidung zwischen den einzelnen Gesellschaftsschichten wie in Snowpiercer von Ende bis Anfang des Zuges. Damit hat sich der Vergleich auch hinreichend erledigt. „High-Rise“ bietet interessante Ansätze, die er stellenweise ambivalent, aber auch sehr häufig optisch und künstlerisch anspruchsvoll umsetzt. Bei dem ganzen Film gibt es jedoch einen zu großen Fokus auf den Stil und die voyeuristische und derbe Darstellung von Sex und Gewalt in hin und wieder sehr skurrilen Situationen, so dass der Film leider in die „Style-over-Substance“-Falle tappt und so einiges an Potential einbüßt. Da können auch die sehr gut aufspielenden Darsteller der wichtigsten Rollen, Tom Hiddleston, Sienna Miller, Luke Evans und Jeremy Irons und ein gewisse Portion an Konsequenzen sowie ein stimmiger Eindruck der 70er nicht viel ändern.
Das Nachholen bisher ungesehener Klassiker geht weiter, diesmal:
The Verdict
Paul Newman in schauspielerisch großer Form, dazu eine schnörkellose, subtil mehrschichtige Geschichte um Gerechtigkeit und moralische Wiederauferstehung. Das geht runter wie Öl.
9/10 Punkte
"Nelly, I'm about to get neck-ed back here. So: No peekin'! ... I said: No peekin'!"
(Joe Bang)
Mir gefallen Spionagethriller sehr, die unter anderem auch auf Romanvorlagen basieren. Da ist es egal, ob man den eher weichen und fiktiven Ansatz von Ian Flemings Bondfilmen oder auch den eher harten und realistischen Ansatz von John Le Carré betrachtet. „Verräter wie wir“ ist ein Film, dessen Handlung von Le Carrés Roman, der im Original „Our Kind Of Traitor“ lautet, übernommen wurde. Da der Trailer schon interessant rüberkam und der Film mit Schauspielern wie Ewan McGregor, Naomie Harris, Stellan Skarsgard und Damian Lewis toll besetzt ist, war eine Sichtung des Films Pflicht.
Es geht hier um das britische Paar Percival Makepeace und Gail Perkins, die bei einem Urlaub in Marrakesch den russischen Oligarchen und obersten Kopf eines europäischen Geldwäsche-Syndikats Dima kennen. Dieser will nach dem Mord an einem befreundeten Geschäftsmanns aus dem Geschäft aussteigen und möchte Perry und Gail als Unterhändler mit dem britischen Geheimdienst nutzen, um für sich und seine Familie Asyl in Großbritannien zu bekommen. Dabei sehen sich die drei und der Kontakt beim britischen Geheimdienst Hector diversen Herausforderungen ausgesetzt.
Der Plot des Films ist für Le Carrés Verhältnisse sehr einfach gehalten. Doch die Umsetzung im Film ist großartig geworden. Perry Makepeace wird von Ewan McGregor mal vollkommen gegen dessen klassischen Rollentypus gespielt und ist quasi für uns der maßgebliche Blick, aus dessen Augen wir die Handlung wahrnehmen. Mir gefällt hier wie der Film nur den notwendigen Maß aus Exposition auspackt und uns sonst wie einen Fisch ins kalte Wasser schmeißt. Die Spannung entwickelt sich sehr ruhig wie ein Sog, in dem wenige Details den wichtigen Unterschied machen. Ob der Nachname des Protagonisten auch Programm im Film ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Sonst haben mir im Film natürlich Skarsgard als Dima und Lewis als Hector sehr gut gefallen, genau wie Naomie Harris als Gail Perkins. Optisch werden uns im Film ganz interessante Kameraaufnahmen serviert und die Schauplätze in Marrakesch, London, Paris und Bern sind sehr schön eingebunden und eingefangen worden.
Alles in allem ist der Film extrem rund, spannend und visuell interessant umgesetzt.
Ich mochte den auch sehr gerne, vor allem die anfangs noch sehr undurchsichtige Skarsgard-Figur und ihre schöne, zunehmende Freundschaft zum McGregor-Charakter. Gerade die zweite Hälfte ist gespickt mit wundervollen zwischenmenschlichen Momenten, wie etwa mit Skarsgard im Safehouse in den Berger oder mit Lewis in dessen Küche. Dass der Film darüber auch als Thriller bestens zu unterhalten weiss, versteht sich von selbst. Und Bern ist natürlich immer eine (filmische) Reise wert.
Aber McGregor gegen seinen klassischen Rollentypus besetzt? Ich wusste gar nicht, dass McGregor einen klassischen Rollentypus hat. Für mich ist er ein feiner Schauspieler, der sich immer den Figuren und Filmen anpasst und in keine Schublade stecken lässt. Was hebt die Hauptrolle in Our Kind of Traitor für dich so hervor?