danielcc hat geschrieben:Ach Hille... bei sowas frage ich mich immer ob nicht einige einfach blindlings einer anerkannten Person (hier Le Carré) herlaufen.
Achherrje, das ist aber eine mutige Annahme oder Schlussfolgerung als Reaktion auf den sehr kurzen Kommentar, den ich geschrieben habe.
John le Carré halte ich tatsächlich für einen der begabtesten Autoren unserer Zeit. Vielleicht ist er sogar der begabteste. Aber deshalb finde ich nicht alles von ihm gut. The Secret Pilgrim ist eine einzige Enttäuschung und teils erschreckend naiv, A Perfect Spy war sehr zäh und viel zu sperrig (auf eine unattraktive Art und Weise) und weiß Gott nicht alles von ihm ist überragend. Aber mehr als bei allen anderen Autoren der jüngeren Zeit, die ich so verfolgt habe wie ihn. Daher schätze ich ihn und daher lobe ich ihn. Aber von "blindlings" folgen kann hier sicher nicht die Rede sein. Und selbst wenn, dann würde das vermutlich eher dazu führen, die Serie weniger zu mögen, die ist nämlich gar nicht unbedingt so nah am Buch, wie sie sein könnte und ob le Carré etwas mit ihr anfangen kann, das würde ich gar nicht mal unbedingt glauben (aber ich weiß es natürlich nicht). Wenn du mit seinen Romanen nichts anfangen kannst... okay. Schade für dich. Wäre ja schöner, sie würden dir gefallen (dann hättest du mehr Bücher, die dir gefallen, statt mehr von denen, die dir nicht zusagen). Aber die von dir erwähnten Werke halte ich alle für sehr sehr gut und das hat wenig mit ihrem Autor zu tun (den ich eher für seine Bücher schätze und nicht die Bücher für ihren Autor).
Zur Serie: Durchschnittliche Dutzendware ist das in meinen Augen absolut nicht. Dafür ist es schon an sich viel zu gut inszeniert, viel zu schön gefilmt, emotional viel zu packend (und wie du an Maibaum und dir selbst siehst: Das sehen nicht alle so, aber einige eben schon). Und inhaltlich empfinde ich die Geschichte ebenso als hochklassig und viel interessanter als beinahe alles andere, was sonst derzeit die Fernseh-Bildschirme erhellen darf. Du vereinfachst mir das ganze zu sehr und scheinst durch eine für mich merkwürdige Schwerpunktsetzung ganz anders auf die Serie zu blicken. Diese Waffenschieber-Story ist überhaupt nicht das Zentrum der Serie und eigentlich total egal. Darum geht es nicht, das ist sehr austauschbar (es könnte auch einen beliebigen (nicht total beliebig, aber relativ) anderen Aufhänger für die Geschichte geben). Wichtiger ist die Psychologie der Charaktere und deren Beziehungen unter einander, deren Interaktion. Die Charaktere sind das Zentrum der Geschichte und diese empfinde ich als sehr vielschichtig und in jeden Belangen klug geschrieben und noch klüger gespielt (als Reaktion darauf, dass sie klug geschrieben sind). Und das ist dann auch sehr raffiniert, weil es nicht immer offensichtlich ist oder das offensichtliche dann mal damit überrascht, dass es plötzlich eintritt, obwohl das unwahrscheinlichere naheliegender war. In der Serie steckt sehr viel, vor allem sehr viel Liebe zum Detail und dazu braucht man dann auch die beiden exzellenten und vielgelobten Hauptdarsteller, um diese sehr kleinen, aber enorm bedeutenden Facetten nachvollziehbar einzubringen. Funktioniert für mich wunderbar und ich fühlte mich bei der ersten Staffel besser unterhalten, als letztes Jahr beispielsweise bei "Spectre" und "Mission: Impossible - Rogue Nation" im Kino, wenn hier schon der Vergleich mit anderen Spionage-Werken gewagt wurde.